Offener Brief gegen den Völkermord in Gaza

18. November 2024von 4,7 Minuten Lesezeit

Zahlreiche internationale Wissenschaftler, Universitätsmitarbeiter, Anwälte, Journalisten aber auch Privatpersonen haben sich in einem offenen Brief an die deutsche Bundesregierung gegen den Völkermord im Gaza ausgesprochen.

Diesen Brief kann jeder unterschreiben, der nicht schweigend zusehen will, wie aus Gründen der Staatsräson mit deutscher Unterstützung in Gaza gemordet wird.

Zu den Erstunterzeichnern gehören neben internationalen Unterstützern und bekannten Aktivisten mit jüdischen Wurzeln wie Deborah Feldmann, Amira Hass und Ilan Pappé auch 33 Menschen aus Deutschland, die das nicht weiter mehr hinnehmen wollen, darunter Michael Barenboim und Sawsan Chebli.

Im Folgenden die deutsche Übersetzung


Deutschland muss umgehend aufhören, die Vernichtung von Palästinenser:innen zu unterstützen

Offener Brief an die deutsche Bundesregierung

Mit Grauen beobachten wir den sich abzeichnenden Völkermord an der palästinensischen Bevölkerung durch Israel. Wir sind zutiefst erschüttert. Es schmerzt uns, und wir sind wütend angesichts dieser eklatanten Missachtung von Menschenleben – eine Missachtung, von der die deutsche Bundesregierung erwartet, dass wir sie als normal und notwendig hinnehmen. Seit über einem Jahr trägt diese Bundesregierung aktiv zur Tötung und Entmenschlichung von Palästinenser:innen bei, indem sie Israel politisch, finanziell, militärisch und rechtlich unterstützt. Deutschlands Mittäterschaft an israelischen Völkerrechtsverbrechen muss umgehend beendet werden.

Wir, die Unterzeichner:innen, fordern von der deutschen Bundesregierung, sich konsequent auf die Seite der Gerechtigkeit und des internationalen Rechts zu stellen und in einer Weise Druck auf Israel auszuüben, die das Töten, Verstümmeln und Vernichten palästinensischen Lebens sofort unterbindet. Angesichts der Tatsache, dass staatliche Institutionen, politische Parteien und Politiker:innen in Deutschland die Verbrechen der israelischen Armee größtenteils unterstützen, verlangen wir eine umfassende Neuausrichtung der Haltung und des politischen Handelns der deutschen Bundesregierung.

Israels Völkerrechtsverbrechen, darunter Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, sind von den Vereinten Nationen (UN) und führenden Menschenrechts- organisationen umfassend dokumentiert. Wie der Internationale Gerichtshof (IGH) festgestellt hat, besteht ein reales und unmittelbares Risiko, dass Israels Vorgehen in Gaza einem Genozid gleichkommt.[1] Die offizielle Zahl der Todesopfer liegt bei 42.718, wobei viele weitere noch unter den Trümmern begraben sind. Zahlreiche weitere Menschen werden aufgrund von Krankheiten sterben, deren Ausbreitung vermeidbar wäre.[2] Zehntausende wurden verletzt, und viele haben bleibende Behinderungen davongetragen, darunter Tausende Kinder, die ein oder mehrere Gliedmaßen verloren haben.[3] Israel lässt die Bevölkerung in Gaza hungern. Ganze Stadtviertel wurden dem Erdboden gleichgemacht und die gesamte lebenswichtige Infrastruktur zerstört, einschließlich der Nahrungsmittelproduktion, des Gesundheitswesens und des Bildungssystems.[4]

Die israelische Armee hatden Großteil der Bevölkerung Gazas vertrieben. Es gibt keine sicheren Orte, an denen sie Zuflucht suchen können, weil die israelische Armee regelmäßig so genannte Sicherheitszonen bombardiert.[5] Seit Anfang Oktober 2024 h t Israel den Norden Gazas in einen vollständigen Belagerungszustand versetzt und macht auf diese Weise menschliches Leben dort unmöglich mit dem offensichtlichen Ziel, die palästinensische Bevölkerung dauerhaft zu vertreiben. [6] In der Westbank haben israelische Siedler:innen ihre Angriffe verstärkt, oft unter dem Schutz der israelischen Armee, und dabei palästinensisches Land und Eigentum zerstört. Israelische Soldat:innen, und in einigen Fällen Siedler:innen, haben seit dem 7. Oktober 2023 mehr als 700 Palästinenser:innen getötet.[7] Die israelische Armee führt außerdem regelmäßig groß angelegte Militäroffensiven durch, bei denen sie Häuser einreißt und lebenswichtige Gesundheitseinrichtungen, Straßeninfrastruktur, Stromnetze und die Wasserversorgung zerstört. [8] Der vor kurzem erfolgte israelische Einmarsch in den Libanon folgt einer ähnlichen Logik und birgt die Gefahr einer Ausweitung des anhaltenden regionalen Krieges.

