Die Wahrheit über den tödlichen Angriff auf US-Truppen in Westasien

29. Januar 2024von 7,4 Minuten Lesezeit

Drei tote US-Soldaten in Jordanien heizen die Situation in Westasien weiter an. Die USA beschuldigen den Iran. Der alte Wunsch der Neocons, Krieg gegen den Iran zu führen, rückt wieder etwas näher. 

Bei einem Drohnenangriff auf einen US-Stützpunkt in Westasien wurden drei US-Soldaten getötet und mehr als 30 verletzt, auch wenn die Einzelheiten umstritten sind. Die USA behaupten, der Angriff habe am Tower 22 in Jordanien nahe der syrischen Grenze stattgefunden, was der jordanische Kommunikationsminister zunächst bestritt. Später bestätigte er aber, dass es sich tatsächlich um eine „fortgeschrittene Position“ an der Grenze seines Landes handelte. Die USA gaben auch dem Iran die Schuld. In Teheran erklärte man aber, dass die irakische Miliz, die die Verantwortung für den Angriff übernommen hat, keine Befehle von ihm annimmt.

Syrien oder Jordanien?

Die Debatte über diese Details ist wichtig, da die militärische Präsenz der USA in Syrien illegal ist. Sie wird von der von den Vereinten Nationen anerkannten Regierung der Arabischen Republik abgelehnt. Zugleich könnte die iranische Beteiligung von einigen amerikanischen „Falken“ als casus belli für Angriffe gegen den Iran in der gesamten Region genutzt werden. Was den Ort des Geschehens angeht, so ist die von Xinhua zitierte Klarstellung des Ministers als maßgeblich zu betrachten, doch stellt sich die Frage, warum die irakische Miliz den Ort als innerhalb Syriens liegend bezeichnete.

Türkische Medien zitierten die Erklärung der Miliz mit den Worten, sie habe die „Stützpunkte Ash Shaddadi und Rukban in Syrien“ sowie einen Marinestützpunkt in Israel angegriffen, aber die Gruppe könnte sich wirklich darüber geirrt haben, wo Rukban rechtlich liegt. Er liegt weniger als eine Meile von der geografisch nicht zu unterscheidenden syrischen Grenze entfernt, und auf der Seite des vom Krieg zerrissenen Landes gibt es ein großes Flüchtlingslager. Außerdem befindet sich diese Einrichtung in unmittelbarer Nähe des viel größeren US-Stützpunkts im syrischen al-Tanf.

Die irakische Miliz könnte also den Tower 22 irrtümlich für ein von den USA besetztes syrisches Gebiet gehalten haben. Aber selbst wenn sie gewusst hätte, dass sich der Stützpunkt in Jordanien befindet, und einfach gelogen hätte, wäre der Angriff dennoch militärisch legitim gewesen, da dieser Standort wahrscheinlich eine Art Unterstützungsfunktion für al-Tanf hat. Tower 22 unterscheidet sich im Prinzip nicht von den unzähligen Stützpunkten innerhalb der NATO, die den Stellvertreterkrieg des Blocks gegen Russland über die Ukraine unterstützen, aber Russland kann sie aufgrund des Nuklearschirms der USA nicht angreifen.

Der Drohnenangriff einer irakischen Miliz auf den jordanischen Tower 22, bei dem drei US-Soldaten getötet und nach vorläufigen Berichten mindestens zehnmal so viele verletzt wurden, wird keine nukleare Reaktion nach sich ziehen. Diese Beobachtung führt zu der Frage, warum einige amerikanische Falken den Angriff mit dem Iran in Verbindung bringen wollen, da sie glauben, dass dies dazu beitragen könnte, ihre jahrelangen Argumente für eine Bombardierung der Islamischen Republik durch die USA zu untermauern.

