Ukrainische Verluste und Demografie

28. August 2023von 7 Minuten Lesezeit

Etwa 50.000 Soldaten dürfte die Ukraine seit Beginn ihrer Offensive verloren haben. Insgesamt wohl hunderttausende, was für die Ukraine massive demografische Folgen haben wird.

Die russische Nachrichtenagentur TASS hat nach Infos des Verteidigungsministeriums gemeldet, dass die ukrainischen Streitkräfte in der vergangenen Woche 4.855 Soldaten verloren hätten. Das mag russische Propaganda sein.

Ukrainische Angaben

Nun hat aber auch Nikolai Asarow, ukrainischer Premierminister vor dem Maidan-Putsch 2014, auf seinem Telegram-Kanal berichtet: „Tatsächlich räumt der ukrainische Generalstab ein, dass er jeden Monat 10.000 Soldaten verliert. Letzte Woche sagte ein Sprecher des Generalstabs, dass mindestens 10.000 Mann pro Monat eingezogen werden müssten, um die Zahl der Soldaten an der Front auf gleichbleibendem Niveau zu halten.“

Die genaue Zahl der Gefallenen sei ein Staatsgeheimnis, so Asarow. Um die Bürger nicht zu schockieren, halte Kiew nicht nur die Zahl der Toten, sondern auch die der verwundeten Soldaten streng geheim. Es sei jedoch unmöglich, solch große Verluste über längere Zeit zu verbergen, betonte der Politiker. So hätten beispielsweise die Krankenhäuser in Odessa seit einer Woche keine Verwundeten mehr aufgenommen, da die Einrichtungen überfüllt seien.

Und Asarow fügte hinzu: „Wenn man die wachsende Zahl der Toten an den schnell wachsenden Friedhöfen ablesen kann, dann wird die Zahl der verwundeten Soldaten durch die Informationen aus den Krankenhäusern bekannt. Jeden Freitag kommen sieben Züge mit schwer verletzten Soldaten in Kiew an. An anderen Tagen sind es jeweils vier Züge. Davon berichten die Mitarbeiter der Militärkrankenhäuser.“

Gesamtverluste der Ukraine

Anfang August hatte der russische Generalstab berichtet, dass die Ukraine im Laufe der damals zweimonatigen Offensive 43.000 Mann verloren haben. Bei 10.000 weiteren im August könnte, auch wenn man eine gewisse russische Übertreibung in Rechnung stellt, die Zahl von 50.000 in etwa erreicht sein.

Bereits im Frühjahr ging etwa der ehemalige US-Offizier, Golfkriegsveteran von 1991 und Militärtheoretiker Douglas Macgregor von 150.000 toten und 35.000 vermissten Soldaten der ukrainischen Armee aus. Dazu kommen sicherlich hunderttausenden Verwundete und Verkrüppelte. Scott Ritter, ehemaliger nachrichtendienstlicher Offizier des US Marine Corps, Veteran des Golfkrieges 1991 und danach Inspektor der UNSCOM-Mission im Irak, vermutete bereits im Frühjahr gar über 300.000 gefallene Ukrainer.

Das war aber noch vor der blutigen Schlacht um Bachmut, die auf ukrainischer Seite wohl mindestens 50.000 Tote brachte, nach Angaben von Jewgeni Prigoschin sogar 80.000. Mit den Verlusten in der ukrainischen Offensive seit Anfang Juni könnte die Gesamtzahl auf ukrainischer Seite bereits über 400.000 betragen.

Das bedeutet, dass von ganzen Jahrgängen junger Männer in der Ukraine große Teile vernichtet wurden. Diese Männer werden keine Familien und Kinder haben.

Dass dem nationalistischen Regime die Soldaten ausgehen, zeigt sich immer deutlicher: Erstens zieht die ukrainische Armee schon 17-Jähre und 60-Jährige ein. Zweitens werden offenbar, oft bei überfallsartigen Razzien, besonders systematisch Männer aus den Minderheitengebieten als Kanonenfutter rekrutiert, etwa unter den Ungarn in Transkarpatien  oder im russischsprachigen Odessa. Drittens werden teilweise Kriegsgefangene, die man gerade aus Russland freigetauscht hat, sofort wieder an die Front geschickt, was nicht nur dem Kriegsrecht widerspricht, sondern sogar schon zu Aufrufen ukrainischer Mütter an Russland geführt hat, ihre Söhne nicht freizulassen. Viertens setzt die Ukraine offenbar hinter der Front vermehrt faschistische Sperrbataillone ein, um die Wehrpflichtigen zum Kämpfen zu zwingen.