Israels Völkerrechtsverbrechen müssen umgehend durch internationalen Druck und Sanktionen beendet werden. Wir fordern daher die Bundesregierung dazu auf, ihrer Verantwortung nachzukommen und unverzüglich Schritte zu unternehmen, um den vorläufigen Maßnahmen Folge zu leisten, die der IGH im Fall Südafrika vs. Israel im Januar, März und Mai dieses Jahres angeordnet hat. Deutschland muss das Gutachten des IGH respektieren, das die israelische Besatzung palästinensischer Gebiete im Juli für rechtswidrig erklärt hat. Außerdem appellieren wir an die Bundesregierung, den Empfehlungen der Resolution der UN-Vollversammlung zum IGH-Gutachten zu entsprechen. Insbesondereforderten UN-Expert:innen die Mitgliedsstaaten dazu auf, alle diplomatischen, politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Israel zu überprüfen, ein vollständiges Waffenembargo zu verhängen und diejenigen wirtschaftlichen Beziehungen, Handelsabkommen und akademischen Beziehungen zu Israel abzubrechen oder auszusetzen, die zu Israels unrechtmäßiger Präsenz und seinem Apartheidregime in den besetzten palästinensischen Gebieten beitragen könnten.[9]

Als Vertragsstaat der UN-Konvention über die Verhütung und Bestrafung von Völkermord und des Römischen Statuts ist Deutschland historisch, ethisch, rechtlich und politisch verpflichtet, die in diesen Verträgen geächteten Völkerrechtsverbrechen weder zu begehen noch zu unterstützen oder zu befördern. Wir fordern Deutschland daher auf, seine Mittäterschaft an den von Israel in Palästina begangenen Völkerrechtsverbrechen sofort und wirksam zu beenden!

  1. Oktober 2024

Verweise und weiterführende Links findet man hier.

Der offene Brief kann (und sollte) Online unterzeichnet werden. Dort findet man auch das Original auf Englisch.

Bildquelle United Nations Photo – Scenes from Gaza Crisis 2014, Palestinians search through the rubble of their destroyed homes hit by Israeli strikes in the northern Gaza Strip. UN Photo/Shareef Sarhan, Photo ID: 597036, 07/08/2014

Gaza 2014: Die Bilder haben sich kaum geändert, das Morden ist nur schlimmer geworden


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4 Kommentare

  1. Andreas I. 18. November 2024 um 9:36 Uhr - Antworten

    Hallo,
    warum wurde in Deutschland diskutiert, BDS (Bykott Deinvest Sanction) zu verbieten?
    Weil an der Wirtschaft anzupacken potentiell wirksam ist.
    (Die Sache ist nur die, dass Israel ein Ableger der USA ist und an deren Nabelschnur hängt, weswegen man auch USA sanktionieren muss, was man ja wegen der USA-Kriege sowieso muss.
    Das Gegenargument ist immer ,,aber als Einzelner…“ und das stimmt ja auch. Aber wenn es für jeden, der gegen Krieg ist, selbstverständlich wäre zu tun, was man tun kann, dann wären es viele.

  2. Nurmalso 18. November 2024 um 8:58 Uhr - Antworten

    Wenn Sawsan Chebli mit dabei ist, dann unterschreibe ich den Brief nicht mit. So eine non-stop strafanzeigende Persönlichkeit hat nichts mit Nächstenliebe zu tun.

    • Andrea Drescher 18. November 2024 um 10:03 Uhr - Antworten

      Weil unter inzwischen 2960 Menschen ein A… ist, unterschreiben Sie nicht.
      Alles klar. Sagt viel über Sie!

      • Nurmalso 18. November 2024 um 12:50 Uhr

        Wer ist denn mitschuldig am Völkermord in Libanon, Palästina, Gazastreifen, Golanhöhn ? Deutschland leistet Entwicklungshilfe an Palästina und diese Gelder werden von der Führung für Waffenkäufe gegen Israel verwendet. Die radikalen Palästinenser zetteln Kriege gegen Israel an unterstützt von westlichen Geldern, nicht das palästinensische Volk zettelt Kriege an.
        Chebli ist Nutznießer dieser Entwicklung und bekommt dafür Geld. Nur der Druck aus ihrer eigenen Ethnie veranlasst sie nun, das Schweigen zu brechen und im Prinzip gegen ihre eigene deutsche Regierung sich zu erheben. Dahinter steckt nur Kalkül / Berechnung.

        Die selbe Situation des Völkermordes können wir wahrscheinlich sehr bald hier in Deutschland erleben. Nämlich, wenn westliche Regierungen mit Langstreckenwaffen das russische Volk tief im Hinterland bombardieren. Das ist nicht der Wille des Deutschen Volkes, das ist der Wille der Radikalen um der Machterhaltung ihrer Profiteinnahmen.

Regeln für Kommentare: Bitte bleibt respektvoll - keine Diffamierungen oder persönliche Angriffe. Keine Video-Links. Manche Kommentare werden erst nach Prüfung freigegeben, was gelegentlich länger dauern kann.

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