Kampf um die Zukunft

18. Dezember 2023von 8,7 Minuten Lesezeit

Das Bundesverfassungsgericht hat der Ampel-Regierung ein Loch von sechzig Milliarden Euro in den Haushalt gebrannt. Nun drehen sich die Diskussionen um den Weiterbestand der Schuldenbremse. Tatsächlich aber geht es um die weitere Finanzierbarkeit des Kapitalismus im politischen Westen.

Im normalen Leben besteht ein Vermögen aus Guthaben. In der Politik aber können selbst Schulden ein Vermögen sein, ein Sondervermögen. Das Geld der Sondervermögen, die in vergangenen Jahren geschaffen worden waren, besteht – anders als vermutet – nicht aus Guthaben sondern aus der Ermächtigung, zusätzliche Schulden machen zu können. Das heißt, dass das Geld nie da war, aber es durfte an den Finanzmärkten aufgenommen werden.

Vermögen durch Schulden

Derzeit gibt es 29 Sondervermögen, dessen ältestes noch aus dem Jahr 1951 stammt. Seit dem Jahr 2020 hat deren Umfang sprunghaft zugenommen, da sich die Bundesregierung außerordentlichen Notsituationen gegenüber sah, die aus dem ordentlichen, vom Parlament verabschiedeten Haushalt nicht bewältigt werden konnten. Deren erstes war der Corona-Fond mit einer Kreditermächtigung in Höhe von 150 Mrd. Euro.

Im Fonds Aufbauhilfe 2021 wurden dreißig Milliarden für die Folgen der Ahrtalkatastrophe bereitgestellt. Der dickste Batzen bestand in den Sondervermögen, die im Zuge des Ukrainekriegs geschaffen wurden. Die Bundeswehr bekam zusätzliche 100 Milliarden und der Wirtschaftsstabilisierungsfond in Höhe von 200 Milliarden Euro sollte die enorm gestiegenen Energiekosten auffangen, die der Bevölkerung und der Wirtschaft durch die Sanktionen gegen Russland entstanden waren.

Diese Sondervermögen haben nach Angaben des Bundesrechnungshofes mittlerweile die Summe von 869 Milliarden Euro erreicht und erhöhen die Gesamtverschuldung der Bundesrepublik Deutschland aus in Höhe von etwa 1,6 Billionen Euro um weitere fünfzig Prozent auf ungefähr 2,4 Billionen Euro. Auf diese Schulden, die in der Regel in Form von Anleihen an den Finanzmärkten aufgenommen werden, müssen Zinsen gezahlt werden an die Anleger, die diese Anleihen gekauft haben.

Die Sanktionen gegen Russland, aber auch schon die in 2020 begonnene Bepreisung des Kohlendioxid haben zu starken Preissteigerungen geführt. Diese Inflation versuchen die Notenbanken,  durch die Anhebung der Zinssätze von nahezu Null Prozent auf über vier Prozent zu bekämpfen.

Die höheren Zinsen in Verbindung mit der stark gestiegenen Neuverschuldung werden nicht ohne Auswirkungen auf die Haushalte der nächsten Jahre bleiben. Gegenüber dem Vorjahreswert von 3,4  Mrd Euro, dem niedrigsten seit der Einführung der Schuldenbremse(1), haben sich die deutschen Zinsleistungen  im Jahr 2022 mit 14,8 Mrd Euro bereits mehr als vervierfacht.

Haushaltsnöte

Das Bundesverfassungsgericht hat der bisherigen Handhabung der Sonderhaushalte Grenzen gesetzt, indem genehmigte, aber nicht verwendete Mittel eines Sonderhaushaltes nicht auf einen anderen übertragen werden können. Eine solche Übertragung von Kreditermächtigungen aus dem Coronafond hatte die Bundesregierung für den Klima- und Transformationsfonds vorgesehen.

Diese nun vorliegende Situation offenbart ein grundlegendes Problem des politischen Westens. Die Einnahmen reichen nicht aus, um den Staat sowie seine Aufgaben und Verpflichtungen zu finanzieren. Im Gegensatz zu den Ländern der Dritten Welt stehen den Ländern im Westen die internationalen Finanzmärkte für die Aufnahme von Krediten zur Verfügung, womit sie ihre Defizite im Haushalt ausgleichen können.

