Netto-Null-Ziele scheitern am Realitätscheck

9. Februar 2024von 4,3 Minuten Lesezeit

Bereits im Jahr 2021 erschienen die Annahmen im Netto-Null-Bericht 2050 der IEA vielen als unrealistisch. Faktoren wie Inflation und Kreditkosten sowie technologische Herausforderungen und Wettbewerb haben sich selbst für die Wind- und Solarindustrie als gültig erwiesen. Die IEA prognostiziert in ihrem jüngsten Bericht wieder, dass die Nachfrage nach Öl und Gas ihren Höhepunkt vor 2030 erreichen wird – und das, obwohl die Nachfrage einen Rekord nach dem anderen bricht.

Im Jahr 2021 veröffentlichte die Internationale Energieagentur einen grundlegenden Bericht mit dem Titel „Net Zero by 2050: A Roadmap for the Global Energy Sector(Netto-Null bis 2050: Ein Fahrplan für den globalen Energiesektor). Der Bericht erregte großes Aufsehen, nicht zuletzt wegen der darin enthaltenen Annahmen über den Verbrauch von Öl, Gas und Kohle.

Viele Unternehmen, vor allem in der Welt der Finanzdienstleistungen, nahmen den Bericht jedoch für bare Münze und machten ihn zur Grundlage oder zumindest zum Bezugspunkt für ihre Netto-Null-Pläne. Nun müssen sie diese revidieren. Denn es hat sich herausgestellt, dass die Annahmen der IEA ziemlich weit hergeholt waren. Und sie waren nicht die einzigen.

Bloomberg berichtete diese Woche, dass auch die Banken damit beschäftigt sind, ihre Netto-Null-Pläne zu korrigieren, die auf Prognosen wie dem ursprünglichen Netto-Null-Fahrplan der IEA beruhten. Und das aus gutem Grund. Dieser Fahrplan enthielt Aussagen wie ein „Ende der Investitionen in neue Projekte zur Versorgung mit fossilen Brennstoffen und keine weiteren endgültigen Investitionsentscheidungen für neue Kohlekraftwerke“.

Einige Monate nach der Veröffentlichung des Fahrplans forderte die IEA die Öl- und Gasindustrie auf, mehr in die Ölversorgung zu investieren, da sich eine Verknappung abzeichnete. Und das war noch vor Ausweitung des Krieges in der Ukraine, der den Befürwortern der Energiewende einen dringend benötigten Realitätscheck verschaffte und die vorrangige Bedeutung der Energiesicherheit bekräftigte.

Wir können nicht in der Weltanschauung von 2021 verharren„, sagte Celine Herweijer, HSBC Chief Sustainability Officer, gegenüber Bloomberg. „Wir können uns nicht für einen Weg entscheiden, der mehrere Jahre veraltet ist, und einfach daran festhalten. Wir müssen uns immer wieder ansehen, wie sich die Szenarien für eine Netto-Nullrunde entwickeln.

In der Tat hat die Nachhaltigkeitsbeauftragte von HSBC Recht. Erst letztes Jahr sah sich die IEA aufgrund der Energiewirklichkeit gezwungen, eine Aktualisierung ihres Netto-Null-Fahrplans zu veröffentlichen, in der die Nachfrage nach Kohle und Öl deutlich nach oben korrigiert wurde.

Dennoch prognostiziert die IEA in ihrem jüngsten Bericht, dass die Nachfrage nach Öl und Gas ihren Höhepunkt vor 2030 erreichen wird – und das, obwohl die Nachfrage einen Rekord nach dem anderen bricht, ganz im Gegensatz zu den regelmäßigen Prognosen der IEA und anderer zu Nachfrage- und Angebotstrends. Und es geht nicht nur um die Ölnachfrage. Die Nachfrage nach Kohle steigt, angetrieben von China und Indien. Letzteres hat kürzlich angekündigt, die Übergangsfinanzierung für staatliche Ölfirmen zu kürzen und die Kohleerzeugungskapazität zu verdoppeln.

Merkwürdigerweise baut Deutschland neue Gaskraftwerke. Das Aushängeschild der Energiewende, das Land mit einer der höchsten Kapazitäten an Wind- und Solarenergie, das in letzter Zeit damit geprahlt hat, Rekorde bei der Stromerzeugung zu brechen, baut Gaskraftwerke. Die Motivation dafür ist, „die Stromversorgungssicherheit zu gewährleisten, wenn der Anteil der intermittierenden erneuerbaren Energien steigt und die Kohle schrittweise abgeschafft wird“, so Clean Energy Wire.

