
Spannungen im Kosovo
Am Sonntag standen die Zeichen im Kosovo kurzfristig auf Eskalation. Die Lage konnte aber wieder entspannt werden. Es ist auch ein Säbelrasseln zwischen dem Westen und seinen Gegnern.
Nur wenige Tage nachdem US-Außenminister Antony Blinken im Kosovo war, kam es vergangenen Abend erneut zu Spannungen. Das war absehbar: Ab 1. August hätte die Behörden des Kosovo, die auch von vielen europäischen Staaten nicht anerkannt werden, neue Einreiseregeln durchsetzen wollen.
Kosovo gegen serbische Dokumente
Am Sonntagnachmittag begann sich die Lage enorm zuzuspitzen. Die serbische Armee sowie die bewaffneten Kräfte des Kosovos mobilisierten. Im Norden der Regionen dröhnten Alarmsirenen, Grenzübergänge wurden blockiert, es kam zu Schüssen.
Laut dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic hätte der Kosovo geplant, einen militärischen Einsatz in Norden der Region zu beginnen und die Grenzübergänge zu blockieren. Serbische Dokumente wären – so der Plan des Kosovo – nicht mehr gültig, auch Nummernschilder nicht. Stattdessen werden vorläufige Bescheinigungen ausgestellt und ein serbisches Auto umgemeldet auf die Nummern der „Republik Kosovo“.
Sogar die NATO-Truppen- im Kosovo befinden sich auch mehr als 200 österreichische Soldaten – hatten sich bereits eingeschaltet und angekündigt, einzugreifen, sollte es zu einem bewaffneten Konflikt kommen. Im Kosovo befindet sich das „Camp Bondsteel“ des US-Militärs. Eine wichtige Basis für die USA in Südosteuropa. Aufgebaut wurde es nach der NATO-Bombardierung Jugoslawiens und dem Ende des Kosovo-Krieges.
Kurz vor Mitternacht roch es nach einem weiteren Konflikt in Europa. Am Nachmittag sagte Vucic noch: „Ich bitte die Albaner, zur Vernunft zu kommen, ich bitte die Serben, keinen Provokationen nachzugeben und nichts zu tun, was zu einem Konflikt führen könnte. Wenn sie versuchen, Serben zu verfolgen, Serben zu schikanieren, Serben töten – Serbien wird gewinnen.”
Doch am gegen 11 Uhr abends trat Vucic erneut vor den Fernseher. Er wiederholte mehrmals, Frieden zu wollen, bedankte sich gar bei der amerikanischen Botschaft, die versuche zu vermitteln. Das Ergebnis war, dass der Kosovo seine Pläne um einen Monat verschiebt.
West-Ost-Konflikt
Gezündelt wurde fleißig: Der „Premierminister“ des Kosovo Albin Kurti (sein Vorgänger wurde aufgrund von Kriegsverbrechen angeklagt und trat ab), nannte als Hauptschuldigen Aleksandar Vucic und serbischen „Chauvinismus“.
Kurti sei „nichts weiter als eine Marionette des Westens und wird benutzt, um Druck auf Belgrad auszuüben, insbesondere in der Frage der Unterstützung antirussischer Sanktionen”, sagte dagegen der Vorsitzende des Ausschusses für des Kosovo, Milovan Drecun, am Sonntag. Serbien gibt immer wieder an, dass die Pläne des Kosovos darauf abzielen würden, die Serben aus der Region zu vertreiben.
Dass sich der Konflikt zwischen Russland und dem Westen auch auf den Balkan ausweiten könnte wäre nicht gänzlich unwahrscheinlich. So gibt es immer wieder Berichte, wonach westliche Waffen, die eigentlich für die Ukraine gedacht gewesen wären, auch am Balkan landen. Dazu passt, dass ein polnischer Waffenhändler kürzlich in Tirana tot aufgefunden wurde.
Das russische Außenministerium gab am Sonntag eine Erklärung ab: „Wir fordern Pristina und die Vereinigten Staaten und die EU dahinter auf, die Provokationen einzustellen und die Rechte der Serben im Kosovo zu respektieren. Das Geschehen ist ein Schritt in Richtung Vertreibung der serbischen Bevölkerung aus dem Kosovo, die Vertreibung kosovo-serbischer Institutionen von dort, die den Schutz der Rechte serbischer Einwohner vor der Willkür der Pristina-Radikalen sicherstellen.” Vucic bedankte sich in seiner nächtlichen Rede auch für die Unterstützung Russlands.
