Offener Brief zur Unterstützung für Orbans-Friedensmission in Financial Times

10. Juli 2024von 2,8 Minuten Lesezeit

Immer mehr Anzeichen, dass sich der Wind in der Ukraine doch Richtung Frieden dreht. Langsam, aber stetig, Ein offener Brief fordert die britische Öffentlichkeit zum Kurswechsel auf. 

Viktor Orbans diplomatische Mission zur Friedenstiftung scheint durchaus etwas in Bewegung zu bringen. Ein Hinweis ist auch ein aktuell veröffentlichter offener Brief in der Financial Times. Darin wird gefordert, mit Russland Verhandlungen aufzunehmen. Auch zwei ehemalige britische Botschaften in Moskau haben den Brief unterzeichnet.

Hier der ganze Text auf Deutsch, der in der Financial Times am Mittwoch veröffentlicht worden ist:

Die jüngsten militärischen Erfolge Russlands in der Region Donezk sprechen für eine Verhandlungslösung des Krieges in der Ukraine. Die USA und ihre Verbündeten unterstützen das wichtigste Kriegsziel der Ukraine, nämlich die Rückkehr zu den Grenzen von 2014, d. h. die Vertreibung Russlands von der Krim und aus dem Donbas. Alle sachkundigen Analysten sind sich jedoch einig, dass ohne eine ernsthafte Eskalation des Krieges das wahrscheinlichste Ergebnis eine anhaltende Pattsituation vor Ort sein wird, mit einer nicht unerheblichen Chance auf einen russischen Sieg.

Diese Schlussfolgerung zeigt, dass ein Verhandlungsfrieden wünschenswert, ja sogar dringend notwendig ist, nicht zuletzt um der Ukraine selbst willen. Das Zögern des offiziellen Westens, einen Verhandlungsfrieden zu akzeptieren, beruht auf der Überzeugung, dass alles, was nicht zu einem vollständigen ukrainischen Sieg führt, es Putin ermöglichen würde, „ungeschoren davonzukommen“.

Dabei wird jedoch das bei weitem wichtigste Ergebnis des bisherigen Krieges ignoriert: die Ukraine hat für ihre Unabhängigkeit gekämpft und sie gewonnen – wie Finnland 1939-40. Einige territoriale Zugeständnisse scheinen ein geringer Preis für die tatsächliche – und nicht nur scheinbare – Unabhängigkeit zu sein.

Wenn ein Frieden, der in etwa auf der derzeitigen Aufteilung der Kräfte in der Ukraine beruht, unvermeidlich ist, ist es unmoralisch, ihn jetzt nicht anzustreben.

Washington sollte mit Moskau Gespräche über einen neuen Sicherheitspakt aufnehmen, der die legitimen Sicherheitsinteressen sowohl der Ukraine als auch Russlands wahren würde. Auf die Ankündigung dieser Gespräche sollte sofort ein zeitlich begrenzter Waffenstillstand in der Ukraine folgen. Der Waffenstillstand würde es der russischen und der ukrainischen Führung ermöglichen, auf realistische und konstruktive Weise zu verhandeln.

Wir fordern die Staats- und Regierungschefs der Welt dringend auf, eine solche Initiative zu starten oder zu unterstützen. Je länger der Krieg andauert, desto mehr Territorium wird die Ukraine wahrscheinlich verlieren und desto mehr wird der Druck für eine Eskalation bis hin zu einer nuklearen Ebene wachsen. Je schneller der Frieden ausgehandelt wird, desto mehr Menschenleben werden gerettet, desto schneller wird der Wiederaufbau der Ukraine beginnen und desto schneller kann die Welt von dem sehr gefährlichen Abgrund, an dem sie derzeit steht, zurückgeholt werden.

Lord Skidelsky, Emeritierter Professor für politische Ökonomie, Universität von Warwick

Sir Anthony Brenton, Britischer Botschafter in Russland (2004-2008)

Thomas Fazi, Journalist, Autor, Kolumnist für UnHerd +

Anatol Lieven. Senior Fellow, Quincy Institute for Responsible Statesmanship

Jack Matlock, US-Botschafter in der UdSSR (1987-1991)

Ian Proud, Britische Botschaft in Moskau (2014-2019)

Richard Sakwa, Emeritierter Professor für russische und europäische Politik, Universität von Kent

Christopher Granville, Britische Botschaft, Moskau (1991-1995)

Bild „peace dove“ by Jeff Attaway is licensed under CC BY 2.0.

