Ultimatum ausgelaufen: Niger von Angriffskrieg bedroht

7. August 2023von 4,5 Minuten Lesezeit

Niger hat das Ultimatum von Nigeria auslaufen lassen. Die EU zeigt kein Interesse an einer diplomatischen Schlichtung im Niger-Konflikt, obwohl der Konflikt das Potential hat, einen Flächenbrand auszulösen. 

Am Sonntag ist das Ultimatum Nigerias, dem Führer der Staaten-Gruppe ECOWAS, die an Frankreich und den Westen gebunden ist, ausgelaufen. Bis dahin hätte Niger den seit dem Staatsstreich inhaftierten Präsidenten wieder einsetzen sollen. Das wurde von der Militärregierung nicht gemacht. Nigeria hatte für diesen Fall eine „Militäroperation“ (!) angekündigt.

EU/Nigeria-Aggression

In der Nacht auf Montag behauptete die nigrische Militärregierung, dass die ECOWAS ihre Interventionspläne abgeschlossen habe. Der Sprecher fügte hinzu, dass in zwei westafrikanischen Ländern Truppen zur Vorbereitung einer Militärintervention in Niger stationiert sind. Zudem behauptet die nigrische Junta, dass die ECOWAS eine Invasion des Landes mit dem Geld einer ausländischen Macht planen würde. Dass der Angriff noch nicht erfolgt ist, würde daran liegen, dass Nigeria noch mehr Zeit brauche. Am Donnerstag kommt es zu einem ECOWAS-Gipfel. Bis dahin soll eine “Truppenentsendung” erfolgen, soll es aus diesen Kreisen heißen.

Am Sonntag hatte Niger bereits seinen Luftraum geschlossen. Man werde entschlossen auf Verletzungen reagieren, hieß es. Die Spannungen nehmen entschieden zu. Französisches Militär muss den Niger binnen 30 Tage verlassen. Mehrere Tausend Franzosen-Soldaten sind im Land stationiert. Die USA betreiben zwei Militärbasen im Land. Eine Gas-Pipeline aus Nigeria durch Niger soll künftig die EU mit Gas versorgen – so der Wunsch der EU. Denn russisches Gas will man bekanntlich nicht mehr.  Zudem ist Niger wertvoller wirtschaftlicher Satellit für Frankreich.

Die EU unterstützt Nigeria, das den Hauptaggressor macht. Von von der Leyen abwärts werden scharfe Worte an Niger gerichtet. Der demokratisch gewählte Präsident müsse zurück in sein Amt. Leyen sagte am Sonntag:

„Zwischen der EU und Niger bestehen seit Jahrzehnten enge Beziehungen. Der nicht hinnehmbare Angriff auf die demokratisch gewählte Regierung gefährdet diese Beziehungen. Ich unterstütze die Entscheidungen der Ecowas und begrüße ihre aktive Beteiligung an der Gewährleistung einer raschen Wiedereinsetzung von Präsident Bazoum.“

Man ist verleitet, darauf hinzuweisen, dass auch Wiktor Janukowytsch, damals Präsident der Ukraine, 2014 demokratisch gewählt gewesen war. Er musste allerdings nach der Maidan-Revolution aus der Ukraine flüchten. Brüssel unterstützte diese Entwicklung uneingeschränkt.

Im Niger ist das wieder einmal anders. Dort beteiligt sich die EU zumindest im Hintergrund. Durchaus möglich, dass die Behauptung der nigrischen Militärjunta zutrifft und der Angriffskrieg Nigerias mit Geld „ausländischer Mächte“ geplant sei. Es wäre ein weitere NATO-Stellvertreterkrieg. Nigers Junta und seine Verbündeten (Wie die Fronten in diesem Konflikt stehen, hat TKP hier zusammengefasst) warnen, dass ein Krieg katastrophale Folgen für die Region und weit darüber hinaus haben wird.

Drohender Flächenbrand

Diplomatische Bemühungen kommen aber nicht aus Brüssel, sondern aus Algerien. Das nördliche Nachbarland stellt sich entschieden gegen eine „Militäroperation“ und ruft dazu auf, den Konflikt diplomatisch zu schlichten. Auch innerhalb der politischen Klasse Nigerias gab es bereits Widerstand gegen die Kriegspläne. Ein Senator widersetzte sich etwa den Mobilisierungsplänen. Nigeria könne nicht Krieg führen, wenn man im eigenen Land nicht die Boko Haram unter Kontrolle bekomme.