Das ist nur möglich, weil diese hoch entwickelten Staaten über eine leistungsfähige Wirtschaft verfügen, die ihnen hohe und vor allem verlässliche Steuereinnahmen garantiert. Zudem haben sie moderne Kapitalmärkte mit einer Vielzahl von Produkten, die Investoren aus aller Welt die Möglichkeit bieten, Kapital gewinnbringend und sicher zu anzulegen. Der amerikanische Anleihemarkt ist der größte und liquideste Finanzmarkt der Welt, sodass investiertes Geld jederzeit auch wieder abgezogen werden kann.

Weltweit fließen Ersparnisse und Kapital in diese Märkte. Sie finanzieren den westlichen Kapitalismus. Die Erfolge westlicher Unternehmen sind zu einem nicht unerheblichen Teil der Tatsache geschuldet, dass ihnen Kapital im Überfluss zur Verfügung steht. Das war im Systemkonflikt zwischen dem sowjetischen Sozialismus und dem westlichen Kapitalismus der entscheidende Nachteil der UdSSR. Sie verfügte nicht über genügend Kapital und hatte keinen Zugang zu dessen internationalen Märkten.

Der Zustrom von Kapital aus aller Welt ermöglicht nicht nur den westlichen Unternehmen sondern auch den westlichen Staaten selbst sich über Schulden zu finanzieren, wo die eigenen Einnahmen nicht ausreichen. Solange Zinsen und Tilgung der Anleihen geleistet werden, sind die Anleger weiterhin bereit, ihr Geld zur Verfügung zu stellen, auch wenn die Verschuldung der westlichen Unternehmen und Staaten immer weiter wächst.

Diese erreicht allein in den USA bis zum  Ende des Jahres 2023 einen Gesamtwert von 33 Billionen(europäisch) Dollar(2). Damit sind die USA im Verhältnis zu ihrem Bruttosozialprodukt mit 124 Prozent(3) verschuldet, Japan sogar mit etwa 220 Prozent. Auch bei die meisten Staaten der Europäischen Union übersteigt die Verschuldung die sechzig Prozent, die als Richtlinie gesetzt sind. In diesen Zahlen sind die privaten sowie die Unternehmensschulden und jene von Schattenbanken noch gar nicht berücksichtigt.

Es sind also gerade nicht die armen, unterentwickelten Länder, die am höchsten verschuldet sind, sondern gerade die hoch entwickelten Industriestaaten des politischen Westens. So verzeichnete China im Juni 2023 eine Verschuldung von nur 21,5%(4), obwohl in den westlichen Medien ein ganz anderes Bild von Chinas Verbindlichkeiten gezeichnet wird.

Der politische Westen setzt in seiner wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung zunehmend auf geliehenes Geld. Die statistisch hohen Pro-Kopf-Einkommen der westlichen Staaten vermitteln den Eindruck von Wohlstand, erzeugen aber ein falsches Bild, denn der Reichtum verteilt sich sehr unterschiedlich. Während Zinsen und Tilgung der öffentlichen Verschuldung von der Gesamtheit der Steuerzahler getragen werden müssen, kommt der Reichtum aus den Erträgen der Unternehmen allein den privaten Besitzern und Aktionären zugute.

Zukunft auf Pump

Die hohen Schuldenstände verursachen Zinskosten, die in ihrer weiteren Entwicklung die Handlungsfähigkeit des Staates bedrohen. Der Kapitalismus besonders im politischen Westen befindet sich in einer Zwickmühle, aus der es kein Entrinnen zu geben scheint. „Alleine in den letzten vier Quartalen … musste die US-Regierung auf die gesamte Staatsverschuldung 853 Milliarden Dollar an Zinsen bezahlen.“(5) Das entspricht fast einem Drittel der gesamten Staatseinnahmen des Landes von 2,99 Billionen Dollar.

