Das gescheiterte Experiment des Covid Lockdown – Analyse im Wall Street Journal

3. September 2020von 4,8 Minuten Lesezeit

Der Lockdown wurde erstmals in Wuhan und der zugehörigen relativ kleinen Provinz Hubei vorexerziert. Im riesigen Rest von China kam man ohne Abriegelung aus. Trotzdem hat China eine der niedrigsten Todesraten weltweit und den geringsten ökonomischen Schaden. Ähnlich wie übrigens die Nachbarländer Südkorea, Japan, Taiwan und Hongkong, die alle ebenfalls auf einen Lockdown verzichteten. und nur geringen wirtschaftlichen Schaden erlitten

Nun berichtet der Chief Investment Officer Donald Luskin der Beraterfirma TrendMacro in einem OpEd im Wall Street Journal über die durchgeführte statistische Analyse die zeigt, dass die Abriegelung der Wirtschaft die Ausbreitung der Krankheit nicht eindämmte und die Wiedereröffnung keine zweite Infektionswelle auslöste.

In der Covid-19-Pandemie haben die USA und so ziemlich alle Länder weltweit mit den erwähnten Ausnahmen rund um China, sowie Länder wie Schweden, Belarus, Kambodscha, Uruguay und noch einige andere zwei groß angelegte Experimente im Bereich der öffentlichen Gesundheit durchgeführt:

  • erstens, im März und April, die Abriegelung der Wirtschaft, um die Ausbreitung des Virus aufzuhalten
  • zweitens, seit Mitte April, die Wiedereröffnung der Wirtschaft. Die Ergebnisse liegen vor.

So kontraintuitiv es auch sein mag, die statistische Analyse zeigt laut Luskin, dass die Lockdowns und dass Herunterfahren der Wirtschaft die Ausbreitung der Krankheit nicht eindämmte und die Wiedereröffnung keine zweite Infektionswelle auslöste.

Kritiker weisen schon lange darauf hin, dass der Lockdown die Ausbreitung des Virus nicht wirklich eindämmen kann. Länder mit den striktesten, sogar vom Militär durchgesetzten Lockdowns wie Peru, aber auch Belgien, Spanien oder Italien, haben die meisten Todesfälle sowie gesundheitliche und wirtschaftliche Kollateralschäden zu verzeichnen.

So schreibt Luskin im Wall Street Journal:

Wenn man bedenkt, dass eine Abriegelung wirtschaftlich kostspielig ist und gut dokumentierte langfristige Folgen für die öffentliche Gesundheit nach sich zieht, die über Covid hinausgehen, scheint es ein großer politischer Fehler gewesen zu sein, sie durchzusetzen. Am Anfang, als noch wenig bekannt war, handelten die Behörden in einer Weise, die sie für klug hielten. Doch jetzt ist erwiesen, dass die Lockdowns eine teure Behandlung mit schwerwiegenden Nebenwirkungen und ohne Nutzen für die Gesellschaft waren.

Die Analyse

Die Analysefirma TrendMacro ermittelte die kumulative Anzahl der gemeldeten Fälle von Covid-19 in jedem Bundesstaat und im District of Columbia als Prozentsatz der Bevölkerung, basierend auf Daten der staatlichen und lokalen Gesundheitsbehörden, die im Rahmen des Covid Tracking Project zusammengetragen wurden.

Diese Daten wurden dann mit dem Zeitpunkt und der Intensität des Lockdowns in jedem Bezirk verglichen. Als Merkmal dafür wird herangezogen was die Menschen in den einzelnen Bezirken tatsächlich getan haben, zusammen mit den Bewegungsprofilen vor den Abriegelungen. Das ist alles aus den sehr detaillierten anonymisierten Handy-Tracking-Daten von Google und anderen ablesbar sowie vom Transportation Institute der University of Maryland, die einen „Social Distancing Index“ erstellt haben.

Je mehr Abriegelung desto mehr Fälle

Die Auswertung der Daten für den Zeitraum vom Jahresanfang bis zum Punkt der maximalen Abriegelung in jedem Bundesstaat – der vom 5. April bis zum 18. April reicht – hat nun ergeben, dass die Lockdowns mit einer größeren Verbreitung des Virus korrelierten.

Staaten mit längerer, strengerer Abriegelung hatten auch größere Covid-Ausbrüche. Die fünf Regionen mit den schärfsten Abriegelungen – District of Columbia, New York, Michigan, New Jersey und Massachusetts – hatten die höchste Fallbelastung.

Luskin konzediert, dass als Reaktion auf bereits schwere Ausbrüche strengere Maßnahmen verhängt wurden, wie das ja auch in Europa zum Beispiel in Italien und Spanien zu beobachten war. Die negative Korrelation ist zwar statistisch schwach, bleibt aber selbst dann bestehen, wenn Staaten mit den meisten Fällen ausgeschlossen werden.

Auch die Analyse anderer potenzielle Erklärungsfaktoren wie Bevölkerungsdichte, Alter, ethnische Zugehörigkeit, Prävalenz von Pflegeheimen, allgemeiner Gesundheitszustand oder Temperatur ergibt keinen Unterschied in der festgestellten Korrelation. Der einzige Faktor, der einen nachweisbaren Unterschied zu machen scheint, ist die Intensität der Nutzung des Transitverkehr.

Auswertung der Folgen der Öffnungen

TrendMacro überprüfte die Ergebnisse durch eine Auswertung der Auswirkungen der Mitte April begonnenen Wiedereröffnung auf die Fallzahlen. Es wurde dieselbe Methodik angewendet, der Untersuchungszeitraum war die Zeit vom Höhepunkt der Abriegelung in den einzelnen Staaten und bis zum 31. Juli. Das erste Analyseergebnis wurde bestätigt.

Es zeigte sich sogar eine (wenn auch relativ schwache) Tendenz, dass die Staaten, die am raschesten geöffnet hatten, die geringsten Fallzahlen hatten. Die Bundesstaaten, in denen es die so genannte „zweiten Welle des Sonnengürtels“ im Sommer gab – Arizona, Kalifornien, Florida und Texas – sind trotz der politisch motivierten Schlagzeilen bei weitem nicht die Staaten mit der am weitesten gehenden Öffnung.

Lockdown hat nicht geholfen, Öffnung hat nicht geschadet

Laut der Analyse von TrendMacro deuten die Rohdaten sogar darauf hin, dass die Abriegelungen die Ausbreitung von Covid-19 verschlimmert haben, aber die Lockdowns haben einigermaßen sicher nicht geholfen, und die Öffnung hat nicht geschadet. Theoretisch sollte die Ausbreitung einer Infektionskrankheit durch Quarantäne kontrollierbar sein. In der Praxis offensichtlich nicht.

Die Analyse von TrendMacro ist nicht die einzige, die diesen statistischen Zusammenhang entdeckt hat. Schon im April berichtete das Wall Street Journal über eine ähnliche Untersuchung. Im Juli zeigte in der Fachzeitschrift Lancet veröffentlichte Studie ähnliche Ergebnisse in verschiedenen Ländern und nicht nur in den US-Bundesstaaten. „Eine längere Zeit vor der Einführung eines Lockdown war mit einer geringeren Anzahl von bestätigten Fällen verbunden“, so das Fazit der Studie. Diese Ergebnisse wurden nun durch ausgeklügelte Messungen der tatsächlichen sozialen Distanzierung und durch Daten aus der Wiedereröffnungsphase ergänzt.

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