Die rasche Entwicklung des jüngsten Krieges zwischen Israel und Hamas zu einem regionalen Stellvertreterkrieg zwischen Israel, den USA und dem Iran spiegelt sehr genau den Stellvertreterkrieg zwischen der NATO und Russland in der Ukraine wider, der nach dem Beginn der Sonderoperation ausbrach, dessen nachrichtendienstliche, logistische, operative und andere Formen der Infrastruktur jedoch beiden Konflikten weit vorausgingen. Russland macht die USA für alles verantwortlich, was seine ukrainischen Stellvertreter tun, auch wenn es nicht an der Planung beteiligt war. Wer also mit diesem Standard einverstanden ist, sollte ihn auch auf den Iran anwenden, wenn er konsequent ist.

Dadurch werden die Forderungen nach einer Bombardierung Irans nicht glaubwürdiger, sondern spiegeln lediglich die strategische Realität wider, wie sie objektiv besteht. Genauso wie Russland die NATO nicht bombardieren wird, obwohl es den US-Führer des Blocks für alles verantwortlich macht, was seine ukrainischen Stellvertreter tun, ist es auch unwahrscheinlich, dass die USA den Iran bombardieren werden. Obwohl sie ihn nach demselben Maßstab für alles verantwortlich machen, was seine regionalen Verbündeten tun. Die „Mutually Assured Destruction“ (MAD) oder zumindest unannehmbar hohe Kosten im Falle des Irans erklären diese Berechnungen.

Falken haben Iran im Visier

Abgesehen davon kam Pakistan bei den Gegenschlägen Mitte Januar als erstes Land seit dem Irak in den 1980er Jahren mit einer Bombardierung des Irans davon, auch wenn die Islamische Republik am Ende des Tages wohl den Kürzeren gezogen hat. Bloomberg zitierte sogar eine Quelle, die mit den Plänen der USA vertraut ist, um zu berichten, dass „eine Möglichkeit eine verdeckte Aktion ist, bei der die USA den Iran angreifen würden, ohne die Lorbeeren für sich zu beanspruchen, aber trotzdem eine klare Botschaft senden würden“.

In diesem Szenario könnte der Iran über seine Verbündeten in der gesamten Region eskalieren, wenn ein solcher Schlag so unverhältnismäßig ausfällt, wie es die amerikanischen Falken wünschen. Das würde einer Vielzahl von Ländern schwerwiegende Kosten verursachen und die Gefahr mit sich bringen könnte, dass die Ereignisse unumkehrbar in einen größeren Krieg münden. Die politischen Entscheidungsträger könnten natürlich zögern, all das aufs Spiel zu setzen, vor allem in einem Wahljahr und ganz zu schweigen von den schwindenden Vorräten der USA, nachdem sie der Ukraine seit 2022 schon so viel gegeben haben.

Was auch immer am Ende geschieht, die Anerkennung der Beziehungen Irans zu seinen regionalen Verbündeten, die sich gerade für diesen tödlichen Angriff verantwortlich erklärten, fördert nicht die Kriegshetze gegen die Islamische Republik, so wie die Anerkennung, dass der angegriffene Stützpunkt in Jordanien lag, einen nicht zum „US-Stenographen“ oder „Dummkopf“ macht. Der Iran war letztlich für die erste Tötung von US-Soldaten in der Region seit Ausbruch des jüngsten Krieges zwischen Israel und der Hamas verantwortlich, die wegen ihrer Rolle bei der Unterstützung der illegalen Operationen von al-Tanf in Syrien angegriffen wurden.

Den Befürwortern der regionalen Ziele der vom Iran angeführten Widerstandsachse scheint es unangenehm zu sein, zuzugeben, dass dieser Angriff in Jordanien ohne Teherans militärische und andere Formen der Unterstützung für die irakische Miliz nicht stattgefunden hätte, was wahrscheinlich daran liegt, dass sie denken, dass die Optik nicht zu ihren Gunsten ist. Schließlich sieht es schlecht aus, wenn man indirekt ein Land angreift, mit dem man sich nicht im Krieg befindet und das weder im Syrien- noch im Gaza-Konflikt direkt verwickelt ist, aber die Realität ist, dass Jordanien in beiden Fällen nicht unschuldig ist.

