
Österreich voll auf Kurs Richtung NATO-Mitgliedschaft
Österreich stimmt der EU-Ausbildungsmission ukrainischer Soldaten zu. Nach der Unterzeichnung eines weiteren Vertrags mit NATO im Mai ist das der nächste Schritt am Weg in die NATO.
„Die Neutralität ist das Herz des Österreichers. Deshalb kann man es ihm nicht ausreißen, sondern man muss es langsam und vorsichtig mit dem Löffel rausoperieren“, dieses Zitat wird Günther Platter zugeschrieben, Verteidigungsminister unter Wolfgang Schüssel, kurze Zeit Innenminister unter Gusenbauer und danach für fast 14 Jahre Landeshauptmann von Tirol. Damit hat Platter die Strategie, die von der herrschenden Klasse seit Langem gefahren wird, treffend zusammengefasst.
NATO-Verträge
Österreich ist am Weg in die NATO, auch wenn sich alle Parteien (bis auf die NEOS) zur Neutralität bekennen. Im Mai unterzeichnete Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) mit der NATO einen Vertrag zum „State Partnership Programm“ (SPP). Das Programm wurde 1993 aufgebaut, auch um ehemalige Gebiete der Sowjetunion an die transatlantische Allianz zu binden. Es sind nur zwei europäische Staaten im Programm, die nicht bei der NATO sind: Die Ukraine und jetzt eben auch Österreich. Das SPP geht über das NATO-Programm „Partnership for Peace“ (PFP), wo Österreich seit 1995 Mitglied ist, noch einmal hinaus, das gemeinsame Militärübungen vorsieht. Schritt für Schritt höhlt die Politik die Neutralität aus, und das Herz der Österreicher wird rausoperiert, so dass sie es gar nicht merken.
Es ist kein Zufall, dass Österreichs Annäherung an die NATO erst in den 1990er-Jahren begonnen hat. Es war die Sowjetunion, die Österreichs immerwährende Neutralität als Bedingung für die Unabhängigkeit des Landes verlangt hatte. Als die Sowjetunion dann besiegt war und die Russische Föderation als “Fortsetzerstaat” der UdSSR am Boden lag, die NATO also den Kalten Krieg für sich entschieden hatte, war der Weg für Österreich frei, sich in Richtung NATO zu bewegen. Die Russische Föderation weist regelmäßig darauf hin, dass man Österreich nicht mehr als neutral erachtet. Umso brisanter wird die Argumentation einiger linksliberaler Völkerrechtler, die bedingungslose Unterstützung der Ukraine fordern und es sei doch ohnehin „nur Russland“, das auf die eigentliche Neutralität Österreichs hinweise.
Gerade die Linksliberalen, besonders leicht bei den NEOS und den Grünen zu finden, vergessen, wer Österreich im 2. Weltkrieg befreit und wer die immerwährende Neutralität als Bedingung für Österreichs Souveränität verlangt hatte.
Aufrüstung
Und mit dem Ukrainekrieg hat das Verteidigungsministerium jetzt auch endgültig ein Argument, um aufzurüsten. Bis 2027 werden Österreichs Verteidigungsaufgaben auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angehoben. Aktuell liegt man bei 0,6 Prozent. Die NATO gibt für ihre Mitgliedsländer zwei Prozent als Ziel vor. In ein paar Jahren hätte Österreich diese Vorgabe also schon fast erreicht. Man ist auch hier am besten Weg, aus Österreich ein volles NATO-Mitglied zu machen.
Am 22. Oktober 1955 feierte Österreich seinen „Tag der Freiheit“. Die Besatzungszeit war vorbei, Österreich hatte seine Souveränität wieder. Seit der Beschlussfassung des österreichischen Staatsvertrags am 26. Oktober 1955 bekennt sich Österreich eigentlich verfassungsrechtlich zur „immerwährenden Neutralität“. Wie sind da also Partnerschaften mit der NATO überhaupt möglich? Rechtlich lässt die Auslegung der Neutralität sehr viel zu. Es geht fast alles. Ein Beispiel: Aktuell bildet die EU 15.000 ukrainische Soldaten für den Krieg aus, es ist die größte militärische Ausbildungsaktion in der Geschichte der EU, dem früheren “Friedensprojekt”. Österreich hat der Aktion zugestimmt, beteiligt sich aber nicht daran. Das neutrale Irland dagegen schon.
