Die Links-Rechts-Unterscheidung im Kontext – Eine Historisierung bourgeoiser Ewigkeit

13. März 2022von 8,8 Minuten Lesezeit

Obwohl die Ausdrucksweise „links-rechts“ die Welt durchdrungen hat, wurde erstaunlich wenig über die Geschichte dieser Trennlinie geschrieben. Sie ist so geläufig geworden, dass sie wie ein ewiger Sachverhalt erscheint, „der in völlig unterschiedlichen politischen Kontexten in verschiedenen Gesellschaften bei verschiedenen Entwicklungsstadien Sinn zu machen scheint„.[1]

Von Benedict Cryptofash*

Wenn eine Geschichte angegeben wird, so wird die Links-Rechts-Identifikation in der Politik routinemäßig auf die Zeit um die Französische Revolution zurückgeführt, in der sich die Mitglieder der Nationalversammlung in Monarchisten auf der rechten Seite und Unterstützer der Revolution auf der linken Seite aufteilten. Aber trotz dieses Mythos von „links gegen rechts“, der „eine Kontinuität des Kampfes bezeichnet, die bis ins Jahr 1789 zurückverfolgt werden kann„, zeigen die wenigen strengen historischen Darstellungen von Wissenschaftlern wie Steven Lukes und Marcel Gauchet, dass die „Geburt und sporadische Verwendung dieser Dichotomie während der Französischen Revolution“ nur „ein falscher Auftakt“ in einem „langen, langwierigen Prozess war, der mehr als ein Dreivierteljahrhundert dauerte„.[2]

Gauchet kommt zum Schluss, dass sich die moderne Verwendung von links und rechts als „wesentliches Embleme politischer Identität und grundlegender Kategorien der demokratischen Konfrontation erst zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts fest etabliert“ habe.[3] In der Tat war „die vorherrschende Sorge“ während der Französischen Revolution nicht die Schaffung neuer Trennungen, sondern „die Abschaffung aller politischen Trennungen„, wobei sich diejenige in links und rechts erst in den 1820er Jahren im Gefolge der Restauration der französischen Monarchie durchsetzte und ihre Rolle als primäre Kategorisierung politischer Identität im Laufe des nächsten Jahrhunderts langsam festigte.[4]

Die Linke rühmt sich ihrer angenommenen revolutionären Ursprünge in Frankreich, dabei den bürgerlichen Charakter dieses Ereignisses oft herunterspielend, während sie die historische Tatsache verdunkelt, dass die Verfestigung der Links-Rechts-Unterscheidung im allgemeinen Sprachgebrauch nicht mit dem Ausbruch der Revolution zusammenfiel, sondern mit der allmählichen Normalisierung des bürgerlichen Parlamentarismus. Links und rechts „waren das Produkt einer Anomalie im Vergleich zum ›Normalzustand der parlamentarischen Regierung, deren Mechanismus reibungsloser abläuft, wenn nur zwei Parteien vorhanden sind„.[5] Die Globalisierung der kapitalistischen Produktion und ihres entsprechenden politischen Überbaus zeigt die Universalisierung dieser parlamentarischen Logik an.

Die bürgerliche Norm einer repräsentativen Demokratie, innerlich in ein linkes und ein rechtes Lager gespalten, verbreitete sich in der Tat parallel zur „Herstellung der großen Industrie und des Weltmarktes“, die Marx und Engels im Kommunistischen Manifest beschreiben. Für sie trieb „das Bedürfnis nach einem stets ausgedehnteren Absatz […] die Bourgeoisie über die ganze Erdkugel“ und auch die Entwicklung der kapitalistischen Staaten an, die zur Verwaltung der „gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bourgeoisklasse“ existieren, also derjenigen Klasse, die „im modernen Repräsentativstaat die ausschließliche politische Herrschaft“ erobert hat.[6]

