
Der Weg in den Ukraine-Krieg
Vor einem Jahr gab Volodymyr Selenskyy den Angriffsbefehl auf die Donbass-Republiken, die zu der russischen Militäroperation geführt haben. Der Blick auf die Medienlandschaft Ende 2021/Anfang 2022 legt nahe, dass der deswegen Kreml so sehr unter “Zugzwang” stand, dass eine Intervention so gut wie unausweichlich schien. Ein Blick zurück in die letzten Tage vor der Eskalation des Ukraine-Konflikts, wie diese von “Moon of Alabama” dokumentiert wird.
Auf Seite der Kiewer Regierung war alles vorbereitet. Rund die Hälfte der verfügbaren Truppen – rund 120.000 Mann – waren Mitte Februar 2022 entlang der Waffenstillstandslinie im Donbass konzentriert. Ihnen standen rund 40.000 Angehörige der Volksrepubliken Donetsk und Lugansk gegenüber, die wohl kaum eine realistische Chance gehabt hätten, dieser Übermacht zu widerstehen.
Ungeachtet der klaren Sympathien Russlands für die russischsprechenden Bewohner der Volksrepubliken Donetsk und Lugansk, wartete der Kreml jedoch vorläufig weiter zu. Dennoch ist festzuhalten, dass mehrere Millionen russischsprechender Ukrainer seit dem Putsch auf dem Maidan (2014) bereits nach Russland gekommen waren. Dies legt nahe, dass die öffentliche Meinung nach Beginn einer ukrainischen Militäroperation im Donbass wohl lauthals nach einer entsprechenden Antwort verlangt hätte.
Eine derartige Operation wäre auch innert kurzer Zeit möglich gewesen, da Russlands Streitkräfte in Alarmbereitschaft standen und entsprechende Vorbereitungen (v.a. logistischer Natur) getroffen worden waren.
CIA-Direktor Burns reist nach Kiew im Jänner 2022
Jenseits dieser innenpolitischen Überlegungen aber waren es vor allem westliche Medienberichte, die für Unruhe unter den russischen Planern führten. Am 12. Jän. 2022 kam es in Kiew zu einem Treffen von CIA-Direktor Burns mit Volodymyr Selenskyy, wie etwa CGTN unter Berufung auf die staatliche Agentur Ukrinform berichtete.
Telefonat von Selenskyy und Biden am 13. Feb. 2022
Wie die knappe Zusammenfassung auf der Homepage des Weißen Hauses zeigt, versicherte US-Präsident Biden Mitte Februar 2022, dass die USA “umgehend und mit Bestimmtheit” auf “jegliche weitere russische Aggression” reagieren würde.
Des Weiteren sicherte Biden Selenskyy zu, sich für die (Wiederherstellung) der “territorialen Integrität” der Ukraine einzusetzen. Hinter dieser Formulierung verbirgt sich die US-Unterstützung für die von Kiew nie anerkannte Übernahme der Krim durch Russland bzw. die “Wiederherstellung” von Kiews Autorität über die beiden Volksrepubliken Donetsk und Lugansk im Donbass.
Dies zeigt einmal mehr, dass die Kriegstreiber in Kiew und Washington auszumachen sind. Denn es gab ja noch die beiden Minsker Abkommen, die jedoch – wie von Angela Merkel und François Hollande zwischenzeitlich zugegeben – nur den Zweck hatten, der Ukraine Zeit für die militärische Aufrüstung für just die eingangs erwähnte Rückeroberung zu verschaffen.
US-Botschaft schließt, Waffenlieferungen nach Kiew – am 14. Feb. 2022
Die folgenden Ereignisse belegen dies. Wie Chloe Taylor und Christina Wilkie auf CNBN berichten, verließen die meisten US-Diplomaten Kiew in Richtung Lemberg – auf Anordnung des US-Außenministers Blinken. Erste Waffenlieferungen flossen aus NATO-Staaten in die Gegenrichtung, wie derselbe Beitrag ebenso ausführt.
Auch die Ukrainska Pravda berichtete an demselben Tag von dem Aussetzen von Versicherungspolicen durch westliche Großkonzerne, wie dies etwa durch den Kyiv Independent verlautbart wurde. “Internationale Versicherungen” setzten die Versicherungen von Flugzeugen aus, die in die oder aus der Ukraine flogen:
Anatoliy Ivantsiv, Leiter des ukrainischen Versicherungsunternehmens Expo, erklärte gegenüber Interfax, dass der britische Rückversicherungsriese Lloyds angekündigt habe, ab dem 14. Februar [2022] vorübergehend alle Versicherungen für Konfliktrisiken über dem ukrainischen Luftraum einzustellen.
