Deutschland: Grüne Träume vom Strom aus Wasserstoff zerschellen an der Realität

29. Januar 2024von 3,2 Minuten Lesezeit

Bis 2035 will Deutschland 100 % seines Stroms „klimaneutral“ produzieren. Zur Unterstützung von Windturbinen und Sonnenkollektoren, deren Produktion in den kommenden Jahren dominieren soll, plante die Regierung ursprünglich eine Reihe von Wasserstoffkraftwerken. Doch diese Pläne geraten nun angesichts der anhaltenden Haushaltskrise ins Stocken, so Sigfried Russwurm, Präsident des mächtigen deutschen Industrieverbands BDI.

Anfang August 2023 verkündete die deutsche Regierung triumphierend, dass die Europäische Kommission ihren Plan für subventionierte Reservekraftwerke im Wesentlichen genehmigt hatte, wie Euractiv berichtet. Das bedeutete 8,8 GW an reinen Wasserstoffkraftwerken sowie 15 GW an erdgasbetriebenen Kraftwerken, die bis spätestens 2035 auf Wasserstoff umgestellt werden sollten, insgesamt also etwa ein Drittel des deutschen Spitzenstrombedarfs im Jahr 2023. „Klimafreundlicher“ Strom auf Knopfdruck.

Da diese Anlagen wahrscheinlich nur in Zeiten anhaltenden Wind- und Sonnenmangels – der so genannten „kalten Dunkelflaute“ – Strom produzieren würden, ist es unwahrscheinlich, dass sie ohne staatliche Unterstützung rentabel sind.

Und kritischerweise sind die jährlich für diesen Zweck vorgesehenen 7 Milliarden Euro nach einem Urteil des obersten deutschen Gerichts, das die Nutzung der während der COVID-19-Krise genehmigten Kreditlinien durch die Regierung einschränkte, „verdampft“.

Da keine Wasserstoffkraftwerke als Backup zur Verfügung stünden, werde man wahrscheinlich auf Kohlestrom zurückgreifen müssen, um die Lücke zu schließen, warnte der BDI-Chef.

„Solange die Aussicht auf neue, auf Wasserstoff basierende Backup-Kraftwerke nicht in Gang kommt, […] wird die Lösung in Deutschland der Weiterbetrieb von Kohlekraftwerken sein“, sagte Russwurm am Dienstag (16. Januar) vor der Presse.

Angesichts der angespannten Haushaltslage drängen die beiden Industrieverbände die Regierung, die Pläne für Wasserstoffkraftwerke zu verwerfen.

Die Industrieverbände drängen nun die Regierung zum Handeln. „Die Bundesregierung muss jetzt die Kurve kriegen: Wir brauchen eine Kraftwerksstrategie mit klaren Rahmenbedingungen„, sagte der Energieverband BDEW am 11. Januar.

Bis 2030 werden in Deutschland mindestens 15 Gigawatt (GW) neue sichere Erzeugungskapazitäten benötigt„, so der Verband weiter.

Angesichts der angespannten Haushaltslage fordern die beiden Branchenverbände die Bundesregierung auf, die Pläne für Wasserstoffkraftwerke zu verwerfen.

Um die Komplexität und die Kosten deutlich zu reduzieren„, betont der BDEW die Notwendigkeit, die „Rolle von Wasserstoff-Peak- und Hybridkraftwerken aufgrund ihrer teuren Komponenten und ihrer begrenzten Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit „neu zu bewerten“.

Russwurm sieht das ähnlich. Bei der Vorstellung der BDI-Schwerpunkte für dieses Jahr erläuterte er anhand von Metaphern, wie ein Wasserstoffkraftwerk aussehen könnte.

Bestehende Kraftwerke können nicht mit „reinem“ Wasserstoff betrieben werden, weil die „Brenner einfach schmelzen würden“, erklärte er. Um dies zu verhindern, müssten die Anlagen mit Keramik nachgerüstet werden, wodurch sie wie die nach innen geklappte Nase eines Raumschiffs aussehen würden – ein Verfahren, das zwar machbar, aber kostspielig ist, so der BDI-Chef.

Wenn diese Turbinen nur laufen sollen, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, dann werden sie extrem teuer“, fügte er hinzu.

„Ich spreche nicht einmal von den Kosten des Wasserstoffs, den wir nicht haben, sondern nur von den Investitionskosten für diese neuen Gasturbinen und ihre neue Peripherie.“

Letztendlich bedeutet dies, dass der Plan Deutschlands, bis 2030 vollständig aus der Kohleverstromung auszusteigen, wahrscheinlich nicht verwirklicht werden kann. Stattdessen wird Deutschland weiterhin auf Gaskraftwerke setzen müssen, um die wachsende Stromnachfrage zu decken.

Wie der BDI-Vertreter anmerkt, belaufen sich die Kosten für die Subventionierung dieser Wasserstoffkraftwerke auf 7 Milliarden Euro pro Jahr. Dazu kommen noch die Kosten für die eigentliche Produktion des Wasserstoffs und die Frage, woher der Strom dafür kommen soll.

