Namibias neue Präsidentin skeptisch über deutsches Milliarden-Projekt zur Produktion von Wasserstoff in der Wüste

25. März 2025von 4,6 Minuten Lesezeit

Die designierte Präsidentin Netumbo Nandi-Ndaitwah hat Regierungsbeamte Berichten zufolge gebeten, die Realisierbarkeit des namibischen Programms für grünen Wasserstoff zu prüfen. Gleichzeitig gibt es Spekulationen, dass sie sich eher dem „bewährten“ Ölsektor zuwenden wird.

Regierungsquellen berichteten der Zeitung „The Namibian“, dass die designierte Präsidentin gefragt habe, ob grüner Wasserstoff die Wirtschaft Namibias ankurbeln könne. Sie erwäge angeblich, das Büro des Programms für grünen Wasserstoff unter strengere Regierungskontrolle zu stellen, anstatt es unabhängig zu betreiben. Nandi-Ndaitwah forderte im vergangenen Jahr vom Präsidentenberater und Beauftragten für grünen Wasserstoff, James Mnyupe, einen Fortschritts- und Nachhaltigkeitsbericht an.

Wie berichtet sollen 300.000 Tonnen „grüner“ Wasserstoff jährlich mit Strom aus Solarpaneelen auf 40 Quadratkilometern in der ältesten und trockensten Wüste der Welt produziert werden. Mit dem Strom davon und von hunderten Windrädern sollen stündlich 310 Tonnen Wasser entsalzen und daraus durch Elektrolyse im Jahr 300.000 Tonnen Wasserstoff (H2) gewonnen werden.

Daraus soll mit Stickstoff aus der Luft Ammoniak gemacht und per Schiff über 12.000 Kilometer nach Deutschland gebracht werden. Aus den 300.000 Tonnen H2 werden durch die Zugabe von Stickstoff aber 2,55 Millionen Tonnen Ammoniak, was den Transport nicht eben billiger macht.

In Deutschland muss man dann wieder unter Energieaufwand den Stickstoff zurück in die Luft befördern um wieder Wasserstoffgas zu erhalten.

Ein Lokalaugenschein im Dezember 2024 in Lüderitz an der Westküste im Süden Namibias hat mich überzeugt, dass das Projekt ein Milliardengrab werden wird. Fast ständig wehender Wind von rund 40 bis 50 kmh mit Böen von 75 bis 90 kmh fegt scharfkörnigen Sand durch die Luft, der den Solarpaneelen und Windrädern in wenigen Jahren der Garaus machen und sehr rasch ihre Leistungsfähigkeit reduzieren wird.

Nandi-Ndaitwah soll ebenfalls nicht davon überzeugt sein, dass die grüne Wasserstoffindustrie der Hauptkatalysator für die Wiederbelebung der angeschlagenen Wirtschaft Namibias ist. Stattdessen scheint sie sich eher dem Öl- und Gassektor zuzuwenden, den sie als zuverlässigeren Weg zur wirtschaftlichen Erholung ansieht.

Der ehemalige Präsident Hage Geingob startete 2021 sein Energieprojekt, um erschwingliche Projekte zu entwickeln, die Einnahmen generieren und den lokalen Gemeinden zugutekommen würden.

Die Pläne der neuen Präsidentin deuten jedoch darauf hin, dass sie nicht die glühendste Befürworterin von grünem Wasserstoff ist. Das ehrgeizige Energieprogramm war nicht in ihrem Parteiprogramm enthalten, mit dem sie die Wahlen gewann.

Eines der deutlichsten Anzeichen für die Herabstufung des Programms kam letzten Monat, als die Swapo-Führungskräfte und Regierungstechnokraten den Umsetzungsplan für das Parteiprogramm im Wert von 85,7 Milliarden N$ fertigstellten.

Grüner Wasserstoff fehlte in dem Dokument auffällig. Das Kabinett hat den Umsetzungsplan inzwischen gebilligt, ohne dass der Begriff „grüner Wasserstoff“ auch nur einmal erwähnt wurde.

Das Fehlen einer öffentlichen Stellungnahme von Swapo und dem Büro des designierten Präsidenten zu grünem Wasserstoff hat die Mitarbeiter des Büros für das Programm für grünen Wasserstoff in eine ungewisse Lage gebracht, da mehrere Verträge in diesem Monat auslaufen und der Verlust von Arbeitsplätzen befürchtet wird.

„Die Verträge für die verschiedenen Mitarbeiter haben unterschiedliche Laufzeiten und sind auf die Mandate und die Dauer des Programms abgestimmt, was allen Mitgliedern mitgeteilt wird, die sich für die Möglichkeit bewerben, der Regierung im Rahmen dieser Initiative zu dienen“, sagte Jona Musheko, Sprecher des Programms für grünen Wasserstoff, letzte Woche gegenüber The Namibian.