Auch außerparlamentarisch gibt es scharfen Gegenwind. Der exilierte Simon Ekpa, Premierminister der Exilregierung der als Indigenous People of Biafra bekannten Separatistenbewegung im Süden Nigerias, erklärte in seiner “Botschaft an die neuen panafrikanischen Revolutionsführer in Burkina Faso, Mali, der Republik Niger und weiteren Ländern”, dass die Biafraner im Namen der Freiheit und des Panafrikanismus an der Seite von Niger, Mali und Burkina Faso stehen werden. “Wir werden Schulter an Schulter gegen Nigeria für unsere Freiheit kämpfen”, sagte er.

Das zeigt, welche Dynamik ein offener Krieg in der Sahel-Zone auslösen könnte. Ein offener Konflikt könnte nicht nur zu einer größeren Konfrontation führen, in der mehrere Staaten involviert sind, sondern auch schnell zu inneren Konflikten in den Ländern führen.

In der Ansprache der nigrischen Junta auf Montag rief die Militärregierung ihre Bürger auf, bereit zu sein, “das Heimatland und die Unabhängigkeit Nigers zu verteidigen”. Mehrere hundert nigrische Soldaten wurden zusätzlich an der Grenze zu Nigeria stationiert. Vertreter der Junta haben sich am Wochenende auch mit der Wagner-Gruppe in Mali getroffen – mit der Bitte um Unterstützung. Wagner-Chef Prigoschin wolle das Angebot „prüfen“. Regelmäßig kommt es im Land zu großen Unterstützungdemos für das neue Regime. Die Junta genießt breite Unterstützung.

Allerdings hat das Land seit dem Putsch schwer zu kämpfen. Die Sanktionen haben die Preise im Land hochgehen lassen, es kommt auch immer zu Stromausfälle. Niger beschuldigt Nigeria, den Strom zu kappen.

Das Außenministerin Annalena Baerbock legt am Montag noch mal nach. Man warnte in scharfer Form vor Gewaltakten gegen den festgesetzten Präsidenten Mohamed Bazoum. Die Putschisten müssten “mit scharfen persönlichen Konsequenzen rechnen“, sollte “dem demokratisch gewählten Präsidenten Bazoum und seiner Familie etwas zustoßen“, so ein Baerbock-Sprecher.

Bild “Flintlock 2018 opens in Agadez, Niger” by USAFRICOM is licensed under CC BY 2.0.

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Niger-Krise: Wer für und gegen das Militär-Regime ist

24 Kommentare

  1. P. H. 8. August 2023 at 10:04Antworten

    Jede gewählte Beziehung mit anderen Ländern gefährdet nicht nur Beziehungen, sondern der Rest der Welt. Man geht mit Verträgen immer mit dem Teufelt mit. Immer mehr und mehr haben wollen und selbst nichts auf die Beine stellen hat noch nie funktioniert. Leider kapieren diese Möchtegern nicht. Wie man sieht sucht jeder einen Grund um alles aus dem Lot zu bringen. Und es gibt kein einziger darunter die die E…. hat endlich reinen Tisch zu machen und die unschuldigen Bevölkerung zu schützen. Niemand hat das Recht überhaupt auf dieser Erde für irgendwas für sich in Anspruch zu nehmen. Wir sind alle Gäste die von der Natur geduldet werden. Noch.

  2. suedtiroler 8. August 2023 at 10:03Antworten

    vielleicht wird der Niger jetzt Proxy gegen den Westen…. und bekommt westliche Waffen die den Ukrainern von den Russen abgenommen wurden. wär das nicht eine Ironie?

  3. fragolin 8. August 2023 at 8:00Antworten

    Das Regime in Nigeria ist politischer und militärischer Partner der EU und der NATO, aber wir nehmen ständig “geflüchtete Nigerianer” auf und können sie selbst dann nicht zurückliefern, wenn sie hier hochkriminell werden. Im postfaktischen Zeitalter sind Widersprüche an der Tagesordnung und Fakten müssen niedergebrüllt werden.
    Im Niger geht es nicht um Demokratie sondern um Gas und Uran. Damit Nigeria seine Pipeline bauen und absichern kann, wird es auch vor einem illegalen Angriffskrieg nicht zurückschrecken, und weil “der Wertewesten” und ganz besonders Frankreich das Uran und das Gas haben wollen, werden sie mitmachen.

