Demokratie nach Art der EU: Ungarn soll Stimmrecht entzogen werden

11. Januar 2024von 2,5 Minuten Lesezeit

Ein finnischer Europaabgeordneter hat eine Petition gestartet, in der die Europäische Kommission aufgefordert wird, dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán das Stimmrecht im Europäischen Rat zu entziehen, um „die Demokratie zu schützen“. Viktor Orbáns Pressesprecher bezeichnete den Schritt als den jüngsten Teil der „grundlosen politischen Hetzkampagne“ der EU gegen Ungarn.

Petri Sarvamaa, Mitglied der Europäischen Volkspartei, hat die Petition am Dienstag veröffentlicht und an die Präsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola, geschickt. Darin wird sie aufgefordert, eine parlamentarische Abstimmung über eine Entschließung abzuhalten, in der die „Kommission oder die Mitgliedstaaten“ aufgefordert werden, Maßnahmen gegen Ungarn zu ergreifen, weil es einen „schwerwiegenden und anhaltenden Verstoß gegen die Werte der EU“ begangen habe.

Der besagte Verstoß bezieht sich auf Ungarns legalen und demokratischen Widerstand gegen den Wunsch der Führer in Brüssel, den EU-Haushalt zu erhöhen, um eine größere finanzielle Unterstützung für die Ukraine in ihrem Konflikt mit Russland zu ermöglichen.

Orbán hat sich wiederholt geweigert, einen solchen Schritt, der Einstimmigkeit unter den Mitgliedstaaten erfordert, zu genehmigen, was Liberale in ganz Europa erzürnte und Forderungen nach einer Vertragsänderung zur Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips und zum Übergang zu einer Form der Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit wieder aufleben ließ.

Sarvamaa behauptete, eine solche Maßnahme sei notwendig, „um die Werte der Europäischen Union zu schützen“ und forderte „die Aussetzung bestimmter Mitgliedsrechte Ungarns, einschließlich des Stimmrechts im Rat“.

„Eine historische Petition wurde gestartet, die im Erfolgsfall dazu führen würde, dass Herrn Orban das Stimmrecht im Rat entzogen wird. Dies unterscheidet sich entscheidend von allem, was wir bisher in Bezug auf HU getan haben – das in Artikel 7 Absatz 2 EUV vorgesehene Verfahren wurde nie eingeleitet. 1/3“

In weiteren Tweets schreibt er:

„Es ist jetzt oder nie. Die Entscheidungsmaschinerie der EU steckt einfach wegen Viktor Orban fest. Der einzige Weg, dies zu erreichen, besteht darin, Orban sein Stimmrecht im Rat zu entziehen. Gleichzeitig zeigen wir, dass in der EU keine Erpressung erlaubt ist. 2/3“

„Die Mitglieder haben bis Freitag Zeit, den Brief mitzuunterzeichnen. Anschließend wird er an Präsident Metsola gesendet. Entscheidender Moment für die EU. 3/3“

Die Spannungen zwischen Ungarn und der europäischen Führungsspitze. erreichen im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament Ende des Jahres einen neuen Höhepunkt. Diese Woche gab es wie berichtet schon Aufregung, da der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, ankündigte, er werde bei den Parlamentswahlen kandidieren, um Mitglied des Europäischen Parlaments zu werden. Dies könnte dazu führen, dass Viktor Orbán vorübergehend den Vorsitz des Rates unter Ungarns rotierender Präsidentschaft übernimmt, bis ein Nachfolger benannt wird.

Mehr Demokratie, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons

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16 Kommentare

  1. Taktgefühl 11. Januar 2024 at 20:56Antworten

    Die falschen Narrative haben uns in die Sackgasse geführt. Der Alptraum ist selbst geschaffen, wir kraxeln mühselig einen Berg hinauf, ohne jemals die Spitze zu erreichen, weil unter unseren Füßen immer Brüche mit Erdrutschen entstehen, die uns nach unten reissen. Das kommt, weil die EU von vorne herein mit falschen Narrativen gespickt worden ist im Sinne der Regierungsparteien, die ein Interesse daran hatte, sich ein polarisierendes “linkes Image” zu verschaffen. So konnten sie alle Kritiker vom bösen Bewußtsein befallen sehen!
    Deshalb ist der Kampf so zäh und und wrid der Umgang immer radikaler, es ist der direkte Weg in einen Bürgerkrieg, oder einen Krieg wie in der Ukraine. Von der richtigen Seite angepackt, wären wir nicht dauernd von neuen Bruchstellen überrascht worden, wir hätten alle Konflikte kommen sehen und sie gemäßigt beheben können.