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16 Kommentare

  1. Hasdrubal 11. Juli 2024 um 3:39 Uhr - Antworten

    Einige territoriale Zugeständnisse scheinen ein geringer Preis für die tatsächliche – und nicht nur scheinbare – Unabhängigkeit zu sein.

    Was für Unabhängigkeit, wenn das Ukrostan als amerikanisch-britische Kolonie gilt? Ablesbar etwa daran, dass ein Herr Johnson im Frühjahr 2022 kommen und befehlen konnte, mal eben weitere halbe Million Männer zu verheizen. Gerade die Russen fordern, dass das Land sich vom Westen befreit.

  2. Andreas I. 11. Juli 2024 um 0:20 Uhr - Antworten

    Hallo,
    Russlands Forderungen sind allgemein bekannt; neutrale Ukraine, Anerkennung der neuen territorialen Realitäten, Aufhebung der ,,Sanktionen“.

  3. anamcara 10. Juli 2024 um 17:35 Uhr - Antworten

    Laut Artikel beim deutschlandkurier „Deutschland-Kurier exklusiv: USA bereiten Evakuierung von Selenskyjs Marionetten-Regime vor!“ gibt es interessante Entwicklungen um die Ukraine.

    Auszug:
    „Wer außer dem Kriegstreiber-Kartell in Berlin und Brüssel eins und eins zusammenzählen kann, dem wird schnell klar, dass hinter den militärischen Kulissen des Ukraine-Krieges längst die diplomatischen Drähte glühen, um zu einer Waffenruhe und einer anschließenden Friedensregelung zu kommen –und zwar ohne Berlin und Brüssel!

    Nach meinen übereinstimmenden Informationen aus westlichen Geheimdienstkreisen und diplomatischen Quellen in Wien und Budapest laufen in Washington und Moskau bereits die Planungen für den „Tag X“.

    Konkret heißt das: Es laufen insgeheim auch Planungen für eine notfalls Evakuierung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und seines Marionetten-Regimes, sollte es vor dem Hintergrund zunehmender Kriegsmüdigkeit in der ukrainischen Bevölkerung und der Ausblutung der ukrainischen Armee zur offenen Revolte in Kiew („Maidan 3“) kommen.

    Eine Schlüsselrolle spielt aktuell die Friedensmission von Ungarn-Premier Viktor Orbán, der nach eigenen Worten mit dem alten und sehr wahrscheinlich neuen US-Präsidenten Donald Trump befreundet ist.

    Ein Schlüsseldatum im Rahmen von Orbáns – nach seinen eigenen Worten – Friedensmission, die ihn zuletzt nach Moskau und jetzt nach Peking zu Gesprächen mit Kreml-Chef Wladimir Putin bzw. Chinas Staatspräsidenten Xi Jinping führte, ist nach Einschätzung meiner Quellen spätestens der 5. November 2024. Es ist der Tag der US-Präsidentschaftswahlen.”..

  4. Reinhard Hardtke 10. Juli 2024 um 15:56 Uhr - Antworten

    Die ist eine ehrenhafte Sachen, sich öffentlich für eine diplomatische Lösung auszusprechen. Auch das Medium hängt sich mit solch einer Veröffentlichung weit aus dem Fenster. Ungewöhnlich.

    Aber ich muss sagen, dass der Westen solange weiterkämpfen lässt, bis der Ukraine die Männer ausgehen und/oder der Ukrainischen Führung die Konten überquellen und sie sich in der Schweiz zur Ruhe setzen können. Zudem wird Russland keinem Waffenstillstandsabkommen mehr zustimmen. Durch diverse Hintergehungen in den letzten Jahren, sind Russland dadurch nur Nachteile entstanden. Die Ukraine hätte durch einen Waffenstillstand die Möglichkeit zur Konsolidierung/Aufstockung der Truppen. Zudem würden weiterhin Waffen geliefert werden. Strategische Vorteile könnten verloren gehen.