Es beherbergt wissentlich US-Truppen im Tower 22, die eine Art Unterstützungsrolle für al-Tanf spielen. Jordaniens Entscheidungsträger wussten bereits, dass die vom Iran angeführte Widerstandsachse sagte, dass alle US-Truppen in der Region gefährdet sind, solange Washington sich weigert, Israel zu zwingen, seinen Krieg im Gazastreifen einzustellen. Jordanien hätte daher beantragen können, dass die Operationen in dieser Einrichtung auf unbestimmte Zeit ausgesetzt werden, zumindest bis der jüngste Krieg zwischen Israel und der Hamas beendet ist, entschied sich aber aus Solidarität mit der illegalen Besetzung Syriens durch die USA dagegen.

Angesichts dieser Tatsachen brauchen sich diejenigen, die die vom Iran angeführte Widerstandsachse unterstützen, nicht zu schämen, zumal gegen die USA in Jordanien derselbe Grundsatz angewandt wurde, wie ihn Israel gegen den Iran in Syrien anwendet, nämlich militärische Ziele anzugreifen, die in einem laufenden Konflikt eine unterstützende Rolle spielen. Die Verluste, die die Verbündeten des Iran den USA in Jordanien zugefügt haben, sind weitaus geringer als die Verluste, die Israel dem Iran seit Oktober in Syrien zugefügt haben soll.

Die erfolgreiche Tötung amerikanischer Truppen im Rahmen des regionalen israelisch-amerikanisch-iranischen Stellvertreterkriegs nach mehr als 150 Versuchen seit Oktober stellt eine neue Phase in diesem Schattenkrieg dar, in der die USA nun gezwungen sind, zwischen der Beibehaltung des Stellvertreter-Schlachtfelds oder einer Eskalation durch Bombardierung des Iran zu wählen. Sie werden ihre möglicherweise überwältigende Antwort wahrscheinlich auf Syrien, den Irak und vielleicht auch den Jemen konzentrieren, aber es ist nicht auszuschließen, dass sie einen so genannten „begrenzten Schlag“ gegen den Iran führen, wie es Pakistan Mitte Januar getan hat.

Bild „30th Armored Brigade Combat Team“ by The National Guard is licensed under CC BY 2.0.

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Andrew Korybko ist ein in Moskau ansässiger amerikanischer politischer Analyst, der sich auf den globalen systemischen Übergang zur Multipolarität spezialisiert hat. Er veröffentlicht auf Englisch auf seinem Substack-Blog. Auf Deutsch exklusiv bei TKP.


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8 Kommentare

  1. lbrecht torz 30. Januar 2024 at 10:08Antworten

    Verstehe ich das richtig: Irakis greifen Jordanien an und darin sehen die USA einen Kriegsgrund gegen den Iran?????

    Alles ist völlig irre.

  2. Matthias 30. Januar 2024 at 9:03Antworten

    Es ist mehr als traurig das die USA seid 1945 weltweit über 25.000.000 Menschen ermordete mit Kriegen , Angriffen , Vertreibungen , Misshandlungen , Vergewaltigungen , Raub , Mörder , Umweltzerstörung , Kontrollen , Gefängnissen .

    Warum finden Menschen in der westlichen Welt das so toll das man diese Verbrechen weiter unterstützt ? Worum kontrolliert die USA die gesamte Welt ?
    Ja Russland war auch nicht immer ruhig . Seid 1945 knapp NUR 1.200.000 Menschen auf dem Gewissen .
    DAS IST EIN UNTERSCHIED . Wer wird ausgeraubt von allen westlichen Ländern ? Russland & Co. – aber warum denn ?

    Rechnen macht Sinn !!!

    Es reicht aus wenn man die Waffen der USA und des Westen verbreitet zusammen mit allen auf der Welt . Die USA aus Ihren über 210 Militärischen Basen weltweit entfernt. Wieviel hat Russland ? Nur Drei !

    Die NATO stimmt dem zu was passiert durch die Mörder der USA . Ist das richtig ?

    NEIN .