Marx und Engels Einsicht, wonach jede „Entwicklungsstufe der Bourgeoisie belgeitet [war] von einem entsprechenden politischen Fortschritt„, gilt auch für die Globalisierung ihrer parlamentarischen Begriffe „links“ und „rechts“, die, wie Gauchet sagt, „den Planeten erobert haben, um zu universellen politischen Kategorien zu werden“ und „zu den Grundbegriffen gehören, die das Funktionieren der heutigen Gesellschaften prägen„.[7] Es ist daher kein Zufall, dass die Sprache der Linken und der Rechten ihre moderne Allgegenwart in Frankreich und anderen kapitalistischen Staaten zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts erlangte, als „das parlamentarische Regime“ der Bourgeoisie „festen Fuß gefasst“ hatte und seine spezialisierte Sprache in ein universelles politisches Idiom verwandelte.[8] Weit davon entfernt einen entscheidenden Kampf zwischen Revolutionären und Reaktionären zu bezeichnen, sind „links“ und „rechts“ vielmehr Begriffe, die die Etablierung des bürgerlichen Regierungssystems bestimmen – als „Teil eines Prozesses der Schaffung eines Bezugsrahmens, dessen Zweck es ist, die zugrunde liegende Gesellschaftsordnung für ihre Mitglieder akzeptabler zu machen„.[9]

Der von der bürgerlichen Demokratie mit ihrer Rede von links und rechts geschaffene Bezugsrahmen ist der einer immerwährenden und gleichermaßen gespaltenen Gesellschaft, der es an historischer Bewegung zur Auflösung ihrer Widersprüche mangelt. Während das Proletariat, wie von Marx theoretisiert, die negative Kraft ist, die in der bürgerlichen Gesellschaft entsteht und auf ihre Abschaffung hinwirkt, bejahen sich links und rechts gegenseitig und stehen für die „unüberwindbare Koexistenz von Gegensätzen“, den immerwährenden Stillstand einer kapitalistischen Gesellschaft, die sich als geschichtslos und damit als unabschließbar darstellt.[10] Indem sie die Klassengegensätze verleugnen, deren Auflösung das Ende der bestehenden Gesellschaftsordnung bedeuten würde, symbolisieren links und rechts das, was Lukes als „Zustimmung zur Zwietracht“ bezeichnet, die pluralistische Akzeptanz „des permanenten, irreduziblen, institutionalisierten Konflikts als untrennbar mit der Demokratie verbunden und die Ablehnung der Vorstellung, dass ein solcher Konflikt eine krankhafte Abweichung ist, die den Weg zu einer geeinten, versöhnten Gesellschaft versperrt„.[11]

Der Rahmen der liberalen Demokratie eines ewigen Links-Rechts-Gleichgewichts ist dem Marxismus gerade deshalb entgegengesetzt, weil er ahistorisch und undialektisch ist. In ihrer Abstraktion verewigt die Links-Rechts-Unterscheidung den politischen Horizont der Bourgeoisie und lässt die Leute glauben, „dass von den Girondins versus die Montagnards über die Liberalen versus die Monarchisten bis hin zu den Nationalisten versus die Sozialisten es immer dieselbe Geschichte war„.[12] Obwohl das Links-Rechts-Narrativ, wie Lukes betont, „(zufällig) zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort erfunden wurde“ als etwas mit „einer eigenen Geschichte“, das „zu einem Ende kommen könnte … oder sollte“, liegt es im Interesse der Bourgeoisie, dass es das nie tut.[13] „In der bürgerlichen Gesellschaft herrscht […] die Vergangenheit über die Gegenwart“, und in der Tat lasten zwei Jahrhunderte ihres angesammelten ideologischen Ballasts von links und rechts „wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden“, wie Marx im achtzehnten Brumaire schreibt.[14]