Ärger wegen Beeinträchtigung der KZ-Gedenkstätte auf Shark Island

Europas Vorstoß zu grünem Wasserstoff gefährdet Stätten des kolonialen Völkermords, berichtete im Februar The Nambian. Durch die geplante Hafenerweiterungen zur Unterstützung des Transports von grünem Wasserstoff wird die Gedenkstätte auf Shark Island, in der Nähe der Stadt Lüderitz, beeinträchtigt.

Sie wird auch „Todesinsel“ genannt und war während der deutschen Kolonialherrschaft von 1884 bis 1915 ein Konzentrationslager und Schauplatz eines Genozids. Das Konzentrationslager wurde inzwischen zerstört, sodass nur noch wenige Zeugnisse der dort verübten Gewalt zu finden sind. Jüngste internationale Untersuchungen heben jedoch hervor, was viele Namibier seit Generationen wissen und woran sie arbeiten.

1884 annektierte der deutsche Kolonisator Adolf Lüderitz Namibia in der Absicht, die Kolonialherrschaft durch Mineralien zu finanzieren. Zwischen 1904 und 1908 töteten deutsche Kolonialtruppen etwa 100.000 Menschen (80 % der Herero und die Hälfte der Nama). Der Völkermord betraf auch die ≠Nukhoen- und die ≠Aonin-Gemeinschaften. [≠ steht für einen Schnalzlaut zu Beginn des Wortes.]

Während des Völkermords wurden diejenigen, die nicht sofort getötet wurden, in Konzentrationslager geschickt, wo sie zu körperlicher Arbeit gezwungen wurden, z. B. beim Bau von Eisenbahnen und Häfen. Dies geschah in ganz Namibia, auch an der Küste: Allein in Swakopmund und Lüderitz starben mehr als 1.550 Nama.

Die Forschungsagentur Forensic Architecture hat die Lager digital rekonstruiert und Hinweise auf Begräbnisstätten identifiziert. Auf Shark Island zeigen sie, dass die Hafenerweiterung „ein weiteres unmittelbares Risiko für den Ort darstellt“.

Bild: The Namibian

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5 Kommentare

  1. Jurgen 25. März 2025 um 18:00 Uhr - Antworten

    Namibia könnte wunderbar den neuen Treibstoff Silan mit Solarenergie produzieren. Gegenüber ölbasierten Treibstoffen haben langkettige Silane den Vorteil, sowohl mit Sauerstoff als auch Stickstoff zu verbrennen. Im letzteren Fall erhält man Düngemittel in Pulverform am Auspuff…
    Bezüglich der Historie, resp. Lüderitz, könnte der Bund die gesamte Produktionsanlage als Entschädigung finanzieren bzw. in Deutschland (bzw. EU) herstellen lassen und über fähige, hiesige Ingenieure dort installieren. Anstatt Radwege in Peru oder oder oder viele andere Geldverschwendungen des Bund und Bundesregierung im Ausland und für NGOs.

  2. Jan 25. März 2025 um 17:47 Uhr - Antworten

    Die afrikanischen Hinterwäldler können deutsche Technik besser einschätzen als die professoralen Ingenieure. Au, weia!

  3. Der Zivilist 25. März 2025 um 17:09 Uhr - Antworten

    Das eigentliche Ziel, die Produktion von Wert- Stoff auf den Konten Weniger, kann erreicht werden.

  4. triple-delta 25. März 2025 um 15:41 Uhr - Antworten

    Man merkt sofort, der Mann hat kein deutsches Abi.

  5. Mia Wu Ast 25. März 2025 um 13:49 Uhr - Antworten

    gibt es eigentlich irgendeinen Grund für Namibia (und alle anderen afrikanischen Staaten gleichermaßen) ihre schöne Sahara mit PV-Modulen oder den Wind-Sprudlern vollpflastern zu lassen? Nur weil wir Europäer glauben dort ist eh „niemand“?
    Nimmt irgendwer an von dort bekommen wir dann was „gratis“ – die werden uns (hoffentlich) den Schuh aufblasen und sagen baut euch die Dinger auf eure Berge – dort ist auch „niemand“ – jedenfalls kein Afrikaner.
    Ich hoffe die o.g. Präsidentin schickt die Europäer mit solchen Ideen nicht in die/ihre Wüste sondern zum Teufel!

Regeln für Kommentare: Bitte bleibt respektvoll - keine Diffamierungen oder persönliche Angriffe. Keine Video-Links. Manche Kommentare werden erst nach Prüfung freigegeben, was gelegentlich länger dauern kann.

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