Dänische Recherche zu Nord Stream bezweifelt offizielle Geschichte

14. Oktober 2025von 4,1 Minuten Lesezeit

Es braucht offenbar ausländische Medien, um deutsche Regierungsnarrative kritisch zu prüfen. Investigative Recherchen aus Dänemark machen klar, dass an der offiziellen Geschichte zu Nord Stream so einiges nicht passt.

War eine ukrainische Gruppe rund um Volodymir Z. für die Nord Stream Sprengung verantwortlich? Das behauptet der deutsche Staat. Der Beschuldigte sitzt in Polen und wird nicht ausgeliefert, die Staatsmedien interessieren sich kaum mehr für den Anschlag. Anders als in Dänemark, wo Journalisten der deutschen Erzählung nachgegangen sind.

Dazu die aktuelle Meldung des Magazins Multipolar:

Dänische Journalisten stellen die Ermittlungsergebnisse zu den Sprengungen der Nord-Stream-Pipelines des deutschen Generalbundesanwalts auf den Prüfstand. Diesen Ermittlungen zufolge soll eine Gruppe ukrainischer Staatsbürger für die Sprengung mittels Fernzündungssprengsätzen verantwortlich sein und dazu unter anderem eine Segeljacht namens „Andromeda“ genutzt haben. Wie jedoch der Norddeutsche Rundfunk (NDR) Ende September berichtete, befasst sich etwa der Podcast „Taskforce Nord Stream“ des dänischen Portals „Frihedsbrevet“ mit Ungereimtheiten und offenen Fragen. Auch der dänische Investigativjournalist Bo Elkjær, der unter anderem für die Tageszeitung „Dagbladet Information“ schreibt, sprach gegenüber dem NDR von einer unzureichenden Beweislage bezüglich der „Andromeda“.

Der bislang achtteilige, kostenpflichtig angebotene Podcast von „Frihedsbrevet“ startete am 31. August und damit gut eine Woche, nachdem die Generalbundesanwaltschaft die Festnahme, des Tatverdächtigen Serhii K. in Italien, vermeldete. Podcast-Produzent Thomas Arent geht mit seinem Reporter-Team verschiedenen potenziellen Spuren nach. Zu diesen zählt auch, in Folge sechs des Podcasts, der angeblich dreitägige Aufenthalt der „Andromeda“ im Hafen der Ostsee-Insel Christiansø unmittelbar vor dem Zeitpunkt der Anschläge. Laut NDR habe der Inselverwalter Søren Thiim Andersen den Reportern von „Frihedsbrevet“ berichtet, dass sich keiner der Inselbewohner an Boot oder Besatzung erinnern könne. In den Abrechnungen des Bezahlautomaten am Hafen finde sich ebenfalls kein Hinweis auf die Segeljacht.

Inselverwalter Andersen spreche außerdem über „drei amerikanische Kriegsschiffe“, die aufgrund einer ausgeschalteten Signalübermittlung zwar nicht auf elektronischen Seekarten auftauchten, allerdings von einer örtlichen Seenotrettungsmannschaft beobachtet worden seien. Über die Sichtung dieser Schiffe seien die Inselbewohner zum Schweigen verpflichtet worden. Das deckt sich mit der Aussage des Hafenmeisters der Insel, John Anker Nielsen gegenüber der dänischen Zeitung „Politiken“ Ende September 2024, der unter den besagten Schiffen die „USS Kearsarge“ beobachtet habe. Die demnach verhängten Schweigegebote „spielen auch in der achten und jüngsten Folge des „Frihedsbrevets“-Podcasts erneut eine Rolle.

Die „USS Kearsarge“ war zugleich Teil des NATO-Seemanövers „BALTOPS 22“, das vom 5. bis 17. Juni 2022 in der Ostsee stattfand. Laut Recherchen verschiedener deutscher Medien soll die Bundesregierung bereits 2022 durch die US-amerikanische CIA beziehungsweise den niederländischen Militärgeheimdienst vor einem Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines gewarnt worden sein, der im zeitlichen Zusammenhang mit dem „BALTOPS“-Manöver durchgeführt werden sollte. Diesen Recherchen zufolge hätten die Geheimdiensthinweise auf eine ukrainische Täterschaft hingedeutet.

Der dänische Journalist Bo Elkjær, der sich laut NDR seit Jahren intensiv mit dem Vorfall rund um die Sprengung der Gaspipelines Ende September 2022 auseinandersetzt, äußerte gegenüber dem deutschen Sender ebenfalls Zweifel an den offiziellen Darstellung des Generalbundesanwalts. Zu den offenen Fragen zählt für Elkjær unter anderem, warum keine Unterwasserdrohne eingesetzt wurde, wieso die Jacht in Rostock statt im näher gelegenen Polen gemietet wurde sowie die mangelnde Zurückhaltung der Gruppe angesichts von übertretenen Geschwindigkeitsbegrenzungen oder anderweitig aufsehenerregendem Auftreten. Elkjær erwähnt dabei auch die mutmaßliche Verbindung der beiden mietenden Personen zu Russland. Bereits 2024 führte der Journalist gegenüber dem NDR seine Überzeugung aus, dass „der Pfeil“ stattdessen in Richtung Russland „zeigt“, weil im fraglichen Tatzeitraum eine russische Militärflotte in der Ostsee verkehrte.

