Ivan Illich über die Wiederkehr einer autoritären Feudalgesellschaft mit medizinischen Mitteln

7. Oktober 2023von 4,2 Minuten Lesezeit

So präzise hatte vor dem austroamerikanischen Priester und Philosophen Ivan Illich (1926-2002) noch niemand einen sozialen Mega-GAU prophezeit. Keine apokalyptischen Reiter, keine aufbrechenden Erdspalten, keine Pest und kein atomares Inferno bringt die Menschheit an den Rand ihres Untergangs. Nein, die Welt wird lediglich in ein Krankenlager umgewandelt. Zunächst virtuell durch „Testkranke“ und dann real durch Behandlungsopfer. Der völlig irrationale Glaube an eine biologiefremde Medizin macht es möglich.

Wer zu früh kommt, den bestraft bekanntlich das Leben. Zumindest wird er nicht erhört, selbst wenn die prognostizierte Gefahr plausibel ist. Illichs Buch war zwar 1975 trotz seines schwer verständlichen Titels „Medical Nemesis“ ein internationaler Bestseller, aber die Tragweite seiner Prophezeiung wollte niemand wahrhaben.i Mit beängstigender Präzision skizzierte er die jetzt bevorstehende Apokalypse. Geschuldet war dies seiner Mischung aus marxistischer Sozialanalyse und intimer Kenntnis der christlichen Ideologie.

Als wahrscheinlich erster hatte Illich erkannt, dass die Wiederkehr einer autoritären Feudalgesellschaft nicht mehr mit militärischen, sondern mit medizinischen Mitteln erfolgen wird. Die allmähliche Medikalisierung der Gesellschaften, in denen sich inzwischen spätestens nach fünf Minuten jedes Gespräch um Medizin dreht, erfolgte aus diesem Kalkül. „Gesund“ ist das neue Adelsprivileg, „krank“ sind die da unten. Es spielt dabei zunächst keine Rolle, ob eine wirkliche Krankheit vorliegt. „Phänomene, die heute noch als Krankheit klassifiziert werden, könnten schon bald als kriminelle Handlung oder asoziales Verhalten pönalisiert werden.

Kranke sind Gesunden grundsätzlich unterlegen und leichter geneigt, sich Entscheidungen und Handlungen freiwillig zu unterwerfen. Vor Kranken muss sich der neue, impfbefreite Adel nicht mehr fürchten. Die für die geimpften Kranken verpflichtende „ärztliche Betreuung … ist nur eine Sozialtechnik, die notwendig ist, um Bevölkerungen den Bedürfnissen technischer Systeme anzupassen.“ Statt überall verteilten Militärkasernen muss lediglich „die Zahl der ärztlichen Spezialisten vermehrt werden, die Leuten jede beliebige Krankenrolle zuweisen können…“

Für den Generalangriff auf die Gesellschaften freier Bürgers bedurfte es nur einer „neuen Elite wissenschaftlicher Kontrolleure, die die ganze Welt wie eine Krankenstation regieren“ wollte. Dieser neue „medizinische Klerus“ befindet dann, „was Krankheit ist, wer krank ist oder sein darf und was für ihn getan werden soll“. Obskure Tests und finanziell lukrative Maßnahmen ersetzen Fürsorge und Unterstützung der Selbstheilung. „Ungläubige, die die Sakramente regelmäßiger Zwangsbehandlungen verweigern, werden unnachgiebig verfolgt.“ Ab dem 11. Jahrhundert hatte schon einmal eine Krankheit den sozialen Tod mit Verlust aller Rechte und allen Vermögens bedeutet. „Lepra“ hieß damals das Urteil, das zunächst von Priestern, dann von Ärzten gesprochen wurde. „Corona“ lautete jetzt das Losungswort für die Liquidierung von Menschen.

Mit dem Ende der natürlichen Gesundheit für die Mehrheit der Bevölkerung ruft „die institutionelle Medizin eine neue Art von Leiden hervor: anästhesiertes, ohnmächtiges und einsames Überleben in einer Welt, die sich in eine Krankenstation verwandelt.“ Den zur medizinischen Unterwerfung verpflichteten Menschen wird damit die Rolle von Drogensüchtigen zugewiesen. „In Wahrheit ist das Wunder der modernen Medizin Teufelstrug. Es besteht darin, dass nicht nur Individuen, sondern ganze Bevölkerungen dazu gebracht werden, auf einer inhuman niedrigen Stufe der persönlichen Gesundheit zu überleben.“ Medizin ist die „erste Gefahr für die Gesundheit“ und damit das Überleben der Menschheit.

