#faltergate, oder: Wenn Florian Klenk zur Hexenjagd bläst

20. März 2024von 6,7 Minuten Lesezeit

Was für ein Topp-Medium, was für ein toller Hecht, dieser Chefredakteur der Wiener Wochenzeitung Der Falter. Anfang dieser Woche fand Florian Klenk heraus, dass eine Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums etwas „unpassendes“ veröffentlicht hatte – die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: In bester Blockwartmanier „verpetzte“ Florian Klenk den Beamten bei dessen Dienstgeber, der daraufhin vom Ministeriumssprecher Obst. Michael Bauer beschimpft wurde bevor Ministerin Klaudia Tanner stehenden Fußes eine „disziplinarrechtliche Untersuchung“ ankündigte. Früher war Österreich eine „Operettennation“, mittlerweile reicht es nicht mal mehr fürs „Dschungelcamp“.

Der 19. März 2024 war ein besonderer Tag in de Geschichte Österreichs, denn an diesem Tag geschah Folgendes: Ein Journalist beklagt sich öffentlich über den Inhalt eines Fachartikels, der von einem Mitarbeiter der Landesverteidigungsakademie verfasst wurde. Daraufhin ritt der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Oberst Michael Bauer rasch aus und bekleckerte sich mit Ruhm und Ehre – und hieß seinen Arbeitskollegen eine Vielzahl unschöner Dinge und betonte, dass es sich bei dessen Äußerungen um „Privatmeinungen“ handle. Gleich hinter Obst. Bauer bezog Ministerin Klaudia Tanner (ÖVP) Stellung und kündigte eine „disziplinarrechtliche Untersuchung“ an. Für eine „Privatmeinung“.

Logik ist offenkundig keine Stärke dieser Akteure, da steht zu hoffen, dass die Damen und Herren im Verteidigungsministerium wenigstens mit Schusswaffen umgehen können. Ob das eine gute Idee ist, sei jedoch dahingestellt.

Was folgt ist ein Lehrstück über den zunehmenden Verfall von Höflichkeit, Anstand und Scham – deren Implikationen in Richtung des fortgesetzten Abbruchs von Verfassungsrechten und bürgerlichen Freiheiten verweisen.

Die Hervorhebungen stammen von mir.

Florian Klenk, „Blattkritik„, 19. März 2024

Wie funktioniert russische Propaganda und wo wird sie verbreitet? Ein Blick in die Fachzeitung Zeitschrift für Sozialpsychologie und Gruppendynamik zeigt es. Dort publizierte kürzlich Harald Haas, Wissenschaftler der Landesverteidigungsakademie, einen bizarren Text…

Der Text ist ​n​icht als private Meinung von Hofrat Haas gekennzeichnet. Im Gegenteil: Als „Anschrift des Verfassers“ wird explizit die Landesverteidigungsakademie genannt. Ein schweres Vergehen, so Heeres-Sprecher Michael Bauer. Der Beitrag sei „verrückt“, Haas werde angezeigt. Der Hofrat aber steht zu seinem Text, er sei ein „Linker“ und man müsse auch einmal die „andere Seite verstehen“. Die Zeitung, in der er ihn publiziert hat, wird vom Kulturamt der Stadt Wien gefördert.

Lassen Sie sich dies auf der Zunge zergehen: Wie Klenk ausweist, handelt es sich um einen Beitrag in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift. Ungeachtet von dessen Inhalten ist besonders auffällig bis jenseitig, dass der Falter-Chefredakteur darauf hinweist, dass der Verfasser seinen Arbeitgeber ausweist.

Florian Klenk hat selbst promoviert, daher weiß er bestimmt, dass dies vollkommen „normal“ bzw. Usus „in der Wissenschaftswelt“ ist. Dass er dies nicht ausweist, sondern seiner – meines Erachtens gespielten – „Empörung“ frönt, ist gewiss kein Ruhmesblatt.

Dazu sei darauf hingewiesen, dass die „Anschrift des Verfassers“ hier vollkommen irrelevant ist, da – die – wie auch immer zustande gekommende herausgeberische Entscheidung – der Fachzeitschrift getroffen wurde. Offensichtlich ist jedoch, dass Florian Klenk die „Meinung“ des Verfassers nicht teilt, was ja vollkommen i.O. ist.

Nicht in Ordnung ist jedoch, dass sich ein „Fachfremder“ wie Florian Klenk nun anmaßt, in der Öffentlichkeit – verstärkt durch seine Präsenz als Chefredakteur des Falter – dies nutzt, um die Meinung des Verfassers als Problem darzustellen und den Verfasser bei dessen Arbeitgeber anzuschwärzen.