Vielleicht wäre es auch in Deutschland einmal an der Zeit Ingenieure zu Rate zu ziehen, statt nur auf fanatisierte rechtsextreme Ideologen zu hören.

Bild von Roman auf Pixabay

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18 Kommentare

  1. lbrecht torz 30. Januar 2024 at 10:09Antworten

    Danke für diesen Satz:

    „Vielleicht wäre es auch in Deutschland einmal an der Zeit Ingenieure zu Rate zu ziehen, statt nur auf fanatisierte rechtsextreme Ideologen zu hören.“

  2. suedtiroler 29. Januar 2024 at 23:04Antworten

    dir Grünen sind halt umzingelt von Realität, wie gemein

  3. Andreas I. 29. Januar 2024 at 21:22Antworten

    Hallo,
    das Konzept wäre rund mit Erdgas als Backup / Grundlast und von den Fossilen ist Erdgas das sauberste.
    Aber wenn man CO2 verteufelt …

    Der Rest erinnert eher an Flughafen und was die Kosten angeht; gegenüber Bankenrettungen, mRNA-Spritzen, Waffen usw. sind das Peanuts. Aber wenn man nach all den rauschenden Parties so pleite ist wie die BRD jetzt …

  4. rudifluegl 29. Januar 2024 at 19:48Antworten

    Man kann dazu allerdings auch vom 30jährigem Stillstand schreiben!

  5. rudifluegl 29. Januar 2024 at 19:42Antworten

    Es gibt auch Mainstreambeiträge von besserer Art als üblich und mit Kritik!
    https://www.wissenschaft.de/allgemein/die-wasserstoff-aera-eine-vision-verblasst/

  6. Georg Uttenthaler 29. Januar 2024 at 18:46Antworten

    Wäre der Wasserstoff eine praktikable Lösung, hätten wir W. schon lange. Wasserstoff benötigt die 4 fache Energie zur Produktion von 1. Dann ist W. schlecht lagerfähig und höchste Explosionsgefahr beim Transport usw.
    Das alles ist nicht umsetzbar und zeigt die ungeheure Verantwortungslosigkeit der links- grünroten Energiewendebetreiber, die seit zehn Jahren wissen, dass ihr Projekt nicht funktioniert.

    Eben. Nur das Ganze ist das Wahre. Natürlich funktioniert dieses „Konzept“ energetisch
    nicht; auch nicht rechnerisch, nicht monetär, nicht ökonomisch, nicht ökologisch, nicht autark, und technisch auch nicht. Das weiß „man“.

    Es geht um viel Geld. Um viel Geld. Von den abgezockten Subventionsbetrügereien vergangener Jahrzehnte bis hin zur Gewinnabschöpfung aus höchsten Stromkosten. Der Tag wird kommen, an dem Bürger sich bewusst werden, „wie“ denn der Strompreis ermittelt wird. Doch, doch. Dieser Tag kommt, wenn die Bürger das „Merit-Order-Prinzip“ verstehen.

    Eines haben die mafiösen Energie- Organisationen gemein, die sich irreführend als politische Parteien???WEF oder Strombörsen bezeichnen (obwohl sie keine im demokratischen und grundgesetzlichen Sinne sind), erkannt: Sie wissen, wie sie die Staatskassen plündern können. Es braucht dazu nur Erzählungen, eben Narrative, und Angstmache. Dann klingeln auch die Kassen. Die privaten Kassen, die Kassen der Gangster und Räuber. Anmerkung: „ANGSTMACHE= VERBRECHEN= HAUSVERSTAND einschalten…!!!

    • Jurgen 29. Januar 2024 at 20:40Antworten

      Tja, genauso läuft die Plünderung der Staaten bei Quantencomputer, Künstliche Intelligenz, Elektroautos, Wasserstoff und Digitalgeld bzw. allen digitalen Bezahldiensten…

  7. Heiko S 29. Januar 2024 at 17:52Antworten

    Läuft doch alles nach Plan. Ein deindustrialisiertes Deutschland braucht nur noch wenig Strom für die Touristenhotels, in die Besucher abends einkehren. Die native Bevölkerung sitzt dann bei Kerzenlicht und singt Volkslieder. Der Schwarzwald verdient sein Geld wieder mit Kuckucksuhren und die Bayern schuhpladdlern. Das Ruhrgebiet wird zu Seenplatte, so dass die Holländer mit ihren Booten zum Winterurlaub fahren können.

  8. Ogmios 29. Januar 2024 at 13:27Antworten

    Es ist ja schon alleine verwerflich, das pöse CO2 zu verbannen und stattdessen auf die Verbrennung von Wasserstoff zu setzen, das bei so hohen Temperaturen verbrennt, dass dabei ja das ach so völlig ungefährliche *Ironie“ Stickoxide entstehen. In den 90ern/90ern war noch groß die Rede davon, dass der „saure“ Regen von den Stickoxiden entsteht.

    Ist der „saure“ Regen jetzt weniger gefährlich?