Dennoch wurde Kohle im vergangenen Jahr schrittweise reduziert, nachdem die Regierungskoalition in Deutschland die letzten drei verbliebenen Kernkraftwerke des Landes geschlossen hatte – obwohl die Hälfte der Deutschen dagegen war. Weder die IEA noch irgendjemand sonst hätte das vorhersehen können. Und doch geschah es, zusammen mit anderen scheinbar unvorhersehbaren Ereignissen, wie z. B. der Verlangsamung der Nachfrage nach Elektrofahrzeugen in wichtigen Märkten.

In der Zwischenzeit haben beide Sektoren trotz massiver staatlicher Unterstützung für Wind- und Solarenergie sowohl in Europa als auch in Nordamerika zu kämpfen. Nach den optimistischen Szenarien, die die IEA und andere Befürworter der Energiewende den Anlegern auftischten, war dies nicht zu erwarten. Tatsächlich sollte die Wind- und Solarkapazität ungebremst wachsen. Doch in letzter Zeit hat sich gezeigt, dass die staatliche Unterstützung allein nicht ausreicht, um dieses ungebremste Wachstum zu gewährleisten.

Faktoren wie Inflation und Kreditkosten sowie technologische Herausforderungen und Wettbewerb haben sich auch für die Wind- und Solarbranche als gültig erwiesen – wie für alle anderen Branchen auch. Die optimistischen Prognosen und Fahrpläne prallten mit voller Wucht auf die Realität. Jetzt ist es an der Zeit, die Netto-Null-Ziele, die so viele Unternehmen auf diese Prognosen gestützt haben, überstürzt anzupassen.

Die Frage ist, ob auch die EU-Bürokraten irgendwann einmal geneigt sein werden, Fakten zur Kenntnis zu nehmen. Zu befürchten ist, dass sie noch lange an ihren zerstörerischen Plänen festhalten. Die Bauern haben das jedenfalls verstanden und wehren sich.


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9 Kommentare

  1. Jurgen 10. Februar 2024 at 16:50Antworten

    Die neuen Gaskraftwerke werden gebaut, weil der Bund ja bald abgewickelt sein wird und die völkerrechtlich zur Neuaufstellung freigegebenen Gebiete dann aktiv sein können…

    Aufgrund des Völkerrechts wurde die 4. Röre nicht zerstört, weil die Strafen horrend sind, wenn man eine zur Neuaufstellung freigegebenen Nation die Grundlagen dafür (Energie ist eine solche) entzieht!

  2. Karsten Mitka 9. Februar 2024 at 17:21Antworten

    Netto-Null haben die Klimafaschisten doch schon lange erreicht, auf ihre Hirnmasse bezogen!

  3. KH 9. Februar 2024 at 16:45Antworten

    Am Ende ist die Quintessenzen doch: keine Menschen – keine CO2-Ausbringung.
    Warum sind die Klimajünger nicht schon auf die Idee gekommen? Einfach mal Konsequent mit gutem Beispiel voran gehen? Bei sich selber anfangen. Bitte!

  4. Georg Uttenthaler 9. Februar 2024 at 16:14Antworten

    KLIMANOTSTAND: Wenn man alle Argumente und Aussagen zusammen betrachtet, lassen sie bei vernünftiger Überlegung nur eine Feststellung zu: Wir werden in großem Stil von der Politik und vom IPCC belogen und betrogen.
    Es bleibt die Frage: Warum?
    Es geht um vier Dinge. Erstens, wenig überraschend: 1.) GELD: hier beschreibt ein „Mit-Geburtshelfer des IPCC“, wie man 1986 auf die Idee kam, aus dem Wort „Klimakatastrophe“ ein „gigantisches Geschäft“ zu konstruieren. Die sogenannten erneuerbaren Energien sind ein wunderbares Mittel für die Energiekonzerne, Subventionen zu erhalten. Vor allem aber sind Energiesteuern wie die Kraftstoffsteuer oder die geplante CO2-Steuer eine hervorragende Möglichkeit für Politiker, den Verbraucher weiter zu schröpfen und Geld für ihre grünen „Umverteilungsphantasien“ zu generieren.

    2.) die Ablenkung von echten Problemen: hohe Kriminalität, Erosion des Rechtsstaats, astronomische Staatsverschuldung, LINKER- EU-Sozialismus und -Bürokratismus, Massenmigration, hohe Steuern usw.…!

    3.) die globale Umverteilung von Wohlstand; Es ist ein Traum der (Global-) grün-roten KUMMERL- Kogler und Blabler- Sozialisten, durch Umverteilung überall auf der Erde gleiche ARMUT- Lebensverhältnisse herzustellen, sind wir ALLE doch auch die KLIMA- Schuldigen!

