Die Lüge von der Neutralität Österreichs nach 1989

18. Dezember 2023von 12,2 Minuten Lesezeit

Angesichts der aktuellen Lage zeigt sich erneut, auf welch tiefem Niveau die Diskussionen um die „immerwährende Neutralität“ Österreichs verlaufen. Von „Solidarität“ ist immer wieder die Rede, meist begleitet von mehr oder minder aussagefreiem Geschwafel von „Experten™“ und Journalisten in den „Leit- und Qualitätsmedien“. Auf der Strecke bleiben dabei gewöhnlich die Fakten sowie deren Implikationen. Jede Beschäftigung mit den Themen „EU“, „Solidarität“ und „Neutralität“ führt alsbald in das Dickicht legislativer, exekutiver und internationaler Interessen – und zu der Frage, wie man das Handeln der Wiener Regierungen seit dem EU-Beitritt bezeichnen soll.

Ein leidiges Thema ist die „immerwährende Neutralität“ der Republik Österreich, stellt diese doch eine 1955 nicht freiwillig eingegangene Verpflichtung dar, die allerdings im Lauf der Folgejahre alsbald zu einem festen Bestandteil der österreichischen Identität wurde.

Nun ist es ein Leichtes, den Verhandlern des Staatsvertrages im Nachhinein vielerlei Dinge vorzuwerfen, was aber unumstritten feststeht ist, dass der Staatsvertrag ohne die entsprechende Zusage der Bundesregierung über die „immerwährende Neutralität“ kaum in dieser Form gewährt worden wäre.

Besonders „pikant“ erscheint zudem, dass das „Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreich“ nicht nur im Verfassungsrang steht, sondern – zumindest seit 1965 – auch an eben jenen Beschluss unter dem Titel „Nationalfeiertag“ erinnert:

Nachdem die letzten alliierten Truppen abzogen, beschloss der Nationalrat am 26. Oktober in einem Verfassungsgesetz die immerwährende Neutralität Österreichs. An dieses Ereignis erinnerte der „Tag der Fahne“, der im Jahr 1965 in „Nationalfeiertag“ umbenannt wurde.

„Trojanisches Pferd“ EU-Beitritt (1994)

Manche mögen sich „noch“ an Kampagne zum EU-Beitrtt bzw. der davor abgehaltenen Volksabstimmung erinnern; ÖVP und SPÖ waren unbedingt dafür, lediglich von den Grünen, der FPÖ und der KPÖ kamen Gegenstimmen, die sich letztlich aber nicht durchsetzten (hier finden Sie eine beispielhafte Übersicht der Plakate „von damals“): rund zwei Drittel der Österreicher stimmten 1994 für den Beitritt zur Europäischen Union. Der Rest ist, bekanntlich, Geschichte.

Was aber auch Teil dieser Geschichte ist, das sind die oft betonten Redewendungen, dass der EU-Beitritt „unter Wahrung der Neutralität“ erfolgte. Beispielhaft führe ich hier eine Passage aus den Beitrittsanträgen Österreichs für die (damals) EWG-Mitgliedschaft an:

Österreich geht bei der Stellung dieses Antrages von der Wahrung seines international anerkannten Status der immerwährenden Neutralität, die auf dem BVG vom 26. Oktober 1955 beruht, sowie davon aus, daß es auch als Mitglied der Europäischen Gemeinschaften aufgrund des Beitrittsvertrages in der Lage sein wird, die ihm aus seinem Status als immerwährend neutraler Staat erfließenden rechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen und seine Neutralitätspolitik als spezifischen Beitrag zur Aufrechterhaltung von Frieden und Sicherheit in Europa fortzusetzen.

Quelle: Bundesministerium für Äußeres (Hrsg.), Außenpolitischer Bericht 1989, S. 187 (meine Hervorhebung).

