Marine Le Pen von Wahlen ausgeschlossen

31. März 2025von 3,5 Minuten Lesezeit

Marine Le Pen, die Hauptkonkurrentin von Emmanuel Macrons liberal-autoritärem Frankreich, wird höchstwahrscheinlich nicht bei den französischen Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 2027 antreten können. Ein juristischer Schachzug stellt die Oppositionsführerin politisch kalt.

Marine Le Pen und weitere EU-Parlamentarier wurden am Montag der Veruntreuung öffentlicher Gelder für schuldig befunden. Ein Pariser Gericht verurteilte sie zu einer vierjährigen Haftstrafe, davon zwei Jahre auf Bewährung, während die anderen zwei Jahre mit einer elektronischen Fußfessel abgeleistet werden können. Zudem wurde ihr für fünf Jahre das passive Wahlrecht entzogen, eine Maßnahme, die sofort in Kraft tritt. In aktuellen Umfragen zur Präsidentschaftswahl 2027 liegt sie deutlich vorne.

Zusätzlich muss Le Pen eine Geldstrafe von 100.000 Euro zahlen. Der Vorwurf bezieht sich auf die mutmaßliche Scheinbeschäftigung von Assistenten im Europäischen Parlament in den Jahren 2004 bis 2016. Konkret wurde ihr vorgeworfen, EU-Gelder in Höhe von mehreren Millionen Euro zweckentfremdet zu haben, indem sie Parlamentsassistenten bezahlte, die in Wirklichkeit für ihre Partei Rassemblement National (RN) und nicht für parlamentarische Aufgaben arbeiteten. Le Pen habe im Zentrum dieses organisierten Systems gestanden, urteilte das Gericht.

Die Entscheidung ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Le Pen wird Berufung einlegen, wodurch der Fall vor ein höheres Gericht kommt. Es ist allerdings unklar, ob dies überhaupt möglich sein wird.

Le Pen hatte bereits im Herbst angekündigt, dass Jordan Bardella als Ersatzkandidat für ihre Partei antreten werde, sollte ihr das passive Wahlrecht entzogen werden. Bardella sprach heute von einem „Racheakt der Staatsanwaltschaft“ gegen Le Pen und einem „Angriff auf die Demokratie“.

Auch der rumänische „Volkspräsident“ Călin Georgescu reagierte mit scharfen Worten: „Europa zeigt erneut sein wahres Gesicht: eine Diktatur, die jeden zerstört, der für sein Volk kämpft. Die Tyrannei kennt keine Grenzen.“ Ebenso verglich der bekannte Oppositionspolitiker Nicolas Dupont-Aignan den Fall mit Rumänien: „Rumänien vor ein paar Wochen und jetzt die Aberkennung der Wählbarkeit von Marine Le Pen für 2027: Das doppelte Maß der Regierung der Richter behindert die Volkssouveränität und untergräbt unsere Demokratien.“

Florian Philippot, ehemaliger Weggefährte Le Pens und nun Vorsitzender der souveränistischen Partei „Les Patriotes“, die im Gegensatz zu Le Pen einen Austritt aus EU und NATO fordert, schrieb: „Die Justiz der Mächtigen schlägt wieder zu: ein System, das die Seinen schützt und die anderen zermalmt. Die Souveränität des Volkes wird mit Füßen getreten.“

Dagegen erklärte Emmanuel Macron vor Journalisten im Élysée-Palast:

„Die Justiz hat gesprochen, und ich respektiere ihre Unabhängigkeit. Dieses Urteil ist ein klares Signal, dass niemand über dem Gesetz steht, unabhängig von seiner politischen Position. Es liegt nun an den Franzosen, die politischen Konsequenzen zu bewerten.“

Karin Kneissl, ehemalige österreichische Außenministerin und derzeit in Russland lebend, kennt die französische Politik gut. Sie kommentierte das Urteil:

„Frankreich, das von einer Reihe von Regierungswechseln erschüttert wurde und mit einem enormen Defizit konfrontiert ist, steuert nun auf sehr stürmische, unbekannte Gewässer zu. Bei den vorgezogenen Parlamentswahlen im Sommer 2024 gewann Le Pen die erste Runde. Für die zweite Runde wurde alles mobilisiert, damit die radikale Linke siegt. Seitdem befindet sich das französische Parlament in einem echten Sumpf. Die Regierungen wechseln ständig, wie es in der Dritten Republik der Fall war. Das schlimmste Szenario wäre, wenn ein parlamentarischer Streit in eine außerparlamentarische Konfrontation übergeht, also auf die Straße getragen wird. Das ist ein Risiko für viele EU-Länder, wenn bestimmten Personen die Kandidatur für politische Ämter verboten wird. Wir haben das in Rumänien gesehen. Frankreich ist sicherlich ein viel größerer Fall mit starken Auswirkungen.