Ukrainische Oligarchen, Parlamentarier setzen sich ab
Wie Intellinews an demselben 14. Feb. 2022 berichtete, begannen sich diejenigen, die es sich leisten konnten, auf einen längeren Aufenthalt im Westen einzustellen und verließen die Ukraine:
Die reichsten Männer der Ukraine fliehen mit ihren Familien aus dem Land, da die Zahl der Charterflüge in Privatjets sprunghaft angestiegen ist, nachdem die Möglichkeit eines Krieges in den letzten Tagen in die Höhe geschnellt war, wie aus den am 13. Februar in den sozialen Medien veröffentlichten Flugdaten hervorgeht… Die Schweiz, Österreich und Südfrankreich waren die beliebtesten Ziele für die Charterflüge.
Die ukrainische Zeitung Pravda stellte fest, dass ein solcher Exodus bei Charterflügen seit sechs Jahren nicht mehr beobachtet wurde. Die Publikation berichtete, dass die Flugzeuge der führenden Oligarchen des Landes, darunter Rinat Achmetow, Viktor Pintschuk und Boris Kolesnikow, das Land verlassen haben. Ein Privatflugzeug für 50 Personen wurde auch von Igor Abramowitsch, einem weiteren führenden Wirtschaftsvertreter, bestellt…
Quellen von bne IntelliNews bestätigen, dass zwei Englischlehrer, beide britische Staatsbürger, die für einen Abgeordneten bzw. einen Geschäftsmann arbeiten, diese Woche nach Südfrankreich abreisen werden. Keiner der beiden bestätigte, dass die Flüge etwas mit der zunehmenden Angst vor einer Invasion zu tun haben, da beide Familien regelmäßig mit ihren Mitarbeitern in den Urlaub fahren. Schon im letzten Monat, als die Kriegstrommeln zum ersten Mal lauter zu schlagen begannen, meldeten Erzieher und Lehrer an Kiewer Privatschulen eine große Zahl von Kindern, die in den Ferien fehlten.
Ähnliche Absetzbewegungen meinte The Kyiv Independent auch bei mehr als 20 Abgeordneten zu erkennen:
Mehr als zwei Dutzend der insgesamt 424 Abgeordneten, die an den in dieser Woche beginnenden Parlamentssitzungen teilnehmen sollten, sind derzeit nicht in der Ukraine. Fast die Hälfte, d.h. 12 Abgeordnete, gehören der prorussischen Partei “Oppositionsplattform für das Leben” an, fünf Abgeordnete sind von der Präsidentenpartei “Diener des Volkes”. Die meisten der Abgeordneten, nämlich 20 Personen, haben das Land im Februar verlassen.
Im Osten nichts Neues – am 12./13. Feb. 2022
Im Rahmen des Minsker Abkommens hatte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eine Beobachtermission entlang der Waffenstillstandslinie in der Ost-Ukraine stationiert. Am Wochenende des 12. und 13. Febr. 2022 war es an der Front relativ ruhig gewesen:
In der Region Donezk registrierte die Mission zwischen den Abenden des 11. und 13. Februar 261 Verletzungen der Waffenruhe, darunter 50 Explosionen. Im vorangegangenen Berichtszeitraum wurden in der Region 114 Waffenstillstandsverletzungen registriert.
In der Region Luhansk registrierte die SMM zwischen den Abenden des 11. und 13. Februar 114 Waffenstillstandsverletzungen, darunter 24 Explosionen. Im vorangegangenen Berichtszeitraum hatte sie in der Region 258 Waffenstillstandsverletzungen registriert.
Die Zahl der beobachteten Explosionen war geringer als der Durchschnitt der letzten 7 und 30 Tage. Die Explosionen ereigneten sich auf beiden Seiten der Waffenstillstandslinie.
Der Rest, wie es so schön heißt, ist Geschichte.
Bild President.gov.ua, Робоча поїздка Президента України на Миколаївщину та Одещину 50, CC BY 4.0
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15 Kommentare
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Kommentar von “tyberius” im US-Blog “Zerohedge”, Artikel-Link s.U.
“Lasst uns diesen Wahnsinn ins rechte Licht rücken.
Russlands gesamte Militärausgaben beliefen sich im Jahr 2021 auf 66 Mrd. Dollar. Biden hat der Ukraine fast das ZWEIFache des gesamten russischen Militärbudgets zur Verfügung gestellt, um Russland zu zerstören und die Träume der Neocons wahr werden zu lassen. Er hat der Ukraine, dem vielleicht korruptesten Land der Welt, das Äquivalent von 376 Dollar aus der Tasche eines jeden Amerikaners, einschließlich Ihres Neugeborenen, gegeben.