Das bedeutet, dass immer größere Anteile des Budgets durch Kreditaufnahme dargestellt werden müssen und gleichzeitig auch immer größere Anteile der Staatseinnahmen in den Schuldendienst fließen. In immer kürzeren Abständen muss die Schuldenobergrenze der USA angehoben werden, um der Zahlungsunfähigkeit zu entrinnen. Einer ähnlichen Entwicklung sollte in Deutschland durch die Schuldenbremse begegnet werden.

Im Jahre 2009 war die Kreditaufnahme des Staates per Gesetz auf „0,35% am nominalen Bruttoinlandsprodukt“(6) festgelegt worden. Tatsächlich fiel die Zinslast, die sich seit den 1990er Jahren um die 40 Milliarden Euro jährlich eingependelt hatte(7) zum 31.12.2021 auf ihren Tiefststand bei 3,5 Milliarden Euro(8). Andererseits aber muss der Staat durch diese Begrenzung der Kreditaufnahme bei seinen Investitionen maßhalten.

Diese Einschränkung entfaltet gerade nun ihre unerwartet negative Wirkung, wo sich die Staaten des politischen Westens sowohl von Russland als auch von China abkoppeln wollen, um sich aus einer vermeintlichen strategischen Abhängigkeit zu befreien. Die gegen Russland verhängten Sanktionen und die wirtschaftlichen Behinderungen gegenüber Chinas Aufschwung führen zur Bedrohung von Lieferketten, die bisher für den Bezug billiger Energie und Waren gesorgt hatten. Diese zu ersetzen, ist nicht nur schwierig sondern vor allem auch teuer.

Denn alles, was China bisher billig lieferte, soll nun im westlichen Wirtschaftszonen hergestellt werden. Mit Förderprogrammen in Höhe von Hunderten von Milliarden Dollar und Euro sollen Zukunftstechnologien aus dem Boden gestampft werden. Aber der politische Westen steht nicht nur in Konkurrenz zu China sondern auch untereinander.

Besonders die USA und die EU machen sich ansiedlungswillige Unternehmen gegenseitig abspenstig und locken sie mit Subventionen in Milliardenhöhe in den eigenen Wirtschaftsraum. Das treibt den Kapitalbedarf zusätzlich an und damit die Zinslasten. Aber woher soll das Geld kommen und vor allem: Wessen Interessen sollen mit den knapper werdenden Mitteln vorrangig bedient werden?

 

Zuspitzung

 

Seit der Finanzkrise von 2008 sind die Spielräume des Staates immer enger geworden, den Interessen der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen Genüge zu tun. Denn die Beilegung der Krisen war immer verbunden mit zusätzlichen Kosten, die nicht mehr über den regulären Haushalt abgedeckt werden konnten.

Diese Kosten verschwanden zwar in den Sonderhaushalten aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit. Aber sie kamen immer wieder an die Oberfläche als Zinslasten,  die ständig größere Löcher in die Haushalte reißen und damit die Leistungsfähigkeit des Staates einschränken. Die fast 900 Milliarden Dollar, die die USA im aktuellen Jahr an Zinsen zahlen müssen, stehen zur Bewältigung anderer dringender Aufgaben nicht mehr zur Verfügung.

Die USA versuchen ihre Defizite durch höhere Kreditaufnahmen auszugleichen. Das geht aber nur, indem sie den Investoren höhere Zinsen bieten und auch zahlen. Die Europäische Union, allen voran Deutschland, hat es versucht durch die Beschränkung der Kreditaufnahme über eine Schuldenbremse. Beide Wege haben nicht dazu geführt, dass Staatseinnahmen und Ausgaben ins Gleichgewicht kamen.

Die unterschiedlichen Ansätze zur Staatsfinanzierungen können aufgrund ihrer Misserfolge über das grundlegende Problem nicht hinwegtäuschen: Der Kapitalismus im politischen Westen ist nicht mehr in der Lage, genügend Überschuss zu erwirtschaften, um die sozialen Belange der Gesellschaft zu bedienen und gleichzeitig Zukunftsinvestitionen zu tätigen.