Nicht immer mehr Medizin erhöht Wohlbefinden und Lebensdauer. „Eine Welt der optimalen, allgemeinen Gesundheit ist (…) eine Welt der minimalen und nur gelegentlichen medizinischen Intervention.“ Die besten Gesundheitsbedingungen sieht Illich in jenen Gesellschaften, „die die Intervention von Experten auf ein Minimum zu reduzieren vermag.“ Wirkliche Gesundheit für die größtmögliche Zahl von Menschen ist kein Geschäft. Sobald in einem Sozialsystem viel Geld bewegt wird, ist es um die Gesundheit der Bevölkerungsmehrheit geschehen.

Es dürfte im wesentlichen Geld und die Aussicht sein, dem neuen Gesundheitsadel anzugehören, die Politiker, Ärzte, Juristen, staatstragende Beamte und Industriemanager veranlasst, eine Gesundheitsdiktatur mitzutragen. Oder kennen Sie hochrangige Politiker und Manager, die den Impftod gestorben sind? Rein statistisch hätte es diese Toten aber geben müssen…

i Illich I: Die Nemesis der Medizin. Von den Grenzen des Gesundheitswesens. Rowohlt; Reinbek bei Hamburg 1977


Die in diesem Artikel geäußerten Ansichten spiegeln nicht unbedingt die Ansichten der fixen Autoren von TKP wieder. Rechte und inhaltliche Verantwortung liegen beim Autor.

Dr. med. Gerd Reuther ist habilitierterFacharzt für Radiologie und Medizinhistoriker. 2005 erhielt für seine Leistungen den Eugenie-und-Felix-Wachsmann-Preis der Deutschen Röntgengesellschaft. Er veröffentlichte rund 100 Beiträge in nationalen und internationalen Fachzeitschriften und -büchern sowie fünf Bücher, die sich kritisch mit der Medizin in Geschichte und Gegenwart auseinandersetzen. 2023 erschienen „Hauptsache Panik — Ein neuer Blick auf Pandemien in Europa“ und „Letzte Tage — verkannte und vertuschte Todesursachen berühmter Personen“.“.


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13 Kommentare

  1. fantasmadellanotte 7. Oktober 2023 at 18:46Antworten

    Wieder einmal ein hochinteressanter und brisanter Artikel von Dr. med. Gerd Reuther. Der Medizinkritiker und Historiker bringt es auf den Punkt, wenn er den Buchautor Ivan Illich zitiert: „„In Wahrheit ist das Wunder der modernen Medizin Teufelstrug. Es besteht darin, dass nicht nur Individuen, sondern ganze Bevölkerungen dazu gebracht werden, auf einer inhuman niedrigen Stufe der persönlichen Gesundheit zu überleben.“ Medizin ist die „erste Gefahr für die Gesundheit“ und damit das Überleben der Menschheit. Nicht immer mehr Medizin erhöht Wohlbefinden und Lebensdauer. „Eine Welt der optimalen, allgemeinen Gesundheit ist (…) eine Welt der minimalen und nur gelegentlichen medizinischen Intervention.“ – Diese Zeilen sprechen mir aus der Seele! Und genau das beobachte ich in meinem persönlichen Umfeld spätestens seit Beginn der sogenannten COVID-„Impfungen“: Unter den mit der Genspritze Behandelten häufen sich gesundheitliche Probleme, teilweise auch schwere Erkrankungen: diffuse Symptome, die niemand zuordnen kann, Thrombosen, Herzinfarkte, Schlaganfälle und plötzlich Krebs. Aber niemand sieht den Elefanten im Raum. Niemand kann – oder will – den so offensichtlichen Zusammenhang erkennen. Ivan Illich (1926-2002) kann nichts mehr passieren, aber Dr. Gerd Reuther gehört vermutlich zu jenen, die bald ein schnelles Pferd brauchen werden! Ich hoffe, dass er trotzdem weitermacht und sicher bleibt.

  2. Roswitha Peterwinkler 7. Oktober 2023 at 17:04Antworten

    Julia
    Der sehr verehrte Geheimrat Goethe schrieb 1778 an Frau von Stein:“ halte ich es für wahr, daß die Humanität endlich siegen wird?“ nur fürchte ich, dass zur gleichen Zeit die Welt ein großes Hospital und einer des anderen humaner Krankenwärter sein werde!
    Bei Goethe schwingt der Verdacht mit, dass die Humanität sich so weit entwickelt, dass jeder dann in jedem ein Opfer sehen könnte; zumindest einen potentiellen Kranken, der dann auch zu versorgen ist. Und zwar mit der selben Zuständigkeit!
    Jeder ist für jeden verantwortlich! Das führt dazu, dass es zu einer allgemeinen Bemitleidung kommt – eines jedem um seiner selbst Willen.

