Weltweite Vorbestellungen von über 5 Milliarden Coronavirus-Impfstoff-Dosen im Rennen um Lieferungen

12. August 2020von 3,7 Minuten Lesezeit

Obwohl bisher keiner der in der Entwicklung befindlichen Coronavirus-Impfstoffe in klinischen Studien seine Wirksamkeit bewiesen hat, sind weltweit mindestens 5,7 Milliarden Dosen vorbestellt worden. Von Japan bis Brasilien laufen die Bestellungen bei den Herstellern für Impfstoffe ein, während Russland mit Sputnik V schon losgelegt hat. Trump kündigt 1,5 Milliarden US-Dollar-Deal mit Moderna für 100 Millionen Dosen an.

Derzeit befinden sich nach Informationen der WHO sechs Impfstoffe in Phase 3-Wirksamkeitsstudien mit jeweils Tausenden von Teilnehmern. In einer überraschenden Ankündigung behauptete der russische Präsident Wladimir Putin am Dienstag, ein Impfstoff mit dem Namen „Sputnik V“ – nach dem sowjetischen Satelliten – verleihe „nachhaltige Immunität“ gegen das neuartige Coronavirus und sei daher freigegeben.

Während Forschungslabors auf der ganzen Welt noch an der Entwicklung eines Impfstoffs fieberhaft arbeiten, haben die Hersteller riesige Finanzmittel erhalten. Sieht man sich die geplanten Abschlussdaten der laufenden Studien, so wird keine Phase 3 Studie vor Juni 2021 fertig, Moderna gar erst im Herbst 2022. Dessen ungeachtet wird heftig drauflos produziert und es sollen noch vor Ende des Jahres Millionen von Dosen fertig für die Impfung sein.

Die russische Initiative schon während der Erprobungsphase mit Impfungen in größerem Stil zu beginnen, wird in der westlichen Welt scharf kritisiert. Aber offenbar hat man ähnliches vor, denn obwohl laut den Einreichungen der Phase 3 Untersuchungen mit einem Abschluss erst zwischen Juni 2021 und Herbst 2022 gerechnet wir, ist allerorten zu hören, dass schon heuer geimpft werden soll.

Warp Speed by Donald Trump

US-Präsident Donald Trump hat die „Operation Warp Speed“ ins Leben gerufen, um bis Januar 2021 einen Impfstoff gegen Covid-19 zu entwickeln, herzustellen und an alle Amerikaner zu verteilen. Am Dienstag kündigte er einen 1,5 Milliarden US-Dollar-Vertrag mit dem US-Biotech-Unternehmen Moderna über 100 Millionen Dosen seines späteren Coronavirus-Impfstoffs an, die sechste derartige Vereinbarung seit Mai.

Die Vereinigten Staaten haben für die Entwicklung und Herstellung eines Impfstoffs gegen das Coronavirus für mehr Unternehmen als andere Nationen Mittel in Höhe von insgesamt mindestens 10,9 Milliarden US-Dollar bereitgestellt.

Neben dem Moderna-Vertrag haben sie bereits Hunderte von Millionen Impfstoffdosen bei Johnson & Johnson, Novavax, Pfizer, Sanofi und AstraZeneca bestellt. Insgesamt will Trump 600 Millionen Dosen kaufen.

Verträge der EU und anderer Länder

Zwei Impfstoffentwickler – Oxford/AztraZeneca und Sanofi/GSK – haben mit der Europäischen Kommission einen Vertrag über die Bereitstellung von insgesamt 700 Millionen Impfstoffdosen unterzeichnet oder befinden sich in fortgeschrittenen Verhandlungen.

Großbritannien verhandelt wegen Brexit über eine separate Vorbestellung von 250 Millionen Dosen von vier Entwicklern.

Japan rechnet mit 490 Millionen Dosen von drei Lieferanten, darunter 250 Millionen von Novavax aus den Vereinigten Staaten.

Der japanische Pharmariese Takeda kaufte die Rechte an einem Impfstoff von Novavax für Japan, das die Forschung finanziert hat. Er würde lokal hergestellt werden.

Brasilien entschied sich für ein ähnliches Modell, bestellte 100 Millionen Dosen bei AstraZeneca und ging eine Partnerschaft mit dem chinesischen Unternehmen Sinovac ein, um 120 Millionen „CoronaVac“ herzustellen, das bereits mit Brasilianern getestet wird. Sinovac und die anderen chinesischen Unternehmen in Phase 3 setzen übrigens auf das klassische Konzept der Impfung mit inaktivierten Viren.

Die klinischen Tests von zwei chinesischen Impfstoffkandidaten – Sinovac und Sinopharm – sind in vollem Gange, aber es wurden nur wenige internationale Partnerschaften angekündigt, nämlich die mit Brasilien und eine mögliche mit Indonesien.

Russland sagte, dass 20 Nationen eine Milliarde Dosen Sputnik V vorbestellt haben und dass es mit ausländischen Partnern in der Lage wäre, 500 Millionen Dosen pro Jahr in fünf Ländern herzustellen.

Die Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (CEPI), die 2017 von Norwegen, Indien, der Bill and Melinda Gates Foundation und dem Wellcome Trust ins Leben gerufen wurde, versucht sicherzustellen, dass es einen „gerechten Zugang“ zu künftigen Impfstoffen gibt. Im Rahmen einer Partnerschaft mit der Gavi Vaccine Alliance, dem fünftgrößten Sponsor der WHO, hat sie 300 Millionen Dosen von AstraZeneca für Dutzende von Entwicklungsländern vorbestellt.

Milliarden von Dosen würde das riesige Seruminstitut von Indien (SII), der größte Impfstoffhersteller der Welt, für Asien und andere Länder produzieren.

Novavax und AstraZeneca haben separate Vereinbarungen mit dem SII unterzeichnet, um jeweils eine Milliarde Dosen für Indien und Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu produzieren.

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