Vom Umgang mit Journalisten in der EU und in Gaza

11. August 2025von 4,9 Minuten Lesezeit

Wo liegt der Unterschied im Umgang mit Journalisten in der EU und in Gaza? In der EU darf man zukünftig Journalisten verhaften lassen, in Gaza werden sie von Israel gleich ermordet.

Bei einem israelischen Angriff wurde nach Angaben von Al-Jazeera ein Zelt für Journalisten vor dem Haupttor des Al-Schifa-Krankenhauses in Gaza getroffen. Zwei Korrespondenten sowie drei Kamera-Männer wurden dabei getötet. Das israelische Militär hatte berichtet: „Vor Kurzem hat die IDF in der Stadt Gaza den Terroristen Anas al-Sharif getötet, der sich als Journalist für den Sender Al-Jazeera ausgab.“

Das neue EU-Mediengesetz mit der Ermordung von Journalisten gleichzusetzen mag zynisch erscheinen. Aber da unsere Freiheiten bereits nach und nach demontiert, sich aus einer Demokratie nach und nach eine Demokratur entwickelt hat, sind weitere Eskalationen in Richtung faschistischer Diktatur, in der nach Belieben das Völkerrecht ignoriert und Medienvertreter gezielt ermordet werden, für jeden kritischen Menschen leider inzwischen nicht mehr undenkbar.

Journalismus zukünftig massiv in Gefahr – dank EU

Im Europäischen Medienfreiheitsgesetz  kann man in Artikel 4 lesen:

Rechte der Mediendiensteanbieter

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass journalistische Quellen und vertrauliche Kommunikation wirksam geschützt werden. Die Mitgliedstaaten ergreifen keine der folgenden Maßnahmen …

b) Inhaftierung, Sanktionierung, Abfangen oder Untersuchung von Mediendiensteanbietern oder deren redaktionellen Personals …

(4)   Abweichend von Absatz 3 Buchstaben a und b dieses Artikels können die Mitgliedstaaten eine der darin genannten Maßnahmen unter den folgenden Voraussetzungen treffen: …

c) es ist im Einzelfall durch einen überwiegenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt und ist verhältnismäßig, und

d) ihr ist vorab von einer Justizbehörde oder einem unabhängigen und unparteiischen Entscheidungsgremium zugestimmt worden oder …

Kurz gesagt, wenn eine Justizbehörde oder ein sonstiges „Gremium“ zustimmt, ist die Verhaftung von Journalisten – wenn es dem Allgemeininteresse dient – erlaubt.

Es steht zu vermuten, dass es während Corona-Zeiten aus Sicht der verschiedenen Behörden oder Gremien sicher dem „Allgemeininteresse gedient“ hätte, Journalisten, die vor der Covid-Spritze warnten, zu inhaftieren. Daher: Auch wenn Journalismus in der EU damit bei Weitem noch nicht lebensgefährlich wird, ist das neue Medienfreiheitsgesetz zumindest ein weiterer Schritt in eine völlig falsche Richtung.

Denn was es heißt, wenn Journalisten als Freiwild betrachtet werden, kann man aktuell am Verhalten der „einzigen Demokratie im Nahen Osten“ ablesen.

Journalismus in Gaza lebensgefährlich – dank Israel

Über 200 Journalisten wurden durch Israels Militär inzwischen umgebracht. Obwohl in den meisten Fällen klar durch Pressewesten gekennzeichnet, waren es oft gezielte Scharfschützenattacken, die zum Tod nationaler und internationaler Medienvertreter geführt haben, die dem Narrativ der „einzigen Demokratie im Nahen Osten, die bedauerlicherweise gezwungen wurde, sich gegen Terroristen zu wehren“ durch reale Bilder der Situation vor Ort widersprachen.

Eines der jüngsten Opfer der israelischen Armee ist Anas al-Sharif, dessen Tod nicht nur in den sozialen sondern auch in namhaften internationalen Medien für Aufmerksamkeit sorgte.

Laut BILD wurde ein „als Journalist getarnter Terrorist in Gaza getötet“ – eine Erkenntnis, die die „herausragend recherchierende“ Redaktion wohl direkt und kritiklos von der israelischen Armee übernahm. Wer Informationen aus Gaza verbreitet, ist für das Springer-Blatt eben ein Hamas-Unterstützer. Kein Wunder, selbst die Welt berichtete 2012, dass „bis heute alle Mitarbeiter des Springer-Verlags eine sogenannte Israel-Klausel im Arbeitsvertrag unterschreiben und sich außerdem zur Aussöhnung mit den Juden bekennen müssten.“

Beim Spiegel geht es dann doch etwas sachlicher zu: „Israel tötet palästinensischen Journalisten“. Und weiter: „Anas al-Sharif hat als einer der wenigen Journalisten aus dem Gazastreifen berichtet, nun hat die israelische Armee ihn getötet und das mit Verbindungen zur Hamas begründet. Journalistenverbände hatten zuvor vor Angriffen auf Sharif gewarnt.“ Das Blatt weist auch darauf hin, dass der Vorwurf der Verbindung zur Hamas vom Arbeitgeber Al Jazeera mehrfach zurückgewiesen wurde.