Washington könnte höchstwahrscheinlich mit heftigen Worten reagieren, ähnlich wie Vizepräsident J. D. Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar erklärte: ‚Die wahren Gefahren kommen nicht von Russland oder China, sondern von innen.’“

Bild „Marine Le Pen“ by Sylke Ibach is licensed under CC BY-NC 2.0.

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14 Kommentare

  1. Glass Steagall Act 31. März 2025 um 21:11 Uhr - Antworten

    Man nenne mal einen Eliten-Liebling, dem das passiert wäre!
    Kein Macron, keine Merkel, kein Scholz, kein Merz, kein Nehammer, kein Kurz, kein Trudeau, kein Biden, kein Obama, kein … usw.
    Immer nur die von der Opposition, die von den Eliten gehasst werden. Offensichtlicher geht es nicht mehr! Jetzt sind die Franzosen selbst gefordert.

  2. Andreas I. 31. März 2025 um 18:44 Uhr - Antworten

    Hallo,
    was für ein Zufall, dass die Staatsanwälte und Richter immer bei Politikern der Opposition etwas ,,finden“.

  3. federkiel 31. März 2025 um 17:47 Uhr - Antworten

    @ F1 FUTORO
    Ui, gleich aggressiv, da stellt sich die Frage, wer da Gift sprüht?
    Dann empfehle ich dir, bei der Kurt Tucholsky Gesellschaft nachzulesen, und zwar unter: Falsche Tucholsky Zitate.

  4. federkiel 31. März 2025 um 15:09 Uhr - Antworten

    Was ist denn das für eine Überschrift?
    Erst interessiert mich, ob sich Le Pen an den Geldern vegriffen hat. Hat jemand den Prozeß verfolgt? Konnten Beweise dafür erbracht werden?
    Wenn ja, hat sie in der Politik nichts mehr verloren. Ursprünglich waren viel härtere Strafen gefordert, sie kommt also glimpflich davon, muß gar nicht in den Häfn, KHG hingegen schon.
    Lauter Unschuldslämmer, gelle?
    Was gab es nicht für eine Empörung, daß die Klagen gegen von der Leyen eingestellt wurden, sie noch immer frei herumläuft.
    Also, was denn nun? Sollen Vergängnisse nun verurteilt werden, oder nicht?

    • Varus 31. März 2025 um 18:44 Uhr - Antworten

      Was LePen vorgeworfen wird, ist bei den Buntschland-Kartellparteien längst Gang und Gäbe: https://www.tichyseinblick.de/meinungen/chefin-gruenen-gleiches-verbrechen-wie-marine-le-pen/

      Wie mal leicht erraten kann – bei den „Richtigen“ hat es nie Konsequenzen.

      • federkiel 31. März 2025 um 22:27 Uhr

        „Wie mal leicht erraten kann – bei den „Richtigen“ hat es nie Konsequenzen.“

        Genau, das ist der Punkt, daß mit zweierlei Maß gemessen wird.

