Ein Blick auf die Geoengineering-Aktivitäten Russlands

19. August 2025von 6,2 Minuten Lesezeit

Russlands Herangehensweise an Geoengineering ist Teil einer komplexen internationalen Debatte, in der der Wettbewerb zwischen Staaten mit der Notwendigkeit multilateraler Zusammenarbeit verflochten ist.

Moderne Wetterkontrollsysteme: Die Kenntnis über den Einsatz neuer, weit verbreiteter Technologien ist unerlässlich, um zu verstehen, wie sich die Bereiche der Kriegsführung entwickeln. Einer der faszinierendsten und oft missverstandenen Aspekte ist das Geoengineering. Die russische Regierung hat über eine Million Dollar investiert, um Regen an einem nationalen Feiertag zu verhindern. Laut der offiziellen Nachrichtenagentur TASS hat der Kreml fast 86 Millionen Rubel (etwa 1,3 Millionen Dollar) bereitgestellt, um günstige Wetterbedingungen während der Maifeiertage und der darauf folgenden Tage, insbesondere am 9. Mai, dem Tag der großen Parade, zu gewährleisten.

Dies ist ein Ereignis von internationaler Bedeutung, das jedes Jahr einen Meilenstein für die russische Kultur darstellt. Die Wolkenimpfung basiert auf der Verwendung chemischer Verbindungen, die die Kondensation und den Fall von Wassertropfen induzieren, und besteht darin, Wolken künstlich so zu verändern, dass sie vorzeitig Regen abgeben, wodurch Niederschläge an anderen Orten oder zu anderen Zeiten fallen, um zu verhindern, dass sie bestimmte Ereignisse stören.

Spezielle Flugzeuge fliegen durch „kritische“ Wolkenformationen und setzen diese Substanzen frei, die die Wasserpartikel gefrieren lassen, sodass sie wachsen und schließlich zu Boden fallen.

Wolkenimpfung wurde auch in anderen Ländern eingesetzt, beispielsweise um gutes Wetter während der Eröffnung der Olympischen Spiele in Peking zu gewährleisten. In China ist es mittlerweile üblich, diese Praxis vor wichtigen Feiertagen anzuwenden, um günstige Wetterbedingungen aufrechtzuerhalten. Einige Unternehmen bieten diesen Service sogar privaten Kunden an, beispielsweise um sonnige Tage für Hochzeiten zu garantieren.

Russland seinerseits unterhält seit der Sowjetzeit aktive Wetterbeeinflussungsprogramme und führt derzeit in mehreren Regionen groß angelegte Wolkenimpfungsmaßnahmen durch. Der Föderale Dienst für Hydrometeorologie und Umweltüberwachung überwacht Wetterbeeinflussungsmaßnahmen zum Schutz landwirtschaftlicher Gebiete vor Hagelschäden und zur Erhöhung der Niederschlagsmenge. Moskau setzt regelmäßig Wolkenimpfung ein, um Regen während nationaler Feiertage und wichtiger Veranstaltungen zu verhindern, und gibt jährlich rund 40 Millionen Dollar für Maßnahmen zur Wetterkontrolle aus. Russische Wissenschaftler der Zentralen Aerologischen Beobachtungsstation haben fortschrittliche Techniken zur Ausbringung von Silberiodid entwickelt, mit denen die Niederschlagsmenge in Testgebieten um bis zu 20 % erhöht werden konnte. Das Budget des Landes für Wetterbeeinflussung ist seit 2020 deutlich gestiegen, wobei der Schwerpunkt verstärkt auf dem Schutz von Nutzpflanzen und der Wasserwirtschaft in dürregefährdeten Regionen liegt.

Landwirtschaftliche und ökologische Anwendungen

In der Landwirtschaft ist eine der wichtigsten Anwendungen die Manipulation von Niederschlägen. Seit der Sowjetzeit hat Russland Wolkenimpfungsprogramme entwickelt, die sowohl darauf abzielen, die Niederschlagsmenge in Dürregebieten zu erhöhen als auch Hagelschäden in den produktivsten landwirtschaftlichen Gebieten, wie beispielsweise im Nordkaukasus, zu verringern. Diese Maßnahmen basieren auf der Verwendung von Silberiodid oder anderen Substanzen, die die Kondensation von Wasserdampf fördern. Damit werden zwei Ziele verfolgt: eine stabilere Wasserversorgung für landwirtschaftlich genutzte Flächen und der Schutz der Pflanzen vor zerstörerischen Wetterereignissen. Obwohl die Wirksamkeit dieser Methoden international wissenschaftlich umstritten ist, sind sie nach wie vor fester Bestandteil der russischen Agrarpolitik, insbesondere vor dem Hintergrund zunehmender Klimavulnerabilität.

