Coronavirus Studie in Heinsberg: höhere Dunkelziffer als bisher angenommen

5. Mai 2020von 3 Minuten Lesezeit

Um die Veröffentlichung der Studie, die ein Team der Universität Bonn um den Virologen Hendrik  Streeck in Heinsbereg durchgeführt hatte, gab es einigen Wirbel. Über Kritik um die Art der Veröffentlichung wurde auch der Inhalt angezweifelt. Nun liegt aber das Ergebnis in der für Wissenschaft üblichen Form vor und es macht Hoffnung über den Grad der Immunität.

In der Ortschaft Gangelt im Kreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen hatten sich bei einer Karnevalsfeier nach den Erkenntnissen der Studie vermutlich rund 15,5% der Bevölkerung infiziert.. Das sei 5 Mal mehr als die gemeldeten Zahlen, so die Studie. 20 Prozent der Infizierten haben keine Symptome an sich beobachtet. Nur einer der 300 Infizierten ist verstorben. Rechnet man diese Zahlen auf Deutschland hoch, so könnten schon 2,3 Millionen die Infektion hinter sich gebracht haben.

Die Untersuchungen

Gangelt war aufgefallen als nach dem Karnevalsevent am 15. Februar viele Erkrankungen registriert wurden, die trotz eines Shutdowns ab dem 28. Februar im März anhielten. Mitte März wurden in der Gemeinde mit über 12.500 Einwohnern innerhalb von vier Tagen 85 Fälle nachgewiesen.

Das interessierte den Professor der Uni Bonn, Hendrik Streeck, und er begann mit einem Team die genaue Verbreitung zu erforschen. Neben Hausbesuchen und Interviews wurde eine repräsentative Stichprobe von 919 Einwohnern aus 405 Haushalten mit Rachenabstrich auf Virusgene und mit Blutproben auf Antikörper untersucht.

Zu dem Zeitpunkt war der Ausbruch der Infektion bereits im Abklingen und nur 33 Personen oder 3,59% waren noch mit dem Virus infiziert. 22 Teilnehmer (2,39 %) berichteten bei einer früheren Untersuchung positiv getestet worden zu sein.

Deutlich häufiger wurden Antikörper gefunden, nämlich bei 18,5% IgA Antikörper und bei 13,6% IgG Antikörper. Die Ergebnisse der Antikörper Testung ist nicht zu 100% zuverlässig, reicht aber für eine statistische Berechnung völlig aus. Unter Berücksichtigung der Testungenauig­keiten kommen Streeck und Mitarbeiter auf eine Infektionsrate von 15,5 % bei einem 95-%-Konfidenzintervall von 12,3 % bis 19,0 %.

Die Infektionsrate könnte aber tatsächlich noch höher gewesen sein. Denn der Anteil der Teilnehmer, die vor der Studie positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurden ist mit 2,39 % niedriger als die offiziell gemeldeten Zahlen. Danach waren 3,08 % positiv auf Infektion getestet worden.

Streeck vermutet, dass Personen mit bekannter Infektion weniger motiviert waren, an der Studie teilzunehmen. Bezieht man den höheren Anteil der früher positiv getesteten Personen in die Berechnung ein, könnten sich 19,98 % infiziert haben.

Schlussfolgerungen für Sterblichkeit und Gesamtzahl der Infizierten

Aus der tatsächlichen Infektionsrate von 15,5% ergibt sich, dass in Gangelt insgesamt 1956 Personen mit dem Coronavirus infiziert waren. Insgesamt gab es 7 Todesfälle, woraus sich eine Infektionssterblichkeit („infection fatality rate“, IFA) von 0,358 % (0,293 bis 0,451 %) errechnet. Mit dem höheren Prozentsatz von 19,98% würde sich eine Infektionssterblichkeit von 0,27% ergeben. Der Bereich deckt sich jedenfalls recht gut mit anderen Studien.  Und wir wissen auch, dass die Sterblichkeit mit einer besseren Vitamin D Versorgung abnimmt.

Aus der Infektionssterblichkeit und den Todesfällen lassen sich die tatsächlichen Infektionen errechnen. In Österreich ergeben sich damit bei 600 Todesfällen etwa 200.000 Infizierte (gemeldet am 4. Mai: 15.612), in Deutschland bei rund 7000 Sterbefällen etwa 2,3 Millionen Infizierte (gemeldet am 4. Mai: 166.152).

Die Daten aus einer Stadt mit einer spezifischen Einwohnerstruktur sind allerdings nur bedingt übertragbar und mit jedem Rechnungsschritt wächst die Ungenauigkeit. Doch sind die Ergebnisse nach Einschätzung von Gérard Krause, Leiter der Abteilung Epidemiologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig, die Ergebnisse der Heinsberg-Stu­die „wertvoll und hilfreich“, auch wenn die Zahl der teilnehmenden Kinder unterrepräsen­tiert und die der über 65-Jährigen überrepräsentiert sei.

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