  4. Jan 8. August 2023 at 7:51Antworten

    Die Leyen will noch mehr Krieg? Da wird die Mehrheit wieder CDU/ÖVP wählen, Krieg macht sexy!

    • fragolin 8. August 2023 at 8:04Antworten

      Ja, wie sexy Krieg macht, sieht man an der FDP-Waffenlobbyistin Strack-Zimmermann. Die läuft ja momentan zur Hochform auf. So viel Medienpräsenz hatte letztens nur der Drosten.

    • asisi1 9. August 2023 at 2:40Antworten

      v.d.L. faselte etwas von demokratisch gewählter Regierung. Ich hoffe das dabei ihr Maul verbrannt ist, denn von Demokratie hält kein EU Politiker etwas.

  5. Johanna 8. August 2023 at 4:54Antworten

    In Niger hat es 45° im Schatten. Weder “verbruzzeln” (Kogler) die Menschen dort, noch “verkochen” (Guterres) sie. Lt. ORF führen Temperaturen über 40° gar zur “Selbstentzündung” (40° im Schatten in der Hängematten, mein Gott, hat der Josef a Glück, der Josef foat in die Karibik…)

    Wenn der ” böse” (russenfreundliche) Niger kein Uran mehr an Frankreich liefert, dann werden am Ende wieder viele “Klimaflüchtlinge” in die EU kommen.

    Wenn Ungarn und die Oststaaten daraufhin aus der EU austreten, wird es am Kontinent auch eine Wetterscheide geben. Der Westen verkocht und der Osten sonnt sich im Süden in den ehem. DDR-Urlaubsdestinationen.

    Ostblock Roadtrip – Balkan, Plattensee, Schwarzes Meer…

  6. therMOnukular 8. August 2023 at 1:31Antworten

    “Das Außenministerin Annalena Baerbock….”

    Typischer Tippfehler? Ein geheimes Statement des Autors? Oder hat Annalena gar ihr Gender gewechselt? ;))

    Man darf gespannt sein, wie Deutschland diese “Drohung” umsetzen wird. Schickt man dann die Leoparden, die man von der Ukraine gerade wegen Untauglichkeit zurückbekommt?

    Mein persönlicher Wunsch wäre jedenfalls, dass sich die afrikanischen Staaten friedlich verständigen und sich gemeinsam vom Westen emanzipieren. Eine Welt mit ausgewogeneren Machtverhältnissen wäre im Sinne aller.

  7. Glass Steagall Act 7. August 2023 at 22:27Antworten

    Meine Frau stammt aus Nigeria und sagt, dass die Militärregierung im Niger die volle Unterstützung der Bevölkerung hat! Der abgesetzte Präsident ist eine Marionette des Westens gewesen, der zugunsten Frankreichs und des Westens die Ressourcen des Landes verkauft hat. Die Bevölkerung hatte nichts davon und sind weiterhin arm. Stattdessen mussten sehr viele Bewohner Nigers in Nigeria arbeiten um Geld zu verdienen.

    Sollte tatsächlich Nigeria dem abgesetzten Präsidenten im Niger zur Hilfe kommen, dürfte es einen Bürgerkrieg in Nigeria durch die dort arbeitende Bevölkerung Nigers geben. Das versucht man derzeit zu vermeiden. Da aber die Regierung Nigerias pro westlich ist, stehen sie dort vor einem Konflikt.

    In den westlichen Medien wird davon natürlich nichts berichtet, denn man sich vorstellt, dass halb Europa auf das Uran des Nigers angewiesen ist, wird klar, warum der Westen mit einer Drohkulisse arbeitet. Sollte es in Zukunft kein Uran mehr aus dem Niger kommen, könnten auch in Deutschland einige mehr Lichter ausgehen!

    • Ökologe 7. August 2023 at 22:49Antworten

      Gute Insider-Info. Danke.
      Aber VORSICHT: Hier gehen keine Lichter mehr wegen des dann fehlenden Urans aus, denn die Atomkraftwerke sind – hierzulande Vergangenheit. Gottseidank. Die Franzosen werden aber schon im Dreieck springen…

      • fragolin 8. August 2023 at 8:07

        Die Kernkraftwerke in Deutschland hat man zwar unbrauchbar gemacht, aber der Atomstrom aus Frankreich ist für uns dadurch sogar existenziell wichtig geworden, und damit wird es auch in Deutschland oder Österreich finster, wenn die Franzosen die Leistung runterfahren müssen.

