Strategische Auswirkungen der BRICS Erweiterung – Kontrolle über Wasserstraßen und Handelsrouten

29. August 2023von 3,3 Minuten Lesezeit

Indien wollte 3 neue Mitglieder. China wollte bis zu 10. Schließlich wurde ein Kompromiss mit 6 Mitgliedern erzielt: Ägypten, Iran, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate (VAE), Argentinien und Äthiopien. Die strategische Bedeutung der Länder hat es in sich. Und sie zeugt von Überlegung und weitsichtigem Denken.

Präsident Putin seinerseits bezeichnete die Verhandlungen über die BRICS-Erweiterung als recht schwierig. Inzwischen zeichnet sich ein relativ genaues Bild dessen ab, was in Johannesburg wirklich auf dem Tisch lag.

Von nun an sind es also 11 BRICS. Und das ist erst der Anfang. Ab dem rotierenden russischen BRICS-Vorsitz am 1. Januar 2024 werden schrittweise weitere Partner aufgenommen, und ganz sicher wird auf dem BRICS-11-Gipfel in Kasan im Oktober nächsten Jahres eine neue Runde von Vollmitgliedern angekündigt.

Das Bild zeigt recht deutlich welche Transportwege und Wasserstraßen nun im BRICS-Land liegen:

Entscheidend wichtige Handelsrouten auf See sind der Suez-Kanal und die Straße von Hormus. Beide liegen nun in BRICS Land und sind dem Zugriff der angelsächsischen Seemächte entzogen.

Die Straße von Hormus wird nun vollständig von Saudi-Arabien, den VAE und dem Iran kontrolliert. Ein Großteil der Erdöltransporte läuft darüber. Die USA haben zwar 2019 eine Militärmission „zum Schutz des Schiffsverkehrs“ in der Region gestartet, die von Großbritannien, Australien und Bahrain unterstützt wurde, aber seit der Kooperation von Saudi-Arabien mit dem Iran ist sie praktisch wirkungslos und hilflos.

Der Suezkanal, wichtig vor allem für den Handel von Europa mit Asien, ist nun ebenfalls umgeben von den BRICS-Ländern Ägypten und Saudi-Arabien.

Die BRICS Länder besetzen nun auch eine wichtige Region dessen, was unter „Herzland“ bekannt ist, nämlich die Verbindung der eurasischen Landmasse mit Afrika. Es ist damit der Landweg außerhalb der Reichweite der angelsächsischen Seemächte gesichert. Mit dem Mitglied Äthiopien reicht BRICS bis weit nach Afrika hinein.

Die weitere Entwicklung

Im ersten Schritt hat BRICS strategische Handelsrouten besetzt, der Anschluss wird dadurch noch attraktiver für eine Reihe anderer Länder. So könnten sie bald zu den BRICS 20 aufsteigen – auf dem Weg zu den BRICS 40. Die G7 gerät praktisch immer mehr in Vergessenheit.

In Johannesburg unterstützte Russland Ägypten. China setzte voll auf die Bedutung des Persischen Golfs: Iran, VAE und die Saudis. Es ging China um die ungestörten Handelswege seiner Belt and Road Initiative (BRI), der neuen Seidenstraße. Iran und China sind bereits tief in eine strategische Partnerschaft eingetreten, und Riad akzeptiert bereits Zahlungen für Energie in Yuan.

Brasilien und China unterstützten Argentinien, Brasiliens problembehafteten Nachbarn, der Gefahr läuft, dass seine Wirtschaft vollständig an den Dollar gekoppelt wird, und außerdem ein wichtiger Rohstofflieferant für Peking ist. Südafrika unterstützte Äthiopien. Indien fühlte sich aus einer Reihe sehr komplexer Gründe nicht gerade wohl mit drei arabischen/muslimischen Mitgliedern (Saudi-Arabien, VAE, Ägypten). Russland beschwichtigte die Befürchtungen Neu-Delhis.

Ein weiterer wichtiger geopolitische und geoökonomische Durchbruch ist nicht nur der Anstieg des kollektiven BIP der BRICS 11 auf 36 % des weltweiten BIP (das bereits größer ist als das der G7) und die Tatsache, dass die Gruppe nun 47 % der Weltbevölkerung umfasst, sondern auch die Tatsache, dass die BRICS 11 dabei sind, auf dem Energie- und Rohstoffmarkt buchstäblich die Bank zu sprengen.

Durch die Einbeziehung des Irans, Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate erweist sich BRICS 11 sofort als ein Öl und Gas Schwergewicht. Nach Angaben von InfoTEK kontrolliert BRICS 11 jetzt 39 % der weltweiten Ölexporte, 45,9 % der nachgewiesenen Reserven und mindestens 47,6 % des weltweit geförderten Öls.

Westliche Sanktionen gegen eines oder mehrere BRICS-Länder werden immer mehr zum Bumerang, man sanktioniert sich praktisch selbst. In Brüssel und in Washington ist diese Erkenntnis allerdings noch nicht angekommen.