Apropos Bundesheer: BMLV-Sprecher Obst. Bauer wiederum wird in der Falter-Glosse mit dem Ausdruck zitiert, dass der Beitrag „verrückt“ sei und man dessen Verfasser „anzeigen“ werde.

Für das Verfassen eines wissenschaftlichen Fachbeitrags.

Widersprüche und andere Dummheiten, 20. März 2024

Das alles ist zwar (mutmaßlich) strunzdumm (aber nicht unerwartet), wäre nicht Verteidigungsministerin Tanner (ÖVP) ihrem Sprecher Obst. Bauer nicht sogleich in die Schützengräben des Informationskrieges gefolgt. Hierfür bietet sich ein Blick in die Tageszeitung Heute an, die diese Episode wie folgt beschreibt:

Ein Beamter der Landesverteidigungsakademie veröffentlichte in der „Zeitschrift für Sozialpsychologie und Gruppendynamik“ einen Artikel zum Ukrainekrieg. Die Wochenzeitung „Falter“ analysierte diesen und gab bekannt, dass der Text mit dem Titel „Der Westen vs. Russland – Politisches und Tiefenpsychologisches“ voller Halbwahrheiten und Fehlern [sic] ist. Außerdem gibt es martialische Vorwürfe gegen die NATO und die EU. Das Verteidigungsministerium distanziert sich von dem Beamten.

Die „Analyse“ von Florian Klenk erfolgte u.a. auf „Twitter“ bzw. „X“ (wenn Sie nicht von ihm „blockiert“ sind so wie ich, können Sie dies dort nachlesen) sowie in der zuvor ausgewiesenen Glosse.

Nennen Sie mich ruhig einen Spielverderber, aber zwei Klenk’sche Absätze sind keine „Analyse“.

Besonders skurril wird es jedoch etwas weiter unten in dem Heute-Beitrag:

Der Verfasser des Textes, Harald Haas, ist Hofrat des Verteidigungsministeriums und verantwortlich für die Ausbildung der Soldaten. Weiteres ist er studierter Psychologe, sowie auch Politologe. Gekennzeichnet wurde der Text nicht als seine eigene persönliche Meinung, sondern die Landesverteidigungsakademie in der Roßauer Lände wurde als Anschrift angegeben. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner hat bereits eine disziplinarrechtliche Prüfung einleiten lassen, heißt es auf „X“ (vorher „Twitter“).

Auch ein Sprecher des Verteidigungsministeriums meldet sich und gibt gegenüber dem „Falter“ ein Statement. Oberst Michael Bauer sagt zu dem Vorfall, dass der Text „verrückt“ und „absurd“ ist. Der Text spiegelt nicht der Meinung des Verteidigungsministeriums wider und sei von dem Beamten als „Privatperson“ verfasst worden.

#faltergate, oder: Biedermänner und Brandstifter

Wir halten also fest: Der Text ist, wie Obst. Bauer ausweist, „von dem Beamten als ‚Privatperson'“ verfasst worden.

Die Verteidigungsministerin „hat bereits eine disziplinarrechtliche Prüfung einleiten lassen“.

Für eine „Privatmeinung“ nachdem ein Journalist, der bekannt dafür ist, seine „Haltung“ mit zum Teil saftigen Rundumschlägen zu „vertreten“, den Ministerialbeamten im Internet bei dessen Arbeitgeber angeschwärzt hat.

Dies scheint, zumindest die Einschätzung von „Mobbing“ bzw. „Cyber-Bullying“ zu treffen, wie diese von u.a. den Vereinten Nationen ausgewiesen wird:

Was ist Cybermobbing?

Unter Cybermobbing versteht man Mobbing unter Einsatz digitaler Technologien. Es kann auf sozialen Medien, Messaging-Plattformen, Gaming-Plattformen und Mobiltelefonen stattfinden. Dabei handelt es sich um wiederholtes Verhalten, das darauf abzielt, die Zielpersonen zu erschrecken, zu verärgern oder zu beschämen. Beispiele beinhalten:

  • Lügen über jemanden verbreiten oder peinliche Fotos oder Videos von jemandem in den sozialen Medien veröffentlichen
  • Versenden verletzender, beleidigender oder bedrohlicher Nachrichten, Bilder oder Videos über Messaging-Plattformen
  • Sich als jemand auszugeben und in seinem Namen oder über gefälschte Konten böse Nachrichten an andere zu senden.

Persönliches Mobbing und Cybermobbing können oft nebeneinander auftreten. Aber Cybermobbing hinterlässt einen digitalen Fußabdruck – eine Aufzeichnung, die sich als nützlich erweisen und Beweise liefern kann, die dazu beitragen, den Missbrauch zu stoppen.

Das ist hochgradig absurd – und brandgefährlich.

