Österreichs Außenminister: Klares Nein zu Erweiterung der Sanktionen im Energiebereich

23. September 2022von 2,5 Minuten Lesezeit

Die EU sollte sich besser auf die bestehenden Sanktionspakete konzentrieren und Schlupflöcher schließen. Eine Ausweitung der Sanktionen, wie von den EU-Bürokraten geplant, schließt der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg hingegen aus. Er will – endlich – Schaden für Österreich vermeiden.

Wien wird Vorschlägen für ein Verbot russischer Erdgasimporte eine klare Absage erteilen, sagte Schallenberg am Donnerstag gegenüber dem ORF. Er wies darauf hin, dass die bereits beschlossenen EU-Sanktionspakete umfassend seien und möglicherweise einer Präzisierung bedürften.

„Ich habe in der Vergangenheit gesagt, dass wir dies [eine mögliche Verschärfung der Sanktionen] in angemessener Weise diskutieren sollten, nämlich hinter verschlossenen Türen, aber ja – wir haben bereits sechs umfangreiche Sanktionspakete verabschiedet, und jetzt können wir darüber nachdenken, die Schlupflöcher zu schließen„, sagte der Außenminister gegenüber dem ORF, als er eine Frage beantwortete, ob sich die Position Wiens hinsichtlich einer möglichen Verschärfung der Sanktionen gegen Russland geändert habe. Schallenberg fügte hinzu, dass es „bei weiteren Schritten, vor allem im Energiebereich, beim Gas, ein klares Nein aus Österreich geben wird.

Österreich, das in hohem Maße von russischer Energie abhängig ist und rund 80 % seines Erdgases aus Russland bezieht, hat sich gegen den Plan der EU gewehrt, die Importe aus Moskau zu beschränken.

Die österreichische Industriellenvereinigung warnte zuvor, dass die Aussetzung der russischen Gaslieferungen „ein schwerer Schlag“ für das Wohlergehen der österreichischen Bevölkerung wäre, da sie rund 300.000 Arbeitsplätze bedrohe.

Laut Verbandspräsident Georg Knill ist fast die gesamte Lebensmittelindustrie von der Versorgung mit dem „blauen Brennstoff“ abhängig. Er erklärte im Mai, dass er die Gefahr nicht so sehr darin sieht, dass Russland „den Hahn zudrehen könnte“, sondern in der Entscheidung der Europäischen Union, kein russisches Gas mehr zu importieren.

Vor einigen Tagen hatte Kril wieder auf die dramatischen Steigerungen der Preise und die Folgen für Produktion und Arbeitslosigkeit hingewiesen:

„Binnen eines Jahres gab es an den Spotmärkten eine Versechsfachung der Strompreise sowie eine Verzehnfachung der Gaspreise. Wir haben es derzeit mit einer absoluten Ausnahmesituation zu tun. Es drohen Produktionsdrosselungen und Arbeitslosigkeit in Österreich, sofern nicht konsequent und schnell entgegengesteuert wird.“

Im März stellte die EU einen Plan vor, um die Abhängigkeit von russischem Gas bis zum Jahresende um zwei Drittel zu verringern. Der Vorschlag ist Teil eines umfassenderen Plans, der darauf abzielt, „deutlich vor 2030“ von allen russischen fossilen Brennstoffen unabhängig zu werden.

Bisher haben sich Ungarn und Griechenland gegen weitere Sanktionen ausgesprochen. Nach den Wahlen am Sonntag könnte Italien folgen, wenn der prognostizierte Wahlsieg der Coalizione Destra mit Giorgia Meloni an der Spitze eintritt.

Bild: BMEIA/ Dragan Tatic

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13 Kommentare

  1. Hannibal Murkle 24. September 2022 at 9:11Antworten

    Eskalation-Ablehnung ist noch zuwenig – höchste Zeit, dass gegen diesen Wirtschaftskrieg protestiert wird, der uns endgültig ruiniert. Orban fordert das Ende des Wirtschaftskriegs zum Jahresende, leider steht Ungarn mit dieser Position erst mal alleine da.

    • Taktgefühl 24. September 2022 at 20:49Antworten

      Ich glaube, daß zu viele die Lockdowns und die Energieknappheit für einen Abenteuerurlaub halten.
      Mit dem Bankencrash kam das Verhängnis, die Rettungspakete waren nichts anderes als Fürsorge. Mittlerweile lebt die Industrie und Privatwirtschaft ganz Europas von der Fürsorge.
      Selbst mit sehr viel Optimismus sollte man davon ausgehen, daß das nicht funktionieren wird.