All diese Entwicklungen werden in einer ukrainischen Nachkriegsgesellschaft zu schweren Zerrüttungen führen. Zum Vergleich: Die ungleich größeren USA hatten in Vietnam 58.200 Gefallene und 300.000 Verwundete, was für die US-Gesellschaft ein massives Trauma war.

Zivile Kriegsopfer

Bis Mitte August 2023 wurden nach Angabe des Menschenrechtsbüros der UNO durch den Ukraine-Krieg 9.444 tote Zivilisten registriert. Die ukrainische Regierung nennt etwa dreifache Zahlen, was dem Propaganda-Ziel, Russland als besonders barbarisch hinzustellen, geschuldet sein dürfte. Nun kann es tatsächlich sein, dass nicht alle Toten offiziell erfasst wurden. Andererseits ist Kiew sicherlich sehr bestrebt, der UNO möglichst alle Fälle zu nennen.

Darüber hinaus muss man berücksichtigen, dass bei den toten Zivilisten sicherlich zahlreiche sind, die von ukrainischen Einheiten als menschliche Schutzschilde benutzt oder als angebliche „Kollaborateure“ (darunter etwa Lehrer, die einfach nur in zeitweilig russisch kontrollierten Gebieten weiter unterrichtet hatten) exekutiert wurden – und in manchen Fälle danach als Opfer der Besatzer den Medien präsentiert wurden.

Jedenfalls gehört sicherlich ein deutlich überproportional großer Teil der zivilen Opfer zur russischsprachigen Bevölkerung in der Südostukraine, in deren Siedlungsgebieten der Krieg überwiegend stattfindet. Aber selbst wenn durch die russischen Angriffe um die zehntausend Zivilisten ums Leben gekommen sein mögen, sind das immer noch weniger als durch den jahrlangen Beschuss des Donbass durch die ukrainischen Truppen. Dass jeder einer zu viel ist, sehen die westlichen Medien meist nur bei der ersteren Gruppe.

Aber auch ein anderer Vergleich ist bemerkenswert: Um die zehntausend tote Zivilisten und 300.000 bis 400.000 gefallene ukrainische Soldaten bedeuten ganz andere Relationen als etwa beim US-amerikanischen Angriffskrieg gegen der Irak ab 2003. Dabei wurden nämlich etwa 10.000 irakische Soldaten getötet, aber mindestens 150.000 irakische Zivilisten (andere Studien gehen sogar von 500.000 oder 650.000 aus).

Art der Kriegsführung

Diese völlig umgekehrten Verhältnisse haben mit der Art der Kriegsführung zu tun. Während die USA traditionell so lange alles plattbombardieren, bis sich in einem Gebiet oder Stadtviertel nichts mehr rührt oder rühren kann, und sie erst dann mit Bodentruppen einrücken, geht die russische Armee in der Ukraine offenbar anders vor. Sowohl die russische Führung als auch die einfachen Soldaten betrachten die Bevölkerung der Südostukraine als „die eigenen Leute“, die es zu befreien gilt.

Deshalb wird bei der Eroberung von Städten wie Mariupol oder Sewerodonezk oft versucht, Wohnblöcke so zu beschießen, dass die in den Stockwerken verschanzten ukrainischen Soldaten getroffen werden und die Häuser auch ausbrennen, dass sie aber nicht einstürzen und die im Keller verborgenen russischsprachigen Zivilisten nicht verschüttet werden. Diese Art von Eroberung ist langsamer und kostet auch mehr Opfer in der eigenen Armee.

Und auch beim Beschuss von ukrainischsprachigen Städten handelt es sich nicht um Flächenbombardements von Wohnviertel, sondern die russische Armee hat offenbar grundsätzlich die Infrastruktur im Visier. Das schließt natürlich nicht aus, dass trotzdem Wohnhäuser getroffen werden, durch Ungenauigkeit oder abgelenkt durch ukrainische Abwehrraketen. Es hat aber nichts mit den systematischen Angriffen auf die Zivilbevölkerung zu tun, wie das die USA in Korea mit 450.000 Tonnen Bomben plus 32.000 Napalm oder in Vietnam mit bis zu 7 Millionen Tonnen Bomben und 400.000 Tonnen Napalm getan haben. Sie haben damit in beiden Ländern Millionen Menschen getötet, jeweils zu 80 Prozent Zivilisten.