Auch Reuters berichtet neutral. „Israel strike kills Al Jazeera journalists in Gaza“ – Israelischer Angriff tötet Journalisten von Al Jazeera. Dem Artikel kann man auch die Mord-Statistik an Journalisten und Medienmitarbeiter zwischen 1992 und Juni 2025 entnehmen, wobei zwischen Israel und den besetzten Gebieten sowie dem Rest der Welt unterschieden wird.

Bei Reuters erfährt man auch: „Al Sharif was previously part of a Reuters team which in 2024 won a Pulitzer Prize in the category of Breaking News Photography for coverage of the Israel-Hamas war.“. Dass Reuters als internationale Presse-Agentur nicht immer eine verlässliche Quelle darstellt, ist mir bekannt – dass sie Hamas-Terroristen beschäftigen, wäre mir neu. Aber der Pulitzer-Preis erklärt, warum die Financial Times oder The Guardian ihn einen berühmten Journalisten nennt und seine Ermordung die – dringend notwendige – Aufmerksamkeit erhält.

Er veröffentlichte ein Abschiedsschreiben, das direkt nach seinem Tod online gestellt wurde. Auch ein Video mit seiner Tochter wurde ins Netz gestellt.

Seit heute Morgen, als ich den BILD-Artikel sah, denke ich nur noch eines: Mögen Mitglieder dieser Redaktionen, die Menschen, die den Völkermord Israels als Selbstverteidigung entschuldigen oder die Hungersnot in Gaza als Propagandalüge abtun, doch einmal einen Monat dort verbringen und von dort berichten.

Danach hätte sich das Problem der bösartigen Berichterstattung erledigt. Auf die eine oder andere Art.

Mein Resümee

Man kann ja heutzutage froh sein, dass man als Journalist in der EU arbeitet und einem zukünftig nur die Verhaftung droht, wenn es „im Interesse der Allgemeinheit liegt“.

Vermutlich werde ich aufgrund dieser Zeilen wieder einmal als Antisemitin oder Judenhasserin bezichtigt. Aber das tun nur Menschen, die folgendes nicht verstanden haben:

„Nie wieder“ gilt für alle. Für jede Ethnie, für jede Nationalität, für jede Religion, für jedes Opfer und jeden Täter.

Bildquelle: Collage aus Screenshots der Online-Ausgaben von „Der Spiegel“, „Bild“, „Financial Times“, „The Guardian“, „Al Jazeera“

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5 Kommentare

  1. Pfeiffer C 11. August 2025 um 19:47 Uhr - Antworten

    Sorry/Korrektur:
    Also recht viel treffender kann man das gegenwärtige leitmediale Disaster nicht spiegeln. –

  2. Pfeiffer C 11. August 2025 um 19:42 Uhr - Antworten

    „Es steht zu vermuten, dass es während Corona-Zeiten aus Sicht der verschiedenen Behörden oder Gremien sicher dem „Allgemeininteresse gedient“ hätte, Journalisten, die vor der Covid-Spritze warnten, zu inhaftieren“.

    In keinem Leitmedium hat auch nur ein Journalistendarsteller (von wegen 4.Gewalt) vor der Covid-Spritze gewarnt! Weil Hätti – wari – wäri: „Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut.“

    Kleiner Einschub, sogar die reaktionär-strunzdeppate KI sagt:

    „In keinem Leitmedium“ bedeutet, dass eine bestimmte Information, Nachricht oder Geschichte nicht in einem der als führend oder maßgeblich geltenden Medien erschienen ist. Leitmedien, auch Schlüsselmedien genannt, sind Medien, die einen besonders großen Einfluss auf die öffentliche Meinung haben und von anderen Medien als Orientierungshilfe genutzt werden. Wenn also etwas „in keinem Leitmedium“ zu finden ist, deutet dies darauf hin, dass es entweder keine breite öffentliche Aufmerksamkeit erhalten hat oder dass es von den großen Medienhäusern nicht als relevant genug eingestuft wurde, um darüber zu berichten“.