Marx behauptet in diesem Text, dass gerade dann, wenn Gesellschaften „sich und die Dinge umzuwälzen […] beschwören sie ängstlich die Geister der Vergangenheit zu ihrem Dienste herauf, entlehnen ihnen Namen, Schlachtparole, Kostüm, um in dieser altehrwürdigen Verkleidung und mit dieser erborgten Sprache die neuen Weltgeschichtsszene aufzuführen.[15] Diese Auflösung des historischen Prozesses in eine bürgerliche Ewigkeit ist der Dienst, den die altehrwürdige Verkleidung des Gegensatzes zwischen links und rechts leistet. Sie zwingt dank ihres universellen Geltungsbereichs selbst ihre schlimmsten Gegner dazu, sich ihrer Sprache zu bedienen. Dies war das Schicksal der von Gauchet beschriebenen französischen Kommunisten, deren anfängliche Verurteilung der beiden „bürgerlichen Blöcke“ im Namen des Klassenkampfes ihre Einbeziehung in die etablierte politische Opposition einer „allumfassenden Linken gegen die Rechte“ nicht überlebte.[16]

Das Links-Rechts-Schema der kapitalistischen Gesellschaft ist für das Proletariat mehr als nutzlos, denn es leugnet seine eigene Existenz und seinen eigentlichen geschichtlichen Zweck, indem es seine wirklichen sozialen Kämpfe auf das klassenneutrale Terrain der bürgerlichen Politik abdrängt. Gerade weil „rechts und links künstliche Konstrukte waren, die nicht genau mit der gesellschaftlichen Realität übereinstimmten, konnten sie manipuliert werden„, um die einst selbstverständliche Tatsache zu mystifizieren, wie Gauchet schreibt, „dass die Grenze zwischen rechts und links nicht mit der Grenze zwischen Proletariat und Bourgeoisie zusammenfiel„.[17] Die Linke hält allerdings an der Illusion einer proletarischen Politik fest, indem sie den sozialen Widerspruch zwischen den Klassen in einen oberflächlichen Gegensatz zwischen Gruppen umwandelt, indem sie oft die herrschende Klasse mit der Rechten und die Arbeiterklasse mit der Linken gleichsetzt, dabei jedoch geht das Proletariat in der Übersetzung verloren.

Als die beiden Seiten liberaler Demokratie vorstellend ist „links gegen rechts“ der Rahmen, der sicherstellt, dass alle politischen Konflikte innerhalb der bürgerlichen Parameter bleiben. Sein Zweck ist die Scheidung von Politik und Klasse und die Spaltung der Menschen aufgrund von Ideen, Werten, Überzeugungen, Identitäten usw. entlang illusorischer Bruchlinien des bürgerlichen politischen Überbaus. „Deshalb ist die Rechts-Links-Spaltung, wie sie heute funktioniert, der ultimative politische Schlüssel zu den ständigen Fortschritten der kapitalistischen Ordnung„, schreibt Jean-Claude Michéa über diese parlamentarische Logik, die es „ermöglicht die Volksschichten permanent mit einer unmöglichen Alternative zu konfrontieren„, in der sie so oder so „das System bestätigen, das ihr Leben methodisch zerstört„.[18]

Trotz der arrangierten Ehe zwischen Marx und der Linken interpretiert ersterer die sozialen Antagonismen nicht als eine Frage konkurrierender Werte, sondern hinsichtlich eines unterschiedlichen Klasseninteresses. Während „links gegen rechts“ die Klassenunterschiede in moralische Differenzen zwischen Gruppen auflöst, betont Marx die Klassenwidersprüche, um die historische Natur des Konflikts des Proletariats mit der Bourgeoisie aufzuzeigen. Doch auch wenn die Einteilung in links und rechts dem Denken von Marx ebenso zuwiderläuft wie sie den bürgerlichen Interessen nützt, so ist es doch die Linke, die diese Spaltung historisch in den Vordergrund gerückt hat. „Es ist klar, dass die Spaltung von der Linken vorangetrieben wurde, während die Rechte, die wenig Verwendung für sie hatte, dazu neigte, ihre Existenz zu leugnen oder sich weigerte sie anzuerkennen.[19] Der Grund dafür ist, dass es im Gegensatz zur konservativen Rechten die progressive Linke ist, die ihre Rolle gemeistert hat, indem sie den Anschein erweckt die bestehende Ordnung zu verändern, während sie diese gleichzeitig durch das Vorantreiben klassenneutraler Spaltungen aufrechterhält.

