Finnland eröffnet die arktische Front der NATO gegen Russland

12. Februar 2024von 4,9 Minuten Lesezeit

Finnland schloss seine Grenze zu Russland unter dem falschen Vorwand, auf eine zeitlich sehr verdächtige „Krise“ illegaler Einwanderer zu reagieren. Im Vergleich mit jener Einwanderungskrise der USA verblasst sie objektiv, aber trotzdem. Zugleich gestattete das neue skandinavische NATO-Land seinem neuen militärischen Schutzherrn zügig den Zugang zu 15 Stützpunkten auf seinem Hoheitsgebiet.

Die „NATO-Integration“ Finnlands geht zügig weiter – und die Konfrontation des Landes mit Russland. Es folgten die Ankündigung der „Baltischen Verteidigungslinie“ und Teilfortschritte bei der Umsetzung des „militärischen Schengen„, beides Projekte, an denen sich Finnland voraussichtlich beteiligen wird. Das der konservative Kandidat sich gegenüber den Grünen Kandidaten in der Präsidentschaftswahl am Wochenende durchgesetzt hat, ändert nichts. Beide stehen für den finnischen NATO-Kurs und damit die Militarisierung des Landes. Der neue Präsident will die Beziehung zu Russland kalt stellen.

Neue Konfliktzone im Norden

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Zakharova, erklärte am Mittwoch gegenüber RIA Novosti, dass Finnland den Dialog mit Russland über die Grenzfragen vermeide. Dies würde mit den Behauptungen Helsinkis zusammenhängen, dass Moskau einen „hybriden Krieg“ gegen Finnland führe. Diese Behauptungen gehen auf die Tatsache zurück, dass im November 900 illegale Einwanderer aus Russland ins Land kamen, statt wie üblich einer pro Tag oder weniger. Finnland schloss daraufhin seine Grenze zu Russland und erklärte sich einen Monat später bereit, den USA Zugang zu 15 Stützpunkten zu gewähren.

Objektiv betrachtet verblasst die damalige finnische „Krise“ der illegalen Einwanderer im Vergleich zur aktuellen Krise in den USA, wo im vergangenen Dezember eine Rekordzahl von 300.000 Menschen ins Land strömte. Die Überreaktion der nordischen Nation auf eine Zahl, die 300-mal geringer war als diese, ließ auf Hintergedanken schließen und nährte den Verdacht, dass westlich orientierte, aber in Russland ansässige Menschenhändler dafür verantwortlich sein könnten. Der Zweck dieser Provokation war es, einen Vorwand für alles Folgende zu schaffen.

Ende November wurde festgestellt, dass „Finnland wild entschlossen ist, sich als Frontstaat der NATO gegen Russland zu positionieren„. Was seither passiert ist, bestätigt diesen Befund. Ende Dezember wurde die Lüge von CNN aufgedeckt. Der Sender macht naturgemäß Russland für die „Eröffnung der arktischen Front im neuen Kalten Krieg“ verantwortlich, womit auch das finnische Abkommen mit den USA gerechtfertigt worden ist.

Die Situation an der Grenze hat sich seither verbessert, doch Finnland vermeidet nach wie vor den Dialog mit Russland, was seine anfänglichen Behauptungen widerlegt, die Schließung der Grenzübergänge und die teilweise Umzäunung der Grenze mit „temporären Strukturen“ sei nur eine Ad-hoc-Lösung für eine angeblich unerwartete „Krise“. Aus diesem Grund erklärte der russische Botschafter in Finnland, Pawel Kusnezow ebenfalls am Mittwoch,, dass Moskau die Vermeidung eines Dialogs als „auf einen vollständigen Abbruch der Beziehungen gerichtet“ betrachte.

Der größere Kontext, in dem die jüngsten Schwierigkeiten entstanden sind, betrifft die bis Juni laufenden NATO-Übungen „Steadfast Defender 2024“ in ganz Europa, die mit der Ankündigung der Außenminister der baltischen Staaten zusammenfielen, Ende Januar eine so genannte „Baltische Verteidigungslinie“ zu errichten. Auch Finnland dürfte sich dieser Initiative informell anschließen, indem es seine „temporären Strukturen“ entlang der Grenze in permanente Strukturen umwandelt und dem „militärischen Schengen“ beitritt.