Es zeigt vor allem, dass es heutzutage schon ausreicht, eine eigene Meinung zu haben, die von der Meinung von Menschen mit erhöhter öffentlicher Sichtbarkeit abweicht. Dies ist das „Gedankenverbrechen“ von Hofrat Harald Haas.

Besonders niederträchtig ist allerdings das Verwischen von „privaten“ und „fachlichen“ bzw. „beruflichen“ Aspekten hierbei: Hofrat Haas äußert entweder einen privaten oder fachlichen Standpunkt und erntet sowohl unflätige Beschimpfungen von Arbeitskollegen (Obst. Bauer) und ein Disziplinarverfahren (Ministerin Tanner). Dessen arbeitsrechtliche Begründung würde mich da schon interessieren…

Hinzu kommt, dass Florian Klenk die z.T. aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit resultierende Reichweite und öffentliche Wahrnehmung dazu einsetzt, ihm nicht genehme „Privatmeinungen“ (oder was auch immer) nicht nur für (fast) alle ersichtlich zu diffamieren, sondern den Verfasser auch gleich bei dessen Arbeitgeber anschwärzt.

Es fällt mir schwer zu glauben, dass man an diesem Verhalten der Akteure – Chefredakteur Klenk, Obst. Bauer und Ministerin Tanner – nichts auszusetzen hat.

Darüber hinaus stehen grundsätzliche Fragen über Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit im Raum, von dem Fehlen jeglicher Zurückhaltung und professionellem Verhalten der genannten Akteure ganz zu schweigen.

Man denkt an eine Leon Trotzki zugeschriebene Aussage:

Jeder hat das Recht, gelegentlich dumm zu sein, aber du missbrauchst dieses Privileg.

Bild Manfred Werner – Tsui, Republikdenkmal 12.11.2008b, CC BY-SA 3.0

Unsere Arbeit ist spendenfinanziert – wir bitten um Unterstützung.

Folge TKP auf Telegram oder GETTR und abonniere unseren Newsletter.


Kriegspropaganda kennt keinen Halt

EU-Propagandamaschine zur totalen Chatkontrolle

14 Kommentare

  1. helmutmichael 21. März 2024 at 13:48Antworten

    Ein fester Trottel …. ;-)

  2. Taktgefühl 21. März 2024 at 9:33Antworten

    Ich könnte mir vorstellen, ein Grund für die Überreizung ist das Internet selber? Die Protagonisten der Glasfaser haben damit das größte Problem.
    „Sein Prinzip ist überhaupt: was beliebt, ist auch erlaubt; denn der Mensch als Kreatur hat von Rücksicht keine Spur.“ Wilhelm Busch

  3. Jan 20. März 2024 at 19:14Antworten

    Womit bewiesen wäre: Klenk kann dem Trotzki nicht das Wasser reichen!

  4. Andreas N 20. März 2024 at 16:50Antworten

    beim falter handelt es sich ganz offenbar um blattlinie möglichst einseitig zu operieren und den erwartungen der geberseite zu entsprechen. das beweist nicht nur der engstirnige auftritt klenks, auch kollegin pechtl belehrt über „fehlende impfungen“, die als alleinschuld für steigende erkrankungszahlen die impfmüdigkeit der österreicher ausmacht. was denn sonst. wer die weisheit mit den löffel einnimmt, dem steht ein solchermaßen qualifiziertes, wissenschaftlich sicher überprüfbares und vor allem abwertendes urteil über andersdenkende sicher zu. würde die qualität beim austeilen der kümmerlichen wehleidigkeit beim einstecken entsprechen könnte man ja in eine diskussion einsteigen. ist aber nie und nimmer erwünscht, das urteil ist bereits vorab gefällt und der falter zum vollzugsorgan verwest. sage ich als ex-leser.
    ps: youtube / krone-schmalz über russland (klenk wird toben, wofür ich aber nichts kann)

  5. Fritz Madersbacher 20. März 2024 at 15:09Antworten

    Leider ist der die Aufregung hervorrufende Artikel nicht im Internet auffindbar (oder habe ich etwas übersehen?), aber es ist anzunehmen, dass sich nur NATO-Quislinge so fürchterlich darüber aufregen müssen. Zugleich hat diese Meute offensichtlich Angst davor, dass die Leute lesen können, worüber sie sich so aufregt.
    Kürzlich hat der US-Außenminister in Wien unwidersprochen festgestellt, dass Österreich „politisch nicht neutral“ ist. In den wichtigsten politischen Funktionen, in den Medien, in der Armee unseres Landes befinden sich lauter NATO-Kollaborateure, zusammen eine Fünfte NATO-Kolonne, die trotz dem Wunsch der Bevölkerung nach Neutralität ungestört ihr neutralitätsfeindliches Unwesen treiben dürfen …

    • I.B. 20. März 2024 at 17:35Antworten

      ()https://www.falter.at/zeitung/20240319/der-putinversteher-aus-dem-heeresressort

  6. Neuburger 20. März 2024 at 14:52Antworten

    Gibt es den Text von Harald Haas irgendwo online nachzulesen?
    Scheint ein vernünftiger intelligenter Mann zu sein.