Wenn das Proletariat nichts von der Last all des Links-Rechts-Ballasts hat, der sich nur aufgestaut hat, um den von Marx beschriebenen grundlegenden Klassenkonflikt zu verschleiern, dann liegen seine Interessen nicht in einem Bündnis mit der Linken, sondern eher in der Zerstörung dieses falschen Freundes, der diese ideologische Verschleierung instinktiv in neue Bereiche bürgerlicher Beherrschung überführt. Die Geschichte dieser linken Kunstform zu untersuchen, wird die nächste Aufgabe in dieser Reihe sein.

Verweise

[1] Steven Lukes, “Epilogue: The Grand Dichotomy of the Twentieth Century,” in The Cambridge History of Twentieth-Century Political Thought, eds. Terence Ball and Richard Bellamy (Cambridge: Cambridge University Press, 2003), 605.

[2] Marcel Gauchet, “Right and Left,” in Realms of Memory: Conflicts and Divisions, eds. Pierre Nora and Lawrence D. Kritzman (New York: Columbia University Press, 1996), 241, 253; Lukes, 606.

[3] Gauchet, 241.

[4] Lukes, 606.

[5] Gauchet, 248.

[6] Karl Marx/Friedrich Engels – Werke, Band 4, 6. Auflage 1972, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1959, Berlin/DDR. S. 459 – 493.

[7] Ebenda; Gauchet, 286.

[8] Gauchet, 254.

[9] Gauchet, 290.

[10] Gauchet, 298.

[11] Lukes, 606.

[12] Gauchet, 259.

[13] Lukes, 606.

[14] Karl Marx/Friedrich Engels – Werke, Band 8, »Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte«, S. 115 – 123
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1972

[15] Ebd.

[16] Gauchet, 273, 270.

[17] Gauchet, 273.

[18] Jean-Claude Michéa, The Realm of Lesser Evil (Cambridge: Polity, 2009), 79 – 80.

[19] Gauchet, 266.

Bild wikicommons

*Das Pesudonym „Benedict Cryptofash“ veröffentlicht seit Herbst auf „The Antifeftist Marx“ Thesen und Überlegungen zum sogenannten „anti-linken Marxismus“. Der englische Originalartikel erschien ebenfalls dort. Die Übersetzung erschien zunächst in der „MagMa – Das Magazin der Masse“ und mit freundlicher Genehmigung nun hier.


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12 Kommentare

  1. sv 15. März 2022 at 4:36Antworten

    Man kann das auch in wenigen Worten sagen:

    „Die Linken“, das sind die Sowjetideologen. Also all die, die mehr vage als klar die totalitäre Marxsche Heilsreligion im Kopf haben. Mithin zu dumm sind – wie dies auch auf Marx zutrifft – die Bedeutung der Demokratie zu verstehen. Zu dumm aber auch, um zu erkennen, dass der „Klassenfeind“, wie er jetzt zutage tritt, also die Geldsäcke mit ihren totalitären IT-Anwandlungen und ihrer Absicht, die demokratischen Nationalstaaten kaltzustellen, sich des Jargons der Sowjetideologen bedienen kann, eben weil die Sowjetideologen seit je nichts anderes als den totalitären Staat bezweckten. Die Stichwortgeber, das waren diese Sowjetideologen: „Klimawandel“, „Geschlechtergerechtigkeit“, „Flüchtlinge“.

    Das „Rechte“ entspricht in diesem Zusammenhang den „Rechtsabweichlern“ der chinesischen Kulturrevolution und diente den Sowjetideologen beim Mord und Totschlag an allen, die sich der Marxschen Religion nicht anhängen wollten.

    Hinzusetzen noch, dass die Sowjetideologen, also die „Linken“, natürlich dem Kleinbürgertum angehören und also nach oben sich andienen und nach unten austreten: „Nazi“, „Rechts“, „Verschwörungstheoretiker“, etc.