    „In keinem Leitmedium“ bedeutet aus meiner Sicht vielmehr, dass eine bestimmte Information, Nachricht oder Geschichte nicht in einem der als führend oder maßgeblich geltenden Medien erschienen ist, weil sie schlicht und einfach z-e-n-s-u-r-i-e-r-t wurde:

    — Z-E-N-S-U-R-I-E-R-T —

    By the way: Egon Erwin Kisch, „der rasende Reporter“, damit einer der bedeutendsten Reporter in der Geschichte des Journalismus und wichtiger Vertreter der Prager deutschen Literatur, sagt in seinem Buch „Marktplatz der Sensationen“ auf Seite 199 über die monarchische Journalisten-Epoche bis zum Beginn des 1. Weltkriegs:

    „Ein so junger Journalist ich auch war, ich hatte schon eine ziemliche Anzahl von Dingen verschweigen müssen, und es sollte eine sehr große Anzahl werden, bevor ich ein alter Journalist wurde. Wenn Kollegen sich brüsten, sie seine nie in ihrem Leben im Schreiben beschränkt worden, nie würde ihnen ein Gedanke gestrichen, so ist das nur ein Beweis dafür, daß sie sich von selbst innerhalb der Zensurgrenzen bewegen, ihre Denkweise nirgends über die Hürden der vorgeschriebenen Ideologie hinausstrebt“.

    Also recht viel treffender kann man das gegenwärtige leitmediale Disater nicht spiegeln.

    Kleiner Fun-Faktor zum Schluss:

    Das rosarote Scheixxblatt (Selbstdarstellung „Ultimativer Hochleistungsqualitätsjournalismus“ oder so ähnlich) formuliert im Zuge seiner täglichen Bettelabsätze:

    „Ohne Pressefreiheit bleibt die Bevölkerung im Dunkeln“ – Wer nicht weiß, was geschieht, kann nicht mitreden und mitentscheiden. Pressefreiheit garantiert, dass alle Bürger(Anm. + Stricherl/Sternderl/Doppelpunkterl wg. PC) Zugang zu verlässlichen Informationen haben.

    Postskriptum:
    Deshalb sind die rosanen Dillo-Rezipienten ja so top informiert: Von „der Pandemie der Ungeimpften“, der ultimativen Schutzimpfung dagegen mit einer 97%igen Immunitätsgarantie, bis zum „russischen Dämon, der zeitnah Europa überfallen wird“ und wenn wir uns nicht mit immerneuen Milliardengräbern bewusstlos hochrüsten, wir schon morgen alle sterben müssen.

    Also die neue Librettovariante vom nestroysischen Kometenlied „Die Welt steht auf kein’ Fall mehr lang.“

    Postskriptum – Postskriptum:

    Bei dieser Gelegenheit @ Standardschmierer: „Schiebt euch eure Betroffenheit in den Handke“ – oder so ähnlich…

  3. OMS 11. August 2025 um 14:08 Uhr - Antworten

    Werte Frau Andrea Drescher!
    Ich unterschreibe jede Zeile ihres Artikels.
    Von einem Unrechtsstaat wie Israel (bezieht sich auf die Gründung) und einer Politik wie sie B.N. vorantreibt, kann man eigentlich nichts anderes erwarten. Mit den USA im Rücken hat Israel Narrenfreiheit. Die Frage ist nur wie lange die restliche Welt diesem Treiben von Völkermord noch zusehen will.

  4. cwsuisse 11. August 2025 um 13:56 Uhr - Antworten

    Was Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit anbetrifft, rangiert Israel derzeit weltweit zusammen mit den USA unangefochten auf Platz Nr. 1.

  5. therMOnukular 11. August 2025 um 13:19 Uhr - Antworten

    Der öffentlich-rechtlose Rundfunk Österreichs macht wieder mal einen auf Korrekt und hofft auf die Wirkung der üblichen „Subtilität“:
    man zitiert ausführlich die propagandistischen Anschuldigungen Israels einen ganzen, langen Absatz lang.
    „Audiatur et altera pars“ wird dann unten im „Artikel“ mit „Al Jazeera bestreitet die Vorwürfe“ abgefertigt. Kein Link zur FT oder zum Guardian, eh klar.

    Die halten das tatsächlich für Journalismus. Die werden nicht einmal unrund, wenn man ihre Kollegen abknallt – daran erkennt man, wie tief die Psychose wurzeln muss, wie hoch der innere Druck ist, mitzulaufen, um den „Anschluss“ an die Gesellschaft nicht zu verlieren. In deren Haut möchte ich nie stecken, nicht einmal in deren Nähe kommen: zu groß ist die Gefahr, dass sie ihren Selbsthass an einem abreagieren, um zu kompesnieren, was sie nicht ertragen können.

    „Die Gleichschaltung erfolgte freiwillig“, berichtete Hannah Arendt in eigenen Worten – und die Eifrigsten waren die „Intellektuellen und Künstler“, wie sie weiter ausführte.

    Eh, Viola!

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