Ausstellung abgesagt: „Verbotene“ Kunst in Berlin

14. Dezember 2023von 4,4 Minuten Lesezeit

Eine Kunstausstellung in Berlin wurde kurzfristig verboten. Es kam dabei sogar zu einem recht grotesken Polizeieinsatz. Echte Kunst hat es schwer im autoritären Deutschland.

Die Kunst hat es schwer in solchen Zeiten: Die meisten Künstler hängen am Trog des Staates, beschäftigen sich mit unbedeutenden Pop-Themen, anstatt die Herrscher in ihr kreatives Auge zu nehmen. Aber nicht alle sind sie. In Berlin gibt es die „Internationale Agentur für Freiheit“ (IAFF), eine Gruppe von Künstlern, die noch die „wirklich heißen Eisen anfassen“ (Michael Andrick, Kolumnist Berliner Zeitung). Und das geht nicht ohne Gegenwind, zeigt aber, wie „frei“ die Kunst heutzutage noch ist. Eine Vernissage der Gruppe wurde am Wochenende kurzfristig abgesagt. Zu „heiße“ Kunst ist offenbar verboten.

Vernissage verboten

Trotz Zusage des Lokals entschied sich der Betreiber des Lokals in Berlin Neukölln eine Stunde vor Beginn der Vernissage gegen das Kunstevent.

Es ist nicht das erste Mal, dass die IAFF von Cancel-Culture und (zuletzt auch) Repression betroffen ist. Immer wieder wurde die Gruppe kurzfristig aus Räumen ausgeladen oder storniert. Zuletzt wurde auch mit juristischen Mitteln gegen den Verein per Unterlassungsklage vorgegangen. Nicht nur selbsternannte Antifa-Störer haben sie ins Visier genommen, sondern auch städtische Kulturinstitute gehen gegen die Kollegen vor.

Ob die Vernissage auch durch Zuruf von oben abgesagt wurde, kann nicht genau gesagt werden, doch einige Indizien sprechen ziemlich eindeutig dafür.

So dürfte es offenbar es ein Bündnis zwischen einem Theater, das direkt neben dem Café ansässig ist, von der Stadt gefördert wird und Antifa-Aufpassern gewesen, die letztlich erfolgreich die Veranstaltung verbieten konnte. Ein Berliner Bürgerjournalist berichtet, dass der Betreiber des Lokals jedenfalls gewusst hatte, welche Gemälde aufgehängt werden sollen. Sie dürften ihm eigentlich gefallen haben.

Sogar mehrere Dutzend Polizisten rückten am Ende an. Weil die Künstler ihre Gemälde nach der Absage abgenommen hatten, holte die Bar-Kraft die Polizei – aufgrund eines angeblichen „Kunstraubes“. Eine groteske Posse, die wie aus einem Stück von Ionescu anmutet. Die Künstler mussten sich vor der Polizei rechtfertigen, ihre eigenen Bilder mitgenommen zu haben.

Dieser anonyme X-Account machte am Tag zuvor Stimmung gegen die Veranstaltung. „Alles rechts außer Mutti“, scheint dessen Weltsicht – auch kritische Künstler.

In gentrifizierten Berliner Bezirken wie Neukölln (und anderen „hippen“ Stadtteilen) hat man es besonders schwer. Dort wimmelt es von konformistischen Rebellen, die nicht zu selten gesponsert von Papa und Mama Gender Studies im 10 Semester studieren. Selbst die am Totenbett liegende Partei Die Linke lebt dort noch. Die vielen Migranten, die zwar tendenziell eher wenig von NATO-Bomben, Spritzen, Masken oder Regenbogen-Kultur halten, dürfen ohnehin nicht wählen.

Kultur und Gegenkultur

Zeitgenössisch populär (man nennt sich dort meist „links“), wie es dort ist, kann man auch am Ort der geplatzten Vernissage mehrmals Sticker mit der Aufschrift “Kein Platz für Rassismus, Sexismus, Homophobie, Faschismus, jegliche Form von Diskriminierung“ lesen. „Alles geheuchelt“, sagt Vereinsvorstand Jill Sandjaja zu TKP. „Nicht nur die Sticker.“ Was man sagen kann: Im angeblich so weltoffenen Neukölln hat es die Kunstfreiheit ziemlich schwer.

Sandjaja resümiert den Berliner Zustand:

„Was zurückbleibt, sind leere Wände, ein angeblicher Kunstraub und ein echter Kunstraub an den Menschen, denen es nicht mehr möglich ist, unsere Werke im Original zu sehen und zu besprechen. Die Kunst stellt sich wieder hinten an. Diffamierung, Diskriminierung haben sich nach vorne gedrängelt. Was soll der Scheiß!? Berlin, gib mir meine Kunst, meine Freiheit, meine Kunstfreiheit zurück.“

Der Vorfall der „stornierten“ Vernissage und die Geschichte über das bekämpfte Künstlerkollektiv zeigt aber noch etwas: Zwar hat sich in den letzten Jahren eine durchaus schlagkräftige Gegenöffentlichkeit entwickelt und etabliert, doch eine echte Gegenkultur ist aus der oppositionellen Bewegung bisher nicht entwachsen. Kabarett, Kleinkunst, bildende oder darstellenden Kunst: Nur vereinzelt haben sich Künstler zu einer gewissen neuen Avantgarde zusammengefunden. Die meisten sind stabil auf Staatsline. Wer beißt schon die Hand, die ihn füttert?