    Es kommt jetzt darauf an, ob die Demokratie, das heißt die Demokraten obsiegen und diesen Sumpf austrocknen. Demokratie, das ist die strikte Gewaltenteilung (hier zuvörderst die Absetzung des amtierenden Verfassungsgerichtspräsidenten) und die Abschaffung der Parteienfinanzierung und die Abschaffung des ‚öffentlich-rechtlichen Rundfunks‘. Auch die Einführung des Mehrheitswahlrechts, um zu verhindern, dass die Interessen des Kapitals ihren Schleichweg korrupt über die Parteien finden.

    Das Schöne an der „Pandemie“: es tritt hervor, worum es geht. Die Demokratie ist gewissermaßen der letzte Schrei der Geschichte. Die die Sowjetideologie auf alle Zeiten zermalmen wird.

  2. A K 14. März 2022 at 7:29Antworten

    Dieser Artikel war eher eine wissenschaftliche Abhandlung als ein Nachrichtenartikel. Nach 5 Minuten Lesezeit habe ich aufgehört zu lesen. Auch wenn das Thema eigentlich interessant ist, war es zu langatmig ausgeführt und der Autor kam nie zum Punkt. Bitte das nächste mal schneller zur conclusio kommen.

  3. Taktgefühl 13. März 2022 at 20:45Antworten

    Die sog. Linken haben meines Erachtens hier und heute nur eine Staubsaugerfunktion, um den Unbedarften zu suggerieren, sie hätten tatsächlich irgendwas Soziales im Sinn.

    Die Spaltung der Gesellschaft in gute Linke und böse Rechte ist forciert. Ein korruptes Regime braucht immer einen Prügelknaben, der für das institutionalisierte Versagen verantwortlich gemacht werden kann. Der Feind wird nie ganz vernichtet, weil das System ihn zur Ablenkung braucht.

    Historisch sehe ich den Begriff „Links“ in der Tradition der Verstaatlichung privater Industrien und den Begriff „Rechts“ in der Privatisierung des „Volkseigentums“, man kan auch sagen, staatlicher Institutionen und Industrien.

    Historisch deshalb, weil Karl Marx Kritik des Kapitalismus die Welt der „Rechten“ definiert: „Das Kapital“. Der Protagonist des Kapitalismus steht politisch Rechts.

    Links und Rechts sind keine Gegensätze, sondern bloß graduell verschieden: Je mehr verstaatlicht wird, desto mehr geht das System nach Links, je mehr privatisiert wird, nach Rechts. Die Übersteigerungen der Systeme sind:
    Links der Kommunismus und
    Rechts der Faschismus, also die Verschmelzung der Konzerne (Großkapital) mit dem Staat.

    Die Systeme werden beherrschend. Sie formen die Gesellschaft insofern, weil sich niemand den Sachzwänge entziehen kann. Man kann auch von Uniformierung sprechen.

  4. rudi & Maria fluegl 13. März 2022 at 19:47Antworten

    Begriffe haben es so an sich Ursprünge zu haben, sich in ihren Bedeutungen im Laufe der Geschichte zu ändern und momentanen Zeitgeist zu unterliegen.
    Die Evolution des ratiomorphen Apparates hat es so an sich durch Bilder und ihren assoziativen Partnern, inzwischen unüberschaubare Komplexität erreicht zu haben, aber auf deren Prinzipalität nicht verzichten zu können.
    Je verwobener diese Bilder und Begriffe mit der Historie, der Kultur sind desto mehr Platz beanspruchen diese im möglichen Denkraum, der höchstens mittels exponentieller Mathematik eingrenzbar ist.
    so etwas wie „natürliche“ Kontrolle, Evolutionsstrukturen sind längst verloren gegangen.
    Daher ist es Demagogen oder wirklich ums miteinander bemühten ermöglicht, alles zu beweisen oder zu erklären.
    Als Schritt den man einschlägt um sich und anderen um die es immer geht erstmal Klarheit für die Richtung, die im Denkprozess folg, zu zeigen sind Begriffe und Bilder notwendig um sich nicht von vornehinein im Alles zu verlieren!
    Und die Kommunikation gelingt dann vor allem wenn sich Begriffs/Bilderebene und die emotionale Basis ähneln.
    So viel kann immer zu Auslassungen dieser Art „gesagt“ und reflektiert werden.
    Und damit zum menschlichen Maß relativiert werden ohne sich ein dickes Buch auf den Kopf zu hauen.
    Rudi Fluegl

