Estnischer Widerstand gegen WHO-Reform

28. November 2023von 3,5 Minuten Lesezeit

Eine Gruppe estnischer Parlamentarier versucht ein juristisches Manöver gegen den Pandemievertrag, da die Regierung verfassungswidrig das Parlament ausgeschaltet habe. Ausgestiegen ist Estland damit aus der WHO-Reform aber nicht. 

Seit einigen Tagen verbreitet sich die Nachricht, dass Estland vollständig aus der WHO-Reform ausgestiegen wäre. Das ist leider falsch. Tatsächlich haben 11 oppositionelle Mitglieder des estnischen Parlaments per Brief an die WHO erklärt, dass Estland den Absichten der WHO nicht zustimme. Man werde – so heißt es im Schreiben – sowohl den Pandemievertrag als auch die Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IHR) ablehnen. Sie behaupten, dass sie das Mandat hätten, für Estland zu sprechen, da die Regierung im Zusammenhang mit der WHO-Reform das Parlament verfassungswidrig entmachtet habe.

Zunehmend Widerstand

Damit formiert nach dem jüngsten Bekenntnis des neuen slowakischen Premierministers Robert Fico – TKP hat berichtet – im nächsten Land Widerstand gegen die WHO-Pläne. Die elf Abgeordneten sitzen allesamt in Opposition und kommen fast zur Gänze aus der „Konservativen Volkspartei Estlands“, unterzeichnet wurde das Schreiben aber auch von Aleksandr Tšaplõgin aus der Estnischen Zentrumspartei. Dieses Mal ist es mit Estland ein Land, das eine besonders hörige US- und NATO-Regierung hat. Diese hat auch bereits im März 2022 ihr Mandat zur Verhandlung um die WHO-Reform an die EU-Kommission abgegeben. Premierministerin Kaja Kallas (Titelbild) gilt als besondere Scharfmacherin gegen Russland und hat ihre Regierung fest unter Kontrolle.

Trotzdem ist es ein weiterer Schlag gegen Karl Lauterbach, die deutsche Regierung und das deutsche Medizinkapital. Denn Lauterbach gilt als Treiber der WHO-Reform und Deutschland ist jenes Land, dass den Vorschlag zur WHO-Reform initiiert und vorantreibt – TKP hat berichtet. Zweifellos wird aber auch in Estland der Widerstand lauter. Die Parlamentarier argumentieren, dass diese Ermächtigung an die Kommission verfassungswidrig sei, da darüber im Parlament nicht abgestimmt worden war.

Der Brief aus Estland hat auch technische Gründe. Die geänderten IHR treten nach einer positiven Abstimmung (einfache Mehrheit) ein Jahr später in allen Ländern in Kraft. Allerdings gibt es eine Einspruchsfrist. Diese betrug bisher 18 Monate wurde aber bei der Weltgesundheitsversammlung im Mai 2022 auf 10 Monate verkürzt. Länder, die eine 18-monatige Frist beibehalten wollen, müssen dies der WHO bis vor dem 1. Dezember 2023 per Schreiben kundmachen und erklären dass sie aus den Änderungen von 2022 aussteigen. Das hätte Estland erfolgreich gemacht, denn datiert ist der Brief mit 22. November.

Parlament ausgehoben

Die Abgeordneten gingen aber weiter und erklärten im Schreiben sogleich, dass sie auch den Pandemievertrag, den IHR-Änderungen in ihrer Gesamtheit sowie die zusätzliche Finanzierung der WHO ablehnen.

Im Brief heißt es:

Hiermit erklärt die Republik Estland auf der Grundlage von Artikel 22 der Satzung der Weltgesundheitsorganisation, dass sie das internationale Abkommen über Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion sowie die ergänzenden Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) und die Verbesserung der Nachhaltigkeit der WHO-Finanzierung ablehnt und nicht zustimmt.

Die Parlamentarier widersprechen damit einem Beschluss der Regierung. Denn am 4. März 2022 hatte der estnische Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union („EUAC“) eine Sitzung abgehalten, um darüber abzustimmen, ob die Europäische Kommission ermächtigt werden sollte, die WHO-Reform im Namen Estlands auszuhandeln. Die Regierung ist an die Beschlüsse dieses außenpolitischen Ausschusses eigentlich gebunden. 9 Mitglieder hatten damals dafür gestimmt, dass die Kommission für Estland verhandelt. Nur drei waren dagegen.

Laut dem kritischen estnischen Medium Telegram ist die Ermächtigung der EU-Kommission, für Estland zu verhandeln, weiterhin gültig. Parlamentarier haben sich jetzt aber auf die Füße gestellt – um diese Ermächtigung umzudrehen, so dass Estland gegen die WHO-Reform sprechen kann. Das sei aber verfassungswidrig gewesen und hätte im Parlament abgestimmt werden sollen, sagen die Regierungsgegner. Ob eine solche Abstimmung im Parlament aber gegen die WHO-Reform ausgegangen wäre, ist zweifelhaft. Eine endgültige Absage Estlands an die WHO-Reform stellt der Brief jedenfalls nicht dar.

Bild „Prime Minister Sanna Marin meets the Estonian Prime Minister Kaja Kallas in Helsinki 4.10.2021“ by FinnishGovernment is licensed under CC BY 2.0.

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1 Kommentar

  1. Hasdrubal 28. November 2023 at 10:37Antworten

    Ich habe gerade gegoogelt, ob PiS in Polen ähnlich gegen die WHO-Kabale protestiert, doch ich fand nichts dazu – vielleicht sitzen die Herrschaften einfach still. Dafür fand ich in polnischen Medien, dass PiS in den letzten Regierungstagen gegen die Abgabe weiterer Kompetenzen an die EU protestiert, worauf PO erinnerte, dass Morawiecki die Zentralisierung der Finanzpolitik und gemeinsame EU-Steuern nicht verhinderte. Auf einer Pressekonferenz sagte Tusk, eine Änderung der EU-Traktate wäre eine Sache für ein Referendum – ob er sich später daran erinnert, wenn dies aktuell werden sollte?

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