Biden zahlt auch für ALLE Ausgaben der gesamten ukrainischen Regierung. Jedes Regierungsgehalt und alle Pensionen. All dies ist darauf zurückzuführen, dass die Neocons die Kontrolle über das Weiße Haus übernommen haben, da es an qualifiziertem Personal fehlt.
Fast die Hälfte des ukrainischen Volkes hat die Ukraine verlassen. Ich bezweifle ernsthaft, dass dies in ihrem eigenen Interesse liegt. Sie haben ihre Häuser, ihre Zukunft und ihre Arbeitsplätze verloren, weil die Neocons ihnen gesagt haben, dass das Minsker Abkommen eine Fälschung ist und dass es dazu diente, Putin zu ködern, damit er dem Donbass zu Hilfe kommt, nachdem die Neocons den ukrainischen Bürgerkrieg begonnen hatten.”
aus
Zelensky Floats ‘Strategic Pullback’ From Bakhmut After Pouring In Huge Amount Of Reserve Forces
https://www.zerohedge.com/military/zelensky-floats-strategic-pullback-bakhmut-after-pouring-huge-amount-reserve-forces
2 erfreuliche Meldungen auf welt de
– Nato-Chef schlägt Alarm – „Krieg in Ukraine erschöpft Vorräte der Verbündeten“
. Tiefe Risse in der Panzer-Koalition – Deutschland steht plötzlich ziemlich allein
Dieser Satz: “…Russland brutal überfallene..” hat mich davon abgehalten zu unterschreiben.
Sorry, aber gerade der “Häuserkampf”, also der Versuch sowenig Zivilisten zu töten wo geht, hat den Russen doch den Hihn des WerteWesten eingebracht… hätten sie wie es der WW immer tut sofort schweres Geschütz aufgefahren, wäre Krieg anders verlaufen….
Auch fehlte mir die Vorgeschichte …
Unterschreibem bedeutet: ich stehe zum Geschriebenem…. und das tu ich nicht!
ABER: ich finde die Ini sehr sehr wichtig. Hauptsache jmd nimmt was Großes in die Hand, Vor-OrtDemos sind wichtig und richtig, aber manchmal ist es wichtig, mit Masse zu demonstrieren. Also gehts zur Demo ….
Da können auch besser unterschiedl.Ansichten nebeneinander stehen!
Deswegen auch: hört auf mit der Spalterei und Distanzerei!
Guter, etwas umfangreicherer Artikel im “UNZ Review” von Mike Whitney, auf verschiedenen US-Websites wiedergegeben, zum Ablauf und Hintergründen.
Setting the Record Straight; Stuff You Should Know About Ukraine
FEBRUARY 5, 2023
https://www.unz.com/mwhitney/setting-the-record-straight-stuff-you-should-know-about-ukraine/
Axel Corti zitiert mit seiner charismatischen Stimme in seinem letzten legendären Schalldämpfer Rilke:
…gehen wir nie bis auf den Grund. Und doch, man muß auf dem Grund gewesen sein. Darum handelt sichs”.
Bedauerlicherweise darf ich es hier im tkp-Blog nicht mehr, schade…
Danke & As you were! ;-)
Der “unprovozierte Angriffskrieg” Rußlands war eine Notwehraktion gegen die Hybris des US-geführten westlichen Imperialismus, mittels einer lange vorbereiteten, groß angelegten, NATO-unterstützten Aggression der Junta in Kiew gegen die Donbass-Republiken die NATO an den Grenzen Rußlands festzusetzen. Alle Welt außer den westlichen Achsenstaaten weiß, sieht und beurteilt das so. Auch die westlichen Kriegstreiber wissen das genau, auch wenn ihre inferioren medialen Kettenhunde etwas Anderes behaupten und durch ihr abstoßendes primitives Kriegsgeheul die Bevölkerung(en) zu indoktrinieren versuchen. Die westlichen Barbaren haben ihr imperialistisches Treiben mit einem passiven und offenen weltweiten Widerstand und einer politischen Isolation bezahlt, die sie in diesem Ausmass – zumindestens in den jüngsten Jahrzehnten – noch nicht erlebt haben. Sie haben gewissermassen “ihren” Halys überschritten und wie der antike Lyderkönig Kroisos bei Herodot den Untergang ihres eigenen Reiches eingeleitet. Die erbärmlichen NATO-Quislinge und Kollaborateure im nur auf dem Papier neutralen Österreich werden ebenso ihre landes- und bevölkerungsverräterische Politik zu spüren bekommen. Nie wieder Pflichterfüllung für fremde Großmachtinteressen! Wer versucht, uns in ein Kriegsabenteuer hineinzuziehen, wird noch merken, worauf er/sie sich einläßt!