Der kapitalistische Staat kommt immer näher an den Punkt, wo eine Entscheidung ansteht über die Anwendung der knapper werdenden Mittel: für die Belange der Bevölkerung, also der gesellschaftlichen Mehrheit, oder für die wirtschaftlichen Interessen der herrschenden Klasse der Kapitalbesitzer?

Diese Lage hat sich nun in Deutschland durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts erheblich zugespitzt. Denn es fehlen nun Milliarden und noch ist nicht erkennbar, wo die gehoben werden können und wo Abstriche gemacht werden, wenn kein neues Geld aufgetrieben werden kann. Eine Ausweitung der Verschuldung scheint sich anzubahnen, um Zeit zu gewinnen. Aber mit jedem Zinszahlungstermin werden die Spielräume enger.

(1) Alle Zahlen aus: Bundesrechnungshof Sondervermögen

(2) https://de.statista.com/statistik/daten/staatsverschuldung-der-usa/

(3) https://de.statista.com/staatsverschuldung-der-usa-in-relation-zum-bruttoinlandsprodukt-bip/

(4) https://www.ceicdata.com/de/indicator/japan/government-debt–of-nominal-gdp

(5) https://ruedigerraulsblog.wordpress.com/2023/06/27/kapitalismus-bis-zum-bitteren-ende/

(6) FAZ vom 2.12.2023 Christian Lindner und Marco Buschmann: „Schuldenbremse einfach nur einhalten“

(7) https://www.deutsche-finanzagentur.de/finanzierung-des-bundes/schuldenstatistik/zinseebenda

(8) ebenda

Bild „‚The Ampel – ballast of the Republic‘“ by Matthias Berg Fotograf Berlin is licensed under CC BY-NC-ND 2.0.

Die in diesem Artikel geäußerten Ansichten spiegeln nicht unbedingt die Ansichten der fixen Autoren von TKP wieder. Rechte und inhaltliche Verantwortung liegen beim Autor.

Rüdiger Rauls ist Buchautor und betreibt den Blog Politische Analyse


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Inflation ohne Ende

Wie BRICS die Welt verändert

8 Kommentare

  1. lbrecht torz 20. Dezember 2023 at 9:24Antworten

    „Die Einnahmen reichen nicht aus, um den Staat sowie seine Aufgaben und Verpflichtungen zu finanzieren.“

    Das stimmt einfach nicht. Die Einnahmen würden zigfach ausreichen. Dass es „nicht reicht“ liegt doch offensichtlich daran, dass der Staat „Aufgaben“ übernimmt, die völlig über seinen Rahmen (Ukraine, „Klima“, Auslands-„Demokratieförderung“, , Migrationsförderung, „Aufbauhilfe“ in von den USa zerstörten Ländern, Auslandsmilitäreinsätze, Finanzierung von „NGO“s, …) und seine Verpflichtungen (Wohlfahrt der Deutschen) hinausgehen.

  2. Fritz Madersbacher 19. Dezember 2023 at 16:48Antworten

    „Der Kapitalismus im politischen Westen ist nicht mehr in der Lage, genügend Überschuss zu erwirtschaften, um die sozialen Belange der Gesellschaft zu bedienen und gleichzeitig Zukunftsinvestitionen zu tätigen“
    Das hat ganz besonders zu tun mit seiner schwindenden „Fähigkeit“ bzw. Möglichkeit, „die Welt“ imperialistisch zu beherrschen. Der „Überschuss“ bestand zu einem hohen Anteil aus der Ausbeutung billiger Lohnsklaverei und billiger Rohstoffe. Mit dem wachsenden Widerstand der „globalen Mehrheit“ schrumpft der Überschuss der westlichen imperialistischen Länder, deren innere Widersprüche sich offensichtlich dadurch immer mehr verschärfen …