  8. Ökologe 7. August 2023 at 21:51Antworten

    PS: Sorry, Link im letzten Posting vergessen, hier ist er:
    https://www.igfm.de/aegypten-uebersicht-menschenrechtssituation/

  9. Ökologe 7. August 2023 at 21:46Antworten

    Nur mal so nebenbei: So viel ich mit bekommen habe, gibt es in Ägypten auch eine Militärregierung. Die ist nicht gerade zimperlich (siehe Link). Wo bleibt da der Aufschrei des Wertwestens und wo der Einmarsch von Nigeria & Co. um “die Demokratie zu retten”??

    • fragolin 8. August 2023 at 8:10Antworten

      Läuft durch Ägypten eine Pipeline? Baut Ägypten in signifikanter Menge Uran oder Gold ab? Nein? Na dann müssen sie nicht mit Maßnahmen zur “Demokratierettung” rechnen.

  10. Jurgen 7. August 2023 at 21:42Antworten

    Die nächste Pleite für die EU klopft schon an die Tür. Das wird hart für Frankreich werden, wenn erst mal der Atomstrom versiegt und man nur noch das zuviel an Alternativstrom der Deutschen mittags oder bei Sturm abbekommt.
    Macrons gehören nur ins Weihnachtsgebäck, nicht in die Politik…

  11. Jürgen R. 7. August 2023 at 19:31Antworten

    Es ist längst an der Zeit, daß sich alle Staaten Afrikas ihrer Parasiten entledigen. Kolonialismus ist out, auch wenn er heute anders heißt (Schutzmacht und ähnliches).

  12. 1150 7. August 2023 at 18:12Antworten

    friedensprojekt eu, oder so ähnlich hiess es einmal……
    aber das war mir schon von anfang an suspekt

  13. Fritz Madersbacher 7. August 2023 at 17:38Antworten

    “Nigeria’s Senate has warned against military intervention in neighboring Niger after Nigerian President Bola Tinubu requested backing for such an action against Niger’s new military junta … Nigerian Senate President Godswill Akpabio said Saturday that he urged President Tinubu for ECOWAS to consider all diplomatic and political options before resorting to military intervention. Senators from northern Nigeria particularly stressed exhausting all diplomatic avenues since their region borders Niger … “We also take exception to the use of military force until other avenues as mentioned above are exhausted as the consequences will be casualties among the innocent citizens who go about their daily business,” said Sumaila Kawu, a spokesman for a group of northern Senators …
    There are about 1,100 US troops stationed in Niger and a major American drone base is in the country. France has about 1,500 troops in Niger and has also backed ECOWAS threats against the coup government”
    (‘Antiwar.com’, Posted on August 6, 2023)

    • Fritz Madersbacher 7. August 2023 at 20:24Antworten

      Dazu ein blutrünstiger Kläffer aus dem neutralen Österreich:
      “Sollen die Ecowas-Präsidenten jetzt klein beigeben? Dann können sie ihren Staatenbund vergessen. Das soll kein Freibrief für säbelrasselnde Einsätze sein. Doch mit den Abenteuern westafrikanischer Offiziere muss endlich Schluss gemacht werden” (“Der Standard”, 07/08/2023)

      • fragolin 8. August 2023 at 8:11

        Der Standard ist ein linksradikales Hetzblatt, von dort sind keine anderen Töne zu erwarten.

  14. OMS 7. August 2023 at 17:25Antworten

    In Niger werden korrupte Staatsverbrecher hinter Schloss und Riegel gebracht. Und genau davor hat der Western und die EU insbesondere in Form von Frau von der Leyen Angst. Denn es könnte ihnen ja dasselbe blühen. Die korrupte Entourage der EU hinter Gitter, welch ein schöner Gedanke.

    • asisi1 9. August 2023 at 2:44Antworten

      Und in Europa sitzen sie in den Regierungen!

  15. Idaho 7. August 2023 at 17:10Antworten

    Diese verdammten Id*oten in der EU werden den nächsten Krieg unterstützen und somit Millionen Flüchtlinge nach Europa treiben.
    Diplomatie existiert anscheinend nicht mehr.

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