Auswirkung von Warm- und Kaltzeiten im alten Rom auf die Gesundheit

10. Mai 2024von 7,2 Minuten Lesezeit

Die Antike in der Zeit von 500 BCE (wissenschaftliche Zeitrechnung: Before Common Era) bis 600 CE ist recht gut erforscht und sowohl wirtschaftliche als auch gesundheitliche Zustände sind gut belegt. In einer Reihe von Arbeiten wurden und werden auch die klimatischen Bedingungen immer präziser entschlüsselt. Wir wissen, dass das „Römische Klimaoptimum“ um einige Grade wärmer war als die Temperaturen derzeit.

Über die Studie von Margaritelli (2020) über das Klima zur Zeit des Aufstiegs und Falls des Römischen Reiches hat TKP hier berichtet. Die Autoren sagen, dass diese Rekonstruktionen „durchweg zeigen, dass die Römerzeit die wärmste Periode der letzten 2.000 Jahre war“ und „2°C wärmer als die Durchschnittswerte für die späten Jahrhunderte für die Regionen Sizilien und westliches Mittelmeer“. Die Autoren stellen die Hypothese auf, dass es einen „möglichen Zusammenhang zwischen diesem römischen Klimaoptimum und der Expansion und dem anschließenden Niedergang des Römischen Reiches“ gibt.

Eine neue im Jänner 2024 erschienene Studie über die zeit von 200 BCE bis 600 CE hat die Entwicklung der durchschnittlichen Temperaturen in einem 3-Jahres-Raster detailliert erhoben. Und besonders interessant sind die Analysen über die Zusammenhänge zwischen Temperatur und gesundheitlichen Zuständen. Die Studie von Karin A. F. Zonneveld et al trägt den Titel „Climate change, society, and pandemic disease in Roman Italy between 200 BCE and 600 CE“ (Klimawandel, Gesellschaft und Krankheitspandemien im römischen Italien zwischen 200 BCE und 600 CE).

Es wird eine hoch auflösende Rekonstruktion von Temperatur und Niederschlägen aus einem süditalienischen marinen Sedimentarchiv präsentiert, die vom so genannten römischen Klimaoptimum bis zur spätantiken Kleinen Eiszeit reicht. Es werden Phasen der Instabilität und Abkühlung ab etwa 100 CE, vor allem aber nach 130 CE beschrieben:

„Ausgeprägte Kältephasen zwischen etwa 160 bis 180 CE, von 245 bis 275 CE und nach 530 CE sind mit pandemischen Krankheiten verbunden, was darauf hindeutet, dass Klimastress mit sozialen und biologischen Variablen interagierte.“

Temperaturen und Niederschläge

Auf Basis der Meeresdaten dokumentieren die Autoren vier Hauptphasen in der Temperatur- und Niederschlagsgeschichte des antiken römischen Italiens. Die erste Phase von 200 BCE bis etwa 100 CE ist durch anhaltend höhere und relativ stabile Temperaturen in Süditalien im Vergleich zu späteren Perioden gekennzeichnet. In dieser Zeit gab es nur relativ geringe Temperaturschwankungen.

In der zweiten Phase zwischen 100 CE. bis etwa 215 CE gab es einen abnehmenden Trend der Temperatur und des Niederschlags, wobei es 15 bis 20 Jahre dauernde kältere Perioden gab.

Auf diesen Zeitraum folgt eine dritte Phase (~215 bis ~515 n. Chr.), in der die Temperaturen in Süditalien stark schwankten. Nach einer kurzen, etwas wärmeren Periode von 215 bis 245 CE. gingen die Temperaturen stark zurück und erreichten um 265 CE kurzzeitig einen Tiefstand, der bis etwa 275 CE anhielt und erst ab 518 CE wieder erreicht wurde. Während dieser dritten Phase gingen die Niederschläge gemessen in Abflussraten der großen Flusssysteme weiter zurück und erreichten in der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts ihren niedrigsten Stand im gesamten Untersuchungszeitraum, gefolgt von einem bescheidenen Trend zu etwas höheren Raten zwischen 350 bis 390 CE und 410 bis 490 CE

Diese Bedingungen änderten sich im frühen sechsten Jahrhundert, als in Süditalien ein starker abrupter Rückgang der Herbsttemperaturen mit Tiefstwerten um 537 und 590 CE zu verzeichnen war.