  3. Rüdiger Rauls 19. Dezember 2023 at 10:27Antworten

    Hajo Zeller 18. Dezember 2023 at 19:22

    „Würde das moderne Geldsystem verstanden, wären Staatsschulden in eigener Währung überhaupt kein Problem.“ So! So! Und SIE sind schlauer als der Rest der Welt
    Und hätte mein Schrank Räder, wäre er ein Auto. Das Leben findet nicht im Konjunktiv, also der Möglichkeitsform statt, sondern im Indikativ, der Wirklichkeitsform.
    Und die all Generationen vor uns waren alle dümmer als Hajo Zeller und ähnlich Denkende, indem sie ihre lokal begrenzten Währungen immer mehr zu größeren Einheiten zusammenführten. Infolge der Gründung
    des Deutschen Reiches 1871 verschwanden nach und nach alle nationalen Währungen und verschmolzen in der gemeinsamen Währung des neu entstandenen Reiches. Was denken SIE, weshalb die damaligen Staaten des deutshccen REiches diesem Prozess zustimmten – mehr oder weniger freiwillig? Taten die das, weil sie dümmer waren als die heutigen Kritiker des Geldsystems oder taten sie es vllt einfach deshalb, weil es Warenaustausch und Produktion verbilligten und erleichterten? Taten sie vllt auch, weil sie in Kenntnis der wirtschaftlichen Zusammenhänge wussten, dass sie damit auf einem größeren Markt unter günstigeren Produktionsbedingungen Waren zu günstigeren Preisen anbieten und mit dem größeren Markt auch größere Umsätze bzw. Gewinne erwirtschaften konnten? Klar, diese Produzenten und Bankiers hatten natürlich nicht so viel Ahnung von ihrem Geschäft wie der erst seit kurzen (seit der Lehman-Pleite) aufgekommene Kritiker des Geldsystems. Da stehen natürlich Jahrhunderte an Erfahrung gg wenige Jahre der abgehobenen Diskussion über das Geldsystem – meistens von Leuten, die offensichtlich noch nie einen Kredit aufgenommen haben.
    IMmer wieder hat die Wirtschaft darauf gedrungen, die Märkte auszuweiten, um die Produktion zu erleichtern und zu verbilligen. Wie sollte das gehen ohne größere Geldmengen in einheitlicher Währung? DAs beste Beispiel dafür ist doch der Euro, in dem viele nationale Währungen in einer gemeinsamen verschmolzen, damit auf dem sich vereinheitlichenden Markt auch einheitliche Währungsbedingungen herrschen, damit sich nicht eine nationale Währung durch Manipulation einen Vorteil gegenüber anderen nationalen Währungen verschaffen kann. Der Euro hat eigentlich erst zur Vergleichbarkeit aller Waren auf den europäischen Markt geführt, ohne dass umständlich der Preise einer Waren umgerechnet werden musste in die eigene Währung mit den entprechenden Kosten einer Fremdwährung für An- und Verkauf derselben.
    Natürlich können staatliche Einheiten versuchen, alleine mit der eigenen Währung auszukommen. Nordkorea und Kuba sind weitestgehend dazu gezwungen hautpsächlich wegen westlicher Sanktionen gegenüber diesen Ländern. Aber auch diese beiden würden sich lieber am Welthandel beteiligen können, um den Lebensstandard der Bevölkerung und die Entwicklung der Wirtschaft zu fördern. Die Beschränkung auf nationale Währungen ist in der heutigen Zeit Unsinn und war es auch in früheren Zeiten. Damals aber erzwungenermaßen. Die meisten Staaten haben keine eigene Autoproduktion. Sie müssten also auf Autos verzichten. Überlegen SIE sich mal, was es bedeutet, wenn eine Wirtschaft ohne Autos auskommen müsste. Wenn aber Griechenland deutsche Autos haben wollte und nur noch Drachmen hätte, wie sollte es die Autos bezahlen? Gut – die griechische Notenbank könnte D-Mark kaufen gegen Drachmen. Aber schon da wäre die Beschränkung auf die nationale Währung, die Leute wie SIE als das Allheilmittel verkaufen wollen, passé. Aber egal, spinnen wir weiter IHR Seemannsgarn oder hier besser Ökonomengarn. Nun hätte die deutsche Bundesbank den Griechen gegen Drachmen D-Mark verkauft. Der Kurs wäre für die Griechen schlecht. Denn die Bundesbank fragt sich natürlich: Was wollen wir mit den Drachmen in Griechenland kaufen bzw unsere Unternehmen? Urlaub o.k. Und darüber hinaus? Was stellt Griechenland her, was die deutsche Wirtschaft nicht auf anderen Märkten günstiger bekommen würde? Olivenöl o.K. Aber Griechenland ist nicht der einzige Anbieter von Olivenöl und andere sind vermutlich billiger, wenn sie für Euro moderne Produktionsmittel einkaufen können, die die Griechen für Drachmen zu diesem Preis nicht bekommen. ÜBerlegen SIE doch mal: Würden SIE Ihre Euro gegen Drachmen tauschen, wenn sie nicht gerade dort Urlaub machen wollen? Auch SIE würden überlegen: Was soll ich mit Drachmen? Für die bekomme ich hier in Dtld oder Österreich noch nix. Und genau so denken die Notenbanken und Unternehmen doch auch. Was sollen wir mit Währungen aus Hintertupfing, deren Wirtschaft nichts herstellt, was wir brauchen oder dort günstiger bekommen als uaf dem Weltmarkt?

