Digitale Patientenakte: Parlament verabschiedet Gesetzentwurf allerdings ohne den Zwang zur Teilnahme

13. Dezember 2023von 2,7 Minuten Lesezeit

Das Plenum hat den Bericht als Verhandlungsgrundlage des Parlaments für Gespräche mit dem Rat über die endgültige Form des Gesetzes, mit 516 Ja-Stimmen, 95 Gegenstimmen und 20 Enthaltungen angenommen. Die ursprünglich geplante zwangsweise Eintragungen von Daten bei jedem Arztbesuch wurde gestrichen.

Die Abgeordneten des EU-Parlaments haben heute im Plenum mit großer Mehrheit für die Schaffung eines “Europäischen Raums für Gesundheitsdaten” gestimmt. Dieser Raum soll Informationen über sämtliche ärztliche Behandlungen eines Bürgers in einer europaweit vernetzten und fernabrufbaren elektronischen Patientenakte zusammenführen – erstmals auch für privat Versicherte.

Dank eines Änderungsantrags von Abgeordneten der Piratenpartei, SPD, Grünen und Linken, stimmte in letzter Sekunde eine Parlamentsmehrheit für die Absicherung des in Deutschland geplanten und in Österreich bereits geltenden Widerspruchsrechts gegen eine elektronische Patientenakte. Der endgültige Gesetzeswortlaut muss aber noch mit den EU-Regierungen ausgehandelt werden, die bislang kein Widerspruchsrecht gegen die Datensammlung festschreiben wollen.

Anja Hirschel, Spitzenkandidatin der Piratenpartei für die Europawahl 2024, kommentiert: “Eine zentrale Datenspeicherung weckt Begehrlichkeiten in verschiedenste Richtungen. Wir sprechen dabei allerdings nicht nur von Hackerangriffen, sondern von der sogenannten Sekundärnutzung. Diese bezeichnet Zugriffe, die zu Forschungszwecke vollumfänglich gewährt werden sollen. Die Patientendaten sollen dann an Dritte weitergegeben werden. Aus Datenschutzsicht ist bereits das zentrale Ansammeln problematisch, bei Weitergabe wenigstens ein Opt-In Verfahren (aktive Einwilligung) richtig.“

In der Endabstimmung votierten nur mehr 95 Abgeordnete gegen den Gesetzentwurf. Keine Mehrheit gefunden hatten nämlich weitere Änderungsanträge von Abgeordneten der Piratenpartei, der Grünen und Linken zu der geplanten Regel, dass Patienten künftig aktiv widersprechen müssen, um zu verhindern, dass Gesundheitsdienstleister und Forscher ihre Behandlungsakten einsehen können.

Die Bürger sollen weder um Einwilligung noch überhaupt nach ihrem Willen gefragt werden. Für viele Patienten, die wenig Zeit oder begrenzte Sprachkenntnisse haben oder älter sind, ist es zu kompliziert, schriftlich bei einer bestimmten Behörde oder über digitale Kanäle widersprechen zu müssen. Internationale Standards wie der Internationale Kodex für medizinische Ethik des Weltärztebundes oder die Erklärung von Helsinki über die ethischen Grundsätze der medizinischen Forschung verlangen bisher, dass vor der Weitergabe medizinischer Informationen die Zustimmung des Patienten eingeholt wird. Jede Website fragt um Erlaubnis, bevor sie ein Cookie setzt, aber man soll nicht einmal gefragt werden, bevor Gesundheitsdaten weitergegeben werden?

Widerstand auch aus Österreich

In einer Presseaussendung hatte sich die Partei MFG-Österreich gegen den Zwang zur Datenspeicherung ausgesprochen. Man äußerte generelle Vorbehalte gegen zentrale Datenspeicherung. „Pharmakonzerne, Forscher, Ärzte und möglicherweise auch Behörden in ganz Europa können dann auf diese Daten zugreifen. Die Gefahren eines Missbrauchs sind enorm – und können bis zu Benachteiligungen wie einem Reiseverbot von kranken oder gesundheitlich beeinträchtigten Menschen gehen.“

Im Zug der Gesundheitsreform wird derzeit in Österreich eine neue Datenbank geschaffen, in der Bund, Länder, und Sozialversicherungen Zugriff auf sämtliche vorhandene Gesundheitsdaten haben. Versprochen wird seitens der Regierung zwar, dass die Daten Dritten nicht zugänglich gemacht werden.“

EU am Weg zum totalitären Superstaat: Parlament beschließt Zwang zur elektronischen Patientenakte für alle

