Niger-Krise: Wer für und gegen das Militär-Regime ist

4. August 2023von 4,4 Minuten Lesezeit

Wenige Tage nach dem Putsch in Niger haben sich die Fronten bereits klar verhärtet. Die Spannungen nehmen währenddessen weiter zu. 

Der Militärputsch in Niger hat starke internationale Reaktion ausgelöst. Das für Frankreich und die EU strategisch wichtige Land wurde vom Militär übernommen, der Präsident sitzt im Gefängnis. In der Sahelzone gibt es seither schwere Spannungen, die Staaten-Gruppe ECOWAS, die als Instrument dem (ehemaligen) Kolonialherren Frankreich dient, hat Sanktionen gegen das Land erlassen.

Verbot französischer Medien

Niger wirft Nigeria vor, den Strom zu kappen. Niger wiederum hat am Donnerstag den französischen ÖRR vom Netz genommen. Die „France Médias Monde“, die im Ausland die französische Sprache und Kultur „fördern“ soll, ist jetzt blockiert. Der Schritt wurde von Paris scharf verurteilt, das sei „illegal“.

Der französische oppositionelle Nationalist Florian Philippot kommentiert: „Wie kann man sich darüber wundern, wenn wir selbst mit gutem Beispiel vorangegangen sind, indem wir RT France und Sputnik brutal und illegal über die EU geschlossen haben?! Unglückliche, aber so vorhersehbare Retourkutsche!“

Zugleich sagte die Regierung des Senegal der ECOWAS-Gruppe am Donnerstag Unterstützung bei einer potentiellen „Militärintervention“ zu.

Wie setzen sich die Blöcke zusammen, die sich gegen beziehungsweise für die Militär-Regierung positionieren?

Gegen das Militärregime

USA: Die Vereinigte Staaten drohen damit, die Entwicklungshilfe für Niger zu streichen und warnen vor den begrenzten Möglichkeiten, den Putsch rückgängig zu machen. Man verlangt von Niger, den abgesetzten Präsidenten wieder in sein Amt zurückzulassen.

Frankreich: Der (ehemalige) Kolonialherrscher hat seine Staatsangehörigen evakuiert und Hilfsgelder für das Land eingestellt. Niger wiederum hat seinen Export nach Frankreich gestoppt. 93 Prozent des jährlich abgebauten Urans geht nach Frankreich. Das Militärregime will die Verträge neu verhandeln, da der Preis ungerecht wäre, so das Regime. Auch um Gold geht es in diesem Wirtschaftskonflikt.

Großbritannien: Der dritte westliche Teil der Allianz ist Großbritannien. Das Außenministerium verurteilt den Staatsstreich auf „das Schärfste“ und begrüßt die ECOWAS für ihre „starke und klare Reaktion“.

Kenia: Der kenianische Präsident William Ruto verurteilt den Staatsstreich als „schweren Rückschlag“ für Afrika. Und gliedert sein Land in die westliche Allianz ein.

ECOWAS: Die Staatengruppe ist der hauptsächliche Gegenspieler des Militärregimes. Erst verhängt man Sanktionen gegen Niger. Außerdem werden „militärischer Maßnahmen“ angedroht, falls Präsident Bazoum nicht innerhalb einer Woche wieder eingesetzt wird. Frankreich würde sich wohl nicht direkt an der „Militäroperation“ beteiligen, aber logistisch unterstützt. Die militärische Koalition würde Nigeria anführen. Die Militärführung des Niger hat die Wiedereinsetzung des Präsidenten bereits ausgeschlossen.

Afrikanische Union: Die Afrikanische Union verurteilt Nigers Machtübernahme „auf das Schärfste“ und zeigt sich besorgt über „alarmierendes Wiederaufleben“ von Putschen auf dem Kontinent.

Unterstützer des Regimes

Burkina Faso und Mali: Beide Nachbarstaaten haben die Grenzen  Grenzen zu Niger geöffnet und ein Angebot militärischer Unterstützung übermittelt. Besonders in Burkina Faso, dem ehemaligen anti-kolonialen und anti-imperialistischen Land Vorreiterland unter Thomas Sankara, weht aktuell wieder ein Hauch von einer neuen antikolonialen Bewegung – hier ausführlich nachzulesen.

Guinea: Auch Guinea reiht sich in die Reihe der Verbündeten des neuen Nigers ein. Das Land, das ebenfalls vom Militär regiert wird, verurteilt die ECOWAS-Sanktionen und befürchtet, dass sie weiteres Leid verursachen werden.

Wagner: Auch die Wagner Gruppe und Anführer Prigoschin unterstützen den Coup. Die Privatarmee hält den Staatsstreich in Niger für einen Schritt nach vorn im Kampf gegen den (Post/Neo)-Kolonialismus.

Neutrale Positionen

Algerien: Die regionale Großmacht im Norden wünscht sich eine friedliche Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung und warnt vor einer ausländischen Militärintervention. Sollte es zu einem Angriff auf den Niger kommen, werde man aber nicht „tatenlos“ zusehen, vor allem wenn Frankreich sich direkt beteiligen sollte.

China: Mahnt in Anbetracht der „Komplexität“ der Situation seine Bürger in Niger zur Wachsamkeit. Man ruft zu einer diplomatischen Lösung auf, und hält das neue Regime offenbar nicht für illegitim. Zugleich sagt das Außenministerium am Freitag: „Präsident Bazoum ist ein Freund Chinas. Es ist zu hoffen, dass seine persönliche Sicherheit gewährleistet ist und dass die relevanten Parteien in Niger ihre Differenzen friedlich durch einen Dialog bewältigen, der die grundlegenden Interessen der Nation und des Volkes zum Ausgangspunkt hat.

