Falsche Ergebnisse bei PCR-Massentests von Personen ohne Symptomen – Studien

29. August 2020von 5,9 Minuten Lesezeit

Die PCR-Tests wurden mit größerer Verfügbarkeit immer weiter ausgedehnt. Wie Gesundheitsminister Rudolf Anschober es einmal ausgedrückt hat, möchte man in andere „Bevölkerungsschichten hineinschauen“. Mit den Gurgeltests von Kindern, soll das nun noch ausgeweitet werden. Das geschieht im blinden Vertrauen darauf, dass die Methode des PCR-Tests genau ist. Das ist allerdings wissenschaftlich nicht haltbar und wurde vor der jetzigen Corona-Krise nie so gehandhabt.

Es gibt mittlerweile viele Bespiele von positiven Tests, die sich bei einer Nachkontrolle als falsch erwiesen. Bekannt wurde das Beispiel aus der Steiermark, wo in einem Event-Hotel 4 Mitarbeiter zunächst positiv, zwei Tage später aber negativ getestet wurden. Die Folge waren Stornierungen von Gästen und die Absage eines Events mit 150 Teilnehmern. Schadensumme: 20.000 Euro.

Die US Gesundheitsbehörde CDC empfiehlt  PCR-Tests bei symptomlosen Personen mittlerweile nicht mehr. Sowohl am Ende der auf 10 Tage verkürzten Quarantäne, als auch bei der Kontaktverfolgung wird bei Symptomfreiheit der Tests nicht empfohlen oder gar verlangt.

Eine Studie, die am Preprint Server medRxiv veröffentlicht wurde, setzt sich mit den Fehlern und den Konsequenzen daraus auseinander. Im Gegensatz zu früheren Epidemien haben fast alle internationalen Gesundheitsorganisationen und nationalen Gesundheitsbehörden bei der Behandlung von COVID-19 ein einziges positives Ergebnis aus einem PCR- Test als Bestätigung der Infektion behandelt, selbst bei asymptomatischen Personen ohne jegliche Vorgeschichte der Exposition. Dies beruht auf der weit verbreiteten Überzeugung, dass positive Ergebnisse in diesen Tests sehr zuverlässig sind.

Bei Tests sind Fehler normal

Wie genau der PCR Test misst wurde von INSTAND e.V., Gesellschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in medizinischen Laboratorien, erhoben. Die aktuellste Auswertung vom 3. Juni zeigt, bei den Proben, die keine SARS-Cov-2 Viren enthielten, waren zwischen 97,8% und 98,6% der Ergebnisse korrekt negativ, aber eben zwischen 2,2% und 1,4% waren falsch-positiv. 

Daten über PCR-basierte Tests für ähnliche Viren zeigen jedoch, dass diese Tests genügend falsch-positive Ergebnisse produzieren, um positive Ergebnisse in der realen Welt höchst unzuverlässig zu machen. Von den Überprüfungen zur Qualitätssicherung der Jahre 2004 bis 2019 wurden 78 Ergebnisse ausgewertet. Die mittlere falsch-positven Rate war 2,3 Prozent mit einem interquartile Bereich von 0,8 bis 4,0 Prozent. Die Folgen solcher Abweichungen sind in der Grafik oben zu sehen. Bei 10.000 Tests und einer Vortestwahrscheinlichkeit von einem Infizierten pro 10.000 Personen, erhält man zwar 1 richtiges positives Ergebnis, aber auch zwischen 80 und 400 falsch-positiven.

Bei so ziemlich allen anderen Virenerkrankungen wie SARS-CoV-1, MERS, Ebola, Zika Virus oder Influenza besagten deshalb die Empfehlungen der WHO, aber auch der US Seuchenbehörde CDC, ausdrücklich die Tests auf Patienten zu beschränken, bei denen ein begründeter Verdacht auf Infektion besteht, also eine hohe Vortestwahrscheinlichkeit gegeben ist.

Die derzeit verwendete Methode der anlasslosen Massentests hat Auswirkungen auf die Klinik und das Fallmanagement und wirkt sich auf eine Reihe epidemiologischer Statistiken aus, einschließlich des asymptomatischen Verhältnisses, der Prävalenz sowie der Krankenhauseinweisungs- und Todesraten.

Es sollten Schritte unternommen werden, um das Bewusstsein für falsch-positive Ergebnisse zu schärfen, ihre Häufigkeit zu verringern und ihre Auswirkungen abzuschwächen. In der Zwischenzeit sollten positive Ergebnisse bei asymptomatischen Personen, die nicht durch einen zweiten Test bestätigt wurden, als verdächtig betrachtet werden.