Ukrainische Demografie

Als die Sowjetunion 1991 aufgelöst wurde, hatte der neue ukrainische Staat 51,5 Millionen Einwohner. Zwanzig Jahre später, vor dem russischen Einmarsch, waren es nur noch etwa 41 Millionen. Neben sinkenden Geburtenraten spielte dabei auch Abwanderung aus dem ökonomisch daniederliegenden Land eine wesentliche Rolle – einerseits in die EU, andererseits nach Russland, wo viele ukrainische Staatsbürger Verwandte haben und wo ab dem Amtsantritt von Wladimir Putin die Wirtschaft wieder stabilisiert wurde, Reallöhne deutlich stiegen und das Sozialsystem wieder ausgebaut wurde.

Intensiviert hat sich die Migration aus der Ukraine nach Russland ab dem Maidan-Putsch 2014, und das aus zwei Gründen: Erstens fiel die Ukraine unter der Herrschaft der Nationalisten nun wirtschaftlich noch weiter zurück. Zweitens schikanierte das neue Regime das russischsprachige Drittel der Bevölkerung auch noch mit Sprachverboten und politischen Repressalien und beschoss die Städte der Donbass-Republiken acht Jahre lang mit Artillerie, wodurch auch nach Angaben der (dem Westen freundlich gegenüberstehenden) OSZE etwa 13.000 Zivilisten getötet wurden.

Vor Beginn der russischen Militärintervention waren damit schon 6 Millionen (überwiegend russischsprachige) ukrainische Staatsbürger in Russland ansässig. Seit Februar 2022 kamen noch einmal fast 3 Millionen hinzu. Im Vergleich befinden sich in EU-Ländern Anfang 2023 etwa 8 Millionen ukrainische Staatsbürger. Damit nicht verwechselt werden darf die Zahl der Grenzübertritte aus der Ukraine in die EU, die bei knapp 17 Millionen liegt, bei der aber Rückkehrer und Personen, die nach einer Rückkehr erneut ausgereist sind, nicht abgerechnet sind.

Wenn man von den 41 Millionen ukrainischen Einwohnern Anfang 2022 die Emigranten, die Toten und vor allem auch die Millionen Bewohner der russischen kontrollierten Gebiete abzieht, dürfte das Maidan-Regime in Kiew maximal noch über 25 Millionen Menschen herrschen.

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14 Kommentare

  1. Steve Acker 29. August 2023 at 20:29Antworten

    Es sind ja auch viele ukr Männer in folge des Krieges nach Westeuropa gegangen, zb Jugendliche die noch nicht 18 waren , es aber jetzt sind.
    Die werden alle langfristig, oder gar nicht wieder zurückkehren.
    Denn, selbst wenn die Ukr militärisch erfolgreich wäre, wie würden ihre Landsleute reagieren, wenn sie zurückkehren sollten?
    Ich weiss auch von ganzen Familien , die explizit sagen, sie wollen gar nicht mehr zurück.

    All diese Menschen werden der Ukraine in der Zukunft fehlen.

  2. suedtiroler 29. August 2023 at 9:22Antworten

    ist doch praktisch!
    Lebensraum im Osten wird frei.
    Für Syrer, Afghanen und vor allem Afrikaner

    sozusagen Afrokrainer

  3. baueranton 28. August 2023 at 21:12Antworten

    Guter Artikel der die Situation in der Ukraine gut beschreibt.
    Das Alles dürfte auch ein Grund sein, warum Selenskyj plötzlich von Verhandlungen redet. Er muss Zeit schinden. Für was auch immer. Das man ihm nicht über den Weg trauen darf, hat er mehrfach bewiesen !

  4. Jurgen 28. August 2023 at 17:56Antworten

    Die ukrainischen Verluste nähern sich rasend schnell der halben Million…
    Mehr als 1/3 der Flüchtlinge in meinem Heimatbezirk sind Ukrainer. Flüchtlinge zu Einheimische verteilen sich 1 zu 2. Das wird die Ortsgemeinden in Kürze in die Pleite zwingen, wenn die Rechte zur Steuererhebung den völkerrechtlich freigegebenen Gemeinden nicht umgehend zurückgegeben werden von der NGO, die sich immer noch irreführender Weise „Finanzamt“ nennt, obwohl diese NGO in die EU abgewickelt wird.