Mehr Demokratie, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons

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11 Kommentare

  1. Hollie 14. Dezember 2023 at 11:06Antworten

    Ich denke dabei auch an die sog. Smartmeter. Es gibt keine vollumfängliche Pflicht, einen einbauen zu lassen. Aber es wird Druck aufgebaut und mit Halbwahrheiten gearbeitet. Selbst bei opt-out werden nämlich Stromdaten erfasst, „für statistische Zwecke“ oder den „Notfall“. mal abgesehen davon, dass man effektiv keine Kontrolle hat, ob nicht darüber hinaus gefunkt wird.
    Unserer Kinder werden bei den sog. Kompetenztests auch zur Datenressource entwürdigt und die Testergebnisse für „Statistik“ und „wissenschaftliche Zwecke“ gespeichert, sogar nur pseudonymisiert.
    Die Daten der techn. Untersuchung beim Auto, u.a. km-Stände, sind zur Handelsware geworden.
    Staatssekretär -wohl eher Big-Data-Lobbyist- Tursky hat eine Verknüpfung der Datenbanken der Ministerien angekündigt; natürlich „nur“, weil die Leute nicht mehr verstehen würden, warum persönliche Daten getrennt würden. Vielleicht tun sie es wirklich nicht, weil die braunen und rote Diktaturen schon so lange her sind.

    Leute, tut „unseren“ Abgeordneten kund, dass ihr das nicht wollt.

  2. Monika 14. Dezember 2023 at 10:20Antworten

    es gibt doch ein arztgeheimnis, wenn nicht, dann sollte das wieder hergestellt werden

  3. Monika_ 14. Dezember 2023 at 10:08Antworten

    In der Schule meines Kindes soll demnächst für Erstklässler eine Anamnese stattfinden (im Beisein der Erziehungsberechtigten). D.h. jetzt kann ich ihn von ELGA für Österreich abmelden, aber was muss ich machen, um sicher zu stellen, dass die Daten meines Kindes NICHT an die EU weitergegeben werden?

    • Gabriele 14. Dezember 2023 at 12:13Antworten

      Mit welchem Recht erstellt die Schule „Anamnesen“?? Wo sind wir eigentlich, dass so etwas schon möglich ist?
      Abmeldung von Elga nur schriftlich (Bestätigung kommt retour), der Datenschutz ist damit mit umfasst.
      Mehr kann man ohnehin nicht tun. Und niemals das Kind in der Schule untersuchen oder impfen lassen. Ich wüsste nicht, wer einen dazu zwingen könnte.

      • Michael 14. Dezember 2023 at 13:33

        oh, keine Schul-Impfpflicht in A? In D herrscht leider Masern-Impfpflicht in Schulen, und bei Kindern (schön Immunsystem schädigen) das schon ab einem Jahr (außerdem noch alle Beschäftigte in Schulen, Kindergärten, Asylbewerber-Unterkünften, Tagespflegepersonen und andere Einrichtungen, die man im Zweifel alle unter dem Label „Gemeinschaftseinrichtungen“ subsumiert und damit der Masern-Impfpflicht zuordnet). Hoffentlich schwappt das nicht über die Grenze.

    • Gabriele 15. Dezember 2023 at 12:07Antworten

      Nein, in Ö gottlob keinerlei gesetzliche Impfpflichten – noch. Weil das „Volk“ sich doch rechtzeitig auf die Beine gestellt hat. Allerdings keine Abmeldung vom Impfregister (am besten nie eine „Anmeldung“, weil nie mehr eine Impfung). Und wie es mit der ID Austria steht, wird man sehen. Der Druck ist natürlich enorm, überall mitzumachen. Etwa beim Smartmeter auch mit offenen Drohungen. Man kann nur standhaft nein sagen.

  4. Gabriele 14. Dezember 2023 at 9:26Antworten

    Was nützt uns das hier, wenn man ohne ID-Austria praktisch nichts mehr ohne massive Probleme „analog“ machen kann… Rauch und die Medien werden dafür sorgen, dass möglichst niemand vom Vorbehalt erfährt.

    • Sascha 14. Dezember 2023 at 17:48Antworten

      Was für ein Vorbehalt? Opt-In bedeutet dass ich aktiv angesprochen werden und es unterschreiben muss.

    • Margit 14. Dezember 2023 at 18:45Antworten

      @ Gabriele
      „Was nützt uns das hier…“
      Das hier, damit meine ich das Genörgle bei allen Themen hier, nutzt nichts, gar nichts.

      • lbrecht torz 15. Dezember 2023 at 15:08

        Achja? Und was täten das ohne das? Niemand braucht „Margit“s und Co.

  5. Annerose 13. Dezember 2023 at 22:50Antworten

    für mich ist das widersprüchlich. Muss ich nun zustimmen oder kann ich intervenieren ??????

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