
Der Mittelstand verschwindet im Westen und blüht auf im Osten
Zunehmende Ungleichheit ist jetzt ein dringendes Problem, warnt die Zentralbankgruppe der BIZ. Vor allem verursacht die Konkurswelle und die Rezession einen Rückgang des Mittelstandes im Westen. Seit 2400 Jahren wissen wir aus der Staatslehre des Aristoteles, dass der Mittelstand Garant der Demokratie und das Bollwerk gegen Diktatur ist.
Eine neue Studie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), der Zentralbank für die Zentralbanken der Welt, fordert dringende Maßnahmen zur Bekämpfung der zunehmenden Vermögensungleichheit und warnt davor, dass dieses Problem einen gefährlichen Kreislauf aus Rezessionen und Armut in Gang setzt, wie Reuters berichtet.
Dabei wird die Politik der Regierungen weitgehend für den Anstieg der Ungleichheit seit den 1980er Jahren verantwortlich gemacht. Aber auch die Zentralbanken tragen massiv Mitschuld. Sie sind in den letzten Jahren in die Kritik geraten, weil sie mit extrem niedrigen Zinssätzen und Ankaufprogrammen für Vermögenswerte enorme Börsengewinne angeheizt haben.
Die BIZ untersuchte 182 Rezessionen in 70 Ländern und stellte fest, dass selbst sechs Jahre nach einem Abschwung der Einkommensanteil der unteren 50 % der Einkommensbezieher in einer betroffenen Volkswirtschaft im Durchschnitt immer noch 0,3 % unter dem Niveau vor der Rezession lag, während er bei den oberen 10 % immer noch um 0,7 % höher war.
Ein Land muss eine Mittelschicht haben, sonst ist es zur Diktatur verdammt. Die Mittelschicht hält die Oberschicht (tendenziell) im Zaum. Das Wohlstandsgefälle hat sich seit 2020 stark geöffnet bzw. beschleunigt. Die Mittelschichten schrumpfen im Westen, wachsen aber im Osten.
“Es wird immer deutlicher, dass sich Ungleichheit von einem akademischen Thema zu einer dringenden politischen Angelegenheit entwickelt hat“, so das BIZ-Papier, und fügt hinzu, dass eines der Hauptrisiken für die Zentralbanken darin besteht, dass ihre politischen Instrumente an Wirksamkeit verlieren.
Der Westen steuert auf eine harte Diktatur zu, wenn die Menschen es zulassen. Im Moment befinden sich einige westliche Länder bereits in einer “weichen” Diktatur, wie Kanada.
Zumindest in Europa sind die kleinen und mittleren Unternehmen noch immer das Rückgrat der Wirtschaft. Eine grundlegende Analyse zur Bedeutung dieses Rückgrats wurde schon vor nicht ganz 2.400 Jahren verfasst und zwar von niemandem geringeren als Aristoteles. In seiner Staatslehre schreibt er: „… in der Regel ist diejenige staatliche Gemeinschaft die beste, die auf den Mittelstand gründet; [denn die Bürger des Mittelstandes] begehren weder nach fremden Gut wie die Armen, [sie sind auch nicht] allzu unterwürfig, [lassen sich also nicht] beherrschen in der Art und Weise von Sklaven, [gehören andererseits auch nicht zu den Reichen], die sich überhaupt nicht regieren lassen, sondern nur zu regieren verstehen, und zwar despotisch. Der Staat will möglichst aus Gleichen und Ähnlichen bestehen, und diese Bedingung erfüllt am meisten der Mittelstand.“
Aristoteles führt weiter aus, dass der Mittelstand auch umgekehrt den Staat am Besten erhält. Seine Analyse geht dahin, dass nur ein breiter Mittelstand eine demokratische Verfassung garantiert. Wenn hingegen die Gegensätze zwischen arm und reich überwiegen, kommt es auf Grund von Revolutionen zu radikalen Demokratien oder durch die Vorherrschaft von Großgrundbesitzern (heute auch der Kapitalisten) zur „maßlosesten Oligarchie oder endlich auch, eben infolge des einen wie des anderen beider Extreme, [zu einer] Tyrrannis; denn eine Tyrrannis kann sowohl aus der zügellosesten Form der Demokratie hervorgehen als aus der Oligarchie, hingegen weit weniger aus den gemäßigten vom Mittelstand getragenen Verfassungsformen …“.
Der Oligarchie ist das alles aber vermutlich egal.
Jax 0677, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
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Baerbock und Habeck: Auftragskiller des deutschen Mittelstandes?