Daneben sei eine Aussage von Altbundeskanzler Franz Vranitzky (im Amt 1986-1996) gestellt, die am 21. März 2019 anlässlich des 25-Jahr-Jubiläums des österreichischen EU-Beitritts im Kurier erschien (erneut mit meinen Hervorhebungen):

Ich habe 1987 begonnen innerhalb der Regierung den Beitritt vorzubereiten. Wie so oft im Leben ist vieles machbar, solange es nicht niedergeschrieben ist. Als der Brief nach Brüssel 1989 geschrieben und weggeschickt werden sollte, gab es plötzlich Vorbehalte. Die einen sahen die Neutralität in Gefahr, die anderen fürchteten einen Anschluss an Deutschland oder an die NATO

Wir mussten aufgrund des Staatsvertrags alle vier Alliierten abklappern…Nach drei, vier Besuchen in Paris konnte ich das erledigen. Frau Thatcher in London war das Thema nicht besonders wichtig. Den USA war es sehr recht. Der größte Brocken war Moskau. Ich bin daher 1988 zu Ministerpräsident Ryschkow gereist, der als Regierungschef mein direktes Gegenüber war. Er hat schon in der ersten Viertelstunde unseres Gesprächs gesagt: Er liest irgendwo, dass wir der EU beitreten wollen. Das gehe natürlich nicht. Ich habe zurückgefragt, warum das nicht gehen sollte. Er hat dann gesagt, dass würde die im Staatsvertrag verankerte Neutralität stören. Ich konnte dann mit dem Hinweis punkten, dass die Neutralität gar nicht im Staatsvertrag steht, sondern von Österreich in einem eigenen Gesetz deklariert wurde

Es hat mich drei Tage Aufenthalt in Moskau gekostet, in wiederholten Gesprächen zu versichern: Wir hegen  keine sinistren Absichten,  sondern glauben, dass das für unsere Wirtschaft gut ist und dass wir als Teil des freien Europa dazugehören. Am Schluss hat sich Ryschkow beruhigt. Bei meiner Abreise hat er der russischen Nachrichtenagentur TASS ein Interview gegeben: Der österreichische Bundeskanzler habe ihm versichert, alle internationalen Verpflichtungen einzuhalten. Damit war es für uns gelaufen.

So viel sei hierzu an dieser Stelle gleichsam als „pars pro toto“ festgehalten, denn nun wenden wir uns aktuelleren Ereignissen zu.

„Solidarität“ schlägt „Neutralität“

In einem kürzlich veröffentlichten „Kommentar der anderen“ (Der Standard, 16. Dez. 2023) postuliert Ralph Janik eine durchaus abeteuerliche Version der Neutralität. Der unmittelbare Anlass war eine Abstimmung über einen sofortigen Waffenstillstand im Nahen Osten, den Österreich aber aus „Solidarität mit Israel“ mit einigen wenigen anderen Staaten ablehnte. Warum auch immer, aber Janik erwähnt auch die größeren Zusammenhänge in einem knappen Absatz, den ich als Historiker irgendwo zwischen „Geschichtsklitterung“ und „Desinformation“ einordnen würde (meine Hervorhebungen):

Man sieht es einmal mehr, Österreich war und ist nicht „gesinnungsneutral“. Beim Nahostkonflikt fällt aber die Kehrtwende zur früheren „Neutralitätspolitik“ auf. Während Bruno Kreisky 1980 die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) diplomatisch aufgewertet und damit Israels Ärger auf sich gezogen hatte, fährt man heute einen direkt entgegengesetzten Kurs. „Keine Neutralität bei Terrorismus“ lautet die Devise, verbunden mit sehr weit gehender, gar uneingeschränkter (?) Solidarität. Hinsichtlich einer Rolle als möglicher – unparteilicher – Vermittler macht man sich hier keine Illusionen (mehr).

