Indiens Ölimporte aus Russland haben weltweites Chaos verhindert

29. Dezember 2023von 5,7 Minuten Lesezeit

Durch die Sanktionen des Westens gegen Russland importierte Indien plötzlich große Mengen von russischem Öl. Das hat den Energiemarkt stabilisiert und globales Chaos verhindert. 

Besonders große Teile des globalen Südens hatten schnell mit Schuldenprobleme durch die COVID-Politik zu kämpfen. Doch dann kamen die antirussischen Sanktionen und verschlimmerten die Ernährungsunsicherheit. Eine Energiepreiskrise wie in Europa hätte den globalen Süden in eine unkontrollierbare Polykrise stürzen lassen können, die auch den Westen destabilisiert hätte.

Indien stabilisierte Weltmarkt

Ein Vertreter des indischen Erdöl- und Erdgasministeriums aus dem ständigen Parlamentsausschuss sagte, dass die russischen Ölimporte seines Landes dazu beigetragen hätten, den globalen Energiemarkt zu stabilisieren und den Ausbruch von Chaos zu verhindern, so ein aktueller Bericht der Zeitung The Indian Express. Im Folgenden werden Auszüge zitiert, um Indiens Beitrag für die Welt in vollem Umfang würdigen zu können:

„Wenn sie (die indischen Raffinerien) kein russisches Öl nach Indien importiert hätten, was eine große Zahl von 1,95 Millionen Barrel pro Tag sein mag, hätte dieser Mangel zu einem Chaos auf dem Rohölmarkt geführt und die Preise wären um etwa 30-40 Dollar in die Höhe geschossen.

Der Rohölmarkt ist so beschaffen, dass auf einem Markt von 100 Millionen Barrel pro Tag die Preise um 10 bis 20 Prozent steigen und bis zu 125-130 Dollar erreichen, wenn die OPEC (Organisation der erdölexportierenden Länder) sagt, dass sie die Förderung um ein oder zwei Millionen Barrel pro Tag reduzieren wird.

Wenn Indien nicht – ich würde es Absorption nennen – 1,95 Millionen Barrel pro Tag aufnimmt, würden die Preise 120 bis 130 Dollar erreichen. Das würde ein Chaos auslösen. Diplomatisch gesehen sind wir ein souveränes Land und können sagen, dass wir das getan haben, was gut für das Land und die Welt ist.“

Diese Erkenntnis deckt sich mit dem, was zuvor in diesen fünf Analysen von Juni 2022 bis März 2023 mitgeteilt wurde:

Hätte Indien dem westlichen Druck nicht widerstanden, hätte die gesamte internationale Gemeinschaft darunter gelitten.

Zur Erklärung: Viele Staaten des globalen Südens hatten bereits mit COVID-bedingten Schuldenproblemen zu kämpfen, bevor die antirussischen Sanktionen des Westens ihre Ernährungsunsicherheit verschlimmerten. Eine zusätzliche Energiepreiskrise hätte sie in eine unkontrollierbare Polykrise stürzen lassen können. Dies hätte nicht nur zu einer Spirale von Unruhen führen, sondern die sicherheitspolitischen und humanitären Folgen hätten auch den Westen destabilisiert.

Indien als multipolare Großmacht

Diejenigen Länder in diesem Block des neuen Kalten Krieges, die von den dortigen Ressourcen und Märkten abhängig sind, hätten sich möglicherweise zu einseitigen militärischen Interventionen veranlasst gesehen. Zugleich wären große Flüchtlingsströme losgezogen, mit all den Folgen, die eine Verschärfung bereits bestehender Spannungen mit sich gebracht hätte. Dieses Worst-Case-Szenario wurde durch Indiens prinzipientreue Neutralität im Ukraine-Konflikt abgewendet, denn die weltweit bedeutende Großmacht widerstand dem westlichen Druck, russische Energie zu boykottieren.