Die Frage ist deshalb, wie die „leere Worthülse“ (Franz Eder, Universität Innsbruck) Neutralität befüllt wird.
Echte oder keine Neutralität
Auch die Schweiz hat eine ähnliche Debatte rund um die Frage ihre Neutralität. Ein zivilgesellschaftliches Bündnis, will etwa erwirken, dass nur noch UNO-Sanktionen, nicht aber EU-Sanktionen mit der Neutralität vereinbar sind. Ebenso könnte sich dafür Österreich entscheiden, und zu einer Neutralität zurückkehren, die vor 1990 gelebt wurde: Keine Verträge mit der NATO, keine Sanktionen, die Brüssel verlangt, stattdessen eine eigenständige Verteidigungspolitik. Diese kann durchaus bilaterale Bündnisverträge umfassen – ob nun mit der Schweiz oder mit Ungarn – die Neutralität würde auch das zulassen, wie wir gegenwärtig ja sehen.
Doch aktuell geht das Land in eine andere Richtung, und zwar in jene der NATO. Ganz vorsichtig, mit dem Löffel, operiert man Österreich sein Herz heraus. Sobald die Operation geglückt und das Herz entfernt wurde, ist der Patient tot. Egal ob er es gemerkt hat oder nicht.
In eigener Sache:
Am Nationalfeiertag, am Mittwoch, den 26. Oktober 2022, moderiere ich im Wiener Museumsquartier eine Podiumsdiskussion zum Thema Neutralität, Krieg und Frieden. Organisiert wird die Veranstaltung vom “Sozialen Bündnis für Frieden und Neutralität”.
Bild Boevaya mashina, AAF EF-2000 Ostrava 2021, CC BY-SA 3.0
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16 Kommentare
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Ich bin für immerwährende Neutralität. Gerade jetzt, wo der Krieg sich so zuspitzt wäre Neutralität eine echte Stärke!
Psst, ich verrate jetzt mal ein Geheimnis, weder Schweden, Finnland, die Schweiz oder Österreich waren je wirklich neutral. Das sind Mythen und Geschäftsideen. Nachrichtendienstlich waren die eh alle eingebunden, viele nehmen schon seit Jahren an NATO Missionen teil, Ausbildungen werden in Kooperation mit NATO Staaten betreiben. Die Bürger jener Staaten haben sich entweder einlullen lassen oder geflissentlich in die andere Richtung gesehen. Wo Scheinheiligkeit wohnt muß man still sein, nachher weckt man die noch auf.
Die NATO-Mitgliedschaft hätte weitreichende Folgen für den Österreicher. Wie ich die USA kenne, neigen sie stark dazu, dem aufstrebenden China eines drüberzuziehen.Um sich dabei selbst so schadlos wie möglich zu halten, traue ich ihnen vieles zu, wie z.B. einen inszenierten False Flag Angriff “Chinas”, der dann auch den Österreicher zum Beistand und zur direkten Kriegsteilnahme verpflichten würde.
Ja, bezahlen tun immer die Naiven und Dummen … die dann wieder den VDB wählen, aber leider müssen dann alle mit, ansonsten bist du ein Landesverräter.
Was ÖSTERREICHs oberste Verwaltung (die Bundesregierung) unter Mitwirkung der Legislative (des Nationalrates), in Sachen ABTRAGUNG der – vom Staatsvolk als Souverän entschieden und ausdrücklich uneingeschränkt aufrechtzuerhaltenden – NEUTRALITÄT zuletzt unternommen hat:
Man hat für EU-Waffenlieferungen bis dato etliche Millionen Euro nach Brüssel gezahlt (via »Europäische Friedensfazilität«).
Man ließ hunderte NATO-Militärtransporte auf und über unserem Staatsgebiet ausführen.