Wir halten knapp „für das Protokoll“ fest, dass die „immerwährende Neutralität“ Österreichs ein Gesetz im Verfassungsrang ist und vollkommen unklar ist, was unter „gesinnungsneutral“ zu verstehen ist.

Folgt man Janiks Argumentation, so basieren der Staatsvertrag, das Neutralitätsgesetz und zahllose Aussagen, Gesetze und Verordnungen hierzu auf – einer Lüge.

Was macht dies mit der Republik Österreich? Sind alle Österreicherinnen und Österreicher demnach Lügner, wenn es die Regierungen „in unserem Namen“ tun?

Es ist offensichtlich, dass Janik hier zwar seine Meinung kundtut, dies aber offenbar in der Manier eines wutentbrannten Kleinkinds tut, bar jedes Realitätsbezugs.

Was also ist „Solidarität“?

Besonders eindrücklich als Lüge entpuppt sich derartiger Schwachsinn im Angesicht der Tatsachen „von damals“, über die uns Manfred Schaich in seinem Aufsatz „Stationen auf Österreichs Weg zum EU-Beitritt:– Die Lösung der Neutralitätsproblematik„, der anlässlich des 10-Jahres-Jubiläums des österreichischen EU-Beitritts erschien (meine Hervorhebungen):

Als „Ausgangspunkt“ wird 1986/87 erwähnt, also der Beginn des österreichischen Beitrittsansuchens. „Europa war damals noch geteilt“, beginnt Schaich seine Darlegungen, „und Generationen österreichischer Beamter, Diplomaten und Politiker, ja die ganze politisch interessierte Öffentlichkeit waren seit Jahrzehnten unter dem Eindruck gestanden, dass unsere immerwährende Neutralität mit der Mitgliedschaft in einer zumindest partiell supranationalen Organisation geradezu per definitionem unvereinbar sei„.

Es gab selbstredend auch andere Hindernisse (v.a. die Frage des Alpentransits), doch gerieten die Verhandlungen um einen EWG/EU-Beitrtt alsbald ins Stocken – und zwar aufgrund der österreichischen Neutralität: „Die EG entwickelte gerade das Projekt einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) mit militärischen bzw verteidigungspolitischen Zukunftsaspekten. Darin sah Moskau eine deutliche Unvereinbarkeit zwischen Neutralität und EG-Mitgliedschaft.“

Dies ist der Kontext der o.a. Reise Vranitzkys nach Moskau 1989, wobei Schaich hierzu festhält, dass die positive Darstellung der Gespräche („Grünes Licht“) letztlich „wohl nicht richtig [war], aber an der inneren Front doch wichtig, nicht zuletzt deshalb, weil aus Moskau keine widersprechenden Töne“ zu einem EWG/EU-Beitritt Österreichs erfolgten.

Ein erstes Beitrittsansuchen wurde nach langem Ringen 1988 nach Brüssel übermittelt, das dort jedoch aufgrund des Verweises auf die Neutralität (auf das Vranitzky bestand) und der Streichung des „Bekenntnisses zur Integrationsidee“ (worüber ÖVP-Außenminister Mock „nicht glücklich“ war) auf wenig Gegenliebe stieß (meine Hervorhebungen):

Die Reaktionen Brüssels auf den von Außenminister Mock am 17. Juli 1989 dem französischen Außenminister Dumas überreichten Beitrittsantrag bestätigten die Sorge…

[Kommissionspräsident Jacques, Anm.] Delors’ Kommentar diene als Beispiel: Er meinte, Österreich dürfe nicht nur die wirtschaftlichen, sondern müsse auch die politischen Ziele im Auge haben und übernehmen; die politische Einigung impliziere auch eine gemeinsame Verteidigung. Der belgische Außenminister Eyskens sagte, dass– – sollte Österreich auf seiner unantastbaren Neutralität beharren – es Probleme geben werde.

