Warum ist Energie so teuer? Das Merit-Order-Prinzip

28. Januar 2024von 3,3 Minuten Lesezeit

Seit 2022 steigen die Stromkosten. Sie haben sich bis heute in etwa verdoppelt. Viele Menschen können ihre Stromrechnung kaum noch bezahlen. Fast sämtliche Produkte werden teurer, da für Herstellung und Transport Energie benötigt wird. Unternehmen, die auf günstigen Strom angewiesen sind, wandern ab. Die Politik scheint das nicht zu stören. Im Gegenteil. Sie verursacht und fördert die hohen Strompreise. Wie kann das sein? Wer hat ein Interesse an dieser Entwicklung?

Der Strompreis wird durch das Merit-Order-Prinzip bestimmt. Das bedeutet, dass die Kraftwerke, die Strom am günstigsten produzieren können, ihn auch als Erste einspeisen dürfen. Darauf folgen Kraftwerke mit höheren Produktionskosten bis die Nachfrage gedeckt ist. Entscheidend für den Preis, den sämtliche Kraftwerke für ihren Strom erhalten, ist das letzte Kraftwerk, das zugeschaltet wird, das sogenannte Grenzkraftwerk.

Betragen die Kosten für die Herstellung eine Kilowattstunde aus Windkraft beispielsweise 5 Cent, die Kosten für eine Kilowattstunde aus Steinkohle oder Erdgas jedoch 20 Cent, so erhalten die Betreiber der Windkraftanlagen aufgrund des Merit-Order-Prinzips ebenfalls 20 Cent. Diese Differenz führt zu einer enormen Marge und zu exorbitanten Profiten der Eigentümer der Windkraftanlagen.

Dem Merit-Order-Prinzip vorgelagert sind Angebot und Nachfrage. Werden Kernkraftwerke abgeschaltet, wird damit das Angebot verknappt und der Strompreis schießt in die Höhe. Die Sprengung einer Gas-Pipeline führt zur Verknappung des Angebots an Erdgas und damit zu einem hohen Erdgaspreis.

Die preisbestimmenden Grenzkraftwerke sind in den meisten Fällen Gaskraftwerke. Aufgrund des hohen Gaspreises steigen nun die Kosten für die Herstellung von Strom. Sie müssen beispielsweise teures Fracking-Gas aus den USA kaufen.

Diese Kosten haben Windkraftanlagen- und Photovoltaik-Betreiber nicht. Ihre Profite entstehen durch die Gasverknappung und den Ausstieg aus der Kernkraft, denn beides führt zum Anstieg der Differenz zwischen den Herstellungskosten einer Kilowattstunde aus Wind und Photovoltaik und den Kosten einer Kilowattstunde aus Kohle und Gas.

Je teurer der Strom aus Kohle und Gas ist, desto größer ist diese Differenz und desto größer sind die Profite der Eigentümer von Windkraft- und Photovoltaikanlagen.

Mit der Abschaltung der Kernkraftwerke ist die Industrie der erneuerbaren Energien außerdem einen lästigen Konkurrenten los geworden. Denn Kernkraftwerke produzieren Strom mit äußerst niedrigen Kosten. Hätten wir nun einen Mix aus Kernenergie und erneuerbarer Energie, der die Nachfrage decken könnte, so wäre die Differenz zwischen dem ersten und letzten Kraftwerk sehr gering. Die Strompreise wären sehr niedrig, doch die Profite der Energieunternehmen und die Einnahmen des Staates wären ebenfalls gering.

Das liegt nicht im Interesse der Betreiber von Windkraft- und Photovoltaikanlagen und es liegt nicht im Interesse des Staates. Denn beide profitieren von den hohen Grenzkosten der Kohle- und Gaskraftwerke, die durch die Anwendung des Merit-Order-Prinzips den Preis bestimmen.

Für die Verbraucher, die Unternehmer, die auf günstigen Strom angewiesen sind, für die Menschen, die ihre Stromrechnung nicht mehr bezahlen können, ist das konzertierte Verhalten von Politik und der Industrie der erneuerbaren Energien existenzgefährdend. Es ist ungerecht, verursacht Inflation und richtet sich gegen die Bevölkerung, gegen die Mehrheit der Unternehmen, gegen die Grundrechte, gegen die Demokratie und das Grundgesetz, gegen jede Ethik und Humanität. Man kann es als korporatistisch-kapitalistische Ausbeutung bezeichnen.