Man hat die Zustimmung Österreichs zu zwei Jahre (!) laufenden EU-Ausbildungsprogrammen für 18.000 Soldaten aus der UKRAINE erteilt. Außenminister SCHALLENBERG hat damit ÖSTERREICH – völlig ohne Befragung, geschweige denn Zustimmung der davon betroffenen eigenen Bevölkerung – ein weiteres, bedenklich sehr hohes Sicherheitsrisiko auferlegt.
Es ist jetzt möglicherweise nicht mehr weit bis zur Einstufung ÖSTERREICHs als “Kriegsteilnehmer”. Ob direkt oder indirekt, wird wohl nicht der große oder entscheidende Unterschied sein, wie dann ÖSTERREICH und seine darunter leidenden Einwohner behandelt werden, als “Bevölkerung einer Kriegsnation”.
“… die Strategie, die von der herrschenden Klasse seit langem gefahren wird”
Die herrschende (Kapitalisten-)Klasse Österreichs war viele Jahrzehnte lang wirtschaftlich abhängig vom größeren Nachbarn im Norden, insofern nie ein Garant der Unabhängigkeit Österreichs. Dementsprechend war auch ihre Haltung und jene ihrer Politiker zur Neutralität nie von großer Überzeugung geprägt.
So sagte etwa, um ein Beispiel auszuwählen aus unzähligen weiteren, der nachmalige erste Verteidigungsminister der Zweiten Republik, Ferdinand Graf, 1953 Folgendes: “Das Spiel um den Staatsvertrag geht weiter, wobei die Sowjetunion die Verpflichtung zur Neutralität fordert. Einem solchen Verlangen kann aber Österreich keinesfalls zustimmen, denn Österreichs Platz ist beim Westen”. Letzten Endes mußten Österreichs Verhandler aber umdenken, um eine Teilung wie jene Deutschlands abzuwehren.
Dieses Umdenken leitete Julius Raab im Herbst 1953 mit der Entlassung des als Wortführer der USA zu sehr kompromittierten Außenministers Karl Gruber (1945 kurzzeitig provisorischer Landeshauptmann von Tirol) ein. Bis heute aber wirkt die “Staatsvertragslegende” nach, derzufolge die USA, die den Staatsvertrag und die Neutralität nicht wollte, weil sie Österreich oder zumindest Teile davon der NATO einzugliedern beabsichtigte, als “Freund”, die Sowjetunion aber, die unter der Bedingung der Neutralisierung lange vor 1955 zum Abschluss eines Staatsvertrages bereit war, als “Feind” der Selbständigkeit Österreichs hingestellt wurde.
1955 kam es bei den Verhandlungen in Moskau 1955 zum Durchbruch, am 15. Mai fand die Zeremonie der Unterzeichnung des Staatsvertrages im Oberen Belvedere in Wien) statt. Am 26. Oktober, nach dem Abzug der letzten Besatzungssoldaten, erklärte der österreichische Nationalrat, wie in den Verhandlungen vor dem Staatsvertragsabschluss versprochen (“Moskauer Memorandum” 1955), die immerwährende Neutralität (nach Schweizer Vorbild). Der 26. Oktober ist seither österreichischer Nationalfeiertag. Im Staatsvertrag steht in Artikel 4 das Anschlussverbot an Deutschland, das Neutralitätsgesetz ist Bestandteil der Bundesverfassung.
Im Lichte der jüngeren Geschichte Österreichs ist es gar keine Frage, wer Österreichs Neutralität schützen muss: nur die Bevölkerung selbst kann durch ihren Einsatz für die Neutralität und Unabhängigkeit klarmachen, dass wir uns mit allen Mitteln dagegen wehren, uns in fremde Kriegspläne für Großmachtinteressen einbeziehen zu lassen. Geschieht das nicht, so werden jene einflussreichen Leute zum Zug kommen, deren „Neutralität“ eine Scheinneutralität ist, die nur zu unserer Ruhigstellung und Ablenkung von ihren wahren Zielen dient. Diese NATO-Quislinge in höchsten politischen Funktionen und Staatsämtern und ihre Handlanger und Megaphone in den gleichgeschalteten Medien sind die wahren Kollaborateure und Landesverräter. Sie faseln von „Verteidigung der Freiheit“, „europäischem Zusammenhalt“, „westlichem Zivilisationsmodell“ und dergleichen. Ihre „pluralistische, offene Gesellschaft“, ihre „liberale Demokratie“ haben wir so wie ihre Glaubwürdigkeit jetzt viele Monate lang während ihrer widerwärtig ekelhaften „Pandemie“-Tyrannei“ erleben dürfen!