Die Abbildung zeigt die Temperatur- und Niederschlagtrends:

Abb. 2. Rekonstruierte relative Spätsommer-/Herbsttemperaturen und Niederschläge.
(A) Vergleich zwischen dem auf Dinoflagellatenzysten basierenden W/C-Verhältnis im Spätsommer/Herbst (schwarze Linie + schwarze Punkte) des Kerns GeoB 10709-5 und den mittleren italienischen Herbsttemperaturen in 1000 m Höhe (blaue Linie).
(B) Rekonstruktionen des W/C-Verhältnisses von Dinoflagellatenzysten im Spätsommer/Herbst und der relativen Häufigkeit von Abflussarten (nährstoffempfindlich) (schwarze Linien) und des Auftretens von Epidemien und Pandemien im Römischen Reich (blaue Blöcke) sowie von Krankheitsausbrüchen im römischen Italien (graue Linien) und wichtigen historischen Perioden/Ereignissen.

Auswirkungen auf die Gesundheit

Zunächst einmal zeigen diese Daten sowie die von einer Reihe anderen Studien inklusive der, über die früher berichtet wurde, eine erhebliche Temperaturvariabilität. Es war etwa drei Jahrhunderte deutlich wärmer als die jüngsten Jahre des 21. Jahrhunderts, gefolgt von einer spätantiken kleinen Eiszeit. Damit ist schon mal klar, dass unabhängig von „menschengemachten“ CO2 Schwankungen der Temperatur in einem größeren Ausmaß möglich sind, als von der UNO und ihrem IPCC behauptet wird.

Die Forscher stellen fest, dass es „einen Zusammenhang zwischen Phasen des Klimawandels und Episoden akuter Gesundheitskrisengibt. Soweit ist man sich mit UNO, WHO und EU einig. Aber es gibt Differenzen darüber, ob Wärme oder Kälte problematisch für die Gesundheit sind. Zehn Sekunden konzentriert nachdenken, erschließt allerdings, dass die Wärme eine bessere Lebensmittelversorgung ermöglicht als Kälte – siehe Anbau in beheizten Treibhäusern. Gut ernährte Menschen sind widerstandsfähiger gegen Krankheiten als hungernde, wie weitere zwei Sekunden konzentriertes Nachdenken ergeben.

Das zeigt beschreiben die Forscher so:

„Studien über das spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Italien haben gezeigt, dass klimabedingte Nahrungsmittelknappheit wahrscheinlich eine Rolle bei der Auslösung oder Verschlimmerung von Massensterben spielte (52). Es wurde vermutet, dass im frühneuzeitlichen Italien Episoden kurzfristiger klimatischer Instabilität, insbesondere rasche Abkühlung, mit Nahrungsmittelknappheit, sozialen Krisen und epidemischen Krankheiten verbunden waren (6, 53). Es ist daher anzunehmen, dass dies auch für die Römerzeit gelten könnte. Die Landwirtschaft in Italien reagiert auf Schwankungen des Zeitpunkts und des Ausmaßes sowohl der saisonalen Niederschläge als auch der Temperatur, und im Allgemeinen reagieren die Erträge in Süditalien stärker auf die Niederschläge, während die Erträge im Norden temperaturabhängiger sind (54, 55).“

Die Zusammenhänge sind ziemlich offensichtlich, denn „wärmere und feuchtere Bedingungen eine höhere landwirtschaftliche Produktion begünstigten, während kühlere und trockenere Bedingungen die Produktivität verringerten und das Risiko von katastrophalen Ernteausfällen erhöhten.“

In dem in der Studie untersuchten Zeitraum gab es drei größere Krankheitsausbrüche, die überregional und nicht auf Italien beschränkt waren.