  5. Ulrich Hermann 13. März 2022 at 18:36Antworten

    Ich unterscheide nur noch nach „Linken“ (Sozialisten in allen Varianten, Kommunisten, ….) und „Demokraten“.
    Dabei ist für mich relevant, was ihre Ziele sind und was sie tun, weniger wo sie sitzen.

  6. struppi 13. März 2022 at 17:48Antworten

    Witzigerweise hat mich genau dieser Gedankengang heute bei meiner Wanderung beschäftigt. Auch genau aus dieser Perspektive.

    Trotz der arrangierten Ehe zwischen Marx und der Linken interpretiert ersterer die sozialen Antagonismen nicht als eine Frage konkurrierender Werte, sondern hinsichtlich eines unterschiedlichen Klasseninteresses. Während „links gegen rechts“ die Klassenunterschiede in moralische Differenzen zwischen Gruppen auflöst, betont Marx die Klassenwidersprüche, um die historische Natur des Konflikts des Proletariats mit der Bourgeoisie aufzuzeigen.

    Ich hatte mir (als politisch wenig geschulter Mensch) diese Frage eher so gestellt, ob nicht im Laufe der letzten Jahrzehnte das Bürgertum eine Neudefinition des Begriffs in ihrem – bzw. vermutlich eher im Interesse der Oberschicht – Sinne gemacht hat.

    Da fast alles, was dem arbeitendem Menschen (Proletariat) helfen würde und wofür er auf die Strasse gehen würde, von einer linken Akademikerkaste zu dem genannten Wertekonflikt umgedeutet wurde.

    Während die SPD unter Brandt noch entscheidende Verbesserungen für die arbeitenden Bevölkerung umsetzen konnte, war in den 2000’er die Agenda 2010 nur noch eine reine Verbesserung für das Unternehmertum.

    Und bei allen gesellschaftlcihen Debatten der letzten Jahre, geht es am Ende vor allem darum das neue akademische Stellen geschaffen werden. Das Ausufern von Stiftungen und sogenannten „Denkfabriken“ sind meiner Ansicht vor allem eine Belohnung dafür, dass dieses akademische Schicht, die den proletarischen Hintergrund jeder linken politischen Partei abgeschafft hat. So streiten sich vermeintlich Linke darüber, wie man etwas schreibt, weil die Sprache „ungerecht“ ist oder wieviel Prozent Führungsposten Frauen bekommen sollen. Was aber weder die Arbeitszeitsituation von Pflegekräfte noch an den prekären Gehälter der Zusteller etwas ändert.

    Für mich bedeutet Links die Interessen der Arbeiter gegenüber den Unternehmen zu vertreten. Doch die Parteien haben an diesen ihr Interese verloren und verkaufen mit raffinierte Marketingmethoden einen Umbau gegen deren Interessen.

    Ein Aspekt dieser Methoden ist der Begriff „Reformen“. Jeder kennt das aus der Webung: „Neu!“ ist der Kaufanreiz der etwas nicht notwendiges aufschwatzen soll. Das gleiche passiert bei „Reformen“, bei denen nie die tatsächlichen Änderungen angepriesen werden, sondern die vermeintlichen Verbesserungen und am ende zahlen wir den Preis für die Rendite von „stakeholdern“.

