
Zunahme von Corona-Fälle bei gleicher Zahl an Hospitalisierungen und Todesfällen – Gründe dafür
In den beiden von Covid-19 am schlimmsten betroffenen europäischen Ländern passiert etwas Seltsames. Großbritannien und Italien haben eine steigende Anzahl von Fällen, aber eine stabile und sehr geringe Anzahl von Todesfällen, selbst Wochen nachdem die Fälle wieder zugenommen haben. Ähnliches können wir auch im weniger betroffenen Österreich beobachten.
Das Vereinigte Königreich berichtet derzeit täglich etwa 1750 neue Fälle und einen Todesfall bei 67 Millionen Einwohnern. Mit einer ungefähr ähnlichen Bevölkerung und durchschnittlich 602 Fällen pro Tag hatte Italien im letzten Monat etwas mehr als vier Todesfälle pro Tag. Das Verhältnis von Fällen zu Todesfällen ist bei weitem nicht so hoch wie auf dem Höhepunkt der Pandemie. Das andere bemerkenswerte Merkmal ist eine Verlagerung der per PCR-Test gefundenen Fälle auf eine jüngere Bevölkerung.
In Österreich sind mehr Tests durchgeführt worden, was zu mehr positiven Fällen, wenn auch nicht zu mehr infektiösen Personen führt. Aber seit Anfang Juli wird viel privat getestet, etwa im Tourismus und bei Vereinen und seit Mitte August lassen sich Urlaubsheimkehrer testen. Das Ministerium erfährt die positiven Fälle, die Zahl der negativen, privat bezahlter Tests aber nach eigenen Angaben nicht. Die Folge ist ein Ansteigen der positiven Fälle in Bezug zu der dem Ministerium bekannten Testanzahl zu Anfang Juli und neuerlich zu Mitte August.
Das teilt das Gesundheitsministerium auf meine Anfrage mit:
„Es gilt immer zu unterscheiden, ob es sich um einen Test im Zuge eins Screenings handelt (z.B. Sportclub) oder um die behördlich angeordnete Testung eines Verdachtsfalls bzw. einer Kontaktperson.
Jede positive Probe – ob durch Screening oder Behörde – wird im EMS eingemeldet. Negative Proben werden nur bei behördlich angeordneten Testungen ins EMS gemeldet.
Lediglich negative Screening-Proben werden nicht gemeldet – darunter fallen die von Ihnen erwähnten freiwilligen Mitarbeitertestungen von Firmen, Vereinen, Sportclubs etc.“
Die Erklärungen für das UK
In einem Spectator Artikel haben die beiden Professoren der Universität Oxford und Leiter der Centre for Evidence based Medicine (EbM), Carl Heneghan und Tom Jefferson, die möglichen Gründe dafür untersucht.
Als ersten Punkt erwähnen die Autoren eine mögliche Mutation des Virus zu einer weniger virulenten Form. Dafür gibt es wenig Belege. Die zweite Vermutung bezieht sich auf verbesserte Therapien im Umgang mit Covid-19. Es gibt aber bisher keine spezifischen Behandlungen für die Krankheit und da es keinen wesentlichen Anstieg der Aufnahme in Spitäler gibt, scheint dies auch eine unwahrscheinliche Erklärung zu sein.
Als dritte Möglichkeit erwähnen die Autoren die vorbeugenden Maßnahmen, die möglicherweise funktioniert haben. Wenn dies der Fall wäre, so müsste eine Wirksamkeit gegen alle Formen von akuten Atemwegsinfektionen sichtbar sein. Dazu passt aber die Altersverschiebung nicht.
Die Probleme mit dem PCR-Test
Eine vierte Erklärung liefern die schnell wachsenden Beweise dafür, dass die weltweit verwendeten Tests zur Identifizierung von Fällen auf vereinfachte und unkoordinierte Weise verwendet werden. Die Grenzen und Probleme der Polymerasekettenreaktion (PCR) zur Durchführung von Massentests habe ich bereits in mehreren Artikeln beleuchtet.
Die Autoren erklären das Problem so:
Der PCR ist ein sehr empfindlicher Test, dh er erkennt die kleinsten Fragmente des gesuchten Virus, indem er die Probe millionenfach amplifiziert. Ein Fragment ist jedoch kein ganzes Virus, das sich replizieren und andere Menschen infizieren kann. Es ist ein kleiner Teil der Virusstruktur, nach der der PCR-Primer sucht, nicht der gesamte Mikroorganismus. Nur ganze Viren können uns infizieren.
Darüber hinaus wird selten die Anzahl der Amplifikationszyklen berichtet, die erforderlich sind, um einen “positiven Test” zu erreichen. Wir wissen jetzt, dass dies eine wichtige Information für die Interpretation der Ergebnisse ist. Eine sehr hohe Anzahl von Zyklen kann Fragmente erkennen und ein positives Ergebnis liefern, aber eine geringere Anzahl von Zyklen identifiziert infizierte und infektiöse Personen, die Quarantäne benötigen.
Der PCR-Test liefert also auch dann positive Ergebnisse, wenn es nur eine leichte Virusübertragung gab, die Viren von den immer vorhandenen mucosalen IgA Antikörpern in den Schleimhäuten im Mund- und Rachenraum vernichtet wurden und es zu keiner Infektion kam. Die andere Variante ist, dass es zwar eine Infektion gab, die aber vom Immunsystem rasch unter Kontrolle gebracht zu keinen Symptomen führte, aber die geschredderten Virenteile noch länger – oft bis zu Wochen und Monaten – im Körper verleiben.
Unterschiedliche Qualität der Tests
Die Autoren sind auch auf Studien gestoßen, die sich mit der unterschiedlichen Leistung von PCR-Kits an derselben Probe befassen, und die Ergebnisse sind nicht ermutigend. Die Zyklusschwellen für dieselben positiven Ergebnisse variieren stark. Was es braucht sind standardisierte Tests, bei denen Verfahren und Leistung kontinuierlich überprüft werden und gegen gegen den einzigen echten Goldstandard zur Messung der Ansteckungsgefahr einer Person abgeglichen werden: die Viruskultur.
Diejenigen, deren Immunität aktiver und stärker ist, gehören genau zur Altersgruppe der beobachteten „Positiven“ und enden am seltensten mit einer schweren Krankheit.
Um die Gefahr der Isolierung nicht infektiöser Personen oder ganzer Gemeinschaften zu vermeiden, verlangen die Autoren internationale Anstrengungen um Tests durch regelmäßige Kalibrierungen gegen Virenkulturen und strenge Laborprotokolle und -verfahren zu standardisieren, am besten mit einer zentralen Genehmigungsbehörde.
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