Bringt der Kiewer Korruptionsskandal ein Ende des Krieges?

20. November 2025von 3,1 Minuten Lesezeit

Während die EU den Kiewer Korruptionsskandal verharmlost, zieht dieser Selenskyj immer weiter in den Abgrund. Einer seiner wichtigsten Verbündeten, zentraler Machtjongleur und harter Friedensgegner könnte stürzen, eine Chance für Frieden eröffnen und auch EU-Politiker mitreißen.

Vergangene Woche habe ich vorausgesagt, dass der aktuelle Korruptionsskandal in Kiew Ukraine höchstens zu einer Kabinettsumbildung führen könnte. Diese Einschätzung teilte ich mit anderen Analysten, während etwa der Spectator glaubte, der Skandal könnte Selenskyj zu Fall bringen. Die Ereignisse der letzten Tage erfordern eine Neubewertung: Mitglieder der regierenden Partei forderten die Entlassung von Selenskyjs mächtigen Stabschefs Andrey Yermak [im Titelbild neben Selenskyj], da er von dem Schwindel gewusst haben soll.

Dies fiel zusammen mit einem Bericht von Axios, wonach die USA und Russland heimlich an einem Rahmenabkommen zur Beendigung des Ukraine-Konflikts arbeiten. Politico ergänzte, dass dies „bis Ende des Monats – möglicherweise sogar schon diese Woche“ vereinbart werden könnte. Eine Quelle teilte ihnen mit: „Die Europäer interessieren uns nicht wirklich. Es geht um die Akzeptanz durch die Ukraine“, was durchaus passieren könnte, da der Plan Selenskyj „als fertige Sache präsentiert werden wird“.

Der Politico-Reporter erläuterte: „Man hat das Gefühl, dass die Ukraine derzeit aufgrund der Korruptionsskandale, die Selenskyj belasten, und der aktuellen Frontverläufe in einer Position ist, in der … sie überzeugt werden kann, das Abkommen anzunehmen.“ Somit lässt sich neu bewerten, dass dieser Skandal – vorangetrieben vom US-unterstützten Nationalen Antikorruptionsbüro – das Konfliktende erleichtern könnte, insbesondere falls Andrey Yermak dadurch gestürzt wird.

Yermak ist nicht irgendwer. Er gilt als Selenskyjs zentraler Machtmakler, dessen Fall die fragile Allianz aus Streitkräften, Oligarchen, Geheimpolizei und Parlament zerbrechen lassen könnte, die Selenskyj stützt. Selenskyjs inhaftierter Ex-Verbündeter Igor Kolomoysky nannte Timur Mindich – Selenskyjs langjährigen Geschäftspartner im Zentrum des Skandals, der nach einem Tipp das Land floh [nach Österreich, Anm], um einer Verhaftung zu entgehen – einen „klassischen Sündenbock“. Das deutet darauf hin, dass Yermak der eigentliche Drahtzieher sein könnte.

Unter dieser Annahme erklärt sich, warum die EU den Skandal bagatellisiert, ihn als Beweis für das Funktionieren ukrainischer Institutionen darstellt und die Verbreitung relevanter Fakten aktiv behindert. Yermak ist Selenskyjs Graue Eminenz und wird verdächtigt, der Hauptgrund für die anhaltende Ablehnung von Friedensangeboten zu sein. Sein Sturz durch den Skandal könnte Frieden ermöglichen – und möglicherweise auch seine europäischen Partner mitreißen.

Denn einige ihrer Beamten könnten von diesem oder anderen Skandalen profitiert haben, an denen Yermak beteiligt war, während ihre Geheimdienste das Ausmaß der Korruption kennen mussten. Sollte Yermak aus Rache auspacken – vorausgesetzt, Selenskyj wendet sich unter Druck der regierenden Partei (vielleicht US-gestützt, um ihn zu einem bevorstehenden Friedensdeal zu zwingen) gegen ihn –, könnte das zu Skandalen in ganz Europa führen.

