
Hinweise, Nachweise, Beweise und die SARS-CoV-2-Prä-Expositionsprophylaxe
Eine Glosse eines Alt-Achtundsechzigers. Für die Jungspunde: Ein Alt-68er ist einer, der gegen den Nato-Doppelbeschluss, gegen den Vietnamkrieg, gegen den Radikalenerlass, gegen Alt- und Neunazis auf die Straße gegangen ist und dafür Prügel bezogen hat, der sich einem absurden GewissensTÜV unterziehen musste, wenn er keinen Dienst an der Waffe leisten wollte, der für den Frieden unter den Menschen und für Freiheit und Demokratie demonstriert hat, die SPD noch eine Arbeiterpartei nennen konnte (na gut, durchaus mit Einschränkungen) und allem, was „von oben“ kam, erstmal misstrauisch gegenüber stand.
Die Bekloppten unter uns haben sich der RAF angeschlossen und damit die ersten Erosionen eingeleitet. Was meine ich mit „Erosion“?
Ein Hinweis ist ein Hinweis auf etwas Bestimmtes. Das kennt man aus jedem guten Krimi. Selbst viele Hinweise sind noch kein Nachweis für eine bestimmte Sache oder Sichtweise. Man muss Nachweise suchen oder erstellen lassen (z.B. Laborbefunde) und viele Nachweise oder sehr stichhaltige können, kombiniert mit anderen Hinweisen und Nachweisen, einen Beweis erbringen. Das gilt für Justiz, Wissenschaft und Medizin. Jedenfalls war das einmal so.
Die RAF griff die schon immer absurde Idee auf, erstmal Krieg zu machen, um Frieden zu sichern, also erstmal töten, um Leben zu erhalten und Freiheit nehmen, um Freiheit zu schützen. Die Geschichte belegt zwar stets das Gegenteil, aber das wird negiert, wenn andere Interessen vorherrschen. Die RAF jedenfalls mordete und entführte führende Köpfe, führte einen Krieg im eigenen Land und meinte, das sei zum Wohl der Bevölkerung.. Das machte Angst. Man sah Bilder in der Zeitung, zerfetze Autos, Tote, und das alles mitten in Deutschland. Die RAF war der Feind.
Ob bewußt oder unbewußt (eher ersteres), die Bundesregierung reagierte mit einem – heute würde man sagen: framing – geschickten Vorgehen. Sie führte die FDGO ein, die „Freiheitlich-demokratische Grundordnung“. Die war jetzt in Gefahr. Nicht die Bevölkerung war in Gefahr, es waren die „führenden Köpfe“, die geschützt werden mussten. Und damit die Parolen (heute: Narrative) der RAF (der Bürger hat nichts zu melden, die Reichen und das Kapital beherrschen alles) nicht doch irgendwo fruchten könnten, brauchte es – richtig: Angst und öffentlichen Druck.
Angst vermittelten die Bilder in Presse und Fernsehen und die eher willkürlichen Straßenkontrollen und Straßensperren, mit schwer bewaffneten Polizisten. Öffentlicher Druck wurde über die FDGO erzeugt. Sie wurde als in Gefahr klassifiziert. Und weil irgendwer zu irgendeiner Zeit an irgendeinem Ort mal den Begriff „Gang durch die Institutionen“ fallen lies, wurde er erste GesinnungsTÜV eingeführt: wollte man in den öffentlichen Dienst oder gar Lehrer werden, musste man nachweisen, felsenfest auf dem Boden der FDGO zu stehen. Schon der geringste Zweifel versperrte einem den Weg in einen Beruf oder die berufliche Zukunft und hebelte so manches Grundrecht damit aus. Und Zweifel gab es nicht nur bei ehemaliger Mitgliedschaft in einer linken Partei (die gab es damals noch), sondern bereits bei Äußerungen „linken Gedankengutes“ – was immer das auch war.
Jedenfalls war damit der Willkür Tür und Tor geöffnet und nicht wenige, die Macht witterten, nutzen das. Und die Erosion schritt voran: es bedurfte keines Beweises mehr einer kriminellen Handlung, der bloße Hinweis auf eine womöglich kritische Auseinandersetzung mit der FDGO reichte für den persönlichen Ruin. Nachweise und Beweise wurden obsolet. Der „wehrhafte Staat“ wurde reanimiert, leider nicht im Sinne der Demokratie, sondern im Sinne der Herrschaft (wenn nicht gar Willkür) des Staates gegen den Bürger.
Und heute?
Viele Alt-68er leben noch und haben sich nicht oder kaum verändert. Sie stehen nach wie vor auf für Frieden, Menschlichkeit und Freiheit, aber heute sind es nicht „die Alten“, gegen die sie argumentieren müssen, sondern es sind zu unserer Verwunderung die jüngeren Generationen. Wieso ist das, was man früher als „links“ bezeichnet hat, heute schon fast das, was man früher als „rechts“ klassifizieren konnte. Und das ehemals für Frieden, Abrüstung, Ökologie, Menschenrechte und Freiheit des Einzelnen stehende „Grün“ – wieso haben die sich von Grundrechten und roten Linien verabschiedet? Was haben wir da bloß falsch gemacht?