Hätte Delhi vor den Forderungen des Westens kapituliert, wäre der Markt durch den abrupten Wegfall von so viel Energie ins Chaos gestürzt worden. Die verbleibenden Produzenten hätten den verlorenen Anteil Russlands nicht ersetzen können, was zu einem Wettbewerb zwischen den wohlhabendsten Ländern (nämlich China und der EU) um die verbleibenden Ressourcen geführt hätte. Währenddessen wäre der schuldengeplagte und nun ernährungsunsichere globale Süden nicht in der Lage gewesen, seinen Mindestbedarf an Energie zu decken, was die Polykrise in Gang gesetzt hätte.

Wie der ungenannte indische Beamte dem Parlament mitteilte, „haben wir das getan, was sowohl für das Land als auch für die Welt gut ist“, was die wachsende Konvergenz zwischen Indiens nationalen Interessen und denen der internationalen Gemeinschaft verdeutlicht. Diese südasiatische Großmacht praktiziert etwas, das man als hyperrealistische Großstrategie bezeichnen kann, bei der Indien nicht nur seine nationalen Interessen, so wie sie von den politischen Entscheidungsträgern verstanden werden, in den Vordergrund stellt, sondern sich auch offen zu diesem Ansatz bekennt und dieselben Interessen im Einzelnen darlegt.

Auf diese Weise beseitigt Indien alle Unklarheiten über seine Interessen, was es zum berechenbarsten Partner macht, den man haben kann. Diese Politik basiert auf dem Vertrauen, das Indien bei allen Beteiligten aufgebaut hat, da sie keinen Grund haben, die Aufrichtigkeit seiner Vertreter in Frage zu stellen, wenn sie über ihre nationalen Interessen sprechen. Einige mögen andere Ansichten haben und Indiens Politik sogar ablehnen, aber niemand kann glaubhaft behaupten, dass diese Vertreter lügen, wenn es darum geht, was sie wollen und warum.

Der russische Außenminister Lawrow lobte diesen Ansatz und das Multibündnis, zu dem er natürlich geführt hat, während einer Pressekonferenz mit seinem indischen Amtskollegen am Mittwoch, als er sagte: „Ich glaube, dass diese Politik nicht nur für Russland und alle anderen Länder auf der Welt wichtig ist, sondern dass es die einzige Politik ist, die es wert ist, betrieben zu werden, die Respekt und Ansehen sichert und die für die Zusammenarbeit Indiens mit anderen Ländern von Vorteil ist, die allen Mitgliedern der internationalen Gemeinschaft ähnlichen Respekt entgegenbringen.“

Der Westen wird nie zu schätzen wissen, was Indien für die Welt getan hat, aber der globale Süden beginnt zu begreifen, dass die Polykrise, die viele ihrer Beamten kurz nach der Verkündung der antirussischen Sanktionen befürchtet hatten, durch Indiens drastisch reduzierte Importe von Öl aus diesem Land weitgehend abgewendet wurde. Dies stabilisierte den Markt, was es ihnen erleichterte, ihre Schulden- und Ernährungssicherheitsprobleme in den Griff zu bekommen, und verhinderte so, dass dieser Teil der Welt zum Nachteil aller in eine umfassende Instabilität abrutschte.

Bild „Prime Minister Shri Narendra Modi welcomes President of Russia, Vladimir Putin for the 21st India-Russia Annual Summit“ by MEAphotogallery is licensed under CC BY-NC-ND 2.0.

Die in diesem Artikel geäußerten Ansichten spiegeln nicht unbedingt die Ansichten der fixen Autoren von TKP wieder. Rechte und inhaltliche Verantwortung liegen beim Autor.

Andrew Korybko ist ein in Moskau ansässiger amerikanischer politischer Analyst, der sich auf den globalen systemischen Übergang zur Multipolarität spezialisiert hat. Er veröffentlicht auf Englisch auf seinem Substack-Blog. Auf Deutsch exklusiv bei TKP.


