Erfahrungen mit Corona Infektionen in Nembro (Italien) und der Schweiz

13. August 2020von 3,3 Minuten Lesezeit

In einigen Ländern werden seriöse Untersuchungen und Studien gemacht, die sich vor allem auch auf die Verbreitung von Antikörpern und Immunität durch T-Zellen konzentrieren. Diese Länder sind die Schweiz, Schweden und Italien, aus Österreich und Deutschland ist dagegen wenig bekannt, man befasst sich lieber damit Ampeln neu zu entwerfen oder Urlaubsheimkehrer zu testen und die Ergebnisse zu kübeln.

Über die Studien aus Schweden und Italien haben wir schon berichtet.

Das Desaster von Nembro

Interessant ist aber noch Nembro, die Ortschaft, die wegen einer Übersterblichkeit von 800 Prozent traurige Berühmtheit erlangt hat. In der Nähe von Bergamo in Norditalien gelegen, gab es bei 11.500 Einwohnern in der Zeit von Mitte Februar bis Mitte April 150 Todesfälle. Davon wurde bei 85 die Corona-Infektion bestätigt.

80% der Verstorbenen (ca. 120 Personen) waren über 75 Jahre alt; 15% (ca. 20 Personen) waren 65 bis 74 Jahre alt; 5% (ca. 10 Personen) waren 15 bis 64 Jahre alt. Kinder und Jugendliche starben in Nembro keine. Genaue Angaben zu Intensivpatienten liegen bisher nicht vor.

Die Bewohner vermuten, dass das Coronavirus aufgrund der engen industriellen Kontakte zu China schon seit Dezember oder Januar zirkulierte, als die Sterblichkeit bereits etwas erhöht war. Ab Mitte Februar kam es dann zum raschen und starken Ausbruch, der Anfang März den Höhepunkt erreichte. Das lokale Krankenhaus könnte dabei eine verstärkende Rolle gespielt haben.

Unter den Männern von Nembro war zuvor Krebs die häufigste Todesursache, und darunter Lungenkrebs die häufigste Krebsart, was auf eine gesundheitliche Vorbelastung durch das verbreitete Rauchen und die hohe norditalienische Luftverschmutzung hindeutet.

Die Schweiz – Genf und Zürich

Der Kanton Genf mit 500.000 Einwohnern hatte im Mai eine IgG-Antikörper-Verbreitung von etwa 10 bis 12%. Doch knapp 50% der 286 Todesfälle erfolgten in Pflegeheimen, die 0.8% der Bevölkerung umfassen – und einen gezielten Schutz und keinen allgemeinen Lockdown benötigen.

Der angepasste IFR-Wert für die Allgemeinbevölkerung liegt damit bei (höchstens) 0.32% – was die Studienautoren im technischen Anhang erwähnen. Berücksichtigt man zusätzlich die vielen milden Fälle ohne IgG-Antikörper, so fällt der tatsächliche IFR-Wert selbst in Genf durchaus auf ca. 0.1%.

Das Universitätsspital Zürich (USZ) hat Anfang August die Resultate seiner umfangreichen Antikörperstudie veröffentlicht. Untersucht wurden seit März circa 9000 gesunde Blutspender und circa 25,000 Patienten aller Abteilungen des Universitätsspitals (Uniklinik).

In beiden Gruppen erreichten die Antikörperwerte (IgG und IgA im Blut) bereits im April ihren Höchstwert von nur 1.6%. Dieser tiefe Wert war aufgrund des Schweizer Lockdowns zu erwarten.

Die wirkliche Verbreitung des Coronavirus dürfte zwar aufgrund von milden Fällen ohne IgG-Antikörper etwas höher sein – in Stockholm hatten etwa doppelt so viele Blutspender T-Zellen wie Antikörper gegen das neue Coronavirus – doch auf mehr als 5% wird der Kanton kaum kommen.

Die Aussichten für den Herbst

Schweden hat den relativ ruhigen Frühling mit wenig Influenza Infektionen für die Entwicklung einer Herdenimmunität zumindest in den Ballungsräumen nutzen können. Herbst und Winter sollten für Schweden also relativ ruhig verlaufen abgesehen von einem noch unbekannten Grippevirus.

Der deutschsprachige Teil der Schweiz, ebenso wie Österreich und Deutschland, werden ab Herbst mit der gleichzeitigen Verbreitung von Influenzaviren, Erkältungsviren und dem neuen Coronavirus konfrontiert sein. Weniger Infektionen können in Österreich manche Bezirke in Tirol, aber auch oberösterreichische Bezirke erwarten, in Deutschland möglicherweise der Kreis Heinsberg und der Schweiz das Tessin und die Region Genf.

Die verantwortungsvollen Forscher des Universitätsspitals Zürich beenden ihre Studie auf Seite 16 mit der folgenden Aussage:

Die Serologie ist ein mächtiges medizinisches und epidemiologisches Instrument, aber sie kann auch missbraucht werden, um die Belegschaft zu ängstigen, die Nicht-Immunkranken zu diskriminieren und sogar für weit schändlichere Taten. Lassen Sie uns die Immunreaktionen untersuchen, aber lassen Sie uns nicht eine dystopische Gesellschaft schaffen, die darauf basiert.“

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