Deutsche Luftwaffe in El Salvador?

14. März 2024von 7,3 Minuten Lesezeit

Die deutschen Mainstream-Medien machen aus der Veröffentlichung eines geheimen Gesprächs zwischen hohen Offizieren der deutschen Luftwaffe eine Spionageaffäre. Es gibt eine Parallele zu Wikileaks von 2010 und die Aufdeckung von Kriegsverbrechen der USA in Irak und Afghanistan durch Bradley Manning und Julian Assange. Nicht die Kriegsverbrechen wurden von den US-Behörden verfolgt, sondern die beiden Männer, die sie aufdeckten.

2024 ist die Selbstverständlichkeit, mit der deutsche Offiziere Angriffe auf die zivile Infrastruktur in Russland besprechen, der Skandal. Es wird deutlich, dass solche Angriffe in Wirklichkeit von US-amerikanischen, britischen, französischen und deutschen Militärs vorbereitet werden und die ukrainische Armee nur das Kanonenfutter stellt. Die Mainstream-Medien stellen den Fall aber so dar, als wäre die Aufdeckung der Besprechung der Skandal und nicht der Inhalt. Anders als 2010 sind die Medien auf Regierungslinie gebracht worden, und sie berichten nicht über den Inhalt.

Der Inhalt sollte aber gründlich analysiert werden. Hierzu soll jetzt nur ein Aspekt thematisiert werden. Der Gesprächsteilnehmer General Gräfe befand sich zu einer Besprechung in Singapur und hat dort nach eigener Aussage den US-General Kevin B. Schneider, Commander der Pacific Air Forces der USA, getroffen. Aber was hat ein deutscher 3-Sterne-General in Asien zu suchen? Es ist davon auszugehen, dass es bei der Besprechung eher um Taiwan als um Europa ging. Wird die Bundeswehr jetzt auch in einem möglichen Krieg der USA gegen China hineingezogen?

Aus dem Gesprächsmitschnitt kann man heraushören, dass die Stimmen der Gesprächsteilnehmer außer der von Gräfe verzerrt sind und aus einem Lautsprecher kommen. Daraus ist zu schließen, dass das Hotelzimmer verwanzt war und Gräfe fast vor dem versteckten Mikrofon gesessen haben muss. In Singapur mit 70 % chinesischer Bevölkerung können sich chinesische Agenten unerkannt bewegen, russische eher nicht. Das chinesische Interesse an dieser Veranstaltung ist völlig nachvollziehbar. Das Gespräch zur Ukraine war dann aus chinesischer Sicht Beifang, der an die Russen weitergegeben wurde.

Eine kurze Passage zwischen General Gräfe und Oberstleutnant Florstedt, kurz bevor General Gerhartz zugeschaltet wurde und das eigentliche Gespräch über den Einsatz der Taurus-Marschflugkörper begann, ist sehr aufschlussreich:

Gräfe: Hast du eigentlich schon Feedback von deinem Komo (= Geschwaderkommodore). Ist dein Antrag bei dem schon durchgelaufen, oder?

Florstedt: Ich hab schon den Flug gebucht, ich hab alles in Tüten, ja.

Gräfe: Nee, nee. Ich mein wegen der anderen Sache.

Florstedt: Ähm … meinst du Alaska jetzt?

Gräfe: Was?

Florstedt: Welche Dienstreise meinst du denn jetzt?

Gräfe: Naja, ich meine wegen (Kumalatra – etwas unverständlich)

Florstedt: Ahso, ja, ähm, das ist jetzt raus aus dem Geschwader. Und P hat halt Meldefrist bis Ende des Monats noch. Ich hab noch überhaupt kein Feedback. Aber rein theoretisch hatte der Komo heute den Auftrag zu melden.

Gräfe: Okay, aber du hast nicht gesehen, was …
Ja, du weißt aber nicht, was er reingeschrieben hat?

Florstedt: Mmh, kann ich dir besorgen und dir whatsappen.

Gräfe: Ja, das wär‘ super.

Der 3-Sterne-General und der Oberstleutnant, vier Dienstgrade darunter, sind per Du und ihr Umgangston ist kollegial. Sie arbeiten vermutlich eng zusammen. Nun stellt sich die Frage, wohin die erste Dienstreise, die Florstedt „in Tüten“ hatte, und die letzte nach „Kumalatra“ führte, für die sich General Gräfe sehr interessierte. Die drei aktuellen Diensteisen zeigen, dass die deutsche Luftwaffe viel in der Welt unterwegs ist, statt sich zuhause um die Landesverteidigung zu kümmern. Zur ersten Reise gibt es keinen Anhaltspunkt. In Alaska kann es um offensive Pläne der USA gegen Sibirien gehen, weil mit einem russischen Angriff auf die USA eher nicht zu rechnen ist. Und die USA sind durchaus selbst in der Lage, eine routinemäßige Kontrolle ihre Grenze zu organisieren.