    „Alle Betrachtungen von Defiziten und Schulden müssen saldenmechanische Überlegungen einbeziehen, weil Forderungen und Verbindlichkeiten sich über alle Wirtschaftssubjekte hinweg zu Null addieren.“

    Auch das ist saldenmechnischer Unsinn, der in abgeschotteten Kreisen wuchert. Ich weiß nicht, wie diese angebliche Gleichheit zustande gekommen ist. Vllt hat jemand mal wieder Zucker und Salz für dasselbe gehalten, weil sie gleich aussehen. Es mag sein, dass sich Forderungen und Verbindlichkeiten ähnlich darstellen. Da müsste man erst einmal genauer untersuchen, ob es sich tatsächlich so verhält. Aber egal! Was aber in dieser ganzen Berechnung fehlt, sind die Werte, die im Laufe der Jahrhunderte an wirtschaftlicher Entwicklung geschaffen wurden und gar nicht mehr drin stehen in diesem Netz aus Forderungen und Verbindlichkeiten, weil forderungen und Verbindlichkeiten erloschen sind. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Kredit auf eine Immobilie, eine Maschine oder sonstiges getilgt ist. DAnn ist diese Objekt forderungsfrei, besteht aber immer noch als Wert. Ein bezahltes Haus, eine bezahlte Maschine bestehen weiterhin als Wert – schuldenfrei. Und unsere Städte und Unternehmen sind voll von Millionen solcher Werte. Summierend diese sich auch zu „NULL“? P Ich habe in der Mathematik gelernt, dass Plus und Plus NICHT null ergeben, sondern mehr Plus.

    • Fritz Madersbacher 19. Dezember 2023 at 17:12Antworten

      @Rüdiger Rauls
      19. Dezember 2023 at 10:27
      „Natürlich können staatliche Einheiten versuchen, alleine mit der eigenen Währung auszukommen“
      Manche müssen das bis zu einem gewissen Grad versuchen, aus einer politischen Zwangslage heraus. Beispiele haben Sie angeführt. Für Staaten, die mit anderen Staaten Handel treiben, oder „ökonomisch“ ausgedrückt: für Währungsräume, die mit anderen Währungsräumen Wirtschaftsbeziehungen pflegen, was mehr oder weniger ausnahmslos der Fall ist, ist die „Parität“ der eigenen Währung zu anderen Währungen ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor. Staaten, die auf Unabhängigkeit Wert legen, müssen auch ihrer Währungspolitik hohe Beachtung widmen …