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11 Kommentare

  1. Kriegsgegner 29. Dezember 2023 at 17:34Antworten

    Nach den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage ist das alles total unlogisch.
    Wenn Indien nicht diese Riesenmenge Öl aufgenommen hätte, wäre sie anderswo auf dem Weltmarkt gelandet, und hätte dort wohl eher zu einem Preisrückgang als zu Preissteigerungen führen müssen.
    Verstehen die überhaupt etwas von den elementaren Grundsätzen der Marktwirtschaft?

  2. Reinhard Hardtke 29. Dezember 2023 at 17:12Antworten

    „Eine zusätzliche Energiepreiskrise hätte sie in eine unkontrollierbare Polykrise stürzen lassen können.“

    Dies könnte das Ziel der Anstifter der Sanktionen gewesen sein. Und das devot unterwürfige (unterwanderte) Europa setzt diese menschenfeinlichen Maßnahmen um.

    Entweder sind sie skrupellos menschliches Elend zu erzeugen oder total unfähig ihre eigenen Handlungen zu Ende zu denken. Beides ist wirklich schlimm. Ich tippe auf ersteres.

  3. Rumpelstilz 29. Dezember 2023 at 15:52Antworten

    „Der Westen wird nie zu schätzen wissen, was Indien für die Welt getan hat“

    Schätzen schon, verzeihen weniger.

  4. Glass Steagall Act 29. Dezember 2023 at 13:28Antworten

    Indien als so selbstlos darzustellen, ist schon etwas überzogen! Hat doch gerade Indien sich finanziell mit dem Weiterleiten von russischen Energien sanieren können! Wenn sie so selbstlos gewesen wären, hätten sie ja das LNG günstiger als die USA anbieten können! Gleiches gilt für das Öl.

    Auf der anderen Seite hätte Europa dringend diesen Kostenschock (ohne Indiens Hilfe) durchmachen müssen, um von den geostrategischen Spielchen der USA und unseren heuchlerischen Politikern geheilt zu werden!

    • Reinhard Hardtke 29. Dezember 2023 at 17:41Antworten

      Kostenschock bedeutet aber höchstwahrscheinlich radikale, totalitäre, sogar faschistische Politik, um die Menschen in den Griff zu bekommen. Wir sehen jetzt schon Anzeichen bei den Grünen. Es werden mit Steuergeldern „regierungsferne“ Organisationen finanziert, welche für die devote Presse Vorlagen liefern, um regierungskritische Personen oder Organisationen, sogar freie Presse zu diffamieren. Eine Art Selbstreferenz entsteht, die ja bereits durch die unsäglichen „Faktenfinder“ besteht und jetzt noch ausgebaut wird.

      Das muss man sich mal vorstellen: Der Staat diffamiert über diesen Umweg die eigenen Kritiker. Diese Leute agieren hier weit abseits von Demokratie und Rechtsstaat. Und unsere Öffentlich Rechtlichen decken dieses Praxis durch Nicht-Berichterstattung. Vielen Dank auch dafür. Dafür bezahle ich meine Beiträge „gerne“. Ich glaube nicht mehr an Reformen dieser Sender.

      Wo bleibt die demokratische Kontrolle ohne funktionierenden öffentlichen Rundfunk? Die Presse der 5-10 Familien ist merkwürdigerweise auch ruhig gestellt. Nicht nur ruhig gestellt. Sie referenzieren auf die oben erwähnten, durch die Regierung in Auftrag gegeben „Gegneranalysen“ und hauen in die Selbe Kerbe wir die Öffentlich Rechtlichen. Bei soviel Medienpower wird auch gleich die Justiz gehirngewaschen. Und deshalb wundert man sich nicht über Urteile, die dieses konstruierte Trugbild stützen. Statt neutrale Berichterstattung, gibt es Neusprech, Narrativpflege, Auslassungen und Unterwürfigkeit.