    Und das ist auch eines der Hauptprobleme. Der Vertrauensverlust (in Verträge) ist zu einhundert Prozent die Schuld des Westens. Denn mittlerweile weiß jedes Kind, das die Verträge mit dem Westen das Papier nicht wert sind. Zudem ist Selenskyj kein offizieller Repräsentant der Ukraine mehr. Für nicht abgehaltene Wahlen bei einem Kriegszustand, sind für den Präsidenten keine Regelungen in der Verfassung festgeschrieben. Es fehlt also der (offizielle) Verhandlungspartner. Alles zusammen eine sehr schwierige Ausgangslage. Und wenn die Amerikaner und Engländer weiter militärisches Gerät in Stadte positionieren, werden noch weitere Zivilisten ihr Leben verlieren. Noch mehr Krankenhäuser, Schulen, Supermärkte werden getroffen. Aber das passt ja alles zur westlichen Kiregsführung. Hinterfotzig und rücksichtslos. Sind ja nur Russen und Ukrainer. Unsere westliche (Propaganda) Presse dann zum Zweitschlag ausholend. Direkt in die Köpfe der ahnungslosen Konsumenten.

  5. Andreas I. 10. Juli 2024 um 15:33 Uhr - Antworten

    Hallo,
    ,,die Ukraine hat für ihre Unabhängigkeit gekämpft und sie gewonnen“

    Die Ukraine hat sich 2014 der USA unterworfen und wird seitdem aus Washington und aus der Londoner Zweigstelle regiert.
    Es wäre freilich für die USA-Strategen smarter, zu halten was sie bisher haben – beispielsweise auch die ,,unabhängige“ Ukraine – als immer mehr haben zu wollen und dadurch letztendlich alles zu verlieren (nicht nur die Restukraine, auch Ostsyrien, Irak, Israel…)

    • therMOnukular 10. Juli 2024 um 17:10 Uhr - Antworten

      Hallo zurück!

      Jaaaa natürlich. Und weil der Westen längst totalitär tickt, kann er sich genau darum auf keinen „Kompromiss“ einlassen. Der Westen denkt, ihm stünde alles zu und er kann davon nicht ablassen, weil er es als totale Niederlage empfände – die ihm aber nicht erspart bleiben wird.

      Man kann sie derzeit ganz leicht unterscheiden: wer – wie die „Grünen“ – Gespräche mit dem „Feind“ kategorisch ablehnt, der tut das aus einer totalitären „Haltung“ heraus. Wer Gespräche führt, der ist auch offen für andere Szenarien.

      • Andreas I. 10. Juli 2024 um 20:07 Uhr

        Und passend dazu,
        ich habe mir letztens nochmal eine ältere Nummer von Georg Schramm angeschauit, wo er über Gier und Habgier referiert. Dort macht er darauf aufmerksam, dass die Gier nach Geld nicht durch noch mehr Geld gestillt wird, sondfern durch den Erwerb, durch die Tätigkeit Geld anzuhäufen.
        Wenn man das auf imperialistische Machr-Sucht überträgt, wird diese Gier nicht durch noch mehr unterworfene Staaten gestillt, sondern durch die Tätigkeit des Unterwerfens.
        Aber diese Tätigkeit ist für die Macht-Süchtigen seit 2011 unbefriedigend, Assad ist immernoch Präsident Syriens, Russland ist nicht in die Knie zu zwingen, nichtmal Iran … stattdessen fremdeln Saudi-Arabien und die Türkei … die Palästinenser kann man physisch umbringen und das grausam, aber man kann sie nicht unterwerfen (geradezu schmerzhaft für Narzissten wenn die vermeintlichen Untermenschen in Wirklichkeit unvergleichlich stärker sind) … also durch die Tätigkeit des Unterwerfens wird keine Befriedigung mehr erzeugt, sondern alle Versuche dazu werden zunehmend frustrierend, naja und das vertragen Suchtkranke gar nicht, auf Entzug werden die unausgeglichen. :-)

      • Fritz Madersbacher 10. Juli 2024 um 20:49 Uhr

        @Andreas I.
        10. Juli 2024 at 20:07
        Für eine imperialistische Macht ist jede Niederlage nicht nur ein Gesichtsverlust, eine Machteinbuße, sondern ein Zeichen der Schwäche, das den Gegner ermutigt. Damit steht immer Alles auf dem Spiel, es wird immer verbissen bis zum endgültigen Scheitern „angepresst“ …

      • therMOnukular 10. Juli 2024 um 22:00 Uhr

        Meine Herren Fritz und Andreas, herzlichen Dank!
        Stimme voll und ganz zu.