  3. Taktgefühl 7. Oktober 2023 at 15:50Antworten

    Allgemein hat sich der Glaube verbreitet, die DDR habe nicht nur uns, sondern die gesamte EU okkupiert und nun befänden wir uns im Sozialismus. Ich will das gar nicht ausführen.
    Das ist aber falsch, weil wir uns nach wie vor im Kapitalismus befinden mit allen seinen Folgen.

    Angstgesellschaft. Die Methode kommt aus dem Stalinismus und wurde auch in der DDR praktiziert:

    DIE ANTIFASCHISTISCH-DEMOKRATISCHE ORDNUNG.

    Als „AdO“ wird seit 1974 ofiziell die Etappe gesellschaftlicher und sozialökonomischr Umwälzungen in der DDR von 1945 bis 1949 bezeichnet.

    Die „AdO“ ist ein hochproblematisches Terrorinstrument, sozusagen die Basisideologie, welche sich im Westen – unter tätiger Mithilfe der Altparteien – verbreiten konnte und schlußendlich alle gesellschaftlichen Bereich durchtränkt und politisiert hat.
    Die AdO ist präventiv kriminalisierend, d.h., man gilt immer und überall als verdächtig und daher kommt dann das unterbewußte Bemühen, sich möglichst „unverdächtig“ zu verhalten. Die AdO öffnet Willkür, Hass und Gewalt Tür und Tor.

    Die AdO wird auch in den USA angewandt, was Norman G. Finkelstein zu seinen Büchern inspiriert hat.

    Jeder Ostdeutsche ist mit dieser Knechtung dauerhaft in Berührung gekommen und trotzdem wird das nicht publiziert? Ist die Einschüchterung dieser Methode so erfolgreich? Die Presse weiß davon, die GEZ thematisiert die Methode sogar in ihren Krimis!
    Vielleicht ist sie auch so tief eingewurzelt, daß man die als schicksalhaft auffaßt?

    Das GG ist unsere Verfassung und die heißt nicht umsonst „freiheitlich-demokratische Grundordnung“. nach dem Mauerfall sollte die auch in der DDR gelten, das ist verfassungsrechtlich unverrückbar und festgelegt!

    Also, die stalinistische Denunziantenmethode wird von gewissen Parteien zwar angewandt, aber das nur, um sich an der Macht zu halten! Die NeoSED hat daher nichts von ihrem Charme verloren! Die ist nie in der Freiheit angekommen!

    Das ist nur ein fleischloses Gerüst, und wer es verstanden hat, kann die dicken Bücher selber schreiben.

    Darin liegt natürlich keine Duldung, sondern eine Aufgabe.

    • derneueuntertan 7. Oktober 2023 at 18:32Antworten

      Alles,was gerade in unserer Gesellschaft geschieht,dient dazu,unsere Persönlichkeit zu brechen.Der Totalitarismus greift immer mehr um sich.Der neue Untertan,entmenschlicht um seine Gesundheit gebracht,mit Technologie der absoluten und vollständigen Überwachung versehen,soll uns gefügig machen.
      Die große Frage die sich vielen stellt,welche politische Kraft stellt sich dieser Entwicklung entgegen?
      Wir alle haben in den letzten Tagen gesehen,was mit Politikern geschieht,die sich dem widersetzen.
      Wenn die Menschen nicht anfangen zu verstehen,was mit der Pandemie angefangen hat,wird die Freiheit der Gesellschaft entgülltig der Geschichte angehören.Was das für jeden einzelnen bedeuten wird,ist der Kosmus der gelebten
      Utopie.Alles wird möglich,was der Unterdrückung und Ausbeutung dient.
      Keiner außer wir selbst,kann dieses was schon längst angekommen ist,noch verhindern.

    • Heiko S 7. Oktober 2023 at 22:49Antworten

      Welche Texte von Stalin haben Sie gelesen, in denen er seine Denunziationsmethode erklärt?

  4. Regula 7. Oktober 2023 at 14:23Antworten

    Guten Tag
    Rudolf Steiner hat tatsächlich vor über 100 Jahren auf die Jahrtausendwende hingewiesen. Er machte Hinweise dazu, dass man mit Spritzen dem Menschen die Seele nehmen will und ihn zum Tier degradieren wird.