    • lbrecht torz 20. Dezember 2023 at 9:53Antworten

      Ich glaube es ist doch wohl heute mehr als offensichtlich, dass das Bedürfnis nach einem Tauschmittel heute als (weiteres) Mittel eingesetzt wird um den Masse ihre Arbeitskraft zu stehlen und an die ganz Wenigen zu transferieren. Insofern halte ich Ihren Sermon von 19. Dezember 2023 at 10:27 für sehr einseitig.
      Ein Tauschmittel ist ja nicht per se schlecht – aber wenn es genau so gestaltet wird wie hier und heute, dann ist es nichts als Raub, jeweils in kleiner Münze zwar, aber dafür täglich millionenfach und damit ein Großverbrechen.
      Wir werden ja nicht nur bestohlen indem man uns mit falschen Versprechungen betrügerische Finanzprodukte verkauft oder bei Monopol-Preisen über den Tisch zieht, sondern über zigfache, mehrfach wirkenden Steuern und mit der so genannte Inflation die eben nur die betrifft, nur dort Geld und damit gespeicherte Arbeitskraft entzieht, die nicht durch entsprechende Rendite diese überkompensieren können. Die, für die der Staat hauptsächlich Ausbildung, Infrastruktur, Sicherheit und Rechtssicherheit, etc bereitstellt, zahlen verhältnismäßig am wenigsten dafür.
      Unser Geldsystem ist zu legalisiertem Raub ausgebaut. Und der Raub wird durch die durchgeführt, die netto mehr aus dem System ziehen können als sie hineingeben müssen – und das sind eben die oberhalb einer bestimmten Einkommens- und Vermögensgrenze.
      Was braucht man um eine Bank zu gründen? Zuerst einmal nicht Fachwissen und Personal und Räumlichkeiten sondern einfach nur – Geld, viel Geld! Und sobald man das in genügender Menge aufgebracht hat, hat man eine Lizenz zum Raub. Indem man Geld verleit, das man gar nicht hat und mit ua der lächerlichen Begründung des „Konsumverzichts“ darauf Zinsen erhebt.
      Was ist ein Banküberfall harmlos gegenüber der Gründung einer Bank?, wie Brecht einmal so ähnlich sinngemäß formuliert hat.
      Und es ist kein Zufall, wie das System überkomplex angelegt ist. Es müsste nicht so komplex sein. Die Komplexität ist gezielt aufgebaut, damit die Mehrheit der Menschen das Ganze einfach nicht mehr verstehen. Und dann kommen „Experten“ und Gurus daher, und können in die Komplexität alles mögliche hinein erzählen und deuteln. Und dann glaubt bald jeder etwas anderes und es gibt keine einheitliche Haltung und damit auch keine geschlossene Kraft zur erfolgreichen Veränderung des völlig entgleisten Geldsystems.
      Der erste Schritt zur Besserung wäre, die heute wahrscheinlich zusammengenommen Millionen-seitigen Regelwerke (Steuerrecht, Bankenrecht, Regelwerke der Notenbanken, internationale Regeln, IWF, Börsenrecht, Finanzrecht, Anlagen und Finanz-Produkte, Grundlagen für Existenz von Schattenbanken, …) auf ein Maß zusammenzustreichen, das ein einzelner Mensch auch noch erfassen und durchdringen kann.

  4. Rüdiger Rauls 19. Dezember 2023 at 9:34Antworten

    Delion Delos
    19. Dezember 2023 at 8:53

    Ich weiß nicht, worum es Ihnen in Ihrem Beitrag geht. Wollen Sie Fragen oder Unklarheiten diskutieren oder nur zeigen, was SIE so alles wissen bzw. IHR Weltbild aufpolieren bzw. erhalten?

    „Es ist doch klar, dass, wenn sich Regierungen verschulden, dies deren Wähler sowie alle anderen Bürger zu schultern haben. Es geschieht in IHRER Verantwortung.“

    Es geschieht nicht in der Verantwortung der Bürger, sondern was die Regierenden für das Interesse der Bürger halten oder vorgeben. Ob es wirklich dem entspricht, was die Bürger wollen, wäre in wichtigen Fragen wie z.B. der finanziellen Unterstüztzung der Ukraine in Milliardenhöhe, die zudem dann im eigenen Land sogar fehlen, in form von Volksabstimmungen festzustellen. Das aber gerade geschieht nicht.

