USA räumt Ukraine-Logistikzentrale in Polen: Beginn des Abzugs aus Osteuropa?

9. April 2025von 5,2 Minuten Lesezeit

US-Streitkräfte verlassen das Logistikzentrum Rzeszow in Polen. Das bedeutet nicht den vollständigen Rückzug der USA aus Polen oder ganz Mittel- und Osteuropa, aber symbolisiert den neuen distanzierten Kurs gegenüber Kiew.

Das Pentagon gab am Montag bekannt, dass die US-Streitkräfte das Logistikzentrum Rzeszow in Polen, das für die Unterstützung der Ukraine genutzt wurde, verlassen und sich gemäß einem (bisher nicht öffentlich detaillierten) Plan an anderer Stelle im Land neu positionieren werden. Einen Tag später berichtete NBC News, dass Trump erwägt, die Hälfte der 20.000 US-Soldaten, die Biden seit 2022 nach Mittel- und Osteuropa (CEE) entsandt hat, abzuziehen. Laut Quellen soll der Großteil aus Polen und Rumänien, den beiden größten Ländern an der Ostflanke der NATO, zurückgezogen werden.

Der polnische Präsident, der Ministerpräsident und der Verteidigungsminister betonten umgehend, dass die Verlegung vom Montag weder einen Rückzug der US-Truppen aus Polen bedeute noch diesen ankündige. Dennoch ranken sich Spekulationen um Trumps Pläne, insbesondere vor dem Hintergrund eines möglichen russisch-amerikanischen „Entspannungsprozesses“. Putin hatte Ende 2021 gefordert, dass die USA ihre Streitkräfte aus Mittel- und Osteuropa abziehen, um die Einhaltung des NATO-Russland-Grundlagenakts von 1997 wiederherzustellen, dessen wiederholte Verstöße das Sicherheitsdilemma zwischen Russland und den USA verschärft hatten.

Bidens Weigerung, über diese Forderung zu verhandeln, trug dazu bei, die jüngste Phase des bereits über ein Jahrzehnt andauernden Ukraine-Konflikts auszulösen. Putin begann die sogenannte „spezielle Operation“. Ziel soll auch sein, ein zunehmend unausgewogenes strategisches Gleichgewicht zwischen Russland und den USA wiederherzustellen. Im Gegensatz zu Biden scheint Trump zumindest teilweise bereit, auf Putins Forderung einzugehen. Dies könnte einer von mehreren pragmatischen Kompromissen sein, die sie aushandeln, um die Beziehungen zu normalisieren und den Stellvertreterkrieg zu beenden.

Nun sind derzeit rund 10.000 US-Soldaten in Polen stationiert, vor Beginn des Krieges waren es etwa 4.500. Es könnte also sein, dass einige von ihnen abgezogen werden, aber trotzdem mehr als vor 2022 in Polen bleiben.

Polens scheidender konservativer Präsident wünscht sich so viele US-Truppen wie möglich, einschließlich einer Verlegung aus Deutschland, während der amtierende liberale Ministerpräsident mit dem Gedanken spielt, entweder Frankreich als Gegengewicht zu den USA einzubinden oder sich ganz an Frankreich anzulehnen. Das Ergebnis der Präsidentschaftswahl im nächsten Monat wird maßgeblich die polnische Politik in dieser Hinsicht beeinflussen und könnte durch die Wahrnehmung (ob zutreffend oder nicht) eines amerikanischen Rückzugs aus Polen geprägt werden.

Jede Reduzierung der US-Truppen in Polen oder der Glaube der Öffentlichkeit, dass dies unvermeidlich ist, könnte dem pro-europäischen liberalen Kandidaten zugutekommen, während eine klare Bestätigung des US-Engagements, die aktuelle Truppenstärke zu halten oder gar auszubauen, den pro-amerikanischen konservativen und populistischen Kandidaten stärken könnte. Selbst wenn Polens nächster Präsident ein Liberaler ist, könnten die USA jedoch weiterhin auf das Land als regionale Bastion ihres militärischen und politischen Einflusses zählen, sofern die Trump-Regierung geschickt agiert.

Dafür müssten die USA mehr Truppen in Polen belassen als vor 2022 (auch wenn einige abgezogen werden), sicherstellen, dass diese Zahl, die jedes anderen mittel- und osteuropäische Land übersteigt, und einige Militärtechnologien für eine gemeinsame Produktion übertragen. Das erste Ziel würde die politisch antirussische Bevölkerung psychologisch beruhigen und das Gefühl vermeiden, im Stich gelassen zu werden; das zweite hängt mit dem regionalen Prestige zusammen, und das dritte würde Mittel- und Osteuropa trotz der Konkurrenz durch die EU im militärisch-industriellen Ökosystem der USA halten.