  5. suedtiroler 28. August 2023 at 17:38Antworten

    Unsere MSM, Politik und ihre Troll-Armeen können zwar lügen und die Mehrheit täuschen so wie sie es bei Corona schon getan haben. Sie können auch die Realität auch eine Zeit lang ignoieren. Aber lange können sie das nicht machen. Auf den Schlachtfeldern schaffen die Russen Fakten. Wenn die Ukraine zusammenbricht und/oder der Krieg verloren ist, werden die Lügen für jeden offensichtlich.
    Verschleiern wie Corona funktioniert dann nicht mehr.

  6. Fritz Madersbacher 28. August 2023 at 14:59Antworten

    „Wenn man von den 41 Millionen ukrainischen Einwohnern Anfang 2022 die Emigranten, die Toten und vor allem auch die Millionen Bewohner der russischen kontrollierten Gebiete abzieht, dürfte das Maidan-Regime in Kiew maximal noch über 25 Millionen Menschen herrschen“
    Man mag sich das Elend dieses Landes gar nicht vorstellen, es erinnert an an den Zustand der k. u. k. Monarchie im Ersten Weltkrieg …

  7. Josef 28. August 2023 at 14:57Antworten

    Top Zusammenfassung!

  8. Hasdrubal 28. August 2023 at 11:48Antworten

    „All diese Entwicklungen werden in einer ukrainischen Nachkriegsgesellschaft zu schweren Zerrüttungen führen.“

    Falls es überhaupt bekannt würde – heute haben wir ganz andere Medien als die weitgehend freien Medien während des Vietnamkrieges. Ich wüsste nicht, wo die Mainstream-Medien vielfältiger als welche in Nordkorea sein sollten – zum Teil werden die Grünenden:innen ähnlich belobhudelt.

    Schland soll laut Lindner im Haushalt jedes Jahr bis 2027 5 Milliarden für die Banderas eingeplant haben, obwohl uns selbst an Kohle mangelt – wird es denn im Mainstream gehörig kritisiert?

    • Karsten Mitka 28. August 2023 at 16:25Antworten

      SSelenskij fordert aktuell auch schonwieder Geld von USA und EU, also letztendlich nur von der EU, weil wir bezahlen den ganzen Mist, um Wahlen in der Ukraine abhalten zu können.

  9. therMOnukular 28. August 2023 at 11:46Antworten

    Nicht zu vergessen die Millionen Menschen, die geflohen sind, aber auch die Kinder, die geraubt werden und die jungen Frauen, die man entführt, weil sie „Inselbegabungen“ besitzen…..

    In jeder Hinsicht pervers, wozu Menschen wieder einmal fähig sind – auch dahingehend, das mittlerweile immer ungenierter und offener zu tun. „Pedo-Peter“ dürfte nur die Spitze des Eisbergs sein, den die Oligarchie der USA beschützt (weil noch benutzt).

  10. Jan 28. August 2023 at 10:33Antworten

    Erstaunlich, was Menschen mit sich machen lassen!

  11. SDMS 28. August 2023 at 9:37Antworten

    Wenn die USA und Europa es schaffen, den Krieg noch um ein weiteres Jahr zu verlängern, dann können BlackRock, Goldman Sachs und das Soros-Imperium die Ukraine besenrein übernehmen.

  12. wellenreiten 28. August 2023 at 9:15Antworten

    Letzten Freitag ist mir beim Einkaufen wieder einmal ein fitter Ukrainer im besten Alter über den Weg gelaufen, der gerade auf dem Parkplatz seinen fetten PKW eines deutschen Premium-Herstellers mit ukrainischem Kennzeichen aufgesperrt hat.

    • Hasdrubal 28. August 2023 at 14:36Antworten

      {Moskowien Tomorrow} berichtete gestern, dass man in Polen immer öfter fette Autos mit Ukro-Schildern beschädigt – die Bevölkerung dort hat die Invasion derer Besitzer satt. In Schland wohl auch, doch im hiesigen Mainstream ist es ein Tabu-Thema. In Österreich wohl nicht anders?

      Im Januar ist mir in Breslau aufgefallen, wieviel Polizei das dortige Ukro-Konsulat bewacht – vor dem deutschen Konsulat gab es nie so viel Aufgebot. Bereits daran sieht man, dass die Schätzungsweise 250 Tsd. Ukros in der Stadt (um 1/3 der Gesamtbevölkerung – etwa 100 Tsd. kamen noch vor dem Krieg) nicht geliebt werden.

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