    „Und es ist klar, dass privaten Schulden u.U. auch private Einnahmen gegenüber stehen. Das Handeln privater Unternehmen steht in deren Verantwortung.“
    Das kann man (nur) so sehen, wenn man in der Welt der Theorien lebt. In der Wirklichkeit stimmt diese Aussage doch nur für Unternehmen, die nicht systemrelevant sind, was bedeutet, zu klein um gerettet werden zu müssen. Die großen wie die Banken während der Krise nach 2008 oder auch nun die Energieversorger infolge der Sanktionen gegen Russland werden doch letztlich von den Steuerzahlern gerettet, ohne dass sie gefragt werden.
    Die großen privaten Investitionen wie derzeit die Ansiedlung von Zukunftstechnologien in Dtld (Chipproduzenten, Batteriehersteller und andere) werden doch durch gewaltige Subventionen in Milliardenhöhe aus dem Staatshaushalt mitfinanziert. All dieses Geld ist futsch, wenn das private Unternehmen scheitert. Da sehen Staat und der Steuerzahler nichts mehr.
    Wissen Sie das nicht, dass viele systemrelevante Unternehmen von den Steuerzahlern gerettet werden oder wurden oder gar erst ermöglicht wurden? Oder haben Sie es vergessen? Oder verdrängen Sie, was nicht zu Ihrem Weltbild passt. Oder noch schlimmer: Wollen Sie die Leser für dumm verkaufen?

  5. Delion Delos 19. Dezember 2023 at 8:53Antworten

    Sie sagen es selbst:
    „Während Zinsen und Tilgung der öffentlichen Verschuldung von der Gesamtheit der Steuerzahler getragen werden müssen, kommt der Reichtum aus den Erträgen der Unternehmen allein den privaten Besitzern und Aktionären zugute.“
    Die einen Schulden sind ÖFFENTLICH, wenn z.B. Saaten sich verschulden.
    Die anderen Schulden sind PRIVAT, wenn z.B. Unternehmen sich verschulden.
    Sie haben Beides miteinander vermischt.
    Es ist doch klar, dass, wenn sich Regierungen verschulden, dies deren Wähler sowie alle anderen Bürger zu schultern haben. Es geschieht in IHRER Verantwortung.
    Und es ist klar, dass privaten Schulden u.U. auch private Einnahmen gegenüber stehen. Das Handeln privater Unternehmen steht in deren Verantwortung.

  6. Hajo Zeller 18. Dezember 2023 at 19:22Antworten

    Rüdiger Rauls schreibt: »Der kapitalistische Staat kommt immer näher an den Punkt, wo eine Entscheidung ansteht über die Anwendung der knapper werdenden Mittel: für die Belange der Bevölkerung, also der gesellschaftlichen Mehrheit, oder für die wirtschaftlichen Interessen der herrschenden Klasse der Kapitalbesitzer?«

    Diese Entscheidung stand schon immer an. Der Sachverhalt wurde jedoch nie problematisiert, weil die Mehrheit der Menschen das moderne Geldsystem nicht versteht. Würde das moderne Geldsystem verstanden, wären Staatsschulden in eigener Währung überhaupt kein Problem. Und solche Institute wie Schuldenbremsen Lachnummern.

    Für einen Staat mit eigener Währung gilt:

    1. Währungsemittenten (Currency issuer) sind von Währungsnutzern (currency usern) zu unterscheiden. Der Staat und seine Zentralbank sind currency issuer. Ein issuer kann sich in der eigenen Währung nicht überschulden.
    2. Die Geldschöpfung und die Staatsausgaben sind der Besteuerung logisch vorgelagert. Staatsausgaben sind die Voraussetzung der Erhebung von Steuern, nicht umgekehrt.
    3. Die Zentralbanken verfügen über das Monopol der Schöpfung von Zentralbankgeld. In einem getrennten „Giralgeldkreislauf“ erzeugen Geschäftsbanken über Kreditvergabe (Bilanzverlängerung) Zahlungsmittel.
    4. Alle Betrachtungen von Defiziten und Schulden müssen saldenmechanische Überlegungen einbeziehen, weil Forderungen und Verbindlichkeiten sich über alle Wirtschaftssubjekte hinweg zu Null addieren.

    Lesen, verstehen und die richtigen politischen Schlüsse ziehen.

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