Wir lernen also aus Schaichs Bericht zweierlei: Erstens, dass die Neutralität ein gewichtiges Hindernis für einen allfälligen EWG/EU-Beitritt war; und, zweitens, dass dies nach der oberwähnten Reise Vranitzkys nach Moskau weiterhin der Fall war.

Ungeachtet der Erinnerung Vranitzkys daran, dass Michail Gorbatschow die Neutralitätsvorbehalte „bei unserem einstündigen Gespräch…mit keinem Wort mehr erwähnt“, langte, so Schaichs Bericht, „im August [1989, Anm.] übrigens noch eine offizielle sowjetische diplomatische Note [ein], worin Moskau seine Unvereinbarkeitsargumente nochmals wiederholte“.

Angesichts dieser Tatsachen ist just was folgte erhellend.

Von „Neutralität“ zu „Solidarität“

Im Gefolge der „Wende“ im Herbst/Winter 1989/90 erarbeitete Martin Schaich nämlich „im Auftrag Alois Mocks“ an einer nicht minder bedeutungsschweren Wende: Es wurde ein „gleich zu Jahresbeginn 1990 ein Memorandum an alle EG-Staaten“ erarbeitet, „dessen Text in den Korridoren Brüssels als ‚der „zweite österreichische Beitrittsantrag“‘ bezeichnet wurde“ (hier und in Folge meine Hervorhebungen).

Was konkret darunter zu verstehen ist, führt Schaich wie folgt aus:

Inhalt und vor allem Tenor waren tatsächlich neu. Wir formulierten ein suggestives Bekenntnis zum Europäischen Einigungsprozess und den Zielen der EG-Verträge, an deren Verwirklichung wir „solidarisch teilnehmen“ wollten. Der dynamische, das heißt in die Zukunft reichende Solidaritätsbegriff führte uns in den kommenden Beitrittsverhandlungen zur Lösungsformel für die Neutralitätsfrage.

Anders ausgedrückt: Wenn man sich österreichischerseits in Bekundungen von „Solidarität“ ergeht bzw. sich „solidarisch“ zeigt, meint man seit 1990 etwas anderes als das, was im Bundesverfassungsgesetz unter dem Titel „Neutralität“ steht.

Außenminister Mock bediente sich in allen seinen Gesprächen mit EG-Vertretern einer so genannten „speaking note“, die folgende weitergehende Aussagen enthielt:

  • „Europas Sicherheit ist Österreichs Sicherheit“;
  • Österreich ist automatisch und selbstverständlich Teil des Europäischen Sicherheitsarrangements“
  • „Österreich hat keine Berührungsängste gegenüber einer Zusammenarbeit auch in der Sicherheitspolitik“.

Zur Neutralität wurde dabei angemerkt, dass Österreich davon ausgehe, dass die im Neutralitätsgesetz (1955) umrissenen Verpflichtungen –– das heißt keine fremden militärischen Stützpunkte auf österreichischem Gebiet zuzulassen und keiner militärischen Allianz anzugehören –– seitens der EG beachtet werden.

Mit vorstehender Aussage waren wir bereits zu Beginn des Jahres 1990 auf dem Weg zur – – wie es später heißen sollte –– Reduktion der Neutralität auf ihren „militärischen Kern“ und hatten damit auch die 1993/1994 gefundene Lösung vorgezeichnet.

„Ergänzt durch die mündlichen Interpretationen der „speaking note“„, so Schaich, erreichte man vonseiten Vranitzkys und Mocks sein Ziel, „nämlich den Abbau von Zweifeln und Vorbehalten auf EG Seite“.

Damit jedoch nicht genug, im Juni 1992 legte Österreich nach: „Es hieß nun, dass sich Österreich vollinhaltlich mit den Zielen der GASP identifiziere und sich an deren „dynamischer Weiterentwicklung aktiv und solidarisch beteiligen“ werde„.