Der erste dieser Schritte läuft auf die Schaffung eines neuen „Eisernen Vorhangs“ im Neuen Kalten Krieg hinaus, während der zweite die freie Bewegung von Truppen und Ausrüstung innerhalb des gesamten Blocks erleichtert. Die Panikmache vor einem Krieg mit Russland, wie es Polen gerade getan hat, oder das Aufbauschen einer vorgetäuschten Grenzkrise, wie es Finnland tut, dienen dazu, diese miteinander verknüpften Entwicklungen zu rechtfertigen. Zusammengenommen werden sie eine einzige NATO-Russland-Front schaffen, die auf bedrohliche Weise derjenigen zwischen den Nazis und der Sowjetunion am Vorabend des Zweiten Weltkrieges ähnelt.

Die arktische Dimension ist besonders wichtig, da es sich um eine vergleichsweise neue Konfliktzone handelt, da Finnland vor kurzem seine jahrzehntelange Politik der militärischen Neutralität aufgegeben hat. Die Öffnung der Arktis erfolgt auch zu einem Zeitpunkt, zu dem sich der Ukraine-Konflikt endlich zu entspannen beginnt, so dass die NATO die Spannungen mit Russland weiter anheizen und davon ablenken kann, dass es ihr nicht gelungen ist, dieser Großmacht über die benachbarte ehemalige Sowjetrepublik eine strategische Niederlage zuzufügen.

Alles in allem hat Finnland seine Grenze zu Russland unter dem falschen Vorwand geschlossen, auf eine verdächtig getimte „Krise“ illegaler Einwanderer zu reagieren, die objektiv gesehen im Vergleich zu der der USA verblasst ist, und danach seinem neuen militärischen Schutzherrn rasch Zugang zu 15 Stützpunkten auf seinem Territorium gewährt. Es folgten die Ankündigung der „Baltischen Verteidigungslinie“ und Teilfortschritte bei der Umsetzung des „militärischen Schengener Abkommens“, beides Projekte, an denen sich Finnland voraussichtlich beteiligen wird.

Unabhängig davon, ob es sich um einen offiziellen oder inoffiziellen Beitritt handelt, wird Finnland damit die Vorhersage von Ende November erfüllen, wonach es sich als NATO-Frontstaat gegen Russland positionieren wird, um einen neuen „Eisernen Vorhang“ von der Arktis über das Baltikum bis nach Mitteleuropa zu errichten. Mit dem Abflauen des Ukraine-Konflikts werden sich die Spannungen des Neuen Kalten Krieges in der Arktis aufheizen, was das Feindbild der EU gegenüber Russland aufrechterhalten und damit die Wiedererlangung der Hegemonie der USA in der Arktis festigen wird.

Bild Arto häkkiläSalla Siikaselkä 2180-20CC BY-SA 4.0

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Andrew Korybko ist ein in Moskau ansässiger amerikanischer politischer Analyst, der sich auf den globalen systemischen Übergang zur Multipolarität spezialisiert hat. Er veröffentlicht auf Englisch auf seinem Substack-Blog. Auf Deutsch exklusiv bei TKP.


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9 Kommentare

  1. Wolfgang KUNDEL 13. Februar 2024 at 13:18Antworten

    Die Russen werden einen Angriffskrieg der Nato über Finnland sprich arktische Front nicht fürchten. Das ist zwar unangenehm, aber der arktische Krieg wird keiner mit konventionellen Waffen sein. Die Russen werden sich auf ihre nukleare Abschreckung konzentrieren und diese ausbauen müssen. Und die Amerikaner werden den Finnen ihre Rechnung für den „Schutz“ schon noch präsentieren. Und unter Trump wird die teuer. Ob man die Amis mit Rentierfleisch bezahlen kann? Unangehmer wird die Gewalteskalation für Russland via Schweden, weil über Gotland die Ostsee kontrolliert wird. Die Schweden werden die nächsten sein, denen die Amis zeigen werden was „echte Freundschaft“ bedeutet. Hat man die Gäste im Haus (sprich Hafen) wird man sie nicht mehr los. Deutschland kann ein Lied davon singen.