    Das tragische ist, dieser Abbau linker Perspektiven aus der Politik ist so durchgreifend, dass es nirgendwo auf weiter Flur ein tragfähigen Ansatz gibt, der diese wieder schaffen könnte. Im gegenteil, wir erleben gerade den Abriss der restlichen rudimentären Mitbestimmung der Bevölkerung und das wird aber auch ganz offen so kommniziert. In diesem Papier steh der Satz: „Verhaltens-bezogene Daten können Demokratie als das
    gesellschaftliche Feedbacksystem ersetzen.“

    https://www.smart-city-dialog.de/wp-content/uploads/2019/12/smart-city-charta-langfassung.pdf

    Wie ihr seht, wir brauchen links/rechts gar nicht mehr, Big Data weiß sowieso was wir wollen.

  7. Andreas I. 13. März 2022 at 12:10Antworten

    Die repräsentative Demokratie ist ja sowieso eine Sache für sich, aber wenn – rein theoretisch – „links“ die Besitzlosen und „rechts“ die Besitzenden repräsentieren, dann verschleiern sie nicht den Klassengegensatz, sondern sie stellen ihn, repräsentativ, dar.

    Im übrigen haben die liberale und die kommunistische Ideologie m.E. diese Fehler gemeinsam:
    – weitgehende Reduzierung auf Materielles
    – als Kehrseite dann stiefmütterliche Behandlung von Recht und Demokratie als gesellschaftliche Faktoren

  8. Manfred Müller 13. März 2022 at 11:20Antworten

    Bemerken die sogenannten Linken von heute dass sie selbst keine Arbeiter sind und üben sich in Selbstkritik? Das hat Robert Michels schon vor 100 Jahren erkannt, da seid Ihr früh dran! Die linke war in Deutschland früher eine Arbeiterbewegung, mein eigener Großvater war in der Weimarer Zeit in der SPD weil er sich für gerechte Löhne für ordentliche Arbeit eingesetzt hat. In den 60ern wurde die Arbeiterbewegung von Studenten gekapert die sich links nannten um nicht als bürgerlich zu gelten. Und diejeigen, einschließlich Wagenknecht und Lafontaine, die sich heute links nennen haben zumeist aufgrund mangelnden Fleißes, Anpassungsfähigkeit oder Intelligenz keine bürgerliche Karriere geschafft und tarnen ihr persönliches Versagen mit revolutionärem Mäntelchen. Die meisten sogenannten Linken leben mehr oder weniger vom dem Staat den sie zu bekämpfen vorgeben. Wie autoritätsgläubig diese Linken sind hat man bei ihrer kriecherischen Demut vor den Coronamaßnahmen deutlich gesehen. Es sind Linke, kein zweifel. Aber es sind keine Arbeiter sondern Schwätzer. Arbeit, die tägliche Auseinandersetzung mit produktion, technik, tatsächlich greifbaren Dingen würde nämlich bei einigen ein klares Denken erzwingen.

    • Andreas I. 13. März 2022 at 12:16Antworten

      Hallo,
      m.b.M.n. war es ein wesentlicher Fehler der „Linken“, überhaupt in dieser Form auf „Arbeiter“ und eine entsprechende Arbeitsethik zu zielen, und zwar weil die „Linken“ damit die „Arbeiter“ praktisch in der Lohnabhängigkeit festhalten, anstatt sie daraus zu befreien.

    • helga 13. März 2022 at 15:33Antworten

      @manfred müller

      mein großvater hat gegen die hahnenschwänzler gekämpft und heute wählen die arbeiter rechte parteien. der letzte satz von ihnen ist einem traum entsprungen.

  9. walterschnthaler 13. März 2022 at 11:14Antworten

    Links und rechts sind Begriffe, die sich je nach Perspektive ändern. Für jemanden, der von unten nach oben steigt und sich dabei „umdreht“, etwa auf einer Treppe oder Karriereleiter, wird links zu rechts und rechts wird zu links. Das was von unten als links wahrgenommen wird, wird von oben als rechts gesehen. Das Frame Links/Rechts ist eine Frage der sozio-ökonomischen Perspektive, es ist ein manipulatives Spaltungs-Tool.

