Digitalisierung steigert Produktivität und Gewinne aber vernichtet Arbeitsplätze

5. September 2017von 4,3 Minuten Lesezeit

Man muss gar nicht von Industrie 4.0 reden, schon ein Check-in am Flughafen oder ein Check-out beim Lebensmittelhändler zeigen wohin die Reise geht. Maschinen ersetzen die MitarbeiterInnen, die Kunden erledigen selbst, was bisher vom Personal des Unternehmens gemacht wurde.

Der Check-in am Flughafen Schwechat wird immer mehr zum Do-it-yourself. Man muss sich die Bordkarte selbst ausdrucken und auch das Gepäck muss man schon selbst aufs Laufband schieben. Noch helfen freundliche MitarbeiterInnen, aber die Selfservice Terminals werden massiv ausgeweitet, die Helfer werden immer weniger.

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Selfservice Aufgabe des Gepäcks am Flughafen Wien Schwechat

Auch beim Lebensmittelhändler Merkur wird mit Do-it-yourself Check out experimentiert. Noch ist es auf einzelne Filialen beschränkt und Personal hilft dabei. Mit einer Ausweitung muss wie am Flughafen gerechnet werden.

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Selfservice Kassen bei Merkur

Bei den Banken haben wir uns bereits daran gewöhnt, dass man als Kunde selbst die Arbeit übernommen hat, die früher von MitarbeiternInnen erledigt wurde. Die Ersparnis, die die Banken dadurch hatten, hat uns aber nicht davor bewahrt sie in der Bankenkrise retten zu müssen, oder für die horrenden Schulden aufkommen zu müssen, die die Hypo Alpe Adria unter der Schirmherrschaft der FPÖ angehäuft hat.

Auch der Logistik-Vorstand der Post, Peter Umundum, vermeldet stolz, dass in dem neuen Paket-Zentrum in Wernberg die Sortierleistung 5000 Pakete pro Stunde beträgt. Diese Geschwindigkeit ist eine mehr als 100-prozentige Verbesserung gegenüber dem vorigen Zustand. Das neue Paket-Zentrum in Wernberg kommt auch mit nur mehr 115 MitarbeiternInnen aus. Das vorige Zentrum in Villach St. Magdalen bleibt aber Brief-Verteilzentrum und behält 261 MitarbeiterInnen. Zwischen die Wohngebiete von Korneuburg und Bisamberg soll nun ein Mega-Zentrum hin gebaut werden, das mit 300 MitarbeiternInnen eine Verkehrs-, Lärm- und Feinstaub-Hölle für Tausende Anrainer bedeuten wird.

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Paketverteilzentrum der Post in Wien Inzersdorf

Gleichzeitig fordern Industriellenvereinigung, ÖVP und FPÖ den 12-Stunden Tag und eine stärkere Flexibilisierung der Arbeitszeit. Klar, wenn das Personal dank Automatisierung und Digitalisierung abgebaut wird, müssen die restlichen Mitarbeiter flexibler werden und auch mal bis zu 12 Stunden am Stück arbeiten.

Das kann aber nicht das Ergebnis einer enorm verbesserten Produktivität und dem Abbau von Mitarbeitern sein. Gleichzeitig wollen die, die für Flexibilisierung und Verlängerung der Arbeitszeit eintreten, weniger Steuern zahlen und die Sozialleistungen massiv kürzen.

Nach einem Bericht des Spiegel führen in Deutschland normale Arbeitnehmer bis zu 53 Prozent ihrer Brutto-Gehälter als Steuern und Sozialabgaben ab – während Millionäre ihre Einkünfte nur mit durchschnittlich 34 Prozent versteuern.

Als Kandidat der Liste Pilz trete ich dagegen dafür ein, dass diese gesteigerte Produktivität vor allem denen zugutekommt, die diese erarbeitet haben. Ein Schlüssel dafür wird die Verringerung der Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich sein. Andere Modelle wie ein bedingungsloses Grundeinkommen, Anhebung der Mindestlöhne und ähnliches sind Maßnahmen, die erkämpft werden müssen.

Auch auf steuerlicher Seite müssen Maßnahmen getroffen werden. Die Besteuerung der Löhne und Gehälter liefert angesichts des Personalabbaus immer weniger Beiträge bei gestiegener Produktivität und Profiten, die Wertschöpfung verlagert sich auf Computer und Automaten. Da müssen neue Steuermodelle angreifen.

Bis 2040 gehen über 40% der Arbeitsplätze in der Industrie verloren

Laut Unternehmensberater A.T. Kearney gefährdet die Digitalisierung bis 2040 knapp über 40% der Arbeitsplätze in der Industrie und den industrieorientierten Dienstleistungen. „Digitalisierung ist der größte Entwicklungsschub für die Industrie seit der industriellen Revolution. Dafür müssen aber Unternehmen, Politik und Wissenschaft aktiv den notwendigen Umbau der österreichischen Wirtschaft einleiten und vorantreiben“, so Florian Haslauer, Partner bei A.T. Kearney Österreich.

Mehr als 30.000 heimische Industrieunternehmen stehen vor Disruptionen in den traditionellen Arbeitswelten. A.T. Kearney geht davon aus, dass der Wegfall von Arbeitsplätzen aufgrund der Automatisierung durch drei Aspekte aufgefangen werden kann. Einerseits werden neue Arbeitsplätze im Sozial-Bereich, in Bildung und Softwareentwicklung entstehen. Anderseits wird ein Teil durch die Verkürzung der durchschnittlichen Jahresarbeitszeit, durch den Ausbau von Teilzeit, Bildungsurlauben und Auszeiten erfolgen.

Das ist sicherlich ein guter Weg, allerdings darf Teilzeit, Verkürzung der Arbeitszeit und ähnliches nicht zur Reduktion des Einkommens führen. Die Bruttowertschöpfung in Österreich ist über die letzten 20 Jahre durchschnittlich um 1,4% pro Jahr real gewachsen – das muss auch denen zugutekommen, die diese Zuwächse mit ihrer Arbeit geschaffen haben.

„Menschenleere Fabriken rücken näher, denn sowohl niedrig qualifizierte als auch hochqualifizierte Arbeitskräfte werden durch Automatisierung ersetzt“, sagt Achim Kaucic, Co-Autor der A.T. Kearney Studie, die im November2016 veröffentlicht wurde. Von den 1,8 Millionen Arbeitsplätzen in der Industrie und den industrieorientierten Dienstleistungen, sind 42% der Arbeitsplätze – also über 750.000 – aufgrund von Digitalisierung und Automatisierung in den nächsten 25 Jahren gefährdet. „Besonders schwerwiegend ist diese Entwicklung, wenn man bedenkt, dass fast die Hälfte aller Lehrlinge von Industrie- und Gewerbeunternehmen ausgebildet werden und dass Beschäftigte in Industrie und Gewerbe durchschnittlich um 10% mehr verdienen als in anderen Branchen“, ergänzt Achim Kaucic.

Disclaimer: Peter F. Mayer kandidiert auf der Liste Pilz Niederösterreich, sowie im Wahlkreis 3a Weinviertel.

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