Russland: Im Kreml fordert man eine schnelle Rückkehr zur „Rechtsordnung“ und fordert alle Parteien auf, Zurückhaltung zu üben. Vor einer möglichen Intervention des Westens wird gewarnt. Es wäre sehr unwahrscheinlich, dass eine solche Aktion etwas besser machen würde. Kreml-Sprecher Peskov sagte am Freitag: „Wir beobachten die Situation sehr genau, sind besorgt über die Spannungen in Niger und setzen uns weiterhin für eine rasche Rückkehr zur verfassungsmäßigen Normalität ein, ohne Menschenleben zu gefährden.“

Bild Jérémy Barande / Ecole polytechnique Université Paris-Saclay / CC BY-SA 2.0Célébration des fêtes nationales de l’Allemagne et du Niger (48909135357)CC BY-SA 2.0

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15 Kommentare

  1. Jurgen 5. August 2023 at 17:11Antworten

    Alle Kriege gehen nur um Rohstoffe und Ausbeutung über Steuern o.ä. in besetzten Ländern. So wie in Deutschland, wo der Geltungsbereich für die Steuergesetze längst erloschen ist, seit der Aufhebung der hoheitsrechtlichen Grundlage der Länder 1992. Aber ein FinanzAMT gibt es angeblich immer noch? Wohl kaum noch ein Amt, sondern eine NGO.

  2. Glass Steagall Act 5. August 2023 at 11:02Antworten

    500 Milliarden klingt ganz schön viel. Zumindest ist die zurückgeschickte Entwicklungshilfe nur ein Almosen dagegen und ein Alibi.

  3. Josef 5. August 2023 at 8:51Antworten

    Zu Wagner und Afrika habe ich vor kurzem einen interessanten Substack Artikel gelesen von Chima Okezue – „WAGNER GROUP, THE RUSSIAN STATE AND AFRICA: THE PAST, THE PRESENT AND THE (POSSIBLE) FUTURE“

    Zumindest mal aus Sicht eines nigerianisch stämmigen Briten.

  4. Georg Löding 5. August 2023 at 8:15Antworten

    The scramble for Africa continues!

    Europa minus Afrika = Steinzeit-Europa

  5. Indre 5. August 2023 at 0:22Antworten

    Schöne Show fürs Volk. Ich halte die „multipolare Weltordnung“ für eine längst beschlossene Sache.

    • suedtiroler 5. August 2023 at 9:34Antworten

      da gibt es nichts zu beschliessen, das entwickelt sich von ganz alleine.

  6. […] Niger-Krise: Wer für und gegen das Militär-Regime ist […]

  7. niklant 4. August 2023 at 20:18Antworten

    Bleibt nur noch die Frage, wann die amis für ihre Vasallen aus Frankreich in Niger einfallen? Frankreich beutet weiter aus, wenn Niger fällt! Bleibt also alles beim alten, denn man redet nicht über eine Zukunft Nigers sondern über Entwicklungshilfe die man Streichen will! Also genau das was Niger beenden will, diese schamlose Ausbeutung soll als Druckmittel helfen? Ich lach mich schlapp, da kann Niger mit Uran Verkäufe in andere Länder gut ausgleichen!

    • asisi1 6. August 2023 at 5:10Antworten

      800 amerikanische Militärbasen auf der ganzen Welt, sprechen eine ganz eindeutige Sprache.
      Diese Basen bringen absolut keinen Frieden, sondern sind einzig und allein um die Knechtschaft und Ausbeutung aufrecht zu halten!

  8. Dr. med. Veronika Rampold 4. August 2023 at 18:04Antworten

    Eigentümlich, dass im Artikel „Wagner“ als eigene politische Stimme getrennt von „Russland“ figuriert. Spitze eines Eisbergs? Zufall?

    • Fritz Madersbacher 4. August 2023 at 20:54Antworten

      „Eigentümlich“ und unzulässig …

    • Max Stirner 5. August 2023 at 21:39Antworten

      Wieso unzulässig? Es wird doch auch viel von „Isis“ erzählt, die immer öfter auf der US-Seite von Konflikten auftauchen.. zuletzt sogar in der Ukraine! Kicher. Abgemacht. Ab jetzt nur noch mit dem Zusatz [CIA] wie wärs?

  9. Glass Steagall Act 4. August 2023 at 17:21Antworten

    Wenn im Niger nichts zu holen wäre, würde sich der Westen einen feuchten Kehricht darum kümmern! Wenn ein Land ausschert aus der kolonialistischen Ausbeutung, wird man bei uns wach und redet von Menschenrechten und so ein Zeugs.
    Wie man sieht, kappt der Westen sofort das Geld, wenn ihm etwas nicht passt. Ganz typisch für den Westen. Deutschland zum Beispiel kappt aber nie die Entwicklungshilfe für China. Hier darf der Steuerzahler Entwicklungshilfe für ein Land zahlen, dass sich leisten kann seit Jahren Gold zu kaufen und zu horten oder Rüstung!

    • Luke 4. August 2023 at 19:16Antworten

      Wagner ????
      Die bezahlte Mördertruppe.
      Die morden für jeden der Sie gut bezahlt. Russland zum Beispiel.
      Traurig, so tief wie Sie gesunken sind, Herr Oysmüller.

    • asisi1 4. August 2023 at 21:41Antworten

      Habe gelesen, das die Franzosen ca. 500 Milliarden Euro pro Jahr aus dem Niger heraus ziehen! Jetzt sollte man sich einmal vorstellen, das Geld kommt nicht mehr rein!
      Frankreich, England und die USA haben nur noch Ruhe im eigenen Land, weil sie andere Ausbeuten, Betrügen und mit Krieg bedrohen, ansonsten wären in diesen Ländern schon längst Bürgerkriege ausgebrochen!

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