Der Krieg in Palästina fördert Bestrebungen für Schottlands Unabhängigkeit

12. Dezember 2023von 5 Minuten Lesezeit

Außerhalb der USA und einigen katholischen EU-Ländern ist die Unterstützung für den Bombenkrieg Israels gegen die palästinensische Zivilbevölkerung überschaubar. Selbst im sonst so eng an der Seite der USA stehenden Großbritannien ist die Meinung der Bevölkerung geteilt. In Schottland, Nordirland und London unterstützt eine deutliche Mehrheit die Palästinenser. Die Haltung der Regierung Sunak gibt der Unabhängigkeitsbewegung in Schottland einen starken Anschub.

Der schottische First Minister Hamza Yousaf äußert sich auf Twitter offen gegen den Krieg Israels gegen Zivilisten:

„Die Abgeordneten hatten die Chance, die Menschlichkeit über die Politik zu stellen.

Zu sagen, dass das Töten von unschuldigen Zivilisten in Gaza aufhören muss. Und es muss jetzt aufhören.

Abgeordnete, die gegen den Antrag der @theSNP für einen sofortigen Waffenstillstand gestimmt haben, stehen auf der falschen Seite der Geschichte.

So kann es nicht weitergehen. Die Menschlichkeit muss siegen.“

Bei Heimspielen des Fußballteams Celtic Glasgow werden Palästina Fahnen geschwenkt und dazu das italienische Revolutionslied Bella Ciao gesunge:

Britische Unterstützung für Völkermord kann schottische Unabhängigkeit fördern

In Schottland gibt es eine überwältigende Unterstützung für die Palästinenser, und die Tatsache, dass britische Steuergelder für einen Völkermord ausgegeben werden, sollte einen weiteren Schub für die Unabhängigkeit auslösen, schreibt Craig Murray. Craig Murray ist Autor, Rundfunksprecher und Menschenrechtsaktivist. Er war von August 2002 bis Oktober 2004 britischer Botschafter in Usbekistan und von 2007 bis 2010 Rektor der Universität von Dundee.

Er wirft der britischen Regierung vor, aktiv an dem Völkermord in Gaza beteiligt zu sein. Mit der Lieferung von Waffen an Israel, der Bereitstellung von nachrichtendienstlichen Informationen und Luftüberwachung sowie der Beteiligung britischer Spezialdienste sei sie sogar mehr als nur mitschuldig.

Sie sei also an dem Völkermord in Gaza beteiligt. Dies sei für viele Menschen in Großbritannien abscheulich, aber für eine große Mehrheit der Menschen in Schottland ist es besonders abscheulich.

Eine YouGov-Umfrage vom 2. November habe gezeigt, dass eine große Mehrheit der Schotten ihre Sympathien für die palästinensische Seite bekundet, während sowohl in England als auch in Wales die Mehrheit mit knappem Vorsprung für die israelische Seite ist.

Im gesamten Vereinigten Königreich gibt es einen massiven Unterschied zwischen den Altersgruppen, wobei die Unterstützung für Palästina unter jungen Menschen sehr hoch ist: 46 Prozent sympathisieren mit Palästina, nur 9 Prozent mit Israel. Die Unterstützung für Israel ist bei den über 65-Jährigen mit 30 Prozent zu 10 Prozent am höchsten. Murray vermutet, dass dies sowohl mit der Nähe der Geburt zum Zweiten Weltkrieg zusammenhängt als auch mit der Neigung, die Mainstream-Medien für Nachrichten zu nutzen.

Alle drei großen englischen Parteien – die Konservativen, die Labour-Partei und die Liberaldemokraten – unterstützen offen Israel und stellen sich gegen Bemühungen, den Völkermord zu stoppen.

„Wir Schotten verdienen das Recht, diese Kultur gedeihen zu lassen, unabhängig von der Auferlegung einer fremden politischen Kultur durch eine viel größere Nachbarnation“, schreibt Murray.

Murray berichtet, dass Hamza Yousaf nach seinem oben stehenden Tweet im Internet mit einer wahnsinnigen Flut rassistischer und islamfeindlicher Beschimpfungen konfrontiert war.

Dies sollte für alle anständigen Schotten ein Ansporn sein, ihren Ersten Minister gegen Rassismus zu verteidigen, ganz gleich, welche kleineren Meinungsverschiedenheiten sie auch haben mögen„, erklärt Murray. Er sieht ein Wiedererstarken der Unabhängigkeitsbewegung in Schottland. Es gebe eine sehr starke Korrelation zwischen Unionismus [mit Großbritannien] und der Unterstützung Israels sowie zwischen dem Streben nach Unabhängigkeit und der Unterstützung Palästinas.