Die Antoninische Pest folgt auf einige Jahrzehnte der Abkühlung und zunehmenden Trockenheit, …. Unser Bohrkern wirft jedoch ein Licht auf die Bedingungen in Italien in den Jahrzehnten vor und während der Krise. Die auf dem Meereskern basierende Rekonstruktion stimmt mit der Auffassung überein, dass mehrere Jahrzehnte klimatisch bedingten Stresses auf der Halbinsel die Voraussetzungen für die pandemische Sterblichkeit geschaffen haben könnten, die dann durch den gleichzeitigen abrupten Klimawandel noch verschärft wurde (60, 61).

Eine zweite Phase starker Abkühlung mit noch trockeneren Bedingungen folgte auf die kurze Wärmeperiode zwischen ~215 und ~245 CE und überschnitt sich mit der so genannten Krise des dritten Jahrhunderts (~250 bis 275), einer Periode außergewöhnlicher politischer Unruhen, die durch Währungskrisen, kaiserliche Zersplitterung und Pestilenz (die zyprische Pest) gekennzeichnet war (62). Unsere Aufzeichnungen lassen den Schluss zu, dass der Klimawandel in Italien während dieser vielschichtigen Krise ein wesentlicher Stressfaktor war. In der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts schrumpften die Siedlungen in Italien stark (63).

Schließlich fiel die starke Abkühlung der spätantiken Kleinen Eiszeit in Süditalien mit dem Ausbruch der Ersten Pestpandemie zusammen, einer Seuche, die durch das Bakterium Yersinia pestis, den biologischen Erreger des mittelalterlichen Schwarzen Todes, ausgelöst wurde (48, 64) und die in vielen Regionen weltweit mit einer Krisenphase in Verbindung gebracht wird (65).“

Diese Forschungsergebnisse stimmen überein mit den Untersuchungen über Kältetote und Hitzetote. Mehrere Studien in Europa, weltweit und für England und Wales haben gezeigt, dass es mindestens zehnmal mehr Todesfälle durch Kälte als durch Hitze gibt. Je weiter man nach Norden kommt, desto mehr verschiebt sich das Verhältnis hin zu den Kältetoten.

In der Studie nicht erwähnt ist übrigens der CO2-Anteil in der Luft. Wir wissen, dass in kälterem Wasser mehr CO2 gelöst wird als in wärmeren. Wahrscheinlich war also in den Warmperioden auch der CO2-Anteil höher, was zu stärkerem Pflanzenwachstum beiträgt, also ebenfalls die Ernährungssicherheit verbessert. Alles, was derzeit unter „Green Deal“, Energiewende, Pariser Klimaabkommen und ähnlichem läuft, wird sich also – so es überhaupt irgendeinen Einfluss auf das Klima hat, was ziemlich unwahrscheinlich ist – negativ auf Ernährungssituation und Gesundheit auswirken.

Bild von Oliver Lechner auf Pixabay

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7 Kommentare

  1. Veron 11. Mai 2024 at 11:28Antworten

    Danke für diesen Artikel! Schön, dass diese doch eigentlich logischen Zusammenhänge auch wissenschaftlich untersucht wurden.

  2. xbtory 11. Mai 2024 at 10:54Antworten

    Alles interessant und schlüssig, – nur der Begriff „Pandemie“ ist maßlos überdehnend. Und man kennt eine große Zahl von Faktoren, die die Gesundheit breiter Schichten damals beeinflusst haben:
    Wasserleitungen aus Blei
    fein gemahlenes Mehl und überhaupt hoch raffinierte Lebensmittel
    dekadenter Lebensstil

  3. Gerhard Umlandt 11. Mai 2024 at 5:26Antworten

    excellenter Journalismus!