      • Glass Steagall Act 30. Dezember 2023 at 1:35

        Mit Kostenschock meine ich, dass den Menschen bewusst wird, dass die Hilfe auf die sie hoffen, nur durch sie selbst kommen kann! Auf die Politik braucht niemand mehr zu hoffen! Solange aber teurere Notlösungen gefunden werden, geht man Stück für Stück in den Abgrund, anstatt einen echten „Reset“ zu machen. Aber der kann nur von der Bevölkerung angestoßen werden, wenn ihnen ihr Leiden auch bewusst wird. Die Passivität, mit der die Deutschen jede weitere Preiserhöhung hinnehmen, ist einfach erschreckend! Das Leiden ist scheinbar noch immer nicht groß genug.

      • Hasdrubal 30. Dezember 2023 at 6:51

        @„Die Passivität, mit der die Deutschen jede weitere Preiserhöhung hinnehmen“

        Ich nehme definitiv keine Preiserhöhungen einfach so hin, doch viel mehr als hier protestieren und die „Bösen“ alternativ wählen kann ich nicht. Hätte ich einen Zauberstab, wäre die gesamte dieberische Wokeness sofort zerschlagen.

        Apropos Diebstahl – jetzt drängen die USA massiv die Länder Europas, russisches Geld für die Ukro-Kolonie zu klauen. Wie sogar etliche europäische Regierungen befürchten, es dürfte massive negative Folgen haben und westliche Wirtschaft endgültig zum Außenseiter machen. Um auf Indien zu kommen – dann verkauft Indien russisches Öl weiter nur noch gegen Vorkasse in einer BRICS-Bank?

  5. Gerhard Umlandt 29. Dezember 2023 at 13:24Antworten

    Wie wir sehen, arbeitet(e) Indien mit Russland
    zusammen, um die weltzerstörerischen Pläne
    der NWO und des „Great Reset“ ad absurdum
    zu führen! Die Welt lässt sich von ein paar
    ethnischen Hanswu….n nicht mehr dumm kommen.
    Russland arbeitete schon vor über 20 Jahren mit
    Indien zusammen und entwickelte gemeinsam
    in einem JointVenture eine Nachfolgerakete der
    der „Sunburn“, der „gefährlichsten Rakete der Welt“
    (laut „Jane´s Weekly und amerikanischem
    Militärexpertem Rohrabacher), die „Brahmos“, eine
    Überschall-Antischiffsrakete. Wo solche Raketen
    eingesetzt werden, haben amerikanische
    Flugzeugträger nicht mehr viel zu melden (und die
    Amis wissen das).
    Auch China und der Iran haben solche Raketen
    selber entwickelt, und Venezuela und Kuba solche
    von Russland bekommen.+
    Sollte es zum Atomkrieg kommen, wird Indien mit
    hoher Wahrscheinlichkeit auf der Seite Russlands
    und Chinas stehen.
    Was will der Shalom-Westen eigentlich?
    Testen, wieviele nano-Sekunden es braucht, bis
    man im nuklearen Feuerball zerglüht?

    • Hasdrubal 30. Dezember 2023 at 7:25Antworten

      @„Wie wir sehen, arbeitet(e) Indien mit Russland zusammen, um die weltzerstörerischen Pläne der NWO und des “Great Reset” ad absurdum zu führen!“

      Über die Klima-Kabale sagt Putin kein böses Wort – wohl in der Hoffnung, dass der Westen sich selbst abschaltet. Für meine Begriffe ein Spiel mit dem Feuer, solche totalitäre hysterische Bewegungen kann man nicht kontrollieren. Das konnte man doch vor 80-90 Jahren sehen?

  6. Jan 29. Dezember 2023 at 12:14Antworten

    Dieser Sicht würde ich zustimmen.

  7. Hausmann_Alexander 29. Dezember 2023 at 12:10Antworten

    Indien will mit Russland Handel betreiben, weil sie schlechte Erfahrungen mit dem Westen (British Empire) gemacht haben
    und eine Vereinigung gegen Satanisten aufbauen (hoffe ich).

    Siehe 6. Video:

    https://uncutnews.ch/neue-videos-am-donnerstag-2/

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