    • I.B. 20. März 2024 at 17:39Antworten

      Ich habe nach Harald Haas gesucht und bin beim Falter gelandet, siehe Antwort auf Fritz Madersbacher

  7. therMOnukular 20. März 2024 at 14:29Antworten

    Hat der Falter überhaupt noch mehr Abonnenten als Ausgaben/Jahr?

    Aber wenigstens eines haben Klenk und ich gemeinsam: wir bringen beide 1mal die Woche unseren Müll raus…..

    • Dorothea 20. März 2024 at 15:05Antworten

      Leider wird Ihr Müll nicht mit Steuergeld gefördert.

  8. H.Rieser 20. März 2024 at 13:52Antworten

    Man mag darüber nachdenken ob Klenk, Wolf, usw.. intelektuell für eine DDR 2.0, oder für ein 4tes Reich stehen? Klar ist, historisch gesehen, daß beide sich mit dem „Großkapital“ und „Muslimen“ verbündet haben um wie die Nazis ihre ideologischen (politischen) Ziele zu erreichen ..

  9. Pfeiffer C 20. März 2024 at 13:01Antworten

    Im inkriminierten Text des Harald Haas steht wörtlich: „Es gibt allen Grund zu der Annahme, dass nicht Russland, sondern die Vereinigten Staaten die größte Bedrohung für die globale Sicherheit und die Sicherheit in Europa darstellen“. Was ist daran falsch????

    Gleichwohl: Thurnher & Klenk, in trauter Personalunion, diese woke, reaktionäre linke & rechte Hand des Alt-Medien-Teufels, personifiziert in Ignazio Silones Merkspruch :

    Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: «Ich bin der Faschismus» Nein, er wird sagen: «Ich bin der Antifaschismus»

    In Erinnerung an den Pkarmalobbyistenscharfmacher Thurnher:

    „Die Corona-Leugner, die Schwurbler, die Impffeiglinge und die Spritzenscheuen, die Wissenschaftshasser und die medizinischen Besserwisser sind ganz klar die gesellschaftliche Minderheit.”

    Und unzähligen einschlägigen Agitations-Falter-Artikeln mit Wissen & Zustimmung des Falter Mitgesellschafters Klenk über bellingcat oder über die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, ff, allesamt mit Geheimdiensthintergrund für US-narratives, braves, betreutes Denken!

    Das Perfide daran ist, daß Thurnher & Klenk intelligente, aber skrupellose Burschen sind.

    Hier meine öffentliche Aufforderung @ Herr Klenk:

    Organisieren Sie doch eine öffentliche Lesung der Ärzte-Chat-Corona-Protokolle im Burgtheater!

    Weil – Wieder-Gutzumachendes haben Sie und Ihr Spezi Thurnher für ein Propaganda-Falschmmeldungssaldo analog der Hugenberg-Presse-Liga!

    @An alle, die das lesen: Danke, es geht schon wieder – einatmen – ausatmen…

    • Hasdrubal 20. März 2024 at 14:03Antworten

      Im inkriminierten Text des Harald Haas steht wörtlich: „Es gibt allen Grund zu der Annahme, dass nicht Russland, sondern die Vereinigten Staaten die größte Bedrohung für die globale Sicherheit und die Sicherheit in Europa darstellen“.

      Genau das habe ich im chaotischen Artikel darüber vergeblich gesucht. (Es müsste gleich zum Anfang stehen, damit man es gleich mitkriegt, worum es eigentlich geht.) Im wirklich neutralen Land sollte es kein Problem sein, offensichtlich wurde Österreich längst zum US-Vasallen.

  10. Hasdrubal 20. März 2024 at 11:44Antworten

    dass eine Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums etwas „unpassendes“ veröffentlicht hatte

    Was genau (zusammengefasst), habe ich hier nicht gefunden – da hilft nicht, dass der Artikel zum Ende Trotzki zitiert. Arbeitet Trotzki aktuell für KuK-Heer und wurde abgemahnt?

Regeln für Kommentare: Bitte bleibt respektvoll - keine Diffamierungen oder persönliche Angriffe. Keine Video-Links. Manche Kommentare werden erst nach Prüfung freigegeben, was gelegentlich länger dauern kann.

Aktuelle Beiträge