Die Schlüsselbotschaften der Studie sind:

  • Die hohen Spezifitäten (in der Regel 100 %), die in PCR-basierten Tests für SARS-CoV-2-Infektionen berichtet werden, entsprechen nicht der realen Anwendung dieser Tests, bei denen Kontamination und menschliches Versagen signifikante Raten falsch positiver Ergebnisse erzeugen.
  • Das weit verbreitete Missverständnis dieser falsch-positiven Raten wirkt sich auf eine Reihe von klinischen, Case-Management- und gesundheitspolitischen Entscheidungen aus. Ebenso ist die Anleitung der Gesundheitsbehörden zur Interpretation von Testergebnissen oft falsch.
  • Es sollten unverzüglich Schritte unternommen werden, um die Häufigkeit und die Auswirkungen falsch positiver Ergebnisse zu reduzieren.

Kritik aus der Universität Oxford

Auch die Professoren der Universität Oxford und Leiter des Centre for Evidence Based Medicine Carl Henghan und Tom Jefferson warnen in einem Artikel im englischen Spectator vor den Irrtümern beim PCR Test. Der PCR-Nachweis von Viren sei hilfreich, solange seine Grenzen verstanden werden; zwar weist er RNA in winzigen Mengen nach, doch ist bei den Ergebnissen Vorsicht geboten, da er das infektiöse Virus oft nicht nachweist.

Auch Virenfragmente sind nach einer Infektion noch bis 63 Tagen nachweisbar, ohne dass noch ein reproduktionsfähiges Virus vorhanden ist. Der PCR-Test liefert jedoch ein positives Ergebnis. Dieses Nachweisproblem ist beim Nachweis von RNA-Viren allgegenwärtig. SARS-CoV, MERS, Influenza Ebola und Zika virale RNA kann auch lange nach dem Verschwinden des infektiösen Virus nachgewiesen werden.

Warum ist dies von Bedeutung? Weil man bei Covid-19 nicht genügend darauf geachtet hat, wie die PCR-Ergebnisse tatsächlich mit der Krankheit zusammenhängen. Der Schaden falsch-positiver Ergebnisse kann beträchtlich sein: Operationen können verzögert oder abgesagt werden; Patienten werden vorsichtshalber im Krankenhaus behalten; weitere Tests sind erforderlich; in einigen Fällen führt dies zu lokalen Sperren.

Die Gurgeltests

Besonders krass daneben werden die Ergebnisse sein, wenn die neuen Gurgeltests bei Kindern massenhaft angewendet werden. Statt des Tests mit Wattestäbchen im Rachen sollen die Kinder eine Minute lang mit einer Zucker-Salz-Lösung gurgeln. Mit dem ausgespuckten sogenannten Gurgelat wird ein PCR-Test gemacht.

Der Mikrobiologe Michael Wagner von der Universität Wien, erklärt: “Wir konnten auch zu unserer Überraschung zeigen, dass auch schon Erstklässler, 6 Jahre alte Kinder, problemfrei in der Regel gurgeln können. Und wir haben vergleichende Studien durchgeführt Abstrich – Gurgeln bei denselben Personen und konnten zeigen, dass es absolut vergleichbare Ergebnisse liefert.”

Was aber wenig hilft, wenn die Auswertung durch die PCR Methode eben nach der Studie eben einen hohen Anteil falsch-positiver Resultate erzeugen kann.

Interessant ist, dass die geniale Idee mit dem Gurgel- und den noch ungenaueren Schnelltests viral gegangen ist. So hat etwa die Teenie-Influencerin #maiLab und einige weitere massiv dafür Reklame gemacht, ohne aber zu verstehen, wie die Statistik von richtigen und falschen Ergebnissen funktioniert. Das Problem dabei: Wir gehen noch mehr in die falsche Richtung.

Die Leitlinien in Österreich

Verstärkend kommen aber noch die geltenden Leitlinien für diese Tests in in Österreich hinzu.

In den Leitlinien der ‚Österreichische Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie‚ wird zur ‚Labordiagnostik bei Coronavirus SARS-CoV-2‚ steht:

„in der aktuellen epidemiologischen Situation empfohlen, die Amplifikation von nur einem PCR Target als positives Testergebnis und damit als Hinweis auf das Vorliegen einer Infektion mit SARS-CoV-2 zu werten. …. dass „schwach-positive“ oder „nicht auswertbare“ Ergebnisse möglicherweise Unsicherheiten im Meldewesen und in behördlichen Abläufen mit sich bringen und dass allfällige falsch-negative Ergebnisse die Adhärenz an Isolations- und Quarantänemaßnahmen untergraben könnten.“

Also sollen auch „schwach-positive“ oder „nicht auswertbare“ Ergebnisse als bestätigte Fälle geführt und die betroffenen Personen in Quarantäne geschickt werden, um die Isolations- und Quarantänemaßnahmen nicht zu gefährden.

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