Bei „Kumalatra“ könnte es sich um die „Cooperative Security Location Comalapa“ in El Salvador handeln. Den nicht sehr gängigen Namen hat der deutsche General Gräfe vielleicht nur falsch ausgesprochen. Auch hier stellt sich die Frage, was die deutsche Luftwaffe dort zu suchen hat.

Man könnte sich daran erinnern, dass das benachbarte Nicaragua die Bundesrepublik Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen der Unterstützung Israels wegen Beihilfe zum Völkermord verklagt hat. Darin ist aber wohl keine Kriegserklärung Nicaraguas zu sehen, gegen die sich die BRD verteidigen müsste. Bereiten stattdessen vielleicht die USA einen Angriff vor, und fordern dafür deutsches Knowhow an? Soll ein Offizier, der aus der Ferne einen Angriff auf die Brücke von Kertsch planen kann, auch Angriffe auf Ziele in Nicaragua planen. § 13 Abs. 2 Satz 1 VStGB lautet: „Wer einen Angriffskrieg oder eine sonstige Angriffshandlung im Sinne des Absatzes 1 plant, vorbereitet oder einleitet, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.

In jedem Fall ist die Reise nach Comalapa (?) „raus aus dem Geschwader“, der Commodore wäre also für die Genehmigung nicht zuständig. Er hatte lt. Florstedt den Auftrag und damit die Abwesenheit des Oberstleutnant Florstedt bis zum 19.02. zu melden und „P“ hatte eine Meldefrist bis zum 29.02. Die Bezeichnung von Personen mit Buchstaben erinnert an „Q“ und „M“ aus den James-Bond-Filmen. Um Pitorius handelt es sich sicher nicht, denn ihm würde niemand eine Meldefrist setzen; höchstens die USA. Wurde Florstedt zum BND oder zur US Air Force abkommandiert?

Dominique de Villepin, ehemaliger französischer Außenminister, Innenminister und Premierminister, wird in TKP zitiert: „Ich habe gewarnt, ich gehörte zu den wenigen Stimmen, die sagten: ,Seid vorsichtig, die Ukraine ist eine gefährliche Situation, aber was passiert, wenn sich eine neue Front auftut?‘. Die Front in Gaza und im Nahen Osten ist eröffnet. Aber es gibt andere Fronten, die sich öffnen können: in Korea, in Afrika… Werden wir also auf allen fünf Kontinenten einen solchen Krieg führen?“. Gehen jetzt die USA in die Initiative, den Krieg in Asien oder Lateinamerika auszudehnen? Nach de Villepin wäre das eine extreme Selbstüberschätzung. Und wie immer ist die BRD als treuer Vasall der USA fest an ihrer Seite.

Am 01.03.24 um 19:44 Uhr veröffentlichte eine Website den brisanten Inhalt der abgehörten Videokonferenz. Am 02.03.24 um 14:53 Uhr (19 Stunden später) meldet diese Website, dass das Verteidigungsministerium die Richtigkeit des veröffentlichten Protokolls bestätigt hatte. Am am 03.03.24 um 18:05, mehr als 27 Stunden später, veröffentlicht eine Propagandaseite der Bundesregierung eine Stellungsnahme des Ministers mit folgender Formulierung: „Es handelt sich um einen hybriden Angriff zur Desinformation …“ Damit wurde die Richtung vorgegeben, über den Gesprächsinhalt offiziell nicht zu berichten und ihn als Feindpropaganda abzutun.

Eine regierungsfreundliche Website definiert den Begriff wie folgt: „Desinformation … wird das gezielte Verbreiten von Informationen genannt, dessen Ziel ist, die Gesellschaft, einzelne Gruppen oder Einzelpersonen im Sinne politischer oder wirtschaftlicher Interessen zu täuschen. … Die dazu übermittelte Information ist nicht nur nach objektiven Maßstäben unwahr, sondern wird vom Urheber bewusst zum Zweck der Täuschung in die Welt gesetzt. … Die Desinformation ist entweder direkte Lüge oder besteht indirekt aus subtiler Unterdrückung, Verschweigen oder Ablenken von überprüften Fakten.

Mit der Verwendung des Begriffs „Desinformation“ bezeichnete der Minister also eine veröffentlichte Information als falsch, deren Richtigkeit sein Ministerium 27 Stunden zuvor bestätigt hatte. Damit hatte er – für alle Welt sichtbar – gelogen. Aber warum bietet der Minister eine solche Angriffsfläche. Politik und Mainstream-Medien folgten nun der Regierungslinie, dass es sich um eine Spionageaffäre handele, und der Gesprächsinhalt nicht wiedergegeben werden sollte. Dabei konnte der seit dem 01.03.24 im Original gehört und als Protokoll gelesen werden. Deshalb musste den Regierungskritikern zur Ablenkung ein Ziel angeboten werden, und das war die Lüge des Ministers von der angeblichen russischen Desinformation.