    4) die Errichtung einer Weltdiktatur. Es wird immer offensichtlicher: Die Eliten, wie sie sich in den geheimen ÖVP- WEF und SPÖ-„Bilderberg“-Treffen zusammenfinden, arbeiten daran eine totalitäre sozialistische DDR-PLEITE- Weltregierung zu errichten.

    Das Eingeständnis stammt aus der Autobiographie von David Rockefeller: „Sie charakterisieren meine Familie und mich als ‚Internationalisierten Gaukler wenn sie so wollen –, eine „Eine-Welt- Regierung“ aufzubauen. „Wenn das die Vorwürfe sind, bekenne ich mich schuldig und bin stolz darauf.“

    Es gäbe genügend Gründe für UNS Bürger, auf die Barrikaden zu steigen oder zumindest die dafür verantwortlichen Politiker und Parteien abzuwählen und auf Haftung- Schadenersatz zu klagen.

  5. Michael 9. Februar 2024 at 16:13Antworten

    „… 100.000 Seitenaufrufe weniger …“

    auch verzweifeltes Mailbombing nach jedem TKP-Beitrag und derwischartiges Um-Sich-Schleudern mit Zahlen wie ein abgekämpfter Hammer-(=Kugel)-Werfer, wie mit nassen Waschlappen, machen den Text nicht interessanter

  6. suedtiroler 9. Februar 2024 at 14:51Antworten

    wie sagte Habeck so schön? wir sind umzingelt von Realität!
    wäre nicht die erste Utopie (Idiotie) die an der Realität zerbricht

  7. Thomas Moser 9. Februar 2024 at 11:49Antworten

    Es wäre auch interessant mal zu sehen wie NettoNull exakt definiert ist. Ich vermute, es ist der gesamte CO2-Ausstos vermindert um die Beiträge CCS (C-Capture and store) und um die Aufnahme von CO2 durch Pflanzen und evtl, weitere Senken. Insgesamt sollt sich wohl durch NettoNull kein CO2 mehr in der Atmosphäre zusätzlich ansammeln, der Kohlenstoffkreislauf ist im Gleichgewicht. Unklar bleibt um wieviel die Emission reduziert werden muss, denn 90% Reduktion bis 2050 gegenüber 1990 (wie von EU gefordert) scheint völlig utopisch.

    • bekir 9. Februar 2024 at 12:18Antworten

      Definition Netto-Null:
      „Netto-Null bedeutet, dass alle durch Menschen verursachten Treibhausgas-Emissionen durch Reduktionsmaßnahmen wieder aus der Atmosphäre entfernt werden müssen und somit die Klimabilanz der Erde netto, also nach den Abzügen durch natürliche und künstliche Senken (siehe: Was sind Negativemissionen?), Null beträgt. Damit wäre die Menschheit klimaneutral und die globale Temperatur würde sich stabilisieren.“
      https://www.myclimate.org/de-de/informieren/faq/faq-detail/was-bedeutet-netto-null-emissionen/

      Kleiner Haken:
      „Je später dieses Ziel erreicht wird, desto höhere Negativemissionen sind nötig.“

      Da die Investoren in Scharen aus der grünen Branche fliehen und die deutschen Sondervermögen, Doppel-Wummse und Waffenpakete für die Ukraine den Haushalt austrocknen, fragt sich bloß:
      Wer wird das am Ende bezahlen?
      https://tkp.at/2023/12/28/investoren-fluechten-aus-der-branche-fuer-gruene-energie-in-deutschland-und-weltweit/

      Vielleicht niemand: Die Bunderegierung hat auch „beschlossen“, dass 400.000 Wohnungen jährlich neu gebaut werden sollen – und wundert sich jetzt, dass trotz hohen Bedarfs kein Investor und kein Häuslebauer sich ans Bauen macht.

  8. niklant 9. Februar 2024 at 10:19Antworten

    Deutschland baut Gaskraftwerke, aber woher kommt das Gas? Immer noch über Drittländer nach Deutschland, mit Preisen des Horrors? Es wird Zeit, die Amerikaner rtaus zu schmeissen und der EU gewaltig auf die Finger zu klopfen, denn es wird nur noch gelogen und betrogen! Die Deutschen sollen in den Ruin getrieben werden, während die Medien in den ÖRR Anstalten nach positive Lügen suchen! Warum haben wir einen Superbowl, den hier nicht wirklich alle sehen wollen? Die Amerikanisierung kommt, kommen auch die Waffengesetze für die Bürger?

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