Wie ich auch schon einmal schrieb: einzig die gesellschaftlichen Leistungsträger sind fähig, Widerstand gegen Despotismus und Unterdrückung zu leisten. Aber wohlgemerkt: gesellschaftliche Leistungsträger sind nicht etwa die, die am meisten “verdienen”, sondern die, die am meisten leisten. Und das ist der Mittelstand, das Handwerk, das Klein- und Familienunternehmen, der Bauer, der Selbstständige (wenn er einen gesunden Beruf nachgeht und nicht irgend ein Beraterschwätzer oder gar “kosmetischer Zahnarzt” ist, ) und natürlich auch alle die, die in diesem gesunden, nutz- und wohlfahrt-bringenden Wirtschaftsumfeld abhängig beschäftigt tätig sind.
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Unser Problem ist, dass es inzwischen allzuviele Menschen gibt, deren Bullshitjobs nur im Rahmen des kranken Systems Bestand haben können. Und darum setzen sich diese Leute für das kranke System ein, etwa die ganzen “Medienschaffenden”, “Berater”, Advokaten, Stiftungsangestellte, Beamte, Bürokraten, Schwätzer, Lautsprecher.
Dazu Empfehle ich das neue Interview mit Kickl und Weidel bei AUF1. Es wird auch über das Themas des Artikels gesprochen.
Im 4. Buch seiner “Politik” (‘Πολιτικά / Politiká) beschreibt Aristoteles “phänomenologisch”, ohne auf die Ursachen dafür einzugehen, die Gemeinwesen seiner Zeit:
“In allen Gemeinwesen [für Aristoteles sind das “Städte”] gibt es drei Teile, die sehr Reichen, die sehr Armen und die Mittleren [(h)oi mésoi toúton – die in der Mitte dazwischen]”
Aristoteles meint nun, dass in Bezug auf Reichtümer (wörtlich bei ihm “Glücksgüter”) “der mittlere Besitz … der beste” sei, “Denn in solchen Verhältnissen gehorcht man am leichtesten der Vernunft”.
Und diese Vernunft kann auch gebieten, Gesellschaften so zu gestalten, dass alle Gesellschaftsmitglieder am gesellschaftlich geschaffenen Reichtum partizipieren können …
Ein Haus bauen kann man auch ohne Bauunternehmen. Im Mittelstand gibt es heute mehr umsatzlose Geschäfte (auf Tauschbasis) als vor Corona. Bargeld ist jetzt die erste Wahl vor Bankbuchungen. Arbeiter und Angestellte verursachen indirekt haufenweise Gängelung durch (Quellen)Steuer und Kassen. Ich kenne einige Selbstständige und Unternehmer, die hier vorsorglich gesund geschrumpt sind und wieder auf ihr eigenes Kerngeschäft zurück sind bzw. sich ruhend gemeldet haben seit den Lockdowns (wie ich).
Industriekapitäne sind mächtig und lassen sich kaum von einem kichernden Olaf zerstören. Daher muss man die Industrie mit ins Boot holen. Auch Herr Blackrock hat ein Interesse daran.
Dennoch steht die Industrie in Deutschland, Österreich und auch China nicht gut dar. Auch die Bauwirtschaft sieht nicht gut aus.
Traditionell sind das Branchen, die besonders von der Nichtverfügbarkeit fossiler Energie abhängig sind. Die Produktion fossiler Energie geht – geologisch bedingt – zurück. Damit sinkt der Wohlstand und die Demokratiefähigkeit und man benötigt Krisen, um überhaupt noch Konsens zu erzeugen und lenken zu können.
Dass in diesem Umfeld auch fanatische oder religiöse Ziele umgesetzt werden, ist nur logisch.
Ohne Checks und Balances aber sind wir einer Nutzenkalkulation ausgeliefert wie Tiere. Angenommen die Risikoquoten bei einem künftigen Pieks würden steigen, wir hätten keine Handhabe mehr dagegen.
Daher bin ich der Meinung, wir müssen auch in der Krise zusammen stehen!
Die Kunst des Neoliberalismus besteht darin, ein Problem zu schaffen und eine schlechte Lösung anzubieten (vgl. Schulmeister 2013, Der Neoliberale Wechselschritt). Die BIZ ist die Koordinationsstelle der westlichen ZBs, die Bank der Zentralbanken. Sie verurteilt die Politik, die sie selbst zu generieren mitgetragen hat. Die BIZ ist (sowie das WEF) ja stark an CBDCs interessiert. Ein frühe, noch vor der Gründung, Kritik an der BIZ findet sich bei Lautenbach (1929): Die transferpolitischen Funktionen der Internationalen Bank.
https://www.academia.edu/38067479/Die_transferpolitischen_Funktionen_der_Internationalen_Bank_Lautenbach_1929_