Russland hinter Serbien
Heute sagte Putin-Sprecher Peskow: “Wir unterstützen Serbien und die Kosovo-Serben voll und ganz. Wir sind der Meinung, dass diese Forderungen völlig unangemessen sind. Jetzt ist die Verschärfung vermieden worden. Aber die Situation ist um einen Monat verschoben worden. Es ist wichtig, die Vernunft zu bewahren.”
Pikanterweise jährt sich am heutigen 1. August der Eintritt Russlands in den 1. Weltkrieg. Dieser geschah, weil Österreich-Ungarn dem russischen Verbündeten Serbien wenige Tage zuvor den Krieg erklärt hatte. Das ist heute 104 Jahre her. Russland erkennt die Unabhängigkeit des Kosovos nicht an. Auch Spanien, Griechenland, Slowakei, Rumänien und Moldau nicht.
Der Kosovo war im sozialistisch-föderalen Jugoslawien eine autonome Region innerhalb der Sozialistischen Republik Serbien, ab 2003 dann eine Teilregion Serbiens. Ab 1918 war er Teil des Königreichs Jugoslawiens. Davor lange vom Osmanischen Reich besetzt, de facto Jahrhunderte umkämpft, was bis 1389 auf die Schlacht am Amselfeld zurückgeht.
115 der 193 UN-Mitgliedstaaten erkennen die Unabhängigkeit des Kosovo aktuell an. Serbien, das den Kosovo als ihren Teil betrachtet, räumt ein, dass man nicht die territoriale Kontrolle habe.
Bild Krzysztof Dudzik (User:ToSter), Serbia-Kosovo, border on E80 road, CC BY-SA 3.0
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9 Kommentare
Comments are closed.
Noch keine Stellungnahme zum Konflikt seitens der Rot-Grünen Bundesregierung. Wahrscheinlich kommt das nächste Muffensausen: die Angst davor, im Gleichschritt mit den Wertefreunden in Washington eine militärische Pazifizierungsaktion á la Joschka Fischer wieder mittragen zu müssen. Was die von Foristen angesprochenen Folgen einer nuklearen Auseinandersetzung in Mitteleuropa betrifft: Zwar ist die absurde Strategie der „Vorwärtsverteidigung“ seit den Brandt/Schmidt-Zeiten nicht mehr offizielle Doktrin, in praxi aber ist Deutschland als nuklearer Friedhof seitens der westlichen Wertefreunde vorgesehen. Es wirkt nachgerade lächerlich, wenn grüne Stammtischstrategen – wie Herr Fücks und seine Gattin Beck und andere – ein Mitspracherecht in puncto Atombomben befürworten. Nicht nur in der Energiepolitik, sondern auch in Fragen von Rüstung und Nuklearstrategie zeigen sich die gleichen Muster von Naivität, Selbstbetrug und grenzenloser intellektueller Selbstüberschätzung. Diese Elite, die zu einer rationalen Lösung der Konflikte infolge ideologischer Verblendung und Machtwahn und vermutlich handfester Korruption nicht in der Lage ist, treibt den Kontinent in Richtung Abgrund.
@zaungast
2. August 2022 at 7:45
Ich kann nur zustimmen …
Ein Vergleich zur Ukrainekrisensituation drängt sich auf:
Kürzlich gab der ehemalige ukrainische Präsident Poroschenko öffentlich zu, dass die Ukraine nie die Absicht hatte, seinen Teil des Friedensabkommens Minsk II von 2015 zu erfüllen, sondern sich damit nur Zeit kaufte, bis sie eine Armee aufbauen konnte, die in der Lage ist, den Donbass zu überrennen.
Spiegelbildlich im Kosovo: Die EU vermittelte im April 2013 ein Abkommen zwischen dem Kosovo und Serbien, das sogenannte Brüsseler Abkommen, nach dem Serbien seine parallelen Polizei- und Justizstrukturen im Kosovo auflösen und die Kosovo-Serben von einer Integration in das Rechts- und das Polizeisystem des Kosovo überzeugen sollte, ohne jedoch die Unabhängigkeit des Territoriums anzuerkennen.