Vor diesem Hintergrund muss ich meine Einschätzung ändern: Der Korruptionsskandal kann Selenskyj zu einem Friedensabkommen drängen, sofern die genannte Ereigniskette eintritt. Die rasante Entwicklung – von der Rebellion der eigenen Partei gegen Yermak bis zu Berichten über ein geheimes US-russisches Rahmenabkommen – macht dies plausibel. Bis Monatsende wird Klarheit herrschen.


Die in diesem Artikel geäußerten Ansichten spiegeln nicht unbedingt die Ansichten der fixen Autoren von TKP wider. Rechte und inhaltliche Verantwortung liegen beim Autor.

Andrew Korybko ist ein in Moskau ansässiger amerikanischer politischer Analyst, der sich auf den globalen systemischen Übergang zur Multipolarität spezialisiert hat. Er veröffentlicht auf Englisch auf seinem Substack-Blog. Auf Deutsch exklusiv bei TKP.


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6 Kommentare

  1. Daisy 21. November 2025 um 5:48 Uhr - Antworten

    Es ist ein Momentum… Die haben das alles im Hintergrund vorbereitet. Dass die Korruptionsaffäre nun aufpoppt, gehôrt mMn zum Gesamtpaket.
    Die EU-len, besonders die dt., kacken sich schon wieder an und finden Friedensverhandlungen „besorgniserregend“. Kiesewetter flennt, Trump stünde auf Russlands Seite, die Ukr. müsse sofort zur EU und NATO und dann müsse man einen „Siegesplan“ ausarbeiten …tock tock tock…
    Kallas: Wenn Russland Frieden möchte, soll es einem bedingungslosen Waffenstillstand zustimmen…sie ist damit auf Beerbegg-Level. Diese ahnungslose gehässige Gurke ist EU-Außenbeauftragte.

    Der Korruptionsfall wird die Schlinge um S.s Hals enger ziehen. Das passt gut zu Trumps Vorgehensweisen, stilistisch ;-)

    Kellogg will sich schleichen. Das schaut gut aus. Ich drücke die Daumen…

    • Daisy 21. November 2025 um 8:32 Uhr - Antworten

      Putin: Eine „kriminelle Bande auf goldenen Klos“ führt die Ukraine“…
      Nicht nur dort. Darum ist ja die Ukr. so total EU-reif…;-)

  2. OMS 20. November 2025 um 19:01 Uhr - Antworten

    Wäre ich Selenskyj würde ich behaupten, dass viel Geld an Politiker in die EU retour geflossen ist. Schließlich sind das ja die Werte, welche er mit seinen jungen ukrainischen Männern zu verteidigen pflegt.

    • Jan 21. November 2025 um 3:07 Uhr - Antworten

      Es gab einen Politico-Bericht, wonach Schweden einen neuen Versuch unternimmt, die in Belgien eingefrorenen russischen 170 Mrd zu verwerten.

      Spekulieren wir einmal über Korbykos Annahmen!

      Gerichte und EU-Parlament haben sich in der Pfizer-Affaire gegen Aufarbeitung ausgesprochen. Cui bono? Stehen Kickback-Empfänger in den SMS? Schmiergeld im EU-Parlament solls ja mal gegeben haben.

      Die Bürger interessiert nur, wann sie ihr Kind autistisch spritzen dürfen und wie sie schneller zu Thrombosen kommen, von dort ist nichts zu erwarten. Das sind geborene Opfer!

      Was sollte sich in nunmehr geändert haben? Korbyko setzt offenbar darauf, dass eine Veröffentlichung oder ein Friede Trump innenpolitisch hilft.

      Was hat Trump mit Putin besprochen? Putin die Krim und Trump Venezuela? Aber die Krim ist bereits bei Russland. Venezuela gegen Krim plus Aserbajdschan/Iran? Bibi weg?

      Damit wäre Europa erledigt. Nicht Regimewechsel, sondern tot, wir müssten in die Kleingärten. Woher sollte Öl kommen, wenn wir die Währung neu aufsetzen? Wer nimmt die? Wetten die Finanzmärkte derzeit auf Schweden?

      Bisschen viel Vermutung und Spekulation, alles! Denkbar, aber heiße Luft.

  3. Pfeiffer C 20. November 2025 um 17:22 Uhr - Antworten

    Während die EU den Kiewer Korruptionsskandal verharmlost, zieht dieser Selenskyj immer weiter in den Abgrund.