Bild von Benita Welter auf Pixabay

Die in diesem Artikel geäußerten Ansichten spiegeln nicht unbedingt die Ansichten der fixen Autoren von TKP wieder. Rechte und inhaltliche Verantwortung liegen beim Autor.

Tom Reimer, promovierter Neurobiologe, Massenpsychologe und freier Autor, studierte Biologie, Germanistik und Philosophie, schreibt Gedichte, Podcasts, ist Kabarettist, initiiert und realisiert Projekte mit der Grundmotivation, unser Zusammenleben, unsere Gesellschaft zu bereichern. Gegenwärtig arbeitet er an einem eigenen Kabarett-Programm, einem geförderten Animationsfilm, einem Gedichtband und einem Roman.


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13 Kommentare

  1. Was andere Medien sagen 29. Januar 2024 at 13:25Antworten

    […] 29.1.24 tkp-at: Warum ist Energie so teuer? Das Merit-Order-Prinzip – „Der Strompreis wird durch das Merit-Order-Prinzip bestimmt. Das bedeutet, dass die Kraftwerke, die S…" […]

  2. Andreas I. 29. Januar 2024 at 11:41Antworten

    Hallo,
    die Mehrheit der Deutschen WILL teure Energiepreise.

    Denn:
    Die Mehrheit der Deutschen wählt immer wieder liberal.
    (die Blockparteien sind alle liberal und im Liberalismus muss alles privatwirtschaftlich sein, also wer liberal wählt…)

    Es gibt auf dieser Erde Staaten, da ist die Energieversorgung staatlich.
    Der Staat hat direkt die Einnahmen aus dem Verkauf und muss nicht nochmal Steuern drauf tun, d.h. es ist für die Verbraucher billiger und es landet mehr in der Staatskasse.
    Zu den Verbrauchern gehört auch die private Realwirtschaft, die hat mit staatlicher Energieversorgung ordentliche Wettbewerbsbedingungen, also das ist auch liberal – aber an der volkswirtschaftlich richtigen Stelle, Realwirtschaft.

  3. Hasdrubal 29. Januar 2024 at 8:41Antworten

    @„… ist das konzertierte Verhalten von Politik und der Industrie der erneuerbaren Energien existenzgefährdend. Es ist ungerecht, verursacht Inflation und richtet sich gegen die Bevölkerung, gegen die Mehrheit der Unternehmen, gegen die Grundrechte, gegen die Demokratie und das Grundgesetz, gegen jede Ethik und Humanität.„

    Es entspricht dennoch der Korruption der USA-Statthalterei „EU“, die im Interesse westlicher Oligarchen genau jede Sauerei durchziehen würde. Das Gebilde gehört zerschlagen, selbst wenn dazu BRICS-Hilfe vonnöten wäre – mit etlichen Great-Reset-Dysotopien um Energie und Ernährung.

    Höchste Zeit, dass östliche Politiker öfter sagen, was für Betrug Klimagedöns ist, auf dem Energiepolitik im Westen derzeit basiert. Wer kann, sollte in östlichen Medien dies einfordern (ich tat es etwa in den Leserbriefen des gewissen Mediums, wovon etliche freigeschaltet wurden).

  4. lbrecht torz 29. Januar 2024 at 7:02Antworten

    „Denn Kernkraftwerke produzieren Strom mit äußerst niedrigen Kosten.“

    Aber nur, wenn die wahren Kosten (Landschafts- und Lebensraum-Zerstörung in den Bergbauländern, Srahlenbelastung, … aber insbesondere die Entsorgungsproblematik) externalisiert werden können. Man denke auch an die ungeheuren Subventionen bei der Atomkraft-Entwicklung und -Weiterentwicklung.

    • Hasdrubal 29. Januar 2024 at 8:46Antworten

      Man denke auch an die ungeheuren Subventionen bei der Atomkraft-Entwicklung und -Weiterentwicklung

      Die wurde allerdings bereits entwickelt und gebaut – jetzt müsste man sie nur noch weiter betreiben, was nicht mehr so viel kosten würde. Auf Betreiben der Windräder-Mafia mit den Grün:innen wurden AKWs abgeschaltet und viele bereits zerstört, damit es keine Rückkehr gibt.