Es sind Jüngere und „Grüne“ und „Linke“, die Krieg befeuern wollen mit Waffenlieferungen (als ob jemals Waffenlieferungen zum Ende des Tötens beigetragen hätten); es sind Jüngere und „Grüne“ und „Linke“, die auf einmal der Pharma-Industrie Honorigkeit und Menschenfreundlichkeit unterstellen, obwohl deren Geschichte von Geldgier, Fälschungen und Betrug gekennzeichnet ist; es sind Jüngere und „Grüne“ und „Linke“, die korrupt und korrumpierbar sind, keine roten Linien mehr kennen, keinen Anstand, keine Ehrlichkeit und keine Moral; es sind Jüngere und „Grüne“ und „Linke“, die einer Verlagerung staatlicher Souveränität auf (selbstverständlich profitorientierte) Privatkonzerne das Wort reden und eine zentralistische Überwachung, ausgerechnet nach chinesischem Vorbild, anstreben. Und es sind Politiker jeder Couleur, die den Menschen eigentlich verbotene medizinische Experimente als heilsbringend nicht nur verkaufen, sondern aufoktroyieren wollen. Wissenschaftlichkeit hat ausgedient und wird durch die Lauterbach’sche ankedotische Evidenz ersetzt. Zum Wohle Aller, versteht sich.
Weshalb ich das alles gerade jetzt schreibe, ist doch eigentlich ein alter Hut?
Weil gerade unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie mehrere Fachgesellschaften die erste Leitlinie zur SARS-CoV-2-Prä-Expositionsprophylaxe erstellt haben. Die Autoren der S1-Leitlinie erläutern unter anderem, bei welchen Patienten eine Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP) in Betracht kommt und wie sie durchgeführt wird. Was da an falschen Dingen veröffentlicht wird, wie dort Fakten verdreht, andere unterschlagen werden, Hinweise in Nachweise und sogleich in Beweise katapultiert werden und offenbar der anekdotischen Evidenz gefrönt wird, das ist schon atemberaubend.
Wir brauchen keine Beweise mehr, keine Nachweise, keine Wissenschaftlichkeit, keine seriösen Daten, schon gar keine kritische Hinterfragung, um Grundrechte auszuhebeln (was heute übrigens offenbar jeder Hanswurst, Bürgermeister, Ladenbesitzer usw. kann), es reicht ein anekdotischer Hinweis.
Eigentlich sollte das eine Glosse werden, also mit freien Erfindungen, Übertreibungen und so. Aber irgendwie…
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.
Karsten Strauß, Arzt, Institut für Suchtmedizin, war Leitender Arzt einer Suchtfachklinik, Amtsarzt
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8 Kommentare
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In der Leitlinie steht NULL Komma NULL zu Vitaminen, Ivm, etc. Auch Lebenswandel und Ernährung stehen nicht drin (Übergewicht, Diabetes…?!)
nur monoklonale Antikörper…
Antikörper, die nach Impfung nicht mehr wirken sollen pur verabreicht wirken… na dann.
Generation Pokémon. Nachfolge-Generation von Generation Ponyhof.
Leute,
sucht euch eindeutige Studien raus und postet sie in anderen Foren etc.- nur so erreicht man mehr Menschen.
Diagnose
Die Krankheit, die ein Arzt entdeckt,
ist sie politisch nicht korrekt,
dann muss der Arzt heraus sich winden,
‘ne and’re Diagnose finden.
Beharrt er doch auf sein Ergebnis,
steht er dann bald vor dem Erlebnis,
dass man versucht ihn zu belehren,
sich von der Wahrheit abzukehren.
Bricht ein Mensch sich nur ein Bein,
steht COVID auf dem Krankenschein,
nicht weil der Mensch daran verreckt,
war nur symptomlos angesteckt.
Doch wenn ein Mensch sehr schwer erkrankt,
wird es dem Arzt gar nicht gedankt,
tut er dem Amte ehrlich kund,
die Spritze wäre hier der Grund.
Liegt der Mensch schon auf der Bahre,
ist Todesursache die wahre
das Gift, das man ihm injiziert,
wird ihm noch COVID attestiert.
Die Lüge hat Einzug gehalten
bei denen, die Krankheit verwalten,
von dort aus wird sie hinbeordert
zu denen, die sie eingefordert.
Die machen dann daraus Gesetze,
bezeichnen es als rechte Hetze,
erleiden es als Höllenqualen,
zeigt man ihnen die echten Zahlen.
So ist jetzt im Gesundheitswesen
solch Niedergang nie dagewesen.
