Corona-Maßnahmen in Deutschland ohne Einfluss auf Infektionsgeschehen

11. August 2020von 4,3 Minuten Lesezeit

Zu den nicht-pharmazeutischen Interventionen gegen die Ausbreitung von SARS-CoV-2 in Deutschland gehörten die Absage von Massenveranstaltungen ab 8. März, die Schließung von Schulen und Kindertagesstätten ab 16. März sowie ein Lockdown ab 23. März. Eine Studie bestätigt internationale Vergleiche, die einen Rückgang der Infektionen mit oder ohne strenge Interventionen festgestellt haben.

Diese Studie bewertet die Wirksamkeit der Interventionen im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf Infektionen im Laufe der Zeit. Die tatsächlichen Infektionszeiten wurden anhand offizieller deutscher Falldaten unter Einbeziehung der Inkubationszeit und einer empirischen Berichtsverzögerung entsprechend korrigiert.

Ein signifikanter Rückgang der täglichen und kumulativen Infektionen sowie der Reproduktionszahlen wurde jeweils am 8. März, 10. März und 23. März festgestellt. Weitere Rückgänge und Stabilisierungen sind Ende März zu verzeichnen.

Der Rückgang der Infektionen Anfang März 2020 kann auf relativ kleine Eingriffe und freiwillige Verhaltensänderungen zurückgeführt werden. Zusätzliche Effekte späterer Interventionen lassen sich nicht eindeutig feststellen. Liberalisierungen von Maßnahmen ab dem 20. April führten nicht zu einem erneuten Anstieg der Infektionen. Daher bleibt die Wirksamkeit der meisten deutschen Interventionen fragwürdig.

Rückgang der Infektionen ab dem 8. März

Bei den täglichen und kumulativen Infektionen sowie der Reproduktionszahlen finden sich übereinstimmende Ergebnisse hinsichtlich eines signifikanten Rückgangs der Infektionen im ersten Märzdrittel – etwa eine Woche vor der Schließung von Schulen und Kindertagesstätten und zwei Wochen vor Inkrafttreten der vollständigen “Abriegelung” (einschließlich des Kontaktverbots). Der Effekt fällt mit der von Bundesgesundheitsminister Spahn empfohlenen Absage von Massenveranstaltungen am 8. März zusammen.

Das gestiegene Bewusstsein in der Allgemeinbevölkerung könnte sich jedoch auch deutlich auf freiwillige Verhaltensänderungen im Alltag ausgewirkt haben (z.B. körperliche Distanzierung zu Fremden, vorsichtiges Husten und Niesen, gründliches und häufiges Händewaschen). Umfragen zeigen bereits Mitte Februar ein gesteigertes Bewusstsein gegenüber der Corona-Bedrohung (Ipsos, 2020). Darüber hinaus könnte ein freiwilliges vorsichtiges Verhalten im Coronakontext auch den abrupten und ungewöhnlichen Rückgang anderer infektiöser Atemwegserkrankungen in Deutschland ab Anfang März erklären.

Um den 8. März herum gehen die täglichen Neuinfektionen von exponentiellem Wachstum in einen Rückgang über, und die Wachstumsrate der kumulativen Infektionen weist den höchsten Rückgang auf. Dieser Rückgang tritt ein, obwohl das Testvolumen in den folgenden Wochen stark zunahm.

Der Ablauf in Österreich ist ziemlich ähnlich dem Deutschen, obwohl der Lockdown eine Woche früher umgesetzt wurde. Aber Höhepunkt und Rückgang der Infektionen fallen ebenfalls in den gleichen Zeitraum wie in Deutschland und daher vor die Verfügung der strikten Maßnahmen.

Rückgang trotz gestiegenem Testvolumen

Die massive Zunahme der durchgeführten Tests muss einen Einfluss auf die Erkennung von zuvor aufgetretenen SARS-CoV-2-Infektionen gehabt, also gar nicht einmal Neuinfektionen festgestellt haben. Bekanntlich können Virenfragmente – und das ist alles was mit dem PCR-Test nachweisbar ist – im Schnitt bis 17 Tage und maximal bis 83 Tage nach der Infektion nachgewiesen werden.

Es ist daher plausibel anzunehmen, dass bei einem über die Zeit konstanten Testvolumen weniger Infektionen erkannt worden wären und der Rückgang der (bestätigten) Infektionen noch stärker ausgefallen wäre.

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Die anderen Bruchpunkte sind nicht deckungsgleich: Während strukturelle Veränderungen bei den täglichen und kumulativen Infektionen im letzten Märzdrittel auftreten, gibt es keinen entsprechenden Bruch hinsichtlich der Reproduktionszahlen. Im Gegensatz dazu sehen wir angesichts der geschätzten Infektionszeitpunkte in der vorliegenden Studie, dass die Wachstumsraten der Neuinfektionen und Reproduktionszahlen bereits am 3. bzw. 8. März negativ werden. Gleichzeitig weist die Wachstumsrate der kumulativen Infektionen in allen vier Segmenten der Zeitreihe den stärksten Rückgang auf. Der Rückgang der Infektionen erfolgte also vor den Schulschließungen und dem Inkrafttreten des Kontaktverbots.

Keine Änderungen nach Rücknahme der Maßnahmen

Die Auswirkungen der ersten Liberalisierungen von Maßnahmen ab dem 20. April (z.B. Wiedereröffnung einiger “nicht notwendiger” Einzelhandelsgeschäfte) spiegeln sich plausibel in der zeitlichen Entwicklung der Neuinfektionen und Reproduktionszahlen wider. Eine erneute Zunahme der Neuinfektionen findet jedoch nicht statt, da die entsprechende Wachstumsrate negativ bleibt und die Reproduktionszahlen bis auf wenige Ausnahmen unter dem kritischen Wert von eins bleiben.

Darüber hinaus sind keine Auswirkungen der Einführung der Maskenpflicht in Einzelhandelsgeschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln (ab 27. April) feststellbar, da es keinen weiteren signifikanten Strukturbruch gibt. Diese Intervention wurde jedoch zu einem Zeitpunkt durchgeführt, als sich die Infektionen bereits auf einem niedrigen Niveau befanden. Daher kann die Wirksamkeit dieser Maßnahme nicht definitiv beurteilt werden.

Weitere Liberalisierungen ab der ersten Maihälfte (z.B. Wiedereröffnung der Schulen für einige Altersgruppen, Ausbau der Notfallbetreuung) zeigen ebenfalls keine Wirkung.

Insgesamt bestätigt sich der Befund, dass der zeitliche Verlauf der Infektionszahlen von den staatlichen Maßnahmen weitgehend unbeeinflusst blieb. Was man von durch die Maßnahmen verursachten wirtschaftlichen und gesundheitlichen Schäden nicht sagen kann.

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