Österreich war aber noch immer nicht „am Ende des Weges“ angekommen, denn herrschten doch „auf Seiten der Zwölf immer noch Zweifel und Vorbehalte“ über „die weitere Entwicklung der GASP“ sowie die „möglichen Folgen der Mitgliedschaft eines Neutralen“. Vonseiten Österreichs aber fand man es, so Schaich weiter, in diesem zweiten Memorandum“nicht mehr erforderlich, neuerlich auf die Neutralität und ihre Berücksichtigung zu verweisen“, hatte man dazu „schließlich schon früher alles dazu gesagt“.

Dank britisch-deutscher Intervention konnte schließlich im Herbst 1993 in den letzten Verhandlungsrunden auch das Stellen eines „polisch unangenehmen“ Fragekatalogs an alle drei damals neutralen Staaten – Finnland, Schweden, Österreich – vermieden werden.

Damit aber nicht genug, es bestand jedoch eine weitere verfassungsrechtliche Hürde:

Die EG verlangte von Österreichs eine formelle Erklärung, die praktisch zu einer Unterwerfung unter noch nicht bestehende, unvorhersehbare Pflichten geführt hätte.

Dies konnte schließlich abgewendet durch eine „Gemeinsame Erklärung“ von Finnland, Schweden und Österreich, die eine Bekräftigung der europäischen Solidarität enthielt, aber „ohne Unterwerfung unter künftige potentielle Pflichten“ erfolgte. Schaichs Resümee lautete:

Für den Abschluss der Verhandlungen war damit der Neutralitätskomplex gemeistert, und zwar auf der von uns seit längerem und schrittweise angelegten Basis der Reduktion der Neutralität auf ihren (militärischen) Kernbestand, verbunden mit dem ausdrücklichen Bekenntnis zu den Zielen der GASP und der Bereitschaft, an deren künftigen Entwicklung aktiv und solidarisch mitzuwirken.

Epilog: Dichtung und Wahrheit

Österreich hält sich seither eisern an diese Zusagen, auf der Strecke bleiben allerdings die Diskrepanzen zwischen dem, was SPÖ und ÖVP „damals“ im Frühjahr 1994 den Österreichern zugesagt hatten, dass der EU-Beitritt „unter Wahrung der Neutralität“ erfolge. Dies ist angesichts der erwähnten Passagen von Schaich jedoch wenig mehr als eine weitere Märchenstunde.

Wer „Solidarität“ bekundet, meint damit die mehr oder minder bedingungslose Bündnistreue.

Nicht nur hat man österreichischerseits 1988 die sowjetische Seite mit einer Version der Tatsachen konfrontiert, sondern Wien hat den eigenen EWG/EU-Beitrittsantrag nach Vranitzkys Rückkehr aus Moskau 1989 umgearbeitet. Ob bzw. inwieweit man die Sowjetunion als Signatarstaat des Staatsvertrages überhaupt noch einbezogen hat, sei dahin gestellt, denn man hatte seitens Wiens die im Jahr davor gegebenen Zusagen gegenüber der EWG/EU verändert.

Im Zuge der Beitrittsverhandlungen wurde aber nicht nur eine außenpolitische Strategieentscheidung verfolgt, sondern gleichzeitig sowohl in Hinsicht auf deren Konsequenzen von offizieller Seite den Österreichern eine unfassbare Lügengeschichte aufgetischt.

Von der „Wahrung der Neutralität“ war man 1994 sehr weit entfernt, und auch das Bekenntnis, sich fortan „solidarisch“ mit der emergierenden Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zu zeigen, trägt nun bittere Früchte.