    Das Internet ist kein Medium zum Debattieren, hier schaut der Journalist rein, um den Stoff für seine Verschwörungstheorien zu bekommen, wie die, daß die Bauernproteste von Rechts unterwandert würden.

  2. suedtiroler 11. Januar 2024 at 20:20Antworten

    scheinbar gilt in der EUdSSR immer noch Ulbricht’s Devise:

    „Es muß demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben“

  3. Reinhard Hardtke 11. Januar 2024 at 12:30Antworten

    „…weil es einen “schwerwiegenden und anhaltenden Verstoß gegen die Werte der EU” begangen habe.“

    Unglaublich. Kafkaesk.

    „Und bist du nicht unserer Meinung, bist du kein Demokrat und wir schließen dich aus.“ So läuft das also heute? Faschismus pur. Ob sie es irgendwann merken werden?

  4. yxc 11. Januar 2024 at 12:10Antworten

    was genau soll die EUDSSR mit all ihren polit kommissaren stil sovietunion mit demokratie zu tun haben ?
    bitte einen EU beschluss zum finanziellen vorteil der europäischen Bürger nennen !

  5. Stefan Boehnke 11. Januar 2024 at 10:43Antworten

    Während Syrer, Russen und manchmal sogar die Amis Diktatoren wählen, haben wir das Glück, von ungewählten Demokraten reGIERt zu werden ?!

    Tucker Carlson hat mit Victor Orban gesprochen

  6. Ozeki 11. Januar 2024 at 9:59Antworten

    Mittlerweile müsste aber auch schon der Allerdümmste durchschaut haben, dass wir alle in Pseudo-Demokratien leben, wo, wenn nötig und opportun, alle demokratischen Regeln nach Belieben ausgehebelt werden können. Und gerade die letzten 3 oder 4 Jahre habe es so deutlich wie noch nie gezeigt, und dadurch können wir einfachen Bürger plötzlich Zusammenhänge erkennen wo es uns vorher noch nicht möglich war. So etwas nennt man dann eben Verschwörungstheorien, aber in Wirklichkeit sehen wir nun hinter die Masken.

  7. Gabriele 11. Januar 2024 at 9:54Antworten

    Mietmäuler, die gegen alles geifern, was ihren eigenen Futtertrog gefährdet und der Wahrheit allzu nahe kommen könnte.

  8. Karl Schlosser 11. Januar 2024 at 9:11Antworten

    Ja, bürgerliche Demokratie ist eben, wie jede andere Demokratie, eine astreine Diktatur! Nur die künftige, proletarische Demokratie ist zeitlich begrenzt, vorübergehend, und verschwindet mit dem allmählichen „absterben“ des Staates zur Gänze; dann „regieren“ alle, und somit – keiner!

  9. Jan 11. Januar 2024 at 9:00Antworten

    Absurd.

    Das EU-Parlament stellt keine demokratische Repräsentation „des Volkes“ dar, da die Gewichtung nicht gleichmäßig erfolgt. Bestimmte Regionen haben mehr Gewicht als andere. Außerdem gibt es kein „europäisches Volk“. Beamte sind grundsätzlich keine politische Vertretung. Damit ist die einzige demokratisch legitimierte Vertretung der Staatschef im Rat.

    Wenn Ungarn keine demokratische Vertretung in der EU mehr hat und kein Veto einlegen kann, ist die EU offiziell eine Tyrannis. Ungarn betriebe Verfassungsbruch, weiterhin Befehle von der Leyens umzusetzen.