Es gibt in dem abgehörten Gespräch wohl mehrere Inhalte, von denen die Regierung ablenken will. Die Internationalen Aktivitäten hoher Offiziere der Bundeswehr dürften einer dieser Inhalte sein. Natürlich können wegen der Informationspolitik der Bundesregierung nur Fragen gestellt werden. Wenn Abgeordnete solche Fragen stellen, antwortet die Regierung meist mit der Formel: „Die Bundesregierung hat keine Kenntnis von …“; im Klartext: die Regierung hat keine Ahnung! Dann kann die kritische Öffentlichkeit diese Lücke nur mit logischen Schlussfolgerungen füllen. Eine Schlussfolgerung drängt sich auf: Deutschland und wohl ganz Europa werden anscheinend immer weiter in die weltweiten Kriege der USA hineingezogen.

Bild: (c) Autor

Die in diesem Artikel geäußerten Ansichten spiegeln nicht unbedingt die Ansichten der fixen Autoren von TKP wieder. Rechte und inhaltliche Verantwortung liegen beim Autor.

Prof. Dr. Werner Müller, ehem. Fachbereich Wirtschaft der Hochschule Mainz, seit 2023 pensioniert und wohnhaft in Spanien


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5 Kommentare

  1. Andreas I. 15. März 2024 at 10:07Antworten

    Hallo,
    mich wunderte auch weniger der Inhalt des Gespräches, als was ein deutscher General dienstlich in Singapur macht.
    Die Bundeswehr war ja schon vor der syrischen Küste und im syrischen Luftraum für USA an der Aufklärung beteiligt, war in Mali, letztens machte eine Fregatte „Hessen“ Schlagzeilen, die sich im Roten Meer befand … also es wäre nichts neues, wenn der USA mal wieder irgendwo assistiert werden würde.

  2. Jurgen 14. März 2024 at 23:51Antworten

    Mir schwant, man nimmt den russischen Standpunkt immer noch nicht für voll!? Muss wirklich wohl erst London absaufen, bevor man es kapiert? Oder noch der Waffenstillstand mit Deutschland offiziell aufgekündigt werden von den Russen? Die BRD (ohne jeden Geltungsbereich in den völkerrechtlich zur Neuaufstellung freigegebenen Gebieten, d.h ohne Landanspruch ausser in der Antarktis) nimmt das ja nicht sonderlich ernst…

  3. audiatur et altera pars 14. März 2024 at 8:19Antworten

    Ich lese hier zum ersten Mal das für jeden halbwegs Aufmerksamen offen hörbare: Nämlich die simple Verwanzung des Gesprächs vom Hotelzimmer in Singapur aus. Man hört sogar das Tastaturgetippe aus nächster Nähe. Und ich erinnere mich an all die lauten Medientheorien (huch, „Fake News“) über Webex, falsches Einwählen und was weiß ich noch alles. U.a. auch an den hier von einem „IT-Spezialisten“ von seiner Bubble aus verbreiteten „Supergau für die Nato“. Warum einfach, wenn es auch superkompliziert geht? Oder sind diese Journalisten und ähnliche Spezialisten am Ende weder taub noch sinister verschworen, sondern einfach …. alle übermäßig aufgeschreckt?

    PS: Übrigens wird die Krimbrücke von der je nach Standpunkt angreifenden bzw sich verteidigenden Ukraine völkerrechtlich nicht als „russisches Territorium“ angesehen. Das nur der Vollständigkeit der Perpektiven halber zum „Skandal“ wonach deutsche Natural Born Killers „Angriffe auf die zivile Infrastruktur in Russland besprechen“.

    • Andreas I. 15. März 2024 at 12:04Antworten

      Hallo,
      ja sicherlich werden Bundeswehroffiziere von der westlichen Sichtweise überzeugt sein, nämlich die Gebiete nach wie vor für ukrainisch zu halten.
      Die Sache ist nur die, dass eine Zerstörung der Brücke eine Antwort nach sich ziehen würde. Und von Militärs würde ich erwarten, dass sie immer auch die Möglichkeiten des (aus ihrer Sicht) Gegners bedenken.

      Reif für eine Komödie ist freilich, vor lauter Digitalgedöns nicht mehr an klassische Spionaget4echniken zu denken und sich in einem Hotelzimmer auch noch schön genau da hinzusetzen und drauflos zu plaudern. :-)))

  4. Hasdrubal 14. März 2024 at 8:17Antworten

    @„Deutschland und wohl ganz Europa werden anscheinend immer weiter in die weltweiten Kriege der USA hineingezogen.“

    Wie beim Klimagemurkse-Suizid würde simpler Selbsterhaltungstrieb gebieten, aus dem Abenteuer auszusteigen. In Polen scheinen genauso Morawiecki wie Tusk genügend Distanz zu wahren – nicht mal eigene Landwirtschaft wollen beide dem Woken Imperium opfern. In Takatuka-Buntschland laufen lauter Schnorrlensky‘s rum, die gerne Landsleute als Kanonenfutter verhökern würden.

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