    Der essenzielle Konflikt besteht also NICHT in einem Wettbewerb von links versus rechts, sondern um den systemimmanenten Konflikt OBEN vs. UNTEN, der durch den drohenden Zusammenbruch des Fiat-Finanzsystems mehr und mehr eskaliert. Die tatsächlichen Machtstrukturen werden immer offensichtlicher. Corona ist schon lange keine alleinige Angelegenheit der Medizin mehr. Oben sitzt die Parallelwelt der Politik, der Finanzindustrie mit ihrem scheinbar unbegrenzten Fiat Money, Derivaten und Leerverkäufen, der Zentralbanken, die Rüstungskonzerne, Pharmakonzerne, Medienkonzerne, Digital Konzerne wie Google, Microsoft, Amazon, Apple und die billiardenschweren Asset Management Companies, wie BlackRock, Vanguard, Infinity, Berkshire Hathaway, States Street und Konsorten.

    Unten steht der Mittelstand, die Realwirtschaft, die freie Kunst und Kultur und die ergebnisoffene Wissenschaft im Sinne Karl Poppers.

    Die „Leit-Medien“ haben ihre Perspektive unter ökonomischen Druck und unter der oligopolistischen Eigentümerkonzentration der Medien die Sichtweise des Mittelstands weitgehend aufgegeben. Sie haben ihre Perspektive nach OBEN verlagert, sie betrachten die Welt von OBEN, durch die Augen der Parallelwelt der „Elite“ – manchmal, ohne die Verschiebung ihrer Perspektive selbst wahrzunehmen. Es gibt schon lange keine „Arbeiterzeitung“ mehr. Auch die „PRESSE“ ist keine bürgerliche Zeitung des Mittelsstands, ebensowenig wie DER STANDARD linksliberal ist.

    Durch den Aufstieg der mit Steuermittel subventionierten Medien von der Perspektive des Mittelstands in die Perspektive der Finanzindustrie werden die vor zwanzig Jahren noch als LINKS geframten Standpunkte jetzt – also von Oben – als RECHTS wahrgenommen: die Gleichheit vor dem Gesetz, die Aufklärung, der Kampf gegen Ungleichheit und die Verteidigung der Grund- und Menschenrechte… – alles klassische sozialdemokratische, linke Positionen. Heute ist jeder, der diese Werte verteidigt, in den Augen der meisten Medien ein „Rechter“ geworden. Die Medien sind die Treppe nach oben gestiegen und diffamieren jene, die in der Mitte links stehen als Rechte.

    RECHTS und LINKS sind Frames, welche die Spaltung des Mittelstandes und die Aushöhlung der Grund- und Menschenrechte vorantreiben, ebenso wie die kontinuierliche Einschränkung des politischen Diskursraumes. Political Correctness ist oft das genaue Gegenteil: Political Correctness (Politische Korrektheit) ist Correctional Politics. (Zwangspolitik)

    Freiheit ist nur möglich, wenn die Basis der Unterdrückung, das Geldsystem (fiat money) der breiten Bevölkerung erklärt wird, sodass es vom Mittelstand VERSTANDEN wird. Renommierte Autoren, wie Markus Krall, Norbert Häring, Ernst Wolff, Franz Hörmann, Otmar Pregetter und viele andere versuchen das schon seit mehreren Jahren – aber sie haben es nicht geschafft, es der breiten Masse verständlich zu machen, vielleicht weil sie einfache Sachverhalte empirisch und intellektuell aufbereiten hatten. Das Geldsystem ist so schockierend einfach. Und gerade deshalb zu unfassbar schwer zu akzeptieren.

    • Kurt R. 13. März 2022 at 12:30Antworten

      LINKS und RECHTS gründet im Zusammenhang mit der Zuschreibung politischer Gesinnung auf einer parlamentarischen Sitzordnung. Leider fehlt hier diese historisch sehr wesentliche und aussagekräftige Betrachtung komplett. Das bedarf einer Ergänzung.

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