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4 Kommentare

  1. Hasdrubal 29. August 2023 at 10:22Antworten

    „Nach Angaben von InfoTEK kontrolliert BRICS 11 jetzt 39 % der weltweiten Ölexporte, 45,9 % der nachgewiesenen Reserven und mindestens 47,6 % des weltweit geförderten Öls.“

    Theoretisch sollten wir sofort die Förderung und Nutzung einstellen – sagen Greta und ein Herr Guterres von der „UNO“, der gerne Marionette einer „Weltregierung“ werden würde. Viel wäre klarer, würden BRICS-Länder offen sagen, dem Klima-Suizid nicht zu folgen – da westliche Politik sich seit Jahren um diese Lobbyhysterie dreht, bekäme sie gravierende Probleme. Wie kann man die Osten-Länder überzeugen, dies würde eher westliche unipolare Weltherrschaft brechen als weiteres Taktieren?

    Kommen in der nächsten Erweiterung-Runde richtige Schwergewichte wie Indonesien – vierte Bevölkerung der Welt und 5./6. Volkswirtschaft-Rang nach Kaufkraft? Irgendwann leben über 50% der Weltbevölkerung mit über 50% der Kaufkraft-Weltwirtschaft in BRICS, dann kann der Westen die Welt endgültig nicht mehr beherrschen.

  2. Jan 29. August 2023 at 9:48Antworten

    Öl ist der zentrale Faktor: der Rückgang billiger Energie führt dazu, dass die USA ihre Militärpräsenz abbauen müssen (Rufe nach Friedensdividende wegen Armut im Lande), damit verkommen die “freien” Märkte, kleine Länder wie Österreich, die bilateral wenig anzubieten haben (Wasser?) können nicht am Weltmarkt einkaufen. Die BRICS werden natürlich den ganzen Kolonialismus beenden und einen eigenen Wirtschaftsraum öffnen, die Ukraine zeigt, dass die NATO das nicht verhindern kann. Damit endet das Wirtschaftsmodell des Westens, besonders Deutschlands und Österreichs, die über keine eigenen Energiequellen verfügen.

    Dass die inkompetenten Schreihälse in mehreren Regierungen Unsinn per Zwang für Wahrheit verkaufen, ist dem sklavischen Duckmäusertum der Wähler geschuldet. Das Problem: außer einem Rückfall in die Agrarwirtschaft gibt es fast nichts. Jede Energie, die nach Deutschland importiert wird, ist logischerweise teurer, als wenn direkt neben dem Bohrturm produziert wird; soviel Produktivitätsvorteil kann Deutschland gar nicht erdenken und mit dem inkompetenten, teuren Wasserkopf schon gar nicht – die Investitionen in Solar und in (ohne Energie unbrauchbare) Häuser können wir abschreiben.

    Italien und Spanien haben Energie aus dem Maghreb, Skandinavien aus Norwegen, Osteuropa aus Nahost, Deutschland hat ein Problem.

    Wenn die NATO tatsächlich an der Sprengung von Nordstream beteiligt war, ist Deutschland nicht einmal mehr in der Lage sich selbst zu verteidigen. EU und Euro hängen gleichzeitig am deutschen Tropf.

    Deutschland hat noch relativ viel Braunkohle und möglicherweise noch förderbare Steinkohle. Das CO2-Narrativ verunmöglicht bzw. verteuert deren Nutzung.

    Natürlich gäbe es die Möglichkeit zu einer Kooperation mit einem energiereichen und technisch rückständigen Land in Sinne einer Win-Win-Lösung. Aber das können die Berliner “Eliten” nicht.

    Das Problem einer eigenständigen Politik ist, dass NATO offenbar die Pipeline sprengen – und damit jedes andere Wohlverhalten erzwingen kann. Für Österreich schauts kaum besser aus: man hat immer von der schlesischen Kohle gelebt, ohne Putin-Gas und Saudi-Öl könnten wie dann in Deutschland die Regale leer bleiben und der Hunger anmarschieren.

    Die inkompetenten Schreihälte werden Unsinn über ihr RECHT und ZWANG brüllen und die Mehrheit wird ihnen zujubeln, wenn sie Unmachbares behaupten! Am Ende aber kommt der Kassa-Sturz…

  3. Thomas Melzer 29. August 2023 at 9:12Antworten

    Ein guter und wichtiger Artikel zu einer Entwicklung – dem Ende der westlichen Hegomie -, die in der “Qualitätspresse” natürlich nicht die gebührende Beachtung findet.

    Es sei mir jedoch das Abdrücken einen Korinthenhäufleins gestattet: Eurasien und Afrika konstituieren nach Mackinder die Weltinsel (world island) und nicht – wie im Artikel behauptet – das Herzland (heartland). Letzteres ist im wesentlichen deckungsgleich mit dem Zarenreich vor dem ersten Weltkrieg.

  4. Andrea 29. August 2023 at 9:11Antworten

    Sehr wichtige Frage in diesem Zusammenhang: Wie steht die BRICS zur WHO??
    Wenn hier keine Abgrenzung erfolgt, ist es der selbe Verein mit anderer Tünche.

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