Dies könnte ausreichen, um den möglichen Plänen der Liberalen entgegenzuwirken, sich auf Kosten des US-Einflusses Frankreich zuzuwenden, oder die Vormachtstellung der USA in Polen zu sichern, falls ein liberaler Präsident mit seinem gleichgesinnten Ministerpräsidenten zusammenarbeitet, um die USA durch Frankreich etwas auszubalancieren. Selbst wenn die Trump-Regierung diese Chance durch mangelnde Weitsicht vertut oder eine vollständig liberale Regierung in Polen aus ideologischen Gründen Streit mit den USA sucht, wird erwartet, dass die USA Polen nicht vollständig aufgeben.

Der Großteil der polnischen Militärausrüstung stammt aus den USA, was zumindest die fortgesetzte Lieferung von Ersatzteilen sicherstellt und wahrscheinlich die Grundlage für weitere Waffengeschäfte bildet. US-Streitkräfte sind derzeit in fast einem Dutzend Einrichtungen im ganzen Land stationiert, und die beratende Rolle einiger dieser Truppen prägt Polens Perspektiven, Strategien und Taktiken während des laufenden militärischen Aufbaus. Es gibt daher keinen Grund, warum die USA freiwillig auf diesen Einfluss über die mittlerweile drittgrößte Militärmacht der NATO verzichten sollten.

Selbst im radikalsten Szenario eines liberal geführten polnischen Schwenks hin zu Frankreich wäre die Möglichkeit, amerikanisches Militärmaterial kurzfristig durch französisches zu ersetzen, stark eingeschränkt. Das Äußerste, was in diese Richtung gehen könnte, wäre die Stationierung von nuklear bewaffneten Rafale-Kampfjets. Polen könnte auch einige französische Truppen ins Land einladen, etwa zu Beratungszwecken, und vielleicht ein paar Waffengeschäfte abschließen. Es wird jedoch nicht verlangen, dass die US-Streitkräfte abziehen, da es deren abschreckende Wirkung erhalten möchte.

Angesichts dieses Zusammenspiels von Interessen lässt sich schlussfolgern, dass der Rückzug der USA aus dem Logistikzentrum Rzeszow in Polen, das der Ukraine diente, die Reduzierung der amerikanischen Militärhilfe für Kiew symbolisieren soll und nicht den ersten Schritt zu einem vollständigen Rückzug aus Polen oder Mittel- und Osteuropa insgesamt darstellt. Zwar sind regionale Truppenreduzierungen als Teil pragmatischer Kompromisse möglich, die Trump mit Putin zur Normalisierung der Beziehungen und zur Beendigung des Stellvertreterkriegs eingehen könnte, ein kompletter Abzug wird jedoch nicht erwartet.

Bild „UK Warrior Armoured Fighting Vehicles on Exercise in Poland“ by Defence Images is licensed under CC BY-SA 2.0.

Die in diesem Artikel geäußerten Ansichten spiegeln nicht unbedingt die Ansichten der fixen Autoren von TKP wieder. Rechte und inhaltliche Verantwortung liegen beim Autor.

Andrew Korybko ist ein in Moskau ansässiger amerikanischer politischer Analyst, der sich auf den globalen systemischen Übergang zur Multipolarität spezialisiert hat. Er veröffentlicht auf Englisch auf seinem Substack-Blog. Auf Deutsch exklusiv bei TKP.


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8 Kommentare

  1. Sting2 11. April 2025 um 13:15 Uhr - Antworten

    Georgischer Präsident: Deep State betreibt die Fortsetzung des Ukrainekrieges

    https://zuerst.de/2025/04/11/georgischer-praesident-deep-state-betreibt-die-fortsetzung-des-ukrainekrieges/#comment-192063

    Tiflis/Brüssel. Der georgische Ministerpräsident Irakli Kobachidse hat Journalisten gegenüber bestätigt, was unter Beobachtern der derzeitigen Ukrainepolitik der EU keinem Zweifel unterliegt: daß bestimmte Kräfte in den westlichen Führungsebenen jeden Versuch einer Friedensregelung zu sabotieren versuchen und für die Fortsetzung des Krieges sorgen.

    Kobachidse macht den „deep state“ dafür verantwortlich.

    Wörtlich sagte er: „Der Deep State hat den europäischen Strukturen aufgetragen, den Krieg in der Ukraine fortzuführen.

    Zuvor waren auch amerikanische Stellen daran beteiligt, doch jetzt liegt die Verantwortung exklusiv bei Europa.“

    Der georgische Regierungschef, der mit der Wühlarbeit des Westens in seinem eigenen Land genügend Erfahrungen gemacht hat, zieht deshalb naheliegende Parallelen: auch in Georgien würden Organisationen, die „anti-staatliche Prozesse“ vorantreiben, mittlerweile ausschließlich aus EU-Mitteln finanziert.