  4. Jan 11. Mai 2024 at 2:03Antworten

    Wie für uns heute Erdöl ein energetisches „surplus“ zu dem biologisch Machbaren ermöglicht, aus dem dann Zivilisation entsteht, war der „Treibstoff“ der Römer Weizen, den man energetisch günstig über das Mittelmeer herbeischaffen konnte, und der Sklavenhaltung ermöglichte – der Hauptgrund der Expansion.

    Es wäre daher sinnvoll, die klimatischen Untersuchungen auf den gesamten Raum der Latifundien auszuweiten.

    Das Römische Reich hatte außerdem mit der Völkerwanderung zu kämpfen, durch die die Germanen gegen das Reich anrannten, und die möglicherweise auch mit der klimatisch bedingten Lebenmittelversorgung in Skandinavien zusammen hing – hier könnte man ebenso nachschauen.

    In Italien wuchs in der Spätphase vermutlich nur noch Wein, zumindest im Umland Roms, die Bauern hatte man enteignet und in die Stadt getrieben, wo sie kräftig staatlich alimentiert werden mussten.

    Die Römer waren überzeugt, auf gar keinen Fall von biologischen oder anderen endlichen Ressourcen abhängig zu sein, sondern ausschließlich von den Göttern oder der vergöttlichten Elite. Etwas, dessen ich, die geplagten Mitforisten können ein Lied davon singen, die Restmenschheit ebenfalls bezichtige.

    Zum Glück kann uns ein Niedergang nicht passieren, solange wir brav tun, was Nehammer, Biden und Selensky sagen, und vor allem nicht gegen CO2-Regime und Bevölkerungs- ahem, „Rückgang“ aufbegehren, amen!

  5. Ogmios 10. Mai 2024 at 12:33Antworten

    „möglichen Zusammenhang zwischen diesem römischen Klimaoptimum und der Expansion und dem anschließenden Niedergang des Römischen Reiches“

    Finde ich witzig. Denn es sollte bekannt sein, dass die „Hochkulturen“ immer während Warmperioden entstanden, wenn es Nahrung im Überfluss gibt. Denn dann ist Zeit, dass sich die Menschen um andere Dinge kümmern können, als sich um das nackte Überleben zu kümmern.

    Aber das war ja noch der einzige Grund, weswegen Rom unterging, denn Rom hätte es überstanden.
    Es war die Dekadenz auf der einen Seite und das Bestreben des Machterhaltes, gepaart mit unkontrollierter „Migration“, denn das ist dann der Todesstoß für jede Kultur.

    Zu Beginn waren die röm. Soldaten nämlich auch nur Milizen, als man jedoch anfing, ein Berufsheer auszuheben, war der Untergang bereits besiegelt, denn damit wurden auch höhere Steuern fällig.
    Damit blähte sich der „Staatsapparat“ auf. Und die Abwärtsspirale für das röm. Reich begann.

    In Deutschland begann der Abstieg bereits 1870 mit der Ausrufung des Deutschen Reiches.
    Den Briten erging es genauso, nur lösten diese 2 Weltkriege aus, um den Untergang hinauszuzögern.

    Und so wird es nun auch den EU-Staaten ergehen, denn aktuell wird auch hier an einem EU-Steuersystem, EU-Armee, usw. gearbeitet.

    Ich sage es ja immer wieder und wieder, wer aus der Geschichte nichts lernen will/kann, der ist verdammt diese zu wiederholen. Europa ist auf dem besten Weg.

    • Dr. Peter F. Mayer 12. Mai 2024 at 9:49Antworten

      Dei Aussage „es sollte bekannt sein“ entspricht etwa „Stand der Wissenschaft“ oder „Konsens der Wissenschaftler“

    • Fritz Madersbacher 12. Mai 2024 at 13:48Antworten

      @Ogmios
      10. Mai 2024 at 12:33
      Sie lassen die „Abwärtsspiralen“ der Imperien, Empires, Reiche sehr früh beginnen, ziemlich genau mit dem Beginn der jeweiligen Expansionsbestrebungen. Da ist was dran. Wann hat denn die Abwärtsspirale des US-Imperialismus begonnen?

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