Es gab im Abkommen noch einen zweiten Teil, durch den der Kosovo verpflichtet wurde, einen serbischen Gemeindeverbund mit erheblichen lokalen Befugnissen zu bilden. Die albanischen Verpflichtungen des Brüsseler Abkommens wurden bis heute nicht erfüllt. Oder wie der serbische Präsident Aleksandar Vučić am 31. Juli feststellte, sind seit der Unterzeichnung des Brüsseler Abkommens 3.390 Tage vergangen und man sieht immer noch keine Anzeichen einer Assoziierung.
Wie im Fall der Ukraine haben die USA & seine Koloniebevollmächtigten in Brüssel keinen Druck auf die von ihnen unterstützte kosovarische Seite ausgeübt, ihren Teil des unterzeichneten internationalen Abkommens zu erfüllen. Und wieder, wie im Fall der Ukraine, hat dies den Kosovo dazu ermutigt, eine zunehmend bellizistische Haltung einzunehmen, was sehr wohl zu einem ernsteren Konflikt führen kann.
Da Serbien sich für die USA samt seinem politischen EU-Beiwagerl diplomatisch als harte Nuss erwiesen hat, wenn es darum geht, Serbien in die ultimative Russlandverteuflercombo aufzunehmen, ist es nicht weit hergeholt, dass die Kosovo-Albaner vom Westen als nützliches Werkzeug verwendet werden, um zusätzlich an den Daumenschrauben Belgrads zu drehen – und zwar auf die gleiche Weise, mit der die unglücklichen Ukrainer dazu benutzt wurden/werden, das Minsker Verhandlungserbenis nicht in die Tat umzusetzen, “sondern sich alternativlos militärisch zu wehren”. –
Angenehmer transatlantischer geostrategischer Nebenstrang: Europäische Energiekrise, europäische Wirtschaftskrise, europäische Politkrise = Gesamtschwächung der Kolonie Europa.
Und: Wenn es wirklich nuklear knallt, ist das gesamteuropäische Battlefield binnen 25 Minuten atomar verdampft, da sind dann wir apokalyptisch final noch vor den Ukrainern, Kosovaren, Irakis, Afghanis, Vietnamesen usw… zum aller-aller-aller letzten Mal die Partner Nummer 1!
Haben Sie da eine Quelle für die Behauptung von Poroschenko, dass die Ukraine nie ihren Anteil am Minsk-abkommen zu erfüllen beabsichtigte ?
Angstlevel und Notstände müssen aufrecht erhalten werden. Das mit den ungültigen Dokumenten und Kennzeichen ist Albin Kurti bestimmt nicht von selbst eingefallen. In allem, wo’s dreckig zugeht, haben entweder die USA, der IWF oder der WEF ihre Finger drin. Oder alle zusammen.
Das Kosovo war keine Teilrepublik, sondern wie die Vojvodina eine autonome Region innerhalb der serbischen Teilrepublik. Durch die ständige Einwanderung von Albanern ins Kosovo hat sich die Bevölkerungsstruktur nach und nach so verändert, dass der Westen hier eine erfolgreiche Spaltung der Bevölkerungsgruppen durchführen konnte.
“Der Kosovo war im sozialistisch-föderalen Jugoslawien eine Teilrepublik”
Kosovo war eine autonome Region innerhalb der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien und wurde nach der Zerschlagung dieses Staates unter westlicher Patronanz – von vielen, auch europäischen Ländern nicht anerkannt – “selbständig”. Die serbische Regierung betrachtet den Kosovo formal als seine Autonome Provinz Kosovo und Metochien. Es gibt in Europa wie auf der ganzen Welt jede Menge durch imperialistische Einmischung von außen geschaffene Konflikte, die jederzeit (auch gezielt provoziert und herbeigeführt) wieder aufbrechen können …
Danke da hab ich einen Fehler gemacht. War natürlich eine autonome Region innerhalb der Teilrepublik Serbiens. Hab es geändert.
@Fritz Madersbacher
“Es gibt in Europa wie auf der ganzen Welt jede Menge durch imperialistische Einmischung von außen geschaffene Konflikte”,
Die Ukrainer kämpfen für Vanguard und Black Rock: 30% der ukrainischen Ackerflächen sind bereis in ausländischem Besitz –