    Erinnerung an Ngô Đình Diệm, Präsident der Republik Vietnam von 1955 bis 1963:

    1955 ließ sich Diệm in einer manipulierten Wahl zum Präsidenten wählen (in Saigon erzielte er 135 % der abgegebenen Stimmen). Diệm festigte seine Herrschaft, indem er einflussreiche Positionen bevorzugt an Verwandte vergab.

    Die Eisenhower-Administration war der machtpolitischen Ansicht, dass man angesichts seiner (Diems) anti-kommunistischen Haltung über die Grausamkeiten des Regimes und die massive Korruption hinwegsehen dürfe. Südvietnam blieb von den USA vollständig abhängig und war ohne deren Hilfe nicht überlebensfähig.

    Der amerikanische Vizepräsident Lyndon B. Johnson bezeichnete Diệm 1961 noch als „Winston Churchill Südostasiens“.
    Allmählich begann jedoch auf der Seite der Amerikaner, die ihn weiterhin unterstützten, ein Meinungsumschwung, weil offensichtlich wurde, dass Diệms autokratische, ausufernd korrupte und repressive Regierung unfähig sein würde, Südvietnam zu vereinigen und gegen den kommunistischen Norden anzuführen.

    Im August schickte das Weiße Haus das Telegram 243 zur Ermutigung des US-Botschafters in Südvietnam, Optionen für eine neue Führung zu prüfen. Ende August berichtete die CIA, dass sie sich mit zum Putsch willigen ARVN-Generälen getroffen hat, welche einen Putschplan entwarfen. Angeführt werden sollte der Putsch von Dương Văn Minh.

    Am 1. November 1963 kam es schlussendlich zu einem Militärputsch von ARVN-Generälen um Dương Văn Minh. Der Putsch stieß auf wenig nennenswerten Widerstand. Erst als der Präsidentenpalast umstellt war und Diệms Eliteeinheiten entwaffnet waren, erklärte Diệm seine Bereitschaft zu Reformen und versuchte verzweifelt und vergeblich, die Unterstützung des US-Botschafters Lodge zu gewinnen.

    Der gab vor, sich nicht in innere Angelegenheiten Südvietnams einmischen zu können.

    Diệm und sein jüngerer Bruder Ngô Đình Nhu konnten durch unterirdische Geheimgänge zunächst fliehen. Später wurden sie jedoch von Suchtrupps aufgegriffen, verhaftet und ermordet. Beide wurden erschossen und mit Bajonetten erstochen, als sie in einem Militärfahrzeug transportiert wurden.[

    Am nächsten Tag fand man sie in einem Lieferwagen.

    Kurze Bildgeschichte:

    Bild 1:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Ng%C3%B4_%C4%90%C3%ACnh_Di%E1%BB%87m#/media/Datei:Ngo_Dinh_Diem_at_Washington_-_ARC_542189.jpg

    Bild 2:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Ng%C3%B4_%C4%90%C3%ACnh_Di%E1%BB%87m#/media/Datei:Corpse_of_Ng%C3%B4_%C4%90%C3%ACnh_Di%E1%BB%87m_in_the_1963_coup.jpg

    Ich sage aktuell zur Ukraine voraus:

    Bild 1:
    https://assets.orf.at/mims/2024/39/33/crops/w=800,q=90/2367301_body_903633_ticker_trump_selenski_afp.jpg?s=e25e323c01a960f7bf4d259bb804db7184c3ff68

    Bild 2:
    Coming soon

  4. Hausmann_Alexander 20. November 2025 um 16:37 Uhr - Antworten

    Warum ist Geld immer ein Skandal?

    Viel schlimmere Skandale in der Ukraine (meine Meinung):

    -NATO Osterweiterung
    -Kriegswaffen an die, die eigentlich keine haben dürften
    (Drogenabhängige, Nazis, z.B)
    -(schlechte)militärische Ausbildung in zu kurzer Zeit
    -unzweckmäßige Verwendung von Kriegswaffen (Sturmgewehre vs Panzer, z.B)
    -angeblich 60% der gelieferten Feuerwaffen auf dem Schwarzmarkt/Mexiko u.a.
    -…

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