      • I.B. 29. Januar 2024 at 11:08

        Ich habe irgendwann einmal gehört, dass der Atommüll auch einmal entsorgt werden müsste. Kostet wahrscheinlich gar nichts und ist 100% sicher.

      • lbrecht torz 30. Januar 2024 at 10:56

        ätHasdrubal: Verstehen Sie das Wort „Weiterentwicklung“ nicht? natürlich fließen da Steuergelder immer weiter und weiter. Schon mal das Wort „Kernforschungszentrum“ gehört? Was meinen Sie, wer die (es gibt mehrere) hauptsächlich finanziert?

  5. Berggoaß 29. Januar 2024 at 0:00Antworten

    Es gibt schon noch einen Unterschied: konventionelle Kraftwerke werden NACH BEDARF gefahren. Weil Energie kaum speicherbar, müssen Angebot und Nachfrage zusammenpassen.

    PV-Anlagen werden nicht durch den Bedarf gesteuert, sondern durch die grundsätzliche Möglichkeit – wenn die Sonne scheint. Es kommt inzwischen leider oft genug vor, dass dadurch zuviel Energie im Markt ist, das Netz muss steuernd eingreifen, es kommt zu Redispatchkosten. Den Energiehändlern, die PV vom Einspeiser abnehmen entstehen Kosten auf 2 Seiten: in Form von Ausgleichsenergiekosten im Markt und in Form von den Kosten, die er dem PV-Produzenten zahlen muss, weil der ja „vermeintlich“ so wertvolle Energie schickt.

  6. Christoph Baldauf 28. Januar 2024 at 19:41Antworten

    Früher nannte man das Kartellpreis und der war verboten.

  7. Jan 28. Januar 2024 at 19:08Antworten

    Die Warum-Frage lässt sich sehr einfach beantworten.

    Es gibt die falsche Idee, dass eine Erhöhung der Ölpreise inflationär wirke. Dh, die Ölpreise steigen, die Arbeiter verlangen höhere Löhne und können die höheren Preise zahlen.

    Da bei Ressourcen erst die billig abbaubaren genutzt werden, ist die zweite Hälfte des verfügbaren Öls teurer. Auch alternative Energien sind teurer als billiges Öl und nur mit Subventionen möglich, was auf Dauer natürlich volkswirtschaftlich keinen Sinn macht. Es gibt aber eine Reihe von staatsnahen Publikationen, die der Auffassung sind, auch aufwendigere Produktionsmethoden (Fracking, Offshore, weite Distanzen) würden inflationär wirken.

    Offensichtlich war die Idee, dass das Land mit dem größten Anteil an alternativen Energien vorangehen möge, jenen Teil der Wirtschaft, die eine Inflation nicht erträgt, abstößt und gesundet und auf alternative Energie umgestellt ins postfossile Zeitalter fährt. Das ist besonders deshalb auch Deutschland, weil man gemeint hat, dass alternative Energie durch Skalierung der Technik billiger werden würde und ein reiches Land diese Investition tätigen möge und nicht zB Indien. Dass das nicht der Fall ist, hätte man seit der Pleite der deutschen Solarindustrie erkennen müssen.

    Das Problem ist, dass über die letzen Jahrzehnte vor dieser Idee der Inflationierung gewarnt worden ist. Erstens gibt es eine Reihe von Versuchen des Kartells OPEC+, den Preis zu erhöhen, die immer abfallende Mengen zur Folge hatte, zweitens ist ökonometrisch argumentiert worden, dass höhere Preise nicht inflationär, sondern rezessiv wirken. Dazu gibt es eine ganze Reihe von Argumenten.

    In Diskussionen hört man meist die Meinung, dass, sollte es kein billiges Öl mehr geben, Gott eine unermessliche Menge an Energie zur Verfügung stellen wird oder die Ingenieure oder Bohrungen über 15km oder Freie Energie oder im Notfall kommen die besten Ideen! Und dann kommt ein ganzer Schwall esotherisch-psychologischer Ratschläge, ganz als ob Psychologie die technisch-ökonomische Realität ändern könnte.

    Es ist davon auszugehen, dass deutsche Regierung auf die gleichen Argumente hereingefallen sind.

