
Norwegische Experten kritisieren Schulschließungen als unnötig
Schulschließungen waren eines der Mittel zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus. 90 Prozent der Schüler in 186 Ländern und Territorien waren laut UNESCO von teilweisen oder gänzlichen Schließungen betroffen. An der Wirksamkeit der Maßnahmen gibt es seit jeher heftige Kritik, da Kinder am wenigsten vom Coronavirus betroffen sind.
In die Reihen der Kritiker reiht sich nun auch die norwegische Gesundheitsbehörde FHI ein. Das FHI hatte sich frühzeitig dagegen ausgesprochen, die Kinder vom Unterricht vor Ort fernzuhalten. FHI-Direktorin Camilla Stoltenberg meint: „Wenn Kinder in dem Alter lange zu Hause sind, wird es schwieriger zu kontrollieren, was sie tun, als wenn sie in der Schule sind.“
Kein Fall von Ansteckung durch Kinder
Die Analyse der Covid-19-Krankheitsfälle in Norwegen hat laut FHI keinen eindeutigen Fall hervorgebracht, in dem der Erreger von einer Person unter 20 Jahren weiterverbreitet wurde. Es wurden alle 8000 Covid-19-Krankheitsfälle Norwegens nachverfolgt.
Die Rolle der Jugend bei der Ausbreitung der Infektion sei ungewiss, heißt es in dem Bericht der FHI. Die Wiederöffnung der Schulen bei gleichzeitiger Einhaltung von Hygieneregeln könne sich verglichen mit der Schulschließung positiv auf die Viruseindämmung auswirken, meint das norwegische Gesundheitsinstitut.
Indirekt bestätigen die norwegischen Experten damit auch das Vorgehen von Schweden, das alle Schulen offen gelassen und nur für Ältere Online-Studium verordnet hatte.
Folgeschäden erwartet
Brisantes Detail: Die Behörde weist die Regierung auch daraufhin, dass die Schulschließungen enorme Folgekosten für die gesellschaftliche Gesundheit mit sich zog, für Kinder und Familien.
Aber nicht nur die Schulschließungen werden heftig kritisiert: Weder sei die Schließung von Zahnärzten oder Physiopraxen nötig gewesen, oder hätten Reisebeschränkungen innerhalb Norwegens irgendeinen Sinn. Auch die Grenzschließungen zu Nachbarländern wird kritisiert.
Das FHI betont allerdings, dass es für fast alle Maßnahmen eine sehr „schwache wissenschaftliche Grundlage“ gäbe. Schon am 21 April empfahl die Behörde, der bürgerlichen Minderheitsregierung die Schulöffnungen. Seit Ende April unternimmt die norwegische Regierungen Lockerungen, auch Volksschulen sind mittlerweile geöffnet.
Viele ähnliche Berichte
Es gibt bisher schon eine Reihe von Studien, die belegen, dass Kinder sich nur selten infizieren, dann auch nicht oder sehr milde krank werden und das Virus auch fast nicht weitergeben. Das ist gänzlich anders als bei einer normalen Grippe, bei der Kinder hoch infektiös sind.
Aussagekräftig ist insbesondere eine australische Studie, bei der 863 Schüler und Lehrer an 15 Schulen direkten Kontakt zu Infizierten hatte. Dabei gab es gerade mal 2 Übertragungen an andere Kinder.
Auch die österreichischen Experten sprachen sich gegen eine Schließung von Schulen aus, Kurz hörte jedoch lieber auf den israelischen Premier Netanjahu.
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