Wie Regierungen in Österreich und EU die Coronakrise verschlafen haben

12. April 2020von 3,9 Minuten Lesezeit

Die Probleme sind bekannt: Es fehlen Masken, Schutzanzüge, Beatmungsgeräte, Medikamente und vor allem überlegte Handlungsanleitungen für nachgelagerte Gesundheitsbehörden in Ländern und Bezirken sowie für medizinisches Personal. In Österreich war das die Aufgabe der Generaldirektion für öffentliche Gesundheit. Diese wurde von der Regierung Kurz I aufgelöst, offenbar zwecks ‘Sparen im System’.

Vielfache Warnungen seit 2003

Dabei waren die Warnungen vor einer Pandemie dieses Ausmaßes vielfach:

  • SARS im Jahr 2003
  • MERS im Jahr 2012
  • 2013: Deutscher Bundestag evaluiert Katastrophen-Szenarien
  • April 2015: Die Generaldirektion für öffentliche Gesundheit im Gesundheitsministerium unter der Leitung von Frau Rendi-Wagner entwickelt und veröffentlicht einen 68 Seiten langen detaillierten Notfallplan für den Fall einer Ebola Pandemie (zum Download).
  • 2015 wurde eine experimentelle Gemeinschaftsarbeit von Forschern aus drei US-Universitäten, Wuhan und einem italienischen Forscher aus Varese publiziert über Test zur Entwicklung eines Impfstoffes gegen Corona-Viren.
  • 2015 hielt Bill Gates eine weit beachtete Rede und meinte: die Welt sei auf die nächste Corona-Pandemie unvorbereitet.
  • 2016 erschien erneut eine Forschungsarbeit, in der exakt beschrieben wird, was aktuell abläuft;
  • Im März 2019 wurde in der epidemiologischen Studie von Peng Zhou aus Wuhan vorausgesagt, dass es in Kürze eine erneute Corona-Pandemie geben werde.

Wir sehen, Warnungen gab es genug und trotzdem wurde die Stabsstelle zur Bekämpfung von Pandemien im Gesundheitsministerium 2018 ersatzlos aufgelöst und ‘eingespart’. Sonst hätten wir wohl bereits Ende Februar einen Pandemieplan gehabt und zu den unschönen Vorfällen und massenweisen Ansteckungen in Tirol – vor allem in Ischgl und im Zillertal  – wäre es gar nicht erst gekommen.

Der zeitliche Ablauf

Derzeit kursieren die wildesten Gerüchte und Falschmeldungen über den Beginn der Infektion. So sei es schon im November in Wuhan und Norditalien zu Infektionen gekommen. Angesichts der mittlerweile gut dokumentierten exponentiellen Ausbreitungsrate, beweisen die Zahlen, dass das nicht so gewesen sein kann. Das ist in der Kurve über die täglichen Neuerkrankungen in China (Grafik oben) zu entnehmen. Auch dass die chinesischen Behörden über Wochen oder gar Monate nichts berichtet haben, ist falsch.

Der Schweizer Mediziner und Wissenschaftler Prof. Paul Robert Vogt ist unter anderem auch Gastprofessor einer Universität in Wuhan und hat enge und kontinuierliche Verbindungen zur dortigen Wissenschafts-Community. Er stellt den Verlauf so dar:

  • “Nach der SARS-Epidemie hat China ein Überwachungsprogramm installiert, das eine auffällige Häufung atypischer Lungenentzündungen so früh wie möglich melden sollte. Als 4 Patienten in diesem Land mit seiner gigantischen Bevölkerung in kurzer Zeit eine atypische Lungenentzündung zeigten, hat das Überwachungssystem Alarm ausgelöst.
  • “Nachdem bei 27 (andere Quellen sagen: 41) Patienten in Wuhan eine atypische Pneumonie diagnostiziert worden war, aber noch kein einziger Todesfall vorlag, hat die chinesische Regierung am 31. Dezember die WHO informiert.
  • “Am 7. Januar 2020 hat dasselbe Team von Peng Zhou, welches im März 2019 vor einer Corona-Pandemie gewarnt hatte, das vollständig definierte Genom des verursachenden Virus an die Welt weitergegeben, damit so schnell wie möglich weltweit Test-Kits entwickelt, eine Impfung erforscht und monoklonale Antikörper hergestellt werden können.
  • “entgegen der Meinung der WHO haben die Chinesen Wuhan im Januar mit einem «travel ban» und einer Ausgangssperre lahmgelegt.
  • “Ich erspare es mir, auf die anderen Massnahmen einzugehen, welche in China getroffen worden sind. Nach Meinung internationaler Forschungsteams hat China mit diesen früh und radikal einsetzenden Massnahmen Hunderttausenden von Patienten das Leben gerettet.
  • “am 31. Dezember 2019 hat Taiwan alle Flüge aus Wuhan gestoppt. Die weiteren 124 Maßnahmen Taiwans sind im «Journal of American Medical Association» publiziert – rechtzeitig. Man hätte sie nur zur Kenntnis nehmen müssen.
  • Ohne Zweifel hat die «Command and Control»-Struktur Chinas initial zu einer Unterdrückung relevanter Informationen geführt, umgekehrt jedoch später bei der Begrenzung der Pandemie umso effektiver funktioniert.”

Die Versäumnisse in Österreich

Am 30. Jänner erklärte dann die WHO Corona zu einer gesundheitlichen Notlage. Die Regierung und Behörden in Österreich hätten ab dem 31. Dezember 2019, allerspätestens jedoch ab dem 30. Jänner 2020 Vorbereitungen treffen und einen detaillierten Notfallplan entwickeln müssen, wie das etwa 2015 zu Ebola unter Leitung von Frau Rendi-Wagner getan worden war. Teil davon hätte auch die rechtzeitige Einleitung von Bestellvorgängen für dringend benötigte Materialien sein müssen.

Es gab und gibt auch mehr als genug wissenschaftliche Studien und Veröffentlichungen aus China, häufig in Kooperation mit US-Wissenschaftlern, die Aufschluss und Handlungsanleitung geben. Das Problem ist aber möglicherweise die Sprache, dann diese Veröffentlichung sind alle in Englisch.

Coronavirus: so schützt sich der Körper vor Infektion

Studie: geringere Luftverschmutzung reduziert Coronavirus Todesfälle deutlich

Spanien plant Grundeinkommen für alle – auch nach Corona

Coronavirus: Wie man sich am sichersten infizieren kann

Quelle der Grafik: https://medium.com/@tomaspueyo/coronavirus-the-hammer-and-the-dance-be9337092b56

Aktuelle Beiträge