Milei legalisiert Tauschhandel

23. Dezember 2023von 2,4 Minuten Lesezeit

Wenn Mileis Dekret durchgeht, können argentinische Unternehmer die Arbeiter künftig mit Milch, Fleisch oder Bitcoin zahlen. 

Noch muss das Dekret von Javier Milei durch die Kammern gebracht werden. Das ist alles andere als sicher. Aber wenn es eine Mehrheit findet, wurden Hunderte Gesetze abgeschafft oder verändert und die Wirtschaft massiv dereguliert. Verträge können dann in jeder „Währung“ abgeschlossen werden: Bitcoin aber auch in Lebensmittel wie Fleisch oder Milch.

Tech-Faschismus oder Freiheit?

TKP hat über die geplante wirtschaftspolitische Revolution in Argentinien berichtet. Für die einen der Sprung in den Tech-Faschismus, für die anderen der Weg in die Freiheit. Besonders hitzig wird die Flexibilisierung des Arbeitsrechts diskutiert. Die Gewerkschaften sind erbost. Das Dekret stellt die Arbeitswelt tatsächlich auf den Kopf.

So schrieb die argentinische Außenministerin Diana Mondino am Donnerstag: „Wir ratifizieren und bestätigen, dass es in Argentinien möglich sein wird, Verträge in Bitcoin und auch in anderen Kryptowährungen und/oder Arten wie Kilo Rindfleisch oder Liter Milch abzuschließen“.

12 Stunden Arbeit für 10 Liter Milch und 5 Kilo Rindflisch? Das wäre in Argentinien künftig legal.

Milei wird Artikel 766 des argentinischen Zivil- und Handelsgesetzbuches reformieren, berichtet das Magazin El Ciudando. Künftig soll dieser Artikel so abgeändert sein: „Die Verpflichtung des Schuldners besteht darin, den entsprechenden Betrag in der bezeichneten Währung zu liefern, unabhängig davon, ob die Währung in der Republik gesetzliches Zahlungsmittel ist oder nicht“.

Der Tauschhandel war in Argentinien bereits während der Wirtschaftskrise 2001 enorm populär geworden. Auch jetzt steht die Wirtschaft am Abgrund.

Bemerkenswert ist vor allem, dass Kryptowährungen miteinbezogen werden. Das wird weltweit diskutiert – in El Salvador und der Zentralafrikanischen Republik ist der Bitcoin anerkanntes Zahlungsmittel. Auch in Argentinien ist er nun erlaubt. Ohne sorgfältige Prüfung, es wird einfach gemacht. Die Auswirkungen auf Wirtschaft und auch Transaktionen sind ungewissen, können aber durchaus kräftig sein.

David Adler, Vorstand der „Progressiven Internationalen“ kommentiert, die Absichten Mileis so: „Ein Schritt näher zum krypto-libertären Paradies.“

Indes kommt es in Argentinien vereinzelt zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei. Diese hat auch auf der Grundlage des neuen Dekretes zum Versammlungsrecht bereits Demonstrationen aufgelöst.

Angesichts der Tragweite des Dekrets sind die Proteste als auch die Zusammenstöße aber wohl eher überschaubar. Ab 27. Dezember wollen die Gewerkschaften groß mobilisieren, Milei scheint auch langsam Widerstand in den eigenen Reihen zu bekommen. Auch weil der Polizeieinsatz den Demonstranten in Rechnung gestellt werden soll. Diese Vorgehen gegen die Opposition gefällt offenbar auch nicht allen Unterstützern.

Bild „Argentinien-Dackel an der Copacabana“ by wuestenigel is licensed under CC BY 2.0.

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9 Kommentare

  1. oHenri 23. Dezember 2023 at 22:22Antworten

    Zu Agentinien will ich mich nicht äussern – zur Inflation aber sehr wohl.
    Als ich – so um 1993 – in Brasilien war, war die Inflation so um die 40% – im Monat !
    Jeder. der Geld in die Hand bekam, hat sofort und auf der Stelle irgendwas gekauft, das seinen Wert einigermassen behält – ua auch Autos, Teile, egal was, nur kein Geld!
    Von daher – nicht verderbliche Nahrungsmittel sind auch eine akzeptable Bezahlung.

  2. Kooka 23. Dezember 2023 at 18:39Antworten

    Wie wir das steuerlich gehandhabt? Muss ich 1 l.Milch oder 10 Eier ans Finanzamt als Einkommenssteuer abführen?