„Ich möchte betonen, dass dies alles nicht neu ist: Umfragen haben schon immer gezeigt, dass die Unterstützung für Palästina in Schottland viel höher ist als in England. Das Gleiche gilt auch für Irland, und ich habe keinen Zweifel daran, dass sowohl in Schottland als auch in Irland diese instinktive Unterstützung für die Palästinenser zum Teil mit der Erinnerung der Menschen an die Enteignung ihres Landes und die koloniale Besetzung zusammenhängt.

Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass der außergewöhnliche Aufstieg der Scottish National Party (SNP) und die Unterstützung für die schottische Unabhängigkeit in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts zum Teil durch die Abscheu vor der massiven Beteiligung Großbritanniens an den Angriffen auf den Irak, Afghanistan, Libyen und Syrien genährt wurde. Diese imperialistischen Kriege hatten Millionen von Toten und Verstümmelten, Dutzende Millionen von Vertriebenen und die vollständige Zerstörung der Infrastruktur in diesen Ländern zur Folge.

Der Drang, sich von einem Staat zu befreien, der ständig aggressive Kriege führt, hat viele Schotten dazu bewogen, die Unabhängigkeit zu unterstützen. Dies kann auch jetzt wieder geschehen, wenn Großbritannien den Völkermord in Gaza unterstützt. Tony Blairs zügelloser Neo-Imperialismus hat auch viel dazu beigetragen, die Unterstützung Schottlands für die Labour-Partei zu brechen. Wir können nun realistischerweise auf eine ähnliche Reaktion auf Keir Starmers Zionismus hoffen.“

Eine ähnliche Einstellung ist auch in anderen Minderheitsgebieten in Europa zu finden. Die Basken und Katalanen sind zum Beispiel traditionell finanzielle Unterstützer des UN-Palästinenser-Hilfwerks UNWRA. UN-Genral Antonio Guterres hat kürzlich beklagt, dass bereits über 150 Mitarbeiter der UNWRA von Israel getötet worden sind.

In der Regierung Spaniens gibt es daher ziemlich unterschiedliche Meinungen über den Konflikt und Unterstützer beider Seiten. Ein Aufleben der Separatistenbewegungen ist jedoch nicht so offen sichtbar wie im UK.


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4 Kommentare

  1. Hasdrubal 13. Dezember 2023 at 8:45Antworten

    Die Schotten kommen schon irgendwie zurecht – das planmäßige Morden der Araber in Gaza sollte schleunigst enden. Jeder kann sehen, wozu das Woke Imperium fähig ist – seltsam, dass manche Länder unvorsichtig mit dem tödlichen Gebilde flirten. So wie aktuell Argentinien mit dem neuen Präsidenten zum Beispiel. In Dubai hätte sich der Süden mehr dem Westen widersetzen können.

  2. rudifluegl 12. Dezember 2023 at 18:59Antworten

    „Ein Europa der Regionen hat kaum Machtblöcke gegen Deutschland oder Philantrophen“
    Wie wär`s mit einem Deutschland der Regionen.
    Vom Vielvölkerstaat zum nationalsten Staat aller Zeiten (NSAZ) wieder retour.
    Wer da wohl die Rückfahrkarte vergessen hat?

  3. Heiko S 12. Dezember 2023 at 16:41Antworten

    Hinter allen aktuellen Entwicklungen im Bezug auf Russland, China und dem globalen Süden steht der antikolonialistische Befreiungskampf. Der klassische Westen hat mit Beginn der Kolonialisierung die Ideologie der weißen Herrenrasse so verinnerlicht, dass es heute niemand mehr merkt, wenn er so denkt. Das Russland und China die großen Vorbilder der jungen Nationalstaaten sind, liegt an ihrem erfolgreichen Kampf gegen den Kolonialismus, siehe akuteller Ukrainekrieg.

  4. Jan 12. Dezember 2023 at 16:37Antworten

    Politik ist das Schaffen von Mehrheiten zum Wohle aller, nicht die Repräsentation aller Stimmungslagen oder die Durchsetzung des aktuellen Mehrheitswillen. Die Mehrheit in ihrer Vernunft entscheidet sich für den besten Kompromiss, der das Land und die Gesprächsbereitschaft nicht entzweit. Sollte man denken! Natürlich darf eine Regierung Schwerpunkte setzen, das müssen Demokraten ertragen. Die Drohung mit Vertreibung der Opposition gehört allerdings nicht dazu (nur bei Frau Edtstadler), auch nicht die Drohung der Opposition mit Sezession.

    Eine regionaler Split über ein emotionelles Thema würde zu einer Stärkung der EU-Diktatur führen. Ein Europa der Regionen hat kaum Machtblöcke gegen Deutschland oder Philantrophen – weil das EU-Parlament nichts zu sagen hat und Bestechungen – hm – vorkommen. Ein starkes GB entsteht so nicht. Erstaunlich, dass Sanak dem nicht den Wind aus den Segeln nimmt! Steht eine WEF-Agenda dahinter?

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