  2. asisi1 13. Februar 2024 at 12:59Antworten

    Putin sollte mal langsam ein Exempel setzen und diese Vollidioten mal auf den Boden zurück holen. Da reicht eine kleine Bombe und weg ist diese Säuferland.

  3. Ulrich5411 13. Februar 2024 at 0:19Antworten

    zündel zündel zündel … überall und nirgendwo – ein dementer Präsident – 34.000.000.000.000 us$ Staatsschulden

    „Mit dem Abflauen des Ukraine-Konflikts werden sich die Spannungen des Neuen Kalten Krieges in der Arktis aufheizen, was das Feindbild der EU gegenüber Russland aufrechterhalten und damit die Wiedererlangung der Hegemonie der USA in der Arktis festigen wird“

    diese USA werden keine Hegemonie in der Arktis mehr festigen – Bürgerkrieg ante Portas!
    möge er lange dauern und am Ende diese USA zerfallen in einzelne Komplexe.

    dann kann wirklich Neues entstehen. Der globale Süden ca 80% der Weltbevölkerung wird das begrüssen. Und ich auch.

    Finnland? Wälder Seen Sauna …

  4. Andreas I. 12. Februar 2024 at 23:11Antworten

    Hallo,
    der russische Präsident im Interview auf die Frage, ob Russland in Polen einmarschieren würde:
    „Nur in dem Fall, wenn Polen Russland angreifen würde.“
    Und zu USA-Raketenstützpunkten in kritischer Nähe:
    „Wir haben daraufhin die Hyperschallwaffen entwickelt.“

    Also:
    Finnlands Nato-Beitritt ist zu beachten im Zusammenhang, aber überdramatisieren muss man das nicht, denn militärisch / militärstrategisch ändert das wenig.

    • Hasdrubal 13. Februar 2024 at 2:02Antworten

      Den NATO-Beitritt setzte die WEF-Ministerpräsidentin durch, die wohl stramm der westlichen Linie folgte. Sehr lange haben sich aber auch Putin und Xi beim WEF rumgetrieben und bis heute darf sich der Verein in China treffen. Ich würde vorschlagen, dass Herr Putin sich mit dem ständigen Jammern und Beklagen an den Herrn Schwab wendet, der ständig damit prahlt, so viele westliche Regierungen unterwandert zu haben. Was da alles in Davos und woanders in Globalen Fluren vorgefallen ist, warum Wladimir bei Klaus in Ungnade gefallen ist, kann ich unmöglich wissen.

      • Andreas I. 13. Februar 2024 at 13:03

        Hallo,
        zwar denke ich, dass persönliche Bekanntschaften oft überbewertet werden, weil Verantwortungsträger gar nicht so sehr viel persönlichen Spielraum haben, sondern nach Sachlage entscheiden müssen, aber wenn man schon auf persönliches schauen will:
        Im Interview hat Putin von anderen Staatschefs als „Kollegen“ gesprochen und bei Xi hat er von seinem „Freund und Kollegen“ gesprochen.

  5. Dr. Rolf Lindner 12. Februar 2024 at 19:18Antworten

    Es wäre interessant zu erfahren, wie es Finnland gelingt, unter dem Deckmantel der Konfrontation NATO versus Russland die illegale Einwanderung trotz schwieriger Geländebedingungen zu stoppen. Der Anblick einer Horde junger Männer mit „südländischem“ Aussehen vor einigen Jahren im Foyer eines Kaufhauses in Turku, die jedem Rockzipfel mit notgeilen Augen nachglotzten, war ekelhaft genug.

  6. Glass Steagall Act 12. Februar 2024 at 15:19Antworten

    Wirklich ärgerlich ist noch, dass die europäischen Bürger durch die USA gezwungen werden, einen Krieg gegen Russland zu führen, ohne dass sich die USA hier die Finger schmutzig machen! Wir sollen zahlen und in den Krieg ziehen. So die Pläne der USA. Dafür wird auch noch viel mehr Propaganda über die Flachbildschirme verteilt, damit der unmündige Bürger weiter schön aufgehetzt wird!

  7. Jurgen 12. Februar 2024 at 14:02Antworten

    Da übernehmen sich die Finnen diesmal aber deutlich!

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