Medien vor der Pleite – Ukraine besonders betroffen

7. Februar 2025von 2,7 Minuten Lesezeit

Nach dem US-Finanzierungsstopp herrscht in der Medienbranche Panik: Viele Journalisten waren vom US-Geld abhängig, ironischerweise sorgen sich Branchenvertreter jetzt um den „unabhängigen“ Journalismus.

„Reporter ohne Grenzen“, journalistischer Branchenvertreter, der sich als Verteidiger der Pressefreiheit gibt aber auch mal gern selbst auf „verschwörungstheoretische“ Kollegen hinhaut, schlägt Alarm: „Fast unmittelbar nach Inkrafttreten des Einfrierens [der USAID-Gelder] begannen journalistische Organisationen auf der ganzen Welt, die amerikanische Hilfsgelder erhalten, sich an RSF zu wenden und Verwirrung, Chaos und Unsicherheit auszudrücken. Zu den betroffenen Organisationen gehören große internationale Nichtregierungsorganisationen, die unabhängige Medien wie den International Fund for Public Interest Media unterstützen, sowie kleinere, individuelle Medien, die unter repressiven Bedingungen in Ländern wie Iran und Russland leben.“

Insgesamt finanzierte USAID 6.200 Journalisten bei 707 Medienunternehmen und 279 „Medien“-NGOs, darunter neun von zehn Medienunternehmen in der Ukraine.

Lesen Sie das Statement vielleicht noch einmal: „unabhängige Medien“ und „Nichtregierungsorganisationen“ sind von Staatsgeldern abhängig. Korrekt heißt es also eher: „abhängige Medien“ und „Regierungsorganisationen“. Reporter ohne Grenzen wirkt in seinem Statement schockiert und bietet aber einen schönen Überblick über das Ausmaß der medialen Finanzierung durch die USA:

USAID-Programme unterstützen unabhängige Medien in mehr als 30 Ländern, aber es ist schwierig, das volle Ausmaß des Schadens zu beurteilen, der den Medien weltweit zugefügt wird. Viele Organisationen zögern, darauf aufmerksam zu machen, weil sie befürchten, ihre langfristige Finanzierung zu riskieren oder politisch angegriffen zu werden. Laut einem USAID-Informationsblatt, das inzwischen offline genommen wurde, finanzierte die Behörde im Jahr 2023 die Ausbildung und Unterstützung von 6.200 Journalisten, half 707 nichtstaatlichen Nachrichtenagenturen und unterstützte 279 zivilgesellschaftliche Organisationen aus dem Mediensektor, die sich für die Stärkung unabhängiger Medien einsetzen. Das Budget für Auslandshilfe 2025 enthielt 268.376.000 Dollar, die vom Kongress zur Unterstützung „unabhängiger Medien und des freien Informationsflusses“ bereitgestellt wurden.

Besonders dramatisch ist die Situation in der Ukraine.

In der Ukraine, wo neun von zehn Medienunternehmen von Subventionen abhängig sind und USAID der wichtigste Geldgeber ist, haben mehrere lokale Medien bereits die Einstellung ihrer Aktivitäten angekündigt und suchen nach alternativen Lösungen. „Bei Slidstvo.Info sind 80 % unseres Budgets betroffen“, sagt Anna Babinets, CEO und Mitbegründerin dieses unabhängigen investigativen Medienunternehmens mit Sitz in Kiew.

Wikileaks verweist in einem Post vom Donnerstag auch auf ein Statement von USAID selbst. Ziemlich genau vor einem Jahr veröffentlichte die US-Agentur für „Internationale Entwicklung“ einen Blog-Beitrag mit dem Titel: „Bedrohte Pressefreiheit. Lernen Sie drei Wege kennen, wie USAID freie und unabhängige Medien verteidigt.“

Ein kleiner Auszug:

„Während die schlimmsten Praktiken verbreitet werden, sehen wir, wie Korruption als Waffe eingesetzt wird, wie wahrheitsgemäße Berichte absichtlich verzerrt werden und wie Technologien gegen Reporter im Sudan, in Myanmar, Belarus, Kirgisistan und an vielen anderen Orten eingesetzt werden. Beschleunigt wurde dieser Trend durch die COVID-19-Pandemie, als Unsicherheit und globale wirtschaftliche Störungen den Weg für eine verstärkte Aushöhlung der Demokratie und die Schließung des zivilen Raums ebneten, wodurch der Druck auf unabhängige Medien noch größer wurde.“

Bild „Write In Journal“ by Walt Stoneburner is licensed under CC BY 2.0.