Was die Aufgabe der Künstler in zunehmend autoritären Zeiten wäre, zeigt IAFF recht deutlich: Herrschaftskritik mit Mitteln außerhalb der reinen Vernunft. Das kann tiefer und weiter wirken als Informationsvermittlung, wie es die sogenannten Alternativmedien tun. Die kulturelle Leere zu füllen – vor allem im analogen Raum – wird notwendig sein, wenn ein Bruch mit dem gegenwärtigen Herrschaftssystem erfolgreich sein soll. Dass dürften auch die Gegner wissen und könnte ein Grund  dafür sein, warum die Gemälde der Berliner Künstler so vehement bekämpft werden.

Aber auch wenn die Vernissage nicht geklappt hat, kann unter anderem der aktuelle Kalender 2024 der Künstler gekauft werden. Darin sind die Bilder, die bei der Vernissage ausgestellt hätten werden sollen, enthalten.

Vielleicht kein schlechtes Weihnachtsgeschenk. Wer schenkt nicht ein Stück „verbotene“ Kunst? Hier finden Sie mehr dazu.

In einem kleinen Video hat die IAFF mittlerweile die Geschehnisse um die Ausstellung zusammengefast:


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9 Kommentare

  1. Felix1 14. Dezember 2023 at 18:51Antworten

    „Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt“ Albert Einstein
    Die „Antifa-Störer“ und ihre Brüderinnen/Schwesterinnen im Geiste sind Hohlköpfe. Nix drin, kannste suchen wie du willst, nur Hohlraum. Und wenn sich dann ein äußerer Störfaktor wie z.B. ein Bild oder eine Meinung unerlaubt dort einnistet, wird die geballte Macht dieses Standpunktes aktiviert, die umgehend schwere Geschütze in Form von angelernten Standard-Hasstiraden und Diffamierungen auffährt, der Hohlraum muss ja umgehend wiederhergestellt und von Unrat, d.h. entarteter Kunst, gereinigt werden. Genau so hat es vor 90 Jahren angefangen. Das Ergebnis ist bekannt.

    • Eichelhäher 19. Dezember 2023 at 20:10Antworten

      „Genau so hat es vor 90 Jahren angefangen. Das Ergebnis ist bekannt.“

      Richtig, die NSDAP musste sich für die Ermöglichung ihrer Veranstaltungen sogar einen schlagkräftigen Saalschutz, die spätere SA, zulegen, weil Kommunisten auch damals schon mit allen Mitteln den offenen Debattenraum monopoliseren wollten. Aber das meintest du wahrscheinlich nicht. ;)

  2. brigbrei 14. Dezember 2023 at 18:31Antworten

    „Eine Kunstausstellung in Berlin wurde kurzfristig verboten.“

    Es gab eine Zeit, da nannte man das Entartete Kunst…

  3. Hasdrubal 14. Dezember 2023 at 13:24Antworten

    @„Die vielen Migranten, die zwar tendenziell eher wenig von NATO-Bomben, Spritzen, Masken oder Regenbogen-Kultur halten, dürfen ohnehin nicht wählen.“

    Apropos Migration – „Zionistischer Einblick“ macht immer groteskere Hetze gegen Muslime. Heutige zwei Minuten Muslime-Hass: Eine französische Lehrerin zeigte 12jährigen Schülern Nacktbilder – die Eltern-Aufregung solle „beweisen“, Muslime seien nicht integrierbar.

    In den letzten Jahren verbot in Ungarn ein Gesetz das Behelligen Minderjähriger mit Nacktbildern, was die Woken übriger EU-Länder zum Hetzen gegen Orban brachte. Wenn aber Muslime die Bösen sein sollen, sind für Manche sogar Woke Lehrende:innen mit Nacktbildern ganz toll.

    • C.J. 14. Dezember 2023 at 15:38Antworten

      Bei dem „Nacktbild“ handelte es sich um das GEMÄLDE „Diana und Aktaion“ (1606) des italienischen Malers Giuseppe Cesari, nur so am Rande. Die Reaktion der Eltern beweist m.E., dass (ein Großteil der) Muslime in Europa zwar wegen angeblich mangelnder Intoleranz schnell mal aufschreien, selber aber eine der intolerantesten Gesellschaftsgruppen darstellen und somit kaum ernst zu nehmen sind.

    • Margit 14. Dezember 2023 at 19:25Antworten

      Zu dieser Art von Kunst fällt mir nur ein, kunst des bitte lassn.
      Keine Bühne für Braun und Quer.
      Danke an den der die Typen nicht reingelassen hat.

      • andi pi 15. Dezember 2023 at 10:18

        @ Margit
        14. Dezember 2023 at 19:25

        könnte ich bitte eine inhaltliche(!) begründung bekommen, wieso diese bilder bzw. diese künstlergruppe „braun“ sein sollen? wenn etwas daran „braun“ wirkt, dann habe ich eher die assoziation zu denen, die das ausstellen dieser bilder verboten haben (stichwort „entartete kunst“).

      • Eichelhäher 19. Dezember 2023 at 20:15

        Hehehe, erst nötigen und hinterher fürs Folgeleisten bedanken.
        „Eleganter Erniedrigen mit Antifa.“

      • Inez Otto 21. Dezember 2023 at 19:00

        Wo siehst du „braun“ oder „quer“? Genaue Angaben und fundierte Begründung bitte.
        Vielen Dank.

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