  2. Taktgefühl 24. September 2022 at 9:02Antworten

    Ich denke, wir sollten anfangen, über Strukturen nachzudenken, die einen gewissen Fortschritt verbürgen. Taktisch ist da nichts mehr herauszuholen. Sonst erstarren wir wie im 2. WK in unseren Schützengräben.

    • Taktgefühl 24. September 2022 at 20:37Antworten

      WK ..

      • Taktgefühl 24. September 2022 at 20:40

        Die 1 hat er verschluckt, das war aber kein Aufzählungszeichen. Erster WK ..

  3. J. W. 23. September 2022 at 10:22Antworten

    Österreichs Außenminister ist für ein Nein zu Erweiterung der Sanktionen im Energiebereich. Er will – endlich – Schaden für Österreich vermeiden. Ist das so?
    Es gibt an vielen anderen Stellen wo die Schlupflöcher zu schließen sind und große Aufmerksamkeit bedarf. Und für das Wohlergehen der Bevölkerung ist der Zug längst abgefahren. Nur die Bevölkerung merkt noch was.

  4. Elisabeth 23. September 2022 at 8:44Antworten

    Gibts irgendwo Wahlen? Und müsste es 100% Briefwähler geben, um Türkis-Grün noch retten zu können? Hm?

  5. G.R. 23. September 2022 at 8:36Antworten

    Ich wollte zuerst was zum Schalli schreiben, aber ehrlich gesagt, das ist mir in diesem Fall alles zu dumm. MFG

    • audiatur et altera pars 23. September 2022 at 11:22Antworten

      Na gut, dann mach’s eben ich:

      Und wie fügt sich Schallenbergs jüngster Grenzdiplomatengang in New York über Putins „Schwäche“ in diese Schadensabwendungsstrategie? Ein neutrales Land braucht zumindest auf dem Verfassungspapier keinen Außenminister, der nach außen immer wieder plump und unbeholfen Öl ins Feuer gießt. Klar, leicht leben die Kleinen und Schwachen nicht im Rules-Based International Order. Aber wenn ein eigentlich neutraler Vertreter einer Lipizzaner-Armee einem unter hohem Druck stehenden Präsidenten einer Atommacht „Schwäche“ attestiert, macht das alles andere als einen souveränen und klugen Eindruck. Sondern sieht nach purem Slapstick aus. Und Clowns gibt es leider schon mehr als genug im aktuellen internationalen Zirkus.
      Er möge sich im Interesse des Landes so rasch wie möglich auf seine Pferderanch zurückziehen…

  6. Heiko 23. September 2022 at 8:21Antworten

    Das ist in etwas so, als wenn der Kapitän der Titanic in 20m Tiefe den Befehl zum Besteigen der Rettungsboote gegeben hätte. Waren ja noch 3980m bis zum Grund.

    • Veron 23. September 2022 at 9:19Antworten

      Ich fand ja auch „lustig“, was unser Kanzler kürzlich sagte: Dass man die Sanktionen „evaluieren“ müsse. „Sanktionen dürfen uns nicht mehr schwächen als die, denen sie gelten sollen.“ war ja noch o.k.. Aber dann .. .. es sei darauf geachtet worden, dass nicht jene Länder darunter leiden, die an der Verhängung beteiligt waren ??? Wen meinte er damit, die USA? Und weiter „ .. .. die Menschen frustriert sind, weil die Sanktionen nicht jetzt schon die Wirkung zeigen, die wir uns erhofft haben, nämlich dass der Krieg aufhört.“ Also da kann er lange warten .. .. „nicht jetzt schon“ – auf welcher Welt lebt er denn?!

      • Jan 23. September 2022 at 13:38

        Ich möchte anregen, dass Regierungsmitglieder angesichts der heiklen Situation regelmäßig Tests über sich ergehen lassen müssen, ob sie noch amtsfähig sind. Dabei ist vor allem Drogenkonsum und Demenz auszuschließen.

      • Bettina 23. September 2022 at 21:01

        nicht Demenz und Drogenkonsum … auf wessen Befehl sie hin reagieren, das müsste endlich mal ins Bewusstsein der Öffentlichkeit dringen

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