An dieser Stelle stellen sich mir zwei Fragen, die zu klären sind:

  1. Wenn die Bundesregierung unter Vranitzky bewusst die Verfassung gebrochen und Moskau hinters Licht geführt hat, wie beliebig sind jedwede Aussagen von wegen „Neutralität“ bzw. vor allem aber der „Solidarität“ (womit auch immer) dieser Tage?
  2. So die obige Frage betreffend den Verfassungsbruch zumindest im Raum (Anfangsverdacht) steht, wäre zu fragen – juristisch zu klären – ob es sich dabei um den Tatbestand des Hoch- und Landesverrats handelt?
Bild Thomas Ledl, Österreichischer Staatsvertrag Hofburg, CC BY-SA 4.0

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Diskussion zum Zustand und zur Erneuerung von Österreichs Neutralität

Ukraine-Krieg: Österreich steht noch stärker hinter Neutralität

Neutralität: Offener Brief an die österreichische Bundesregierung

 

7 Kommentare

  1. […] Kurz gesagt: Nationale Regierungen traten der EU bei und wussten, dass alles, was sie ihren Wählern versprachen, im Wesentlichen bedeutungslos sein und alsbald Änderungen durch die EU-Kommission unterliegen würde, insbesondere bei Themen, die theoretisch von der Verfassung des Mitgliedsstaates geschützt wären – wie etwa die Neutralität Österreichs. […]

  2. Georg Uttenthaler 19. Dezember 2023 at 18:13Antworten

    Wer die Vorteile der österreichische Neutralität erst zu schätzen weiß, wenn Österreich Kriegsschauplatz zwischen Russland und der NATO ist und die ersten Bomben auf Österreich fallen…. DANN IST ES ZU SPÄT!!!
    Die Neutralität war der Preis der Freiheit und blieb dennoch bis in die Gegenwart oft umstritten, weil wir zu lange FRIEDEN hatten. Sie gilt daher seit dem Fall des Eisernen Vorhangs und EU Beitritt bei vielen als überholt.
    Seit Bestehen wollen unser Linken Kriegshetzer, die noch nie ein Gewehr in der Hand hatten, immer wieder einmal neue sicherheitspolitische Optionen realisieren und uns mit einem EU- Heer in einen Krieg führen. Wir sind ein kleines Land und würden zwischen den großen Militärblöcken zerrieben werden.

    Das sind die wesentlichen Erkenntnisse zu jener sicherheitspolitischen Position der Neutralität, von der sich viele Österreicher, seit sie die Neutralität lieben gelernt haben, nicht mehr trennen wollen und das ist gut so.
    Daher, verehrte Bürger und Landsleute, gehen wir diesen „WOKEN- Hasardeuren“ nicht auf den Leim und verabschieden wir uns von diesen Linken Regierungs- Träumereien am „Zahltag“ in der W- Kabine.

  3. Fritz Madersbacher 19. Dezember 2023 at 15:07Antworten

    „Damit jedoch nicht genug, im Juni 1992 legte Österreich nach: “Es hieß nun, dass sich Österreich vollinhaltlich mit den Zielen der GASP identifiziere und sich an deren dynamischer Weiterentwicklung aktiv und solidarisch beteiligen werde“
    Wie schrieb General i.R. Günther Greindl am 27. Mai 2022 hier im Blog („Soll Österreich neutral bleiben?“):
    „Die Gemeinsame Sicherheit- und Verteidigungspolitik (GSVP) als Teil der GASP bestimmt somit das Handeln der EU in enger Abstimmung mit der NATO. In der Praxis wird Österreich oft Maßnahmen mittragen müssen, die mit einer glaubwürdigen Neutralitätspolitik im Widerspruch stehen“
    Wenn sich nun, im Dezember 2023, Fragen stellen wie „Wie beliebig sind jedwede Aussagen von wegen “Neutralität” bzw. vor allem aber der “Solidarität” (womit auch immer) dieser Tage?“, dann weist das auf einen gewissen „Aufmerksamkeitsmangel“, auf ein Nichtwissen oder (durch medialen Einfluß erzeugtes) politisches „Schlafen“ hin (Assoc. Prof. Dr. Stephan Sander-Faes und die ganze jüngere Generation sei dabei ausgenommen), denn diese Entwicklung war mit dem EU(damals EG-)Anschluss vorgezeichnet und für politisch etwas beschlagenere Menschen klar.
    Das Festhalten an der Neutralität ist groß in der Bevölkerung, das Erkennen des Schwindels mit der Neutralität, verbunden mit dem Verlust ihrer Glaubwürdigkeit, ist etwas schwach ausgeprägt, denn sonst würde dieser Betrug an den Interessen Österreichs und seiner Bevölkerung wesentlich heftiger bekämpft, gerade heute, wo dieser Schwindel immer frecher wird …