Ein weiterer Bereich von landwirtschaftlichem Interesse ist das kontrollierte Auftauen von Permafrost und die Bodenbewirtschaftung in nördlichen Regionen. Der globale Temperaturanstieg gefährdet bereits die Stabilität großer Permafrostgebiete und setzt Methan und Kohlendioxid frei. Einige russische Forschungsarbeiten deuten darauf hin, dass Geoengineering eingesetzt werden könnte, um diese Prozesse zu beschleunigen oder zu kontrollieren, mit dem Ziel, derzeit unwirtliche Gebiete bebaubar zu machen. Dies ist jedoch umstritten, da die Vorteile für die Landwirtschaft durch negative Folgen für die Umwelt aufgewogen werden könnten, die noch wissenschaftlich untersucht werden müssen.

Im Umweltbereich hat Russland auf Geoengineering-Techniken für die Wasser- und Waldbewirtschaftung zurückgegriffen. Das bekannteste Beispiel ist der Einsatz künstlicher Methoden zur Verringerung der Brandgefahr in den riesigen sibirischen Wäldern durch Maßnahmen zur Erzeugung künstlichen Regens oder zur Ausbringung chemischer Mittel, um die Ausbreitung von Bränden einzudämmen. Darüber hinaus gab es experimentelle Projekte zur teilweisen Umleitung von Flüssen oder Seen, um landwirtschaftliche Flächen zu bewässern oder die Schiffbarkeit von Binnenwasserstraßen aufrechtzuerhalten, die für die Wirtschaft des Landes von entscheidender Bedeutung sind.

Einige russische Forschungsinstitute haben Solarreflexionstechniken (z. B. unter Verwendung von stratosphärischen Aerosolen) als mögliche Reaktion auf den Klimawandel untersucht. Obwohl diese Projekte noch im theoretischen oder experimentellen Stadium sind, zeigt Russland strategisches Interesse daran, sowohl um die globale Erwärmung abzuschwächen als auch um sich in sensiblen Regionen wie der Arktis einen geopolitischen Vorteil zu verschaffen.

Geopolitisch gesehen

Aus geopolitischer Sicht kann der Einsatz von Geoengineering in Russland nicht als isoliertes Phänomen betrachtet werden. Die Fähigkeit, das Klima künstlich zu verändern und natürliche Ressourcen zu verwalten, hat direkte Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen.

Erstens kann die Kontrolle atmosphärischer Phänomene die Landwirtschaft und den Handel beeinflussen: Eine verbesserte Produktivität in bisher marginalen Regionen würde die Selbstversorgung des Landes mit Nahrungsmitteln stärken, seine Abhängigkeit von Importen verringern und die Position Russlands auf den globalen Getreidemärkten festigen.

Zweitens verleiht die Konzentration auf die Arktis dem Geoengineering einen strategischen Wert. Die schrittweise Öffnung der polaren Seewege und der Zugang zu neuen Energiequellen machen es unerlässlich, die Klimaprozesse in diesem Gebiet kontrollieren zu können. Der Einsatz von Geoengineering-Techniken, wenn auch nur auf experimenteller Ebene, wird daher als Instrument der Soft Power und des technologischen Einflusses wahrgenommen.

Im Allgemeinen kann Geoengineering als Druck- und Abschreckungsmittel eingesetzt werden, das kurzfristige, aber auch mittel- und langfristige Auswirkungen hat. Die Folgen könnten eine ähnliche abschreckende Wirkung haben wie Atomwaffen, da sie die Wirtschaft oder die Ernährungssicherheit eines Gegners destabilisieren und damit politische und militärische Entscheidungen erzwingen könnten.

Nationen mit fortschrittlichen Technologien zur Manipulation des Klimas oder der Atmosphäre verschaffen sich einen erheblichen strategischen Vorteil gegenüber technologisch weniger entwickelten Staaten. Dies könnte möglicherweise zur Entstehung neuer Formen regionaler Hegemonie führen (ein Thema, das sicherlich weiterer Untersuchung bedarf).