    Wenn ein höherer Ölpreis nicht inflationär wirkt, sondern rezessiv, ist die Umstellung auf alternative Energie nicht möglich. Das bedeutet, Kapitalismus ist nicht möglich und 8 Mrd Menschen sind nicht möglich.

    Es bedeutet aber auch, dass die zweite Hälfte des aufwendiger zu fördernden Öls in der Erde bleibt.

    Und es bedeutet auch, dass jene Länder mit billigem Öl, das sind die Saudis, Iran, Irak und das Kaspische Meer und eventuell Venezuela einen Verkäufermarkt vor sich haben und den USA und Europa nichts verkaufen müssen.

    Und das bedeutet Hunger.

    Es sei noch angemerkt, dass die Finanzmärkte einen guten Grund haben, die Anleger glauben zu machen, man habe die Energieproblematik im Griff. Deshalb denke ich, dass Blackrock und Co bei dem Spiel mitmachen.

    Deutschland wird nun in kurzer Zeit BIP und Bevölkerung verlieren. Das wird auch die Opposition nicht mehr ändern können. Mit Deutschland wird auch Österreich, dessen Wirtschaft gekoppelt ist, in den Abwärtsstrudel geraten und die EU wird zerfallen.

    Wenn man mit 180km/h lustig gegen den Betonpfeiler fährt, ist es möglich, dass man danach tot ist!

    Das Beste, was man noch machen kann: Saat und Eisenwerlzeuge kaufen kaufen, raus aus den Städten, Kompost und Hügelbeete anlegen (geht auch auf schlechtem Boden!) und Tiere halten, am besten Hühner, Rinder und Schafe.

  8. palman 28. Januar 2024 at 18:54Antworten

    . . . und OBACHT in BRD !!! – „mein“ monatl. GAS-Abschlag belief sich im Dezember ’23 noch auf „2 5 0“ Euronen – und just ab diesen JANUAR „greifen“ („Die Schweine“) MIR glatte „3 5 0“ (drei-hundert-fünfzig), o h n e VOR-Warnung, einfach so > „a b“ < !!! – > ICH glaub‘ – jetzt HACKT es < !!! !!! !!! :-(((

  9. Georg Uttenthaler 28. Januar 2024 at 18:04Antworten

    Was die EU-Kommission und die Minister in Deutschland und in der gesamten EU sorgfältig verbergen, ist die von ihnen geschaffene Veränderung der Art und Weise, wie der Erdgaspreis heute bestimmt wird. Fast zwei Jahrzehnte lang begann die EU-Kommission, unterstützt von Megabanken wie JP Morgan-Chase (finanzierte auch den 2.WK.) oder großen spekulativen Hedgefonds, die Grundlagen für die heutige vollständige Deregulierung des Erdgasmarktes zu schaffen.

    Sie wurde als „Liberalisierung“ des Erdgasmarktes in der Europäischen Union beworben. Statt langfristiger Verträge werden die Preise nun durch unregulierten Echtzeithandel auf dem freien Markt festgelegt.
    Etwa ab 2010 begann die EU, eine radikale Änderung der Regeln für die Preisbildung bei Erdgas voranzutreiben.
    Bis zu diesem Zeitpunkt!!! wurden die meisten Gaspreise in langfristigen Verträgen für Pipeline-lieferungen festgeschrieben. Der größte Lieferant, die russische Gazprom, lieferte Gas in die EU, insbesondere nach Deutschland, in langfristigen Verträgen, die an den Ölpreis gekoppelt waren.

    Bis vor einigen Jahren wurde fast kein Gas mit LNG- Schiffen importiert. Mit einer Änderung der US-Gesetze, die 2016 den Export von LNG aus der riesigen Schiefergasproduktion erlaubte, begannen die US-Gasproduzenten mit dem Bau von LNG- Exportterminals in großem Umfang, auch in Deutschlan bis vor wenigen Tagen, an dem Biden den Stopp verkündete und die Schiffe einstellte!!!

  10. federkiel 28. Januar 2024 at 17:42Antworten

    Das Grundübel ist doch, daß Strom an den Börsen gehandelt wird, die aber keiner Aufsicht unterstellt sind. Die Merit-Order ist dann nachgelagert, verschärft das Ganze noch.

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