  3. Tyler Durden Wolland 29. Januar 2024 at 21:05Antworten

    Erfreuliche Kommentare…

    Zum einen ist Syrien ein von US Soldaten besetztes Land, und zwar eindeutig gegen seinen erklärten Willen. Was jede Form des Widerstandes rechtfertigt. Zum zweiten Kommentar empfinde ich seit langem, dass man sich als Mensch im Alter von rund 2o Jahren entscheiden muss: Will ich mich zu einem Menschen weiter entwicklen, oder will ich Soldat werden.
    Und, natürlich kann zum Dritten Biden so etwas gar nicht einsehen. Er ist, genau wie ein grosser Teil der Amerikaner, der Ansicht, dass der von Gott verliehene „american exceptionalism“ sein Land und alles was es weltweit macht, von irgendwelchen für den Rest aller Landeren Länder geltendem Regeln, ausgenommen ist.
    Auch in Israel kann man ja nicht übersehen, dass deren Verhalten auf der Überzeugung ruht, dass Gott persönlich ihnen vor 4000 Jahren die ganze Gegend dort rechtlich bindend für alle Zeite zugesprochen hat. Amen…

  4. Ole Pederson 29. Januar 2024 at 21:01Antworten

    Was genau haben eigentlich die U.S.A. in Jordanien, oder in Syrien verloren?

    • Jan 30. Januar 2024 at 5:53Antworten

      Irakische Ölfelder.

  5. therMOnukular 29. Januar 2024 at 18:07Antworten

    Danke, sehr interessant. Könnte aber auch ganz anders sein/kommen:

    Welche Panik der Neocons ist größer – sich mit dem Iran zu „überheben“, oder mit Trump bald deutlich weniger Chancen auf den lang ersehnten Schlag gegen den Iran zu haben?
    (Ich glaube vor Trump – darum könnten sie es auch besonders eilig haben, noch vor der Wahl…)

    Iranische Zurückhaltung könnte ebenfalls ganz andere Ursachen und strategische Gründe haben. So hat der Autor zB die Sanktionen unterschlagen, die BRICS gerade gegen die USA etabliert hat. Man scheint sich also eher an der Taktik des Schachspielers Putin zu orientieren und akkordiert zu handeln.
    Im Moment wird die USA in kleinen, verteilten Scharmützeln überall in der Region angegriffen – sie weiß also nicht, wohin sie ihren großen Kriegs-Apparat zuerst schicken soll. AmS ist diese unübersichtliche Lage für die USA nicht besonders angenehm, da es unmöglich ist, all diese „Kleinteile“ an Milizen über mehrere Länder verstreut zu zerstören, bevor sie aus ihren Verstecken kommen. Es ist für die USA, wie von einem Bienenschwarm verfolgt zu werden – da ist man mit Flugzeugträgern eher hilflos.

    Was im Artikel auch unerwähnt blieb, ist die technologische Veränderung der Verhältnisse. Vor ein paar Jahren hat die US-Navy schlicht vor der Haustüre geparkt und konnte sich sicher fühlen. Heute hat fast jede „Rebellen-Miliz“ die Technologie, die US-Navy zu gefährden und die man zur Not auf Eseln an ihren Einsatzort bringen kann. Zudem ist der Iran über die Jahre zu einem Drohnen-/Raketen-Spezialisten geworden, der sowohl Produktionsstätten wie Lagerhallen vorsorglich tief in die Erde/Gebirge gebaut hat. Der Nachschub für all diese „Widerstandsnester“ dürfte also kaum zum Erliegen kommen. Und die „dicken Dinger“ hat man noch nicht einmal ausgepackt, sondern begnügt sich damit, die USA zum Spottpreis zu provozieren….

    Wie man es auch dreht: die USA wird ein Waterloo erleben, endlich erntet sie, was sie gesäht hat.

  6. Karsten Mitka 29. Januar 2024 at 17:38Antworten

    Sind nur Amis und auch noch Soldaten, freiwillig. Haben dort auch nichts zu suchen, kein Mitleid!

  7. Hasdrubal 29. Januar 2024 at 16:17Antworten

    Westliche Regierungen bezahlen die Banderas ganz offen dafür, dass möglichst überall Russen getötet werden. Es wäre nur gerecht, würden östliche Völker ganz ähnlich die Amis jagen – schon wieder sieht Biden gleiche Rechte für Ost und West nicht ein.

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