    • rudifluegl 29. Januar 2024 at 16:53Antworten

      „Schön“ ist das Herr Dr. Mayer auf reale, bestehende Problem hinweist, während Kommentatoren ab und an, gelöste Probleme aufzeigen!?
      Stickoxide sind/waren besonders bei Verbrennungsmotoren schwer in den Griff zu bekommen!
      Die Lösung liegt bei teuren Katalysatoren oder bei Stirlingmotoren=Gleichdruckverbrennung mit allerhand bereits geleisteten Forschungsaufwand.
      Detto bei der Gleichdruckverbrennung in Turbinen.
      Auf einfachen Art bekommt man nicht reines Wasser als „Abgas“, wie so mancher glaubt! Wie wahr!

    • Jurgen 29. Januar 2024 at 20:32Antworten

      Wasserstoff verbrennt nicht zu Stickoxiden, wollte ich nur mal anmerken! Weil Stickoxide bestehen aus Stickstoff und Sauerstoff, kurz NOx…

      Aber die Herstellung von Wasserstoff aus Wasser ist sehr energieaufwendig, es werden dabei bis zu 60% der Energie sinnlos verschwendet, um einem ungeeigneten Trägermedium etwas Praktikabilität zu vermitteln.

      Ich persönlich fände es daher viel besser auf langkettige Silane (Silizium-Wasserstoff) aufzurüsten, wenn man denn schon keinen Kohlenstoff (Methan) mag. Die langkettigen Silane kann man genauso tanken wie Kerosin (sind auch ähnlich reaktionsträge) und sie verbrennen mit Sauerstoff und mit Stickstoff.

      • rudifluegl 30. Januar 2024 at 15:40

        Leider geht mein Link nicht durch! Da stünde genaueres:
        TKP Dr. Mayer schreibt eigentlich immer wesentliches und richtiges!
        Zusatzinfos zum Thema weil ansonsten zu umfassend lang würde, können Kommentatoren liefern.
        So gut recherchiert wie bei TKP geht es selten, aber das macht nicht da es Motivation zum recherchieren bietet
        Über den schlechten Wirkungsgrad wurde schon eingehend geschrieben. Direkt Strom zu produzieren und verwerten ist normalerweise vernünftiger.
        Im Link ist eine Versuchsanlage in Saudiarabien beschrieben.
        Solarstrom ist an und für sich teuer. Mit der Elektrolyse wird es noch teurer.
        Allerdings sieht es mit der Energieverschwendung dort, bei überreichlich Sonne ganz anders aus.
        Falls der Link kommt rechnen sie mal nach!
        Und bezüglich Stickoxide wurde Ihnen bereits berichtet!

    • lbrecht torz 30. Januar 2024 at 10:18Antworten

      zur Ehrenrettung von „Ogmios“: wenn Wasserstoff an LUFT verbrannt wird, entstehen sicher Stickoxide. Ein Knallgasgebläse komm an bis zu 3100-3300 °C und eignet sich zum autogenen Schweißen. Gut, mit Luft, also ca. 80% Stickstoff wird es nicht ganz so heiß. Aber mit der Bildung von thermischem NOx ist bei Verbrennungstemperaturen schon ab etwa 1000 °C zu rechnen

  9. Hasdrubal 29. Januar 2024 at 13:05Antworten

    @„Vielleicht wäre es auch in Deutschland einmal an der Zeit Ingenieure zu Rate zu ziehen, statt nur auf fanatisierte Ideologen zu hören.“

    Täte man es, käme leicht heraus, dass die ganze CO2-Panikmache eh kompletter Murks und Schwindel ist. Dann bräuchte man keine Verrenkungen.

  10. Slobodan Covjek 29. Januar 2024 at 12:55Antworten

    Übrigens ist der Ausstieg aus der ebenfalls extrem preiswerten Braunkohleverstromung (3 cent/kWh) in Deutschland unumkehrbar, da Menschen, die aus den genehmigten Erweiterungsgebieten des Tagebaus abgesiedelt wurden, bereits wieder in ihre Dörfer zurückkehren.

    • Jan 29. Januar 2024 at 15:54Antworten

      Die deutsche Strategie macht nur dann keinen Sinn, wenn man liest, „um aus CO2 auszusteigen“. Liest man hingegen, „um aus Öl=Gas auszusteigen“, versteht man, warum die großen Konzerne Olaf nicht beenden.

      In letzter Zeit liest man öfter die Meinung, dass Öl und Gas auf ewig preiswert verfügbar sein müssten, da Malthus oder Rothschild vor ihrer Verknappung gewarnt hätten und daraus eine Garantie für ewige Verfügbarkeit zu schließen sei. Das ist natürlich ein Fehlschluss!

      • Hasdrubal 29. Januar 2024 at 16:12

        Ein britischer Graf Charlie of Last Generation verkündet jedes Jahr, nur noch bis zum Jahresende könne man die Welt vor CO2 retten – wenn man seinen Milliardäre-Kumpels genügend Billionen in die Kassen schiebt. Die fossilen Energieträger werden doch deutlich länger verfügbar.

  11. Slobodan Covjek 29. Januar 2024 at 12:50Antworten

    Alt aber gut: Die deutsche Energiewende ist so, als ob man aus dem Flieger springt und sich erst dann überlegt, aus welchem Stoff der Fallschirm genäht werden soll.

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