Danke für die weisen Worte! Die Welt ist unsere Hoffnung auf ein Unentschieden. Nur so können beide Seiten noch etwas gewinnen. Auf das eigene Tor – wie zu viele in Europa – spielt nur ein Tor.
Der legendäre Investigativjournalist Seymour Hersh, kürzlich erst Aufdecker der Nord Stream II Sabotage (= Kriegshandlung / entscheidende zentrale Energieversorgung / keinerlei EU-Aufklärungsbestreben) mithilfe der CIA, sagt zur leitmedialen Berichterstattung über den Ukrainekrieg im jüngsten Interview im Radiosender War Nerd:
“Der Krieg, den ich kenne, ist nicht der Krieg, über den Sie lesen. Es ist für mich erstaunlich, wie sie auf einer Linie liegen, meine Kollegen.”
Er beklagte in dem Gespräch mit War Nerd, dass viele US-Medien wie die New York Times, Washington Post, CNN und MSN seiner Ansicht nach zum Sprachrohr des weißen Hauses mutierten.
Und dem Kollegen “federkiel” da unten ins Stammbuch: Begonnen hat die Geschichte mit der Chronologie, die zum Maidanputsch führte. Denn die hegemonialen, geostrategischen Guten setzten alles daran, es zum aktuell-ukrainischen desaströsen Status Quo kommen zu lassen:
Isolation Europas (Technologie) von Russland (Rohstoffe), Waffenkonzerne mit ihrem logo “Genug ist nie genug” – Hedgefonds mit ihrem logo “Genug ist nie genug” – BlackRock mit ihrem logo “Genug ist nie genug” und nicht zu vergessen EU-Politdarsteller und nationale Regierungsdarsteller mit ihrem logo “Genug ist nie genug” & NGO-Darsteller mit ihrem logo “Genug ist nie genug”…und – und – und –
Und es gilt – wieder einmal – für alle anderen:
“Der Krieg kennt keine Sieger” – unbekannter Vietcongkämpfer in einer Vietnamdoku
Der Artikel fängt schon falsch an, denn bereits im April 2021 wurden russische Truppenbewegungen an der Grenze zur Ukraine beobachtet, und dann gab es erneut Meldungen im November 2021.
Dürfen denn nur die USA oder der Westen seine eigenen Truppen im eigenen Land bewegen?
Belarus gehört nicht mehr zu Russland.
@ federkiel 14. Februar 2023 at 15:52
Belarus hat keine militärischen Ambitionen und daher keine besondere Armee. Eher so wie Österreich ein halb funktionierendes Minimum. Als solcher Staat hat man über die Jahre beobachtet, wie die Armeen des Nachbarn Ukraine anwuchsen – und im selben Maße wuchsen die Sorgen. Bis man Russland um Hilfe bei der Landesverteidigung bat. Und mehr hat Belarus bisher auch nicht gemacht. Keinen Schuss abgegeben, keine Provokation. Lediglich passive Hilfe an den “näheren” Nachbarn Russland in Form von Nutzung des Luftraumes. Ob die russischen Truppen in Belarus aktiv eingreifen werden oder nur die Grenzen von Belarus sichern (ja auch gegen Polen!), wird man erst sehen.
Ergo hat auch Belarus bisher nichts getan, was nicht auch alle anderen Staaten tun würden und auch dürften. Und Russland darf das ebenfalls auf Einladung anderer Staaten. Oder wie sonst zB sollten je NAhTOd-Übungen stattfinden können?
Bereits kurz nach dem Maidan 2014, wurden die beiden, hauptsächlich mit russischstämmigen Menschen besiedelten Gebiete von der Ukraine beschossen und tyrannisiert. Nicht erst vor einem Jahr….
Kann man aber auch ganz anders sehen.
Russland hätte, genauso wie die NATO in die Ukraine, mehr Waffen und Munition in den Donbass liefern können und sich nicht direkt einmischen müssen.
Und wie rechtfertigt der Donbass den Angriff auf Kiev, von Tag 1 an.
Ist alles nicht ganz stimmig.
Wenn es nur um den Dinbass ging, warum Hautschicht Russland nicht mit aller Macht darum gekümmert , sondern den Krieg auf das ganze Land ausgeweitet ?