Unsere Arbeit ist spendenfinanziert – wir bitten um Unterstützung.

Folge TKP auf Telegram oder GETTR und abonniere unseren Newsletter.


8 Kommentare

  1. Andreas I. 8. Februar 2025 um 2:08 Uhr - Antworten

    Hallo,
    seit etwa 20 Jahren, seit die Anzeichen für den Niedergang des Imperiums sichtbar wurden, wurde befürchtet, dass dieser Niedergang dramatisch werden würde. Und noch sind wir mittendrin, also es könnte durchaus noch ein Drama kommen.
    Aber bisher ist es eher komödiantisch.

  2. Pfeiffer C 7. Februar 2025 um 18:00 Uhr - Antworten

    Viele Journalisten waren vom US-Geld abhängig, ironischerweise sorgen sich Branchenvertreter jetzt um den „unabhängigen“ Journalismus.

    Erinnerung an »Gekaufte Journalisten« von Udo Ulfkotte

    Die wesentliche, »etwas steile« These des Buches laut der Ulfkotte-Seite der englischen Wikipedia ist so zusammengefasst:

    »Er sagte, dass Journalisten und führende Zeitungen Material veröffentlichten, das ihnen von der CIA und anderen westlichen Geheimdiensten und Propaganda-Agenturen zugespielt oder gekauft worden sei.« (Original Englisch) –

    Die CIA arbeitet bekanntlich eher projektbezogen – und verlangt eine konkrete Gegenleistung.

    Wir schreiben inzwischen das Jahr 2025 – und was wir heute dahingehend aus den USA hören, erinnert sehr an Ulfkottes Buch.

    Diejenigen, die Ulfkottes Thesen damals »zu steil« fanden, können sich nicht mehr bei ihm entschuldigen, können ihm keine anerkennenden Mails mehr schreiben. Sie könnten aber dazulernen (Siehe P.S.)

    Textgrundlage – dushanwegner – „Wenn Udo Ulfkotte das noch erlebt hätte!“ – 06.02.2025

    P.S.:
    Ein Autorenteam des Magazins Der Spiegel (u. a. Jörg Schindler) schrieb 2014, das Buch sei gespickt mit „Verschwörungstheorien“.

    Marc Reichwein befand 2014 in Die Welt: Ulfkotte habe „dabei etliche falsche Fakten entlarvt, allerdings auch nur stichprobenartig. Niemand wird sich die Arbeit antun, ein solches Buch zur Gänze zu dekonstruieren. Denn das Prinzip ist schnell klar: Verschwörungstheorie trifft Medienkritik“.

    Der Literaturkritiker Denis Scheck kommentierte 2014 im Deutschlandfunk: „Ganz bei sich ist diese für die übelste Version des deutschen Stammtischs geschriebene Tirade eines gekränkten und verängstigten Kleinbürgers […].“ Es sei ein „Amoklauf in Buchform“.

    Auch die Extremismusforscher Uwe Backes, Alexander Gallus und Eckhard Jesse attestierten Ulfkotte „Rundumschläge mit verschwörungstheoretischem Tenor“.

    Die Zeit wies darauf hin, dass Ulfkotte sein Buch 2015 beim Neujahrsempfang der AfD vorstellen durfte, und nannte dies ein „Geben und Nehmen“.

    Stefan Niggemeier meinte in seinem Faktencheck, das Buch stecke „voller Übertreibungen, Verdrehungen und Unwahrheiten“.