    • W. Baehring 31. März 2025 um 21:37 Uhr - Antworten

      Prinzipiell haben Sie ja recht (Zitat): „Also, was denn nun? Sollen Vergängnisse [Verfehlungen] nun verurteilt werden, oder nicht?“
      Natürlich sollen sie verurteilt werden!
      Aber dass Sie dazu gerade den Fall von der Leyen heranziehen, muß als äußerst unglücklich bezeichnet werden. Denn dieser Fall ist genau das Gegenteil der Verurteilung solcher Verfehlungen:
      Von der Leyen wurde eben gerade NICHT verurteilt. Und das nicht etwa, weil sie vollständig kooperiert und den Deal mit Pfizer offengelegt hat, sondern weil der Kläger „nicht persönlich betroffen …und die Klage damit unzulässig war“. Von der Leyen wurde also mittels eines angeblichen „Formfehlers“ des Klägers „verschont“.
      Ob allerdings die Veruntreuung von EU-Geldern zugunsten einer Privat-Firma und damit zum Schaden für das Gemeinwohl der EU-Bürger mit einem Deal, durch den auch noch unzählige EU-Bürger gesundheitlich geschädigt wurden, als „nicht persönlich betroffen“ einzustufen ist, ist eine, von der Leyen begünstigende, Auslegungsfrage des Gerichts, um den Sack eben nicht zumachen zu müssen.
      Wenn ich die Sache richtig verstanden habe, dann handelt es sich bei der Strafsache Le Pen ebenfalls um die Veruntreuung von EU-Geldern. Offensichtlich wurde dem Kläger (ich habe noch nicht herausgefunden, wer das war) diesmal die „persönliche Betroffenheit“ zugestanden, um den Sack zuzumachen.
      Macron verstieg sich dann auch noch zu dem Statement (Zitat):„Die Justiz hat gesprochen, und ich respektiere ihre Unabhängigkeit“.
      Wenn Macron damit allerdings dieselbe „Unabhängigkeit“ meint, die auch der deutschen Judikative eigen ist und weswegen Ihr die Ausstellung Europäischer Haftbefehle vom EuGH 2019 untersagt wurde, dann dürfte klar sein, welche „unabhängigen“ juristischen und ethisch-moralischen Werte der Staatsanwalt- und Richterschaft bei solchen Urteilen zugrundeliegen.

  5. F1 FUTURO 31. März 2025 um 14:19 Uhr - Antworten

    WAHL 🤔 ❗❓

    „Wahlen ändern nichts, sonst wären sie verboten.“

    Kurt Tucholsky

    „Die ECHTEN Wahlen besitzen immer das unverwechselbare Flair eines (Volksfest)Spektakels. Sie sind laut, ausgelassen, ja regelrecht ungestüm, vereinen, in ihrem ureigenen Charme, gleichermassen Jung, wie auch Alt… Die Stimmabgaben erfolgen gerne ausgesprochen kreativ & individuell… über spitze Mistgabeln, schweren Knüppeln, im Übermut herausgerissenen Pflastersteinen, oder ganz einfach nur… mit Klauen und Zähnen 🙃.“

    F1 FUTURO

    • federkiel 31. März 2025 um 15:12 Uhr - Antworten

      Wenn schon Spüche geklopft werden, dann bitte keine falsche Autorenzuschreibungen. Denn dieser demokratieskeptische Slogan wird auch Mark Twain, Emmy Goldman und einigen anderen zugeschrieben. Immer ohne seriöse Quellenangabe.

      • F1 FUTURO 31. März 2025 um 17:02 Uhr

        Das ist doch Haarspalterei 🤨. Tucholsky wird bei der Google-Suchanfrage zuerst genannt & …

        VERSPRITZ DEIN SCHLANGENGIFT WOANDERS❗

    • Andreas I. 1. April 2025 um 7:28 Uhr - Antworten

      Hallo,
      dazu fällt mir noch ein, dass das (dass Kandidaten von den ach-so unabhängigen Staatsanwälten und Richtern kurzerhand verboten werden können) auch eine der sehr praktischen Eigenschaften der parlamentarischen Demokratie ist.
      In Demokratie müsste allen oppositionellen Bürgern das Wählen verboten werden und da würden selbst die beflissendsten Staatsanwälte und Richter an Grenzen stoßen.

      • OMS 1. April 2025 um 9:14 Uhr

        Die Staatsanwälte sind an Weisungen der Politik gebunden. Die angeblich weisungsfreien Richter schlugen sich immer auf die Seite der Staatsmacht, da sie ihr System ja kennen. Die sogenannte C-Pandemie ist das beste Beispiel dafür was in einer Demokratie so alles möglich ist. Wer als Staatsanwalt oder Richter gegen den politischen Willen urteilt, wird wegen Rechtsbeugung entlassen und steht selber vor dem Kadi. Das Recht folgt nun einmal der Politik, da Politiker Gesetze erlassen (beschließen). Der Politik sind dafür alle Mittel genehm!

Regeln für Kommentare: Bitte bleibt respektvoll - keine Diffamierungen oder persönliche Angriffe. Keine Video-Links. Manche Kommentare werden erst nach Prüfung freigegeben, was gelegentlich länger dauern kann.

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