    • Friedrich Heinemann 19. Dezember 2023 at 16:21Antworten

      Fritz Madersbacher
      19. Dezember 2023 at 15:07Antworten

      Ich glaube da liegen Sie falsch.
      Wenn ich mich bei Gesprächen mit Bekannten so umhöre, versteht unter der Österreichischen Neutralität jeder etwas anderes.
      Die einen bestehen auf die echte, für andere ist sie weiterhin gegeben auch wenn Österreich sich am Raketenabwehrschirm beteiligt.
      Wieder andere haben überhaupt kein Problem damit sich an Sanktionen zu beteiligen.
      Die Frage die mich immer wieder beschäftigt ist: Ist eine echte, wahre Neutralität, in Anbetracht der internationalen Verflechtungen, Verpflichtungen und Abhängigkeiten für einen Staat überhaupt noch möglich ?

      • Fritz Madersbacher 19. Dezember 2023 at 20:17

        @Friedrich Heinemann
        19. Dezember 2023 at 16:21
        „Wenn ich mich bei Gesprächen mit Bekannten so umhöre, versteht unter der Österreichischen Neutralität jeder etwas anderes“
        Das ist vielleicht etwas übertrieben, aber es ist was dran. Die Frage ist: Ist „Neutralität“ etwas, worunter jeder etwas Anderes verstehen kann? Ist „Neutralität“ etwas, das sich ein Staat „situationselastisch“ zurechtlegen kann, wenn ihm seine Juristen bestätigen, dass die momentane Auslegung noch mit dem selbstgegebenen Gesetz irgendwie „kompatibel“ ist?
        Oder ist „Neutralität“ vielmehr etwas, das international glaubwürdig sein muß (obwohl oder gerade weil „Neutralität“ im Völkerrecht nicht sehr präzise definiert ist)? Wie soll Österreich, durch langjährige Politik zutiefst in den Fängen des westlichen Imperialismus verstrickt („nicht gesinnungsneutral“, wie von seinen NATO-Quislingen in Medien und Politik ständig betont), international als „immerwährend neutral“ gerade in der sich ändernden Weltsituation wahrgenommen werden, wo jeder kleinste seiner außenpolitischen Schritt das Gegenteil von Neutralität, nämlich Unterwerfung unter westliche Interessen, verrät?
        Die Neutralität ist für Österreich eine Lehre aus seiner Geschichte, nämlich aus seiner Auslöschung 1938, und es wäre gut, wenn wir das verstehen würden: Nie wieder „Pflichterfüllung“ für fremde Großmachtinteressen! Das müssen wir von unseren Machthabern verlangen, die dem ständig zuwiderhandeln. Ein glaubwürdig neutrales, auf seine Unabhängigkeit von imperialistischen Großmachtinteressen bedachtes Österreich liegt im Interesse der österreichischen Bevölkerung und ist die beste Unterstützung für alle Länder und Völker, die eine friedlichere Zukunft anstreben …