    In der Praxis läuft das auf einen Zerfall der EU hinaus. Aber vielleicht kann man Ungarn für ein paar Monate zwingen wie Griechenland?

  10. federkiel 11. Januar 2024 at 8:45Antworten

    Zitat: „The EU’s decision-making machinery“. Wenn man so eine Auffassung hat, wie Entscheidungen fallen sollen, also mechanistisch, technokratisch, so wundert mich nix mehr. Offensichtlich haben einige Herrschaften ihr Hirn an der Brüsseler Garderobe abgegeben.

  11. Judith Panther 11. Januar 2024 at 8:20Antworten

    Ein Europaabgeordneter und finnischer Stasibürger hat „… die Europäische Kommission aufgefordert … dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán das Stimmrecht … entziehen, um die Demokratie zu schützen. …“
    Ja nee, is´ klar.
    Deshalb haben die Remmos ja auch die Dresdner Gewölbejuwelen in Sicherheit gebracht: Damit keiner sie klaut!

    Man kann nie vorwitzig genug sein.

    • Daisy 11. Januar 2024 at 8:38Antworten

      Guter Vergleich ;-)

  12. Daisy 11. Januar 2024 at 7:50Antworten

    Wie schon vermutet… sie schaffen die Demokratie ab, um ihre Neusprech „Demokratie“ (=Diktatur) zu retten….

    In Ö. will der Briefwahl-BP die FPÖ verhindern. Bereits jetzt packeln daher die Einheitsparteien der SEÖ (genannt „konstruktive Kräfte“) an einer Ampelkoalition der Verlierer à la D, um uns ebenso den Rest zu geben. In Amerika soll Trump von der Zulassung zur Wahl abgehalten werden, weil sie wissen, soviele Briefwahlstimmen können sie gar nicht manipulieren… da ist es ja praktisch ein Klacks, wenn man in der EU einem Land das Stimmrecht entzieht, das nicht für die „Werte der EU“ = totale Genderneutralität, Überschwemmung mit Islamisten, totale Verschuldung, sinnlose Waffenkäufe bei den Amis und ewiger Ukrainekrieg zwecks Alimentierung der USA etc. stimmt…

    PS: die Ukraine zieht jetzt auch schon Behinderte ein. Als nächstes werden wohl die willigsten Vasallen Soldaten „liefern“ müssen, damit es weitergeht. Btw, ich denke Ungarns Aufruf, den Krieg zu beenden, hat auch humanitäre Gründe. Aber genau diese gehôren eben nicht zu den „Werten der EU-Marionetten und WEF-Bubis“. Meine Empfehlung: Schickts gleich einmal die Strack-Zimmermann an die vorderste Front (sie meinte jüngst, die Ukrainer reparierten die Leos zu langsam – so quasi, kein Wunder, dass da nichts weitergeht (da sie abgebrannt sind, ist halt nix mehr zu machen) – mit ihrem Insiderwissen und strategischem Talent ist sie praktisch prädestniert für diese Aufgabe)…

  13. Hasdrubal 11. Januar 2024 at 7:45Antworten

    @„… Maßnahmen gegen Ungarn zu ergreifen, weil es einen “schwerwiegenden und anhaltenden Verstoß gegen die Werte der EU” begangen habe.„“

    Hat Ungarn auch, wenn man berücksichtigt, dass die „EU“-Werte Korruption als Staatsziel und maximale Abzocke eigener Untertanen beinhalten. Dagegen wehrt sich das Land standhaft, leider einsam im einst freiheitlich gebürsteten Europa. Der Rest macht jede Sauerei mit.

  14. Johannes 11. Januar 2024 at 7:33Antworten

    Petri Sarvamaa demonstriert, wie demokratische Prozesse dazu genutzt werden sollen, antidemokratisch zu handeln. Der Herr wähnt sich sicher moralisch auf der „richtigen“ Seite, verkennt aber, dass ihn seine „Moral“ zum Anti-Demokraten macht.

  15. THReinhardt 11. Januar 2024 at 7:04Antworten

    Ein astreiner Demokrat.
    Petri Heil

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