    Rudolf Steiner ist also der erste, wenn Sie so wollen. Rudolf Steiner beschreibt auch, dass diese Situation kommt, (wie auch der erste und zweite Weltkrieg), weil der Mensch den spirituellen Geist zurück weist und nicht nach wirklicher Spiritualität sucht, sondern Spiritualität mit einem wohlfühl Gutmenschen verwechselt. Er beschreibt, dass Spiritualität heute einer Schulung im Denken, im Fühlen (Unterscheiden von Emotionen und feines Fühlen), und der inneren Motivation bzw. Ideale, benötigt.
    Diese Schulung findet man heute unververfälscht bei Heinz Grill

    http://www.heinz-grill.de
    Herzliche Grüsse
    Regula Reist

  5. Heiko S 7. Oktober 2023 at 12:39Antworten

    Ich bin es leid,solche demagogischen Texte zu lesen. Sie klingen vielleicht kritisch und aufgeklärt, sind aber in ihrer Essenz genau das Gegenteil, denn sie verschleiern die wahren Ursachen und Hintergründe der gesellschaftlichen Entwicklung. Um diese aber klar erkennen und analysieren zu können, müsste dialektisches Denken, auch Marxismus genannt, vorhanden sein.
    Eine Gesellschaft wird immer durch die vorherrschende Eigentumsform determiniert, in unserem Fall das Privateigentum an Produktionsmitteln beim Kapital. Damit ist die ökonomische Macht definiert und folglich auch die politische. Wenn man also jedwede gesellschaftliche Entwicklung analysieren will, muss man nur schauen, welche Interessen das Kapital damit verfolgt.

  6. Monika 7. Oktober 2023 at 11:46Antworten

    wenn die menschen aufwachen und nicht mehr mitmachen, dann ists vorbei, das wird erst 2025 sein…..

    • Andreas Knaakk 7. Oktober 2023 at 13:13Antworten

      Warum meinst du,dass Es 2025 vorbei sein word?

  7. Margit 7. Oktober 2023 at 10:43Antworten

    Kopf ab oder Verbannung.
    Wäre durchaus wert darüber nachzudenken.
    Aber dann bitte dann für Pharma Mediziner UND Heilpraktiker, nicht nur für eine Gruppe.

  8. Unglaublich 7. Oktober 2023 at 10:41Antworten

    Hab mir dieses sprachgewaltige Werk soeben fürs WE als pdf von kpoe-steiermark.at kostenlos runtergeladen.

    Schmerzhafte Wahrheiten, beim schnellen Drüberlesen…

    Danke für Autor und Buchtitel !!!

    • Dian C. 9. Oktober 2023 at 7:06Antworten

      Danke Dr. med. Gerd Reuther als auch „Unglaublich“ für den Link, unter dem man Medien/Download und dort auch das Buch als Bild-Pdf findet. Bei so „raren“ Büchern ist solche Quelle Gold wert, spart nicht nur die – vermeintlich – erfolglose Suche in öffentlichen Bibliotheken.

  9. Gabriele 7. Oktober 2023 at 10:28Antworten

    Wirkliche Gesundheit für die größtmögliche Zahl von Menschen ist kein Geschäft. Sobald in einem Sozialsystem viel Geld bewegt wird, ist es um die Gesundheit der Bevölkerungsmehrheit geschehen….

    Genauso ist es und wird es im Westen immer sein. Das Instrument dafür ist „die“ Wissenschaft und wer an sie nicht „glaubt“ (wie an eine Religion!), wird gehetzt und mindestens als Quacksalber und XY-Leugner diffamiert. Absolut kein Unterschied zu den Zeiten der Inqusisition und Hexenverbrennungen.

    Darum machten die Chinesen es früher auch ganz anders: Ein Arzt wurde nur bezahlt, solange der Patient bzw. der Kaiser gesund blieb – wurde jemand ernstlich krank, hieß es Kopf ab oder Verbannung für den Arzt…
    Eigentlich könnten auch moderne Systeme so funktionieren, wenn man es wollte. Deshalb auch der völlig irrsinnige Glaube daran, man könnte mit Gentechnik und Impfungen Krankheiten verhindern. Und wenn es nicht gelingt, dann sind die Kranken schuld und werden „bestraft“ – mit einer Medizin, die sie unter die Erde bringt und zudem noch lukrativ genug ist, um sie niemals abschaffen zu wollen, denn auch „die“ Forschung ist damit praktischerweise endlos. Wie sollte man diesen Teufelskreis durchbrechen…

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