Danke für die tolle Analyse und die historische Zusammenfassung. Österreich hätte mit seiner Neutralität, unter “normalen” wirtschaftlichen und finanziellen Umständen, eine exzellente Chance sich aus dieser Schlamassel zu halten und sogar von der geplanten Deindustrialisierung Deutschlands, als Fluchtort für viele Betriebe, zu profitieren. Leider, wegen der enormen Verschuldung des Westens sowie der Verallgemeinerung der Schulden in der Eurozone, müssen diese Länder einen Weg finden um ihre Schulden zu tilgen. Eine Kriegserklärung an Russland bietet so eine Gelegenheit, nicht nur für den Westen sondern auch für Russland!!! Diese kann natürlich nicht im Rahmen der Neutralität erfolgen, sondern unter Alliance mit der NATO bzw. eine EU-Schutztruppe die wiederum unter NATO-Regie operiert. Die Aufgabe jeder Bundesregierung in Österreich wird demnächst die Bevölkerung darauf vorzubereiten diese Tatsache zu akzeptieren, wie und ob das gelingt…, bleibt eine Frage die das Volk selbst beantworten soll.
Fragen wie diese sollten durch Volksabstimmungen geklärt und die Verfassungsrichter direkt gewält werden.
Wenn rund 90 % aller österreichischen Staatsbürger FÜR Beibehaltung unserer verfassungsgesetzlich verankerten IMMERWÄHRENDEN NEUTRALITÄT sind – jedenfalls in überdeutlicher Mehrheit, wie in Umfragen mehrmals bestätigt -, ist das, was die “Hohe Politik” resp. der “Tiefe Staat” hier vollführt, nicht mehr bloß rechtswidrig. Das ist nunmehr VOLKSFEINDLICH.
Da Österreich ja zu Deutschland in den Grenzen von 1937 gehört, das völkerrechtlich zur Neuaufstellung freigegeben ist seit 1991, verwundert es nicht, dass man die NATOD Erfahrung auch in Österreich selbst machen will.
Echte Neutralität gibt es nicht.
Auch die viel gepriesene Schweiz setzt die EU Sanktionen gegen Russland um.
Österreich ist bereits Mitglied durch die Hintertür 1995 geworden; Partnership for Peace….
Österreich und die NATO Partnerschaft für den Frieden (PfP) Euro-atlantischer Partnerschaftsrat!!!
Bla, bla, bla….
Ist das überhaupt möglich? Was sagt die Österreichische Verfassung dazu, dass Politiker ohne das Volk zu fragen einfach gegen die Neutralität verstoßen?
PS: Wir die 99% müssen uns von den 1% auch Eliten genannt trennen. Für immer.
Und so die Freiheit zurück erlangen.
Die Politiker tun viel ohne das Volk zu fragen. Und wenn es eine Wahl gibt, wird so getrickst, dass es so aussieht, als würde das Volk einverstanden sein. Die Verfassung, das Volk etc., alles völlig egal, wir werden in die Geschichte eingehen als Volk, das sich so und so verhalten hat, selbst wenn wir gar nicht damit einverstanden waren.
„Der Kasper wird von unten gelenkt, die Marionette von oben.“
@c.g.jung,
es ist in diesem lande auch möglich, als, vom “wahlvolk” legitimierter “volksvertreter”, mannigfaltig gegen wissentlich und vorsätzlich gegen die in der verfassung verankerten rechte und pflichten, zum eigenem und persönlichen vorteil, ohne konsequenzen, allein wegen der unschuldsvermutung, zu verstossen.
Wehret den Anfängen!
Schmeißt den Löffel weg, der die Neutralität aushöhlt!