Im Gegensatz zu konventionellen Waffen lassen sich die Auswirkungen von Geoengineering nur schwer eindeutig zuordnen. Dies schafft strategische Unklarheiten: Ein Staat könnte erheblichen Schaden erleiden, ohne die Intervention einer anderen Macht nachweisen zu können. Eine solche Unsicherheit kann Spannungen und Misstrauen verstärken und selbst ohne eine erklärte Kriegshandlung zu diplomatischen oder militärischen Konflikten führen. Tatsächlich sprechen wir hier von Formen der hybriden Kriegsführung.

In diesem Sinne ist Russlands Herangehensweise an Geoengineering Teil einer komplexen internationalen Debatte, in der der Wettbewerb zwischen Staaten mit der Notwendigkeit multilateraler Zusammenarbeit verflochten ist.

Der Artikel erschien zuerst auf Englisch. Übersetzung TKP mit freundlicher Genehmigung des Autors.


Die in diesem Artikel geäußerten Ansichten spiegeln nicht unbedingt die Ansichten der fixen Autoren von TKP wider. Rechte und inhaltliche Verantwortung liegen beim Autor.

Lorenzo Maria Pacini, Assoc. Professor für politische Philosophie und Geopolitik, UniDolomiti von Belluno. Er ist Berater für strategische Analyse, Nachrichtendienste und internationale Beziehungen.


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4 Kommentare

  1. Der Zivilist 21. August 2025 um 10:57 Uhr - Antworten

    Der Herr Pacini scheint uns ein NATO Schwurbler zu sein, wir haben da schon besseres gelesen

    https://linkezeitung.de/2020/12/09/china-kuendigt-ein-grossangelegtes-programm-an-das-klima-im-land-bis-2025-besser-zu-kontrollieren-experimentelles-wettermodifikationsprogramm-soll-erheblich-ausgebaut-werden/comment-page-1/?unapproved=35287&moderation-hash=a445caa81920b454c8fae23f1f58500b#comment-35287

    Schon im american war gegen Vietnam hat die airforce den Monsum verlängert und die Dürre vor dem arabischen Frühling gegen Syrien dürfte eine Aktion der NATO von Zypern aus gewesen sein. Beim jüngsten Hochwasser in Gansu kann man freilich spekulieren, ob da was schief gelaufen ist beim Geoengineering, denn ungefähr da soll der Regen ja hin und wird aufgeforstet.

  2. Jan 19. August 2025 um 18:33 Uhr - Antworten

    Versteht man Geoengineering nicht als heimtückischen Angriff durch Doofenschmirtz, sondern als humanen Eingriff in die geochemischen Sphären, dann betreibt der Mensch schon lange Geoengineering: die amazonische Schwarzerde Tera Preta gehört dazu, die Aufforstungen in Europa, die den Getreidebau überhaupt erst möglich machen, der Bau von Städten und die Betonierung kostbaren Lössbodens für Windkraft. Die niederländische Landgewinnung und Begrünungsprogramme von Wüsten in China.

    Das Problem ist weniger der Eingriff selbst als die Akzeptanz völlig irrer Programme durch faschistische Sektierer, die heimlich und heimtückisch durchgeführt werden und an denen Kritik zu üben nicht erlaubt ist.

    • Der Zivilist 20. August 2025 um 8:52 Uhr - Antworten

      Aufforstung in Europa ? Gemeint ist wohl das Gegentum: Entwaldung. China betreibt Aufforstung in einem nie dagewesenen Umfang, wir haben auch ewig schon nichts mehr gehört von Sandstürmen über Peking. Geoengineering halt.

  3. triple-delta 19. August 2025 um 18:01 Uhr - Antworten

    Warum lasst Ihr nicht mal einen Meteorologen etwas zum diesem Thema schreiben? Dann würden außer ein paar Informationen zur Wolkenbeimpfung mit Silberjodid auch mehr Substantielles zustande kommen.

Regeln für Kommentare: Bitte bleibt respektvoll - keine Diffamierungen oder persönliche Angriffe. Keine Video-Links. Manche Kommentare werden erst nach Prüfung freigegeben, was gelegentlich länger dauern kann.

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