Militär putscht gegen Bongo-Dynastie in Gabun

30. August 2023von 2,6 Minuten Lesezeit

Frankreich könnte erneut Probleme in Afrika bekommen. Im rohstoffreichen Gabun hat das Militär gegen Machthaber Ali Bongo geputscht.

Wieder Militärputsch in Afrika, diesmal in Gabun. Dort regiert die Familie Bongo seit der (Schein-)Unabhängigkeit des Landes. Vergangene Woche war Ali Bongo bei einer Wahl bestätigt worden. Damit greift das Militär in einem afrikanischen Land erneut ein. Der jüngste Putsch in Niger brachte die Region an den Rand eines Krieges.

Bongo-Herrschaft beendet

Gabun liegt südlicher als Niger und zwischen der Republik Kongo und dem Atlantik. Es ist auch kleiner als Niger, jedoch ebenso reich an Rohstoffen, vor allem an Öl. 55 Jahre regierte die Familie Bongo, deren Herrschaft von Familienfehden um ein riesiges und undurchsichtiges Erbe gekennzeichnet war. Ob das Militär nun die Interessen des Volkes vertreten will, wird sich aber erst zeigen.

Auch international wird unterschiedlich auf den Staatsstreich reagiert. Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich hält dort einen Militärstützpunkt und könnte somit weiterhin Einfluss in Afrika verlieren. Frankreich hat den Militärputsch entsprechend verurteilt.

Bongo Senior, der Vater des nun gestürzten Amtsinhabers, sagte einmal: „Afrika ohne Frankreich ist wie ein Auto ohne Fahrer. Aber Frankreich ohne Afrika ist wie ein Auto ohne Benzin“. Jedoch waren die französisch-gabunischen Beziehungen schon vor dem Staatsstreich belastet. Noch kann man damit nicht wissen, ob die Funktionen von Bongo, die er für Frankreich zu erfüllen hatte, nicht ohnehin abgeschlossen war.

Bongo hatte vor der letzten Wahl Familienmitglieder von den Wahlen ausgeschlossen und wollte die Macht weiter zentralisieren. Seit seinem Schlaganfall 2018 fungierte sein Sohn als strategischer Berater und Wahlkampfleiter. Schon 2019 hatte das Militär einen Putschversuch unternommen, der jedoch gescheitert war.

Militärisches Manöver?

Das Militär hat alle politischen Institutionen für aufgelöst erklärt und die Grenzen vorübergehend geschlossen. Eine rosige Zukunft für Gabun bedeutet das noch nicht, auch wenn der Sturz von Bongo eine Demokratisierung und Befreiung des Landes einleiten kann.

Zwölf Soldaten traten im Fernsehen auf und verkündeten, sie würden die Wahlergebnisse annullieren und „alle Institutionen der Republik“ auflösen. „Wir haben beschlossen, den Frieden zu verteidigen, indem wir dem gegenwärtigen Regime ein Ende setzen.“

Dies sei auf „unverantwortliche, unvorhersehbare Regierungsführung zurückzuführen, die zu einer anhaltenden Verschlechterung des sozialen Zusammenhalts führt und das Land ins Chaos stürzen könnte“, fügten sie hinzu.

Gabun ist kein ECOWAS-Mitglied, jedoch Teil der Wirtschaftsgemeinschaft Zentralafrikanischer Staaten (ECCAS). Der Tschad ist militärische Großmacht in dieser Gruppe. Doch ein militärisches Manöver angesichts der Spannungen in Niger ist wohl eher schwierig durchzuführen.

Der Putsch wurde von der Militärkapelle begleitet. Das führte zu einer Menge an Theorien, ob die Wagner-Gruppe involviert sei. Sie bezeichnet man auch als „Orchester“. Manche deuten den Auftritt der Kapelle als Symbol. Ob da was dran ist, wird sich erst zeigen.

Bild Vinod NarbarChild with Gabonese FlagCC BY-SA 4.0

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3 Kommentare

  1. Jurgen 31. August 2023 at 12:35Antworten

    Interessant ist, dass in Afrika wie in Europa der Hang zum militärischen Durchregieren jetzt offensichtlich wird…

  2. Fritz Madersbacher 30. August 2023 at 20:36Antworten

    „Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell gab sich angesichts der Nachricht über einen erneuten Putsch in Afrika innerhalb kurzer Zeit besorgt. „Wenn das bestätigt wird, ist das wieder ein Militärputsch, der die Instabilität in der Region verstärken“, betonte er am Rande des informellen EU-Verteidigungsministerrates im spanischen Toledo am Mittwoch. „Das ist ein großes Thema für Europa“, unterstrich Borrell. „Das ist eine sehr schwierige Situation und die Minister müssen sich genau überlegen, was dort passiert …“
    Auch die französische Premierministerin Élisabeth Borne sagte, man verfolge die Vorgänge in der früheren Kolonie Frankreichs aufmerksam“ („Der Standard“, 30/08/2023)
    In einem Interview am Rande des Forums Alpbach – noch vor dem Bekanntwerden der Ereignisse in Gabun – sagte Außenminister Alexander Schallenberg beim Interview mit der „Tiroler Tageszeitung“:
    „Frage: Die EU startet eine zivil-militärische Mission in Westafrika. Was weiß man schon darüber?
    Alexander Schallenberg: Nach den Putschen in Mali, Burkina Faso und Niger hat man das Gefühl, die ganze Region erlebt sozusagen einen Hangrutsch. Ich bin dafür, dass wir dort Präsenz zeigen. Wir dürfen diese Region, in der wir sicherheitspolitische Interessen haben, nicht anderen überlassen. Es wird vor allem um Ausbildung und Training gehen. Aber wie genau das ausschauen wird, ist noch nicht geklärt.
    Frage: Soll sich auch Österreich beteiligen?
    Schallenberg: Österreich war an der Mission in Mali beteiligt, wir haben dort sogar den Force Commander gestellt. Wir werden uns in Ruhe anschauen, ob auch bei der neuen Mission eine Teilnahme möglich ist. Dazu gibt es noch keine Planung“ („Tiroler Tageszeitung“, 30/08/2023)
    Für ihn resultiert das aus der neuen Weltsituation:
    „Deshalb verändert sich seit Russlands Angriff auf die Ukraine die Denkweise … Wir befinden uns in einem systemischen Konflikt mit Staaten, die unser Lebensmodell herausfordern und die regelbasierte Ordnung umgestalten wollen. Und darauf müssen wir entsprechend reagieren“ („TT“, ebd.)

  3. Marki 30. August 2023 at 17:16Antworten

    Die Afrikaner wissen, dass Europa machtlos ist. Europa und Frankreich hat genug eigene Probleme und Militärequipment hat man alles in die Ukraine geschickt

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