    Die EU-Bürokratie werde für geopolitische Ziele instrumentalisiert.

    Gleichzeitig unterstrich er, daß Georgien nichtsdestotrotz seine eigenen nationalen Interessen verfolge:

    „Unser Ziel ist es, das zu verhindern, was in der Ukraine passiert ist.“

    Die Ukraine habe Zerstörung und viele Opfer erlitten, doch dafür eine enge Zusammenarbeit mit europäischen Institutionen gewonnen.

    Georgien hingegen habe es geschafft, ein ähnliches Szenario zu vermeiden – etwa die Eröffnung einer zweiten Front gegen Rußland.

    Dies, so Kobachidse, habe den „deep state“ extrem verärgert

  2. Sting2 11. April 2025 um 12:47 Uhr - Antworten

    Soros: Merkel ist die beste Verbündete der USA gegen Russland (Artikel vom 30.03.2015)

    https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/03/30/soros-merkel-ist-die-beste-verbuendete-der-usa-gegen-russland

    US-Investor George Soros lobt die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel für ihr Engagement im Ukraine-Konflikt.

    „Ohne Merkel gäbe es keine Russland-Sanktionen“, stellt er fest.

    Lobenswert sei auch, dass sie globale Erwägungen hinter deutsche Interessen zurückstelle.

    Der US-amerikanische Investor George Soros sagt in einem Interview mit der Wiener Zeitung Der Standard, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Ukraine-Krise wie „eine echte europäische Politikerin“ agiert habe, „anstatt enge deutsche Interessen zu verfolgen“.

    Sie habe die Hauptrolle im Konflikt zwischen Russland und dem Westen gespielt, aus denen schließlich die Sanktionen erwachsen sind. …ALLES LESEN !!

  3. Sting2 11. April 2025 um 12:30 Uhr - Antworten

    Die USA haben unter Präsident Obama diesen Krieg gegen Russland angefangen und glaubten mithilfe der Ukraine Russland erobern zu können.

    https://hinter-der-fichte.blogspot.com/search?q=Ukraine+und+USA

    2022, 0.30 Uhr

    Wie wahnsinnig kann man sein?! Nun offiziell.

    USA ignorieren komplett Russlands Sicherheitsbedürfnis und seine Vorschläge.

    Deshalb verließ Botschafter Sullivan das russische Außenministerium wie ein geprügelter Hund.

    Die NATO-Führer haben es vor lauter Arroganz nicht begriffen. Sie provozieren einen Krieg gegen Russland. ..ALLES LESEN !!

    Hinter Obama stand der DEEP STATE, der im Wesentlichen aus Soros, Rockefeller & Bill Gates besteht.

    Trump ist es leider nicht gelungen diesen DEEP STATE lahm zu legen, sondern nur deren vereinzelte CIA Helfer !

    Es ist schon seit Jahren bekannt, daß der DEEP STATE auch die Mehrzahl der Europäischen Politiker gekauft hat, das war schon bei Merkel so !!

    SIE MACHEN NUN GEGEN ALLE VERNUNFT WEITER, DA KANN MAN NUR VON WAHNSINN REDEN !!

  4. Jurgen 10. April 2025 um 16:05 Uhr - Antworten

    Werden wohl demnächst am Roten Meer gebraucht…

  5. OMS 10. April 2025 um 9:09 Uhr - Antworten

    Ein Europa ohne US-Truppen wäre so schön! Niemand braucht die Kriegsverbrecher aus den USA im eigenen Land!

  6. Jan 9. April 2025 um 20:35 Uhr - Antworten

    Trump ruckt die Schar der 20.000 etwas näher an Persien heran und lässt sich dafür als Friedensfürst feiern. Ein Ass!

  7. Andreas I. 9. April 2025 um 19:17 Uhr - Antworten

    Hallo,
    ,,dass die US-Streitkräfte … und sich … an anderer Stelle im Land neu positionieren werden … Dennoch ranken sich Spekulationen … “

    tkp, Rubrik Politik

  8. Varus 9. April 2025 um 17:40 Uhr - Antworten

    Jede Reduzierung der US-Truppen in Polen oder der Glaube der Öffentlichkeit, dass dies unvermeidlich ist, könnte dem pro-europäischen liberalen Kandidaten zugutekommen

    Als meine Frau mich im letzten Urlaub mit dem Sender TV Republika (PiS-nah) berieselte, hörte ich dort überraschend, wie einer die Putin-Hysterie mit dem Klimahysterie-Schwindel vergleicht. Vermutlich glauben auch Konservative Polens kaum noch an Putins Feldzüge bis Lissabon.

Regeln für Kommentare: Bitte bleibt respektvoll - keine Diffamierungen oder persönliche Angriffe. Keine Video-Links. Manche Kommentare werden erst nach Prüfung freigegeben, was gelegentlich länger dauern kann.

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