        Und die Imperialisten haben damit sogar Recht, man sieht es im nahen/mittleren Osten oder in Afrika. Wir werden bald ganz alleine gegen den Rest der Welt dastehen – und der aufziehende/schwelende Weltkrieg wird dann recht „einseitig“ verlaufen (auch was das Ergebnis betrifft).

      • Andreas I. 10. Juli 2024 um 23:40 Uhr

        An Fritz Madersbacher Hallo,
        und natürlich steht da auch die Ökonomie eines Imperiums dahinter, beim modernen Imperium vor allem die weltweite Leitwährung. Es ist ja nicht so, dass ich die ökonomischen Faktoren negiere. :-)
        Es ist nur so, dass die USA-Strategen nicht rein rational handeln (dann müssten sie wie gesagt sichern, was sie bis jetzt haben, anstatt immer mehr zu wollen und das Imperium zu überdehnen), sondern es auch deutliche Gemeinsamkeiten mit Suchtkranken gibt.

    • addcc 10. Juli 2024 um 22:26 Uhr - Antworten

      @ Es wäre freilich für die USA-Strategen smarter, zu halten was sie bisher haben – beispielsweise auch die ,,unabhängige“ Ukraine

      Blöd nur, dass die Rohstoffe um die es in diesem Krieg geht, in der ehemaligen Ost-Ukraine, jetzt Neurussland, liegen.
      Es ist nicht „smart“ (also schlau, immer diese Anglizismen) den Trester zu behalten und auf das Filtrat zu verzichten. Ohne die Bodenschätze der Ost-Ukraine wird der Westen die Rest-Ukraine fallen lassen, wie die berühmte Heiße Kartoffel. Wenn sie Glück haben, die Zurückgebliebenen, leben sie bald in Polen und Ungarn.

      • Andreas I. 11. Juli 2024 um 0:02 Uhr

        An addcc Hallo,
        ,,Blöd nur, dass die Rohstoffe um die es in diesem Krieg geht, in der ehemaligen Ost-Ukraine, jetzt Neurussland, liegen.“

        Ja das ist blöd für USA, aber ich denke, es geht in diesem Krieg um die Existenz Russlands gegen die Existenz des USA-Imperiums. Denn wenn USA nicht sowieso alle, aber besonders alle Verkäufer von Öl, Gas und weiteren Rohstoffen zwingen kann, ausschließlich US-Dollar zu verwenden – und dazu müsste USA Russland vernichten – dann fällt das Kartenhaus zusammen und das USA-Imperium implodiert ökonomisch.
        Übrigens heißt der Landstrich Neurussland seit etwa den 1780ern, unter Katharina der Großen, und es ist eine Ironie, dass es nun wieder ,,Neu“Russland ist.

        ,,Es ist nicht „smart“ (also schlau, immer diese Anglizismen)“

        Stimmt – und der alles andere begleitende Kulturimperialismus hat die deutsche Sprache verenglischt, was auch auf das Konto der USA-Strategen geht, die sich in ihrer Sprache für smart halten. :;-)

  6. Ed Uscho 10. Juli 2024 um 14:45 Uhr - Antworten

    die Ukraine hat für ihre Unabhängigkeit gekämpft und sie gewonnen<

    Was soll das sein, Wahrnehmungsstörung und Realitätsverweigerung im Endstadium?

    • I.B. 10. Juli 2024 um 15:35 Uhr - Antworten

      Na ja, irgendwie muss offenbar der Wille zum Frieden verkauft werden können und sei es mit Realitätsverweigerung.

      • Ed Uscho 10. Juli 2024 um 15:56 Uhr

        Die Realität ist aber, dass es auf Seiten der USA, NATO & EU keinen Willen zum Frieden gibt.
        Und Russland kann sich – aus meiner Sicht – gar nicht auf irgendwelche Zugeständnisse gegenüber dem Westen einlassen, weil dann die massive Aufrüstung der Ukraine weiter geht.

      • I.B. 10. Juli 2024 um 17:40 Uhr

        @Ed Uscho
        10. Juli 2024 at 15:56

        Ich stimme Ihnen zu. Aber genau deshalb versuchen vielleicht einige Friedenswillige, der Bevölkerung oder auch PolitikerInnen das Zuckerl der (realitätsfernen) gewonnenen Unabhängigkeit der Ukraine schmackhaft zu machen. Ziel sei damit angeblich erreicht, wozu weiterkämpfen, soll wohl die Botschaft sein. Ob die Unterzeichner selbst daran glauben, sei dahingestellt.

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