Man konnte es schon lange ahnen,
geht besser bald man zum Schamanen.
Mich wundert, dass der Autor als 68er das System nicht verstanden hat. Es sind nicht die Jüngeren, Grünen und Linken. Es sind genau wie früher die Alten und Eliten. Diesmal nur sind sie geschickter und schicken dumme, ungebildete, emotional überladene Jüngere, Grüne, Linke vor, die sie WEGEN ihrer Unfähigkeit mit fetten Posten gekauft haben und sich so 150%te Loyalität ihrer Marionetten und Sprechpuppen sichern konnten.
Ich finde er trifft es sehr gut. Klar sind es die Eliten, die machen und planen, aber ohne die Mehrheit der links-grünen Bücklinge hätten die ihr Programm nie durchziehen können. Die Jugend verrät die Freiheit, die wir Alten auch für sie erkämpft und erstritten hatten. Aber wie soll man politisches Bewusstsein erlangen, wenn man in einer virtuellen Welt der Pokémons und Tamagotchis aufgewachsen ist?
Die RAF war ein Kind der damaligen Zeit. In Ihren Zielen irreal und fragwürdig. Aber von nichts kommt nichts. Davor gab es Dutschke, den Studentenmord, Schah-Besuch etc., um nur ein paar Schlagwörter in der Raum zu werfen. Die ganze modernde Adenauer Epoche davor, und Heerscharen von Alt-Nazis in besten Positionen. Die Opfer – alles keine Lämmer. Was für mich keinen Mord legitimiert.
An der RAF mag ich mich nicht orientieren. Wenn ich mir den immer über griffigeren Staat der letzten 2 Jahre im besonderen vor Augen führe, aber auch schon zuvor. dann denke ich an andere Gestalten. Da denke ich an einen “Tell”, der den Hut des Landvogts partout nicht grüßen will. Aber ganz besonders denke ich an Michael Kohlhaas!
Der handelt zwar wie die RAF falsch. Aber es ist ein schönes Beispiel dafür, wie man Menschen durch widerfahrenes Unrecht und Verweigerung von Gerechtigkeit in den Extremismus treibt. Die neuen Nazis in grün und ihre Sozi Spießgesellen sind auf dem besten Weg dazu.
Treffende Glosse, geschätzter Mit-68er-Compañero: Ergänzend hinzuzufügen, daß es für all die von Dir zitierten Jüngeren und „Grünen“ und „Linken“ Bellizisten & Coronaimpfbraven kein selbst-imstand-zuschreibendes Maß an Peinlichkeit gibt. Ihr Leben kennt keine Peinlichkeitsgrenzen!
Und ja, die RAF griff die schon immer absurde Idee auf, erstmal Krieg zu machen, um Frieden zu sichern, also erstmal töten, um Leben zu erhalten und Freiheit nehmen, um Freiheit zu schützen.
Erwischt hat es dabei etliche Großkopferte, was ich damit nicht für gut heiße. Und jetzt kommt kein Aber-Satz, sondern der Hinweis, die den entsprechenden Opfern zugeordneten Bekennerschreiben zu lesen. Also die Begründung der Opferauswahl.
Bedauerlicherweise starben bei den Anschlägen auch Bewachungspersonal oder Polizeibeamte, den zynischen Begriff Kollateralschaden gab es damals noch nicht, heute dagegen gilt er schnell für 100 Personen auf einen Schlag, die sich irgendwo irgendwann am falschen Platz befanden, während die Guten per Drohne oder Hubschrauber (mit zynischen Piloten-Kommentaren auf zum Teil auch Zivilisten schossen) irgendeinen Superbösen – sagen wir – neutralisieren. – Stichworte WikiLeaks – Assange – Irak-Video.
Entschuldigen Sie bitte die kleine Abschweifung. – Weiter im Text:
Aber in den Untergrund zu gehen um zu schießen und diese Anschläge durchzuführen, begann die RAF erst mit den Aktivitäten des Agent Provocateurs der späten 1960er Jahre, Peter Urbach „S-Bahn-Peter“, Aktivist der linken Szene, V-Mann des Berliner Verfassungsschutzes, Lieferant von Waffen, Molotow-Cocktails, Spreng- und Brandbomben.
Der RAF-Forscher Wolfgang Kraushaar bezeichnete Urbach als das beste Beispiel für einen geheimdienstlichen Einfluss auf die linksradikale Szene. Es gebe immer noch keine Stellungnahmen der damals beteiligten staatlichen Stellen, und die Öffentlichkeit werde in dieser Angelegenheit wie in einer Reihe vergleichbarer Fälle „einfach hängengelassen“.
Der Historiker Gerd Koenen bezeichnete das Verschwindenlassen Urbachs durch den Verfassungsschutz als „vielleicht größten Skandal seiner Art in der Geschichte der alten Bundesrepublik“.