  3. Jan 7. Februar 2025 um 15:17 Uhr - Antworten

    In Österreich gibt es viel zu viele Medien, die gar nicht alle gelesen oder gesehen werden. Sie alle werden durch Inserate und inhaltliche „Kooperationen“, die verboten sind, aber nicht bestraft werden, finanziert und den Werbekunden werden unglaubliche Kontaktzahlen vorgegaukelt. Über die Banken und staatlichen Firmen, aber auch durch die Eigentümerstruktur, viel davon Bertelsmann, werden auch inhaltliche Weichenstellungen entschieden. Mit der Rezession und dem Entfall staatlicher Gelder wegen der Sparmaßnahmen, wird sich der Markt bereinigen müssen. Irgendwie wird man sich auch wieder dem Leser zuwenden müssen. Wenn diese darauf kommen, dass sie zu ihrem gesundheitlichen Schaden hinter die Fichte geführt wurden, werden sie die Hochglanzmedien vielleicht nicht mehr so genau studieren? Das wird der Werbung dann gar nicht gefallen. Unternehmen haben auch einen Kostendruck.

  4. 1150 7. Februar 2025 um 14:25 Uhr - Antworten

    ganz ohne mitgefühl, da werden in zukunft wohl eine menge boboinnen von professionellen konfabulantinnen und schwadroneur*innen beim arbeitsamt ihre lebensläufe zurechtlügen müssen

  5. triple-delta 7. Februar 2025 um 13:56 Uhr - Antworten

    Das wäre der Witz des Tages: Die Tagesschau muss wegen der Auswikrungen durch Trumps Anordnung ihre Tätigkeit einstellen. Man bekommt keine passenden Nachrichten mehr produziert.

  6. Jurgen 7. Februar 2025 um 13:51 Uhr - Antworten

    Wer im Loch sitzt (Medien) sollte aufhören zu buddeln (Mist erzählen)!

    • Pfeiffer C 7. Februar 2025 um 18:24 Uhr - Antworten

      »Department of Government Efficiency« (kurz: »DOGE) überprüft also unter der Führung von Musk die Ausgaben der US-Behörden.

      Einige der aufgescheuchten Medien-Sumpfbewohner schimpfen, dass Musks Leute nun Zugriff auf US-Daten häben. Natürlich brauchen Auftragnehmer den Zugriff auf Daten, die sie im Rahmen ihres Auftrags analysieren sollen.

      Musk kommentierte bissig und etwas hämisch: »Es ist Zeit, zu gestehen: Medienberichte, wonach DOGE einige der besten Software-Experten der Welt hat, sind tatsächlich wahr.«

      Um es mit Hilfe von Formulierungen des Göttinger Mescaleros zu kommentieren, hier:

      „Meine unmittelbare Reaktion, meine ‚Betroffenheit‘ nach dem Abschuß der leitmedialen Betroffenheitsdarsteller ist schnell geschildert: Ich konnte und wollte (und will) eine klammheimliche Freude nicht verhehlen.

      Ich habe diese falschen Tastenakrobaten oft hetzen hören. Ich weiß, daß sie in der – dreimal sei es gelobt, gepriesen und gepfiffen – vergangenen neoliberalen Epoche sich gnadenlos auf die Seite der Vernichtungsprofiteure schlugen. – Jetzt erwischt es sie – sozusagen post-neoliberal – selber!

      Copyright 1150 – copy/paste/detto:

      Ganz ohne Mitgefühl, da werden in Zukunft wohl eine Menge Boboinnen von professionellen Konfabulantinnen und Schwadroneur*innen beim Arbeitsamt ihre Lebensläufe zurechtlügen müssen.

      Übung haben sie ja darin, ergänze ich…

      • Jurgen 8. Februar 2025 um 15:27 Uhr

        Einmal Zugriff ist keinmal Zugriff? Oder reichte das evtl. schon aus, um die Daten abzugreifen oder unerwünschte Transaktionen zu entfernen? Nachtigall ick hör Dir trapsen…

Regeln für Kommentare: Bitte bleibt respektvoll - keine Diffamierungen oder persönliche Angriffe. Keine Video-Links. Manche Kommentare werden erst nach Prüfung freigegeben, was gelegentlich länger dauern kann.

Regeln für Kommentare: Bitte bleibt respektvoll - keine Diffamierungen oder persönliche Angriffe. Keine Video-Links. Manche Kommentare werden erst nach Prüfung freigegeben, was gelegentlich länger dauern kann.

Aktuelle Beiträge