Dem stehen Recherchen des US-Journalisten Seymour Hersh gegenüber. In einem vielbeachteten Artikel vom Februar 2023 erwähnte er ebenfalls das Nato-Manöver „BALTOPS“ und beschuldigte die USA als Urheber des Sabotageaktes. Eine Nachfrage von Multipolar bei Elkjær und „Frihedsbrevet“ blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Fraglich ist überdies noch immer, inwieweit ein staatlicher Akteur für die Nord-Stream-Sabotage verantwortlich zeichnet. Die „Washington Post“ hatte 2023 unter Bezug auf anonyme Qu ellen berichtet, dass der damalige, oberste ukrainische General Walerij Saluschnyj eine entsprechende Mission bewilligt haben soll. Von Saluschnyjs Kenntnis der Mission habe auch der Spiegel im September 2024 durch ungenannte Quellen erfahren. Diese widersprachen mit ihrer Behauptung, Präsident Wolodimir Selenskyij sei nicht informiert gewesen. Laut anderen „Insidern“, die das „Wall Street Journal“ im August 2024 zitierte,  habe sich Selenskyij erst infolge einer Intervention durch die CIA von dem Vorhaben distanziert.

Sowohl Dänemark als auch Schweden haben 2024 unter Verweis auf eine mangelnde nationale Zuständigkeit die Ermittlungen zu Nord Stream eingestellt. Schweden hatte die Ergebnisse seiner Ermittlungen zuvor der deutschen Bundesanwaltschaft übergeben.

Bild „Nord Stream pipelines on map“ by FactsWithoutBias1 is licensed under CC BY-SA 4.0.

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3 Kommentare

  1. Michael Rosemeyer 14. Oktober 2025 um 22:56 Uhr - Antworten

    US-Journalist Tucker Carlson über Deutschland: «Wenn Ihr sogenannter Alliierter Ihr Land für Generationen zerstört – was die Biden-Regierung mit der Zerstörung der Nord-Stream-Pipeline getan hat – und Sie sich nicht einmal trauen, dies anzusprechen, ist es vergleichsweise so, als stünde ein Typ kurz davor, Ihre Frau zu vergewaltigen»
    2024_04_01
    https://weltwoche.ch/daily/us-journalist-tucker-carlson-ueber-deutschland-wenn-ihr-sogenannter-alliierter-ihr-land-fuer-generationen-zerstoert-was-die-biden-administration-mit-der-zerstoerung-der-nord-stream-pi/

    Nord Stream: Anschlag soll schon vor zehn Jahren geplant worden sein
    2024_07_06
    https://www.welt.de/politik/deutschland/plus252370644/Nord-Stream-Anschlag-soll-schon-vor-zehn-Jahren-geplant-worden-sein.html

    Nord-Stream-Sprengung: Das ukrainische Tauchteam auf der Jacht Andromeda war angeblich ein sorgfältig von der CIA geplantes Ablenkungsmanöver
    2024_05_21
    https://weltwoche.de/daily/nord-stream-sprengung-das-ukrainische-tauchteam-auf-der-jacht-andromeda-war-angeblich-ein-sorgfaeltig-von-der-cia-geplantes-ablenkungsmanoever/

    Die Weltwoche:
    Uno-Spitzendiplomat von der Schulenburg über die NordStream-Sabotage: «…ohne amerikanische Einwilligung oder Mitmachens ist es gar nicht möglich, so etwas zu machen»
    Zum ganzen Interview von @roman_zeller :https://weltwoche.de/daily/man-muss-mit-putin-verhandeln-uno-spitzendiplomat-schulenburg-ueber-krieg-und-frieden/
    2024_05_03
    (https://x.com/Weltwoche/status/1786360183536468428?t=HBgh1HkTCso923rVfSv1uA&s=03)

  2. cwsuisse 14. Oktober 2025 um 14:17 Uhr - Antworten

    Es ist völlig egal, ob es die Amis selber waren. Sie wussten jedenfalls vorher über die Sabotage Bescheid und sind deswegen Mittäter dieser kriegerischen Handlung gegen die BRD.

  3. Charles M. Schulz 14. Oktober 2025 um 12:51 Uhr - Antworten

    Si, si, die Russen sprengen ihre eigen Pipeline.
    So einen Gashahn kann man auch einfach zudrehen.
    Die Wahrheit springt einem doch genauso wie beim C. Hoax mit dem nacken Arsch in’s Gesicht.
    Wie heißt es so schön:
    Die USA zum Feind zu haben ist gefährlich, sie zum Freund zu haben tödlich….

Regeln für Kommentare: Bitte bleibt respektvoll - keine Diffamierungen oder persönliche Angriffe. Keine Video-Links. Manche Kommentare werden erst nach Prüfung freigegeben, was gelegentlich länger dauern kann.

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