  4. Jan Sandel 19. Dezember 2023 at 7:56Antworten

    Spätestens mit der vollständigen Ratifikation des Vertrags von Lissabon (unterzeichnet am 13. Dezember 2007, in Kraft seit dem 1. Dezember 2009) am 28. April 2008 haben die österreichische Bundesregierung, Nationalrat, Bundesrat und zuletzt der Bundespräsident das Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreichs gebrochen.
    Der Artikel 42, Absatz 7, Satz 1 des Vertrags von Lissabon bestimmt unmissverständlich: „Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats schulden die anderen Mitgliedstaaten ihm alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung, im Einklang mit Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen.“ (Der Artikel 51 der UN-Charta ermächtigt Staaten zum Ergreifen militärischer Maßnahmen unter dem Selbstverteidigungsrecht vor einem möglichen Entschluss des UN-Sicherheitsrates.)
    Die explizite Forderung nach „alle[n] in ihrer Macht stehende[n] Hilfe und Unterstützung“ entlarvt die Schutzbehauptung, Österreich könne sich immer auch für lediglich zivile Hilfeleistungen entscheiden, als Lüge.

  5. rudifluegl 18. Dezember 2023 at 16:09Antworten

    Abgesehen von den juristischen Spitzfindigkeiten, die „Gesetzestreue“ Verbrecher an moralischen Gesetzesbrüchen offenbar mit intrinsischer Begeisterung begehen, gibt es doch wohl ganz klare, jedem noch so korrupten, einleuchtende Vorteile, die unabhängige Mediatoren, bei Konflikten haben.
    Dem steht wohl der größte Bestechungs“pool“ gegenüber, den eben die Rüstungsindustrie zu bieten hat!
    Von dem größten Waffenschieberjägermeister in angetrautem Politikverhältnis bis zu Lügendörfern.
    Von Düsenjägern mit Pseudosynergien zu gemeinschaftlichen Raketenfliegenklatschen die nur in östliche Richtung wedeln, haben wir es hier wohl mit dem schlimmsten Kriegstreiberpack zu tun das denkbar ist.
    Da gilt nicht einmal mehr die Feigheit, die verhindert sich Aggressoren im Disput zu stellen und sich dafür unter dem Schutz vermeintlich mächtiger zu begeben.
    Hier gilt das vorlaute Geschwätz und die Provokation aus der Deckung heraus!
    Ich habe nur die letzte halbe Stunde einer notorischen Ukraine Gesprächsrunde gesehen. ORF FS 2.
    Samt der Diskussionsleiterin und eines Bundesheerangehörigen, der wahrscheinlich mit einer Schlafuniform und Uniformen für jede Lebenslage ausgerüstet ist, von dem früher aber auch schon mal vernünftiges zu hören war, wurden nur Argumente bezüglich Rüstung gebracht. Ein Friedensforscher war wohl auch anwesend. Den hörte man kurz im Hintergrund und wurde wohlweislich übergangen.
    Wirft man dem Ostdiktator vor, zu einstiger Größe aufsteigen zu wollen und friedliebende Regionen zu gefährden, muss gefragt werden wo denn diese friedliebenden geblieben sind.
    Die Formel die vorgebetet wird „Selbstverständlich bin ich für Frieden, wer nicht“ war schon zu Zeiten des hiesigen Gröllfatzkes abgedroschen. Wer damit startet setzt mit „aber“ fort und bringt friedliebende zum gruseln. Die tun auch immer so als würde es von ihren persönlichen Macht und Schreckensszenarien abhängen, um den eindeutig georteten bösen, zur Räson zu bringen.
    Die müssen alleine schon wegen ihrer Unfähigkeit beim argumentieren verschiedene Standpunkte ein zu nehmen, aus Unfähigkeit zur Selbstreflexion, gegen Vermittlung, gegen Neutralität sein.
    Die Realität, die die leben, können die sich nur mehr auf einer einsamen Insel, auf die man sie aussetzt, ausmalen, ohne die Allgemeinheit zu gefährden!
    Und das schreibe ich, ohne mich in die Tiefen der Taktiken, der Geheimdienste, der Miliärstrategen begeben zu wollen. Solche hatte ich zu Hauf in der Verwandschaft und das waren bis auf eine Ausnahme, alle Alkoholiker!

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