  3. Hasdrubal 23. Dezember 2023 at 16:43Antworten

    12 Stunden Arbeit für 10 Liter Milch und 5 Kilo Rindflisch?

    Stünde in meinem Arbeitsvertrag der Gegenwert von X Liter Milch und Y Kilo Fleisch, hätte ich einen automatischen Inflationsausgleich. Die Klimagedöns-Spinnereien machen gerade Fleisch und Milchprodukte besonders schnell teurer.

    • derHoffi 23. Dezember 2023 at 18:45Antworten

      Passt – Klaus Schwurb: „Ihr werdet nichts besitzen, aber glücklich sein“.

  4. Jan 23. Dezember 2023 at 16:13Antworten

    Rechnet man dort mit einer baldigen Hyperinflation?

  5. rudifluegl 23. Dezember 2023 at 15:24Antworten

    Das kann doch jeder Arbeitgeber schon jetzt machen und regeln wenn die Arbeiter einverstanden sind.
    Die haben auch oft viel besser Bedingungen für den Einkauf und dem Großhandel. Auch ohne Bargeld. Belege genügen.
    Wenn beide Seiten bisher etwas wollten ging das auch.
    Mit Verträgen jongliert schon wieder der mächtigere. Der mit dem direkteren Draht zum „Gesetz'“ und deren miesen Auslegung, sowie der größeren Ferne zur Existenzvernichtung!

  6. Hausmann_Alexander 23. Dezember 2023 at 14:42Antworten

    Hallo Schatz, bin wieder zu Hause. Der Chef hat mir wieder 10 l Milch am Monatsende mitgegeben.

    Was! Da traust dich hier her?
    Immer Milch!
    3l sind schon schlecht geworden
    und musste ich wegkippen!

    Ich kann halt nix dagegen machen. Da ist diese Klausel im Vertrag. Bei Nachbarn kann ich nicht tauschen, da die auch Milch
    bekommen. Das weißt du doch!

    Lass dir einen anderen Vertrag geben oder ich lass mich scheiden.

    Kann es soweit kommen?
    Sind solche Gespräche bald Wirklichkeit?

    Junge Junge

    • Johannes Schumann 23. Dezember 2023 at 15:06Antworten

      Das Beispiel verkennt folgendes: Wenn von 10 Litern 3 Liter schlecht werden, dann ist das ein Wertverlust von 30 % innerhalb kurzer Zeit. Genau das hat man ja auch bei der Währung.

      Es wird nicht dazu kommen, dass die Arbeit ausschließlich in Naturalien und immer denselben Naturalien ausbezahlt werden, weil die Praktikabilität dagegen spricht. Aktuell ist es aber so, dass die aktuelle argentinische Währung enorm entwertet und es Interimslösungen geben muss, bis der Dollar oder was anderes sich als Währung etabliert hat.

      Ich beobachte das Treiben in Argentinien mit Wohlwollen. Sozialismus funktioniert einfach nicht. Mileis Überzeugungen bringen deutsche Sozen und Konservative ins Schwitzen, weil man in Deutschland den Staat als Lösung für alles sieht. In einem Jahr wird es ganz anders ausschauen in Argentinien, wenn Mileis Strategie Früchte trägt.

      Argentinien war mal das reichste Land der Erde, aber die Argentinier haben sich Gesetze geschaffen, die Armut erzeugen, z. B. Preisbindung für Rindfleisch und ein Limit für Ausfuhren. Folge war, dass Argentinien unbedeutend wurde im Export von Rindfleisch, obwohl die Rinder der Pampa fröhlich herumlaufen können, um als bestes Biorindsteak bei uns dem Teller zu landen. So brachte sich Argentinien selbst um Devisen. Es ist gut, wenn Milei die meisten Regulierungen in die Tonne drückt. Es wird für viele Menschen etwas turbulent, aber das pendelt sich ein. Die unproduktiven Teile der Wirtschaft, die irgendwo im Staatsdienst hockten, müssen jetzt mal richtig arbeiten, was gut ist.

      • Hausmann_Alexander 23. Dezember 2023 at 16:52

        War nur ein Gedankenspiel.
        Gegen Monatsende können da mal 200 l zusammen kommen.

        Jedes Land könnte reich sein und den